(1) Alle beim Disziplinarrat oder bei der Rechtsanwaltskammer einlangenden Anzeigen wegen eines Disziplinarvergehens sind zunächst dem Kammeranwalt zuzuleiten, dem auch sonst jeder Verdacht eines Disziplinarvergehens zur Kenntnis zu bringen ist.
(2) Ist der Kammeranwalt der Ansicht, daß weder eine Berufspflichtenverletzung noch eine Beeinträchtigung der Ehre oder des Ansehens des Standes vorliegt oder daß eine Verfolgung wegen Verjährung ausgeschlossen ist, so hat er die Anzeige zurückzulegen und hievon den Ausschuß der Rechtsanwaltskammer unter Angabe der wesentlichen Gründe zu verständigen. Der Ausschuß kann dies zur Kenntnis nehmen und erforderlichenfalls Maßnahmen der standesrechtlichen Aufsicht ergreifen (§ 23 der Rechtsanwaltsordnung) oder dem Kammeranwalt die Disziplinarverfolgung auftragen. Bleibt es bei der Zurücklegung der Anzeige, so hat der Ausschuß den Anzeiger hievon zu verständigen.
(3) Ist der Kammeranwalt der Ansicht, daß die Voraussetzungen für die Zurücklegung der Anzeige nicht vorliegen, oder trägt ihm der Ausschuß die Disziplinarverfolgung auf, so hat er die Bestellung eines Untersuchungskommissärs zu beantragen.
(4) Sofern der Inhalt der Anzeige oder die bekanntgewordenen Verdachtsgründe keine ausreichende Beurteilung zulassen, kann der Kammeranwalt vorweg eine ergänzende Äußerung des Anzeigers sowie eine Äußerung des Angezeigten einholen und im Weg des Disziplinarrats Akten beischaffen.
(5) Solange der Angezeigte keine Äußerung erstattet hat, kann der Kammeranwalt unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme vorliegen, auch nach Zurücklegung der Anzeige einen Antrag auf Bestellung eines Untersuchungskommissärs stellen.
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