§ 84 Oö. GemO 1990

Oö. GemO 1990 - Oö. Gemeindeordnung 1990

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Berücksichtigter Stand der Gesetzgebung: 22.11.2024

(1) Die Gemeinde darf Verträge über die Aufnahme von Darlehen und sonstige Finanzgeschäfte – ausgenommen solche, die der Veranlagung von Gemeindevermögen dienen – nur zur Bedeckung von Auszahlungen für investive Einzelvorhaben gemäß dem Gemeindevoranschlag des laufenden Haushaltsjahres abschließen. Voraussetzung dafür ist, dass

1.

dies zur Bestreitung eines im öffentlichen Interesse gelegenen Bedarfs erforderlich ist,

2.

eine anderweitige Bedeckung fehlt und

3.

eine dem Geschäftstyp und dem Umfang des Rechtsgeschäfts angepasste Gesamtrisiko-Analyse – insbesondere bei genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften in Form einer Identifikation der relevanten Markt-, Zins-, Liquiditäts- und Gegenparteirisiken unter besonderer Berücksichtigung ungünstiger Marktentwicklungen bzw. Marktszenarien – positiv ausfällt.

(Anm: LGBl. Nr. 72/2019)

(2) Verträge über die Aufnahme von Darlehen und sonstige Finanzgeschäfte gemäß Abs. 1 bedürfen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung, soweit nicht Abs. 3 oder 4 zur Anwendung kommt. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.

das Rechtsgeschäft einem Geschäftstyp entspricht, der in einer Verordnung gemäß Abs. 7 für zulässig erklärt wurde, und

2.

die Kriterien des Abs. 1 erfüllt sind.

(3) Die Aufnahme von Darlehen,

1.

die auf Euro lauten,

2.

für die ein fixer oder ein an einen EURIBOR-Zinssatz gebundener Zinssatz vereinbart ist und

3.

die nicht endfällig sind oder der Vorfinanzierung öffentlicher Fördermittel dienen,

bedürfen nur dann der aufsichtsbehördlichen Genehmigung, wenn durch die Aufnahme des Darlehens der Gesamtstand an Darlehensschulden der Gemeinde ein Drittel der Einzahlungen der laufenden Geschäftstätigkeit gemäß dem Gemeindevoranschlag des laufenden Haushaltsjahres überschreiten würde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn das Darlehen die Kriterien des Abs. 1 erfüllt. (Anm: LGBl. Nr. 72/2019)

(4) Eine Genehmigungspflicht gemäß Abs. 2 besteht weiters nicht für die Aufnahme von Darlehen in Euro, für die ein fixer oder ein an einen EURIBOR-Zinssatz gebundener Zinssatz vereinbart ist, sofern diese Darlehen

1.

vom Bund oder Land oder von einem vom Bund oder Land verwalteten Fonds gewährt werden, oder

2.

für Zwecke der Siedlungswasserwirtschaft nach den Richtlinien des Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds oder der diesem nachfolgenden Stelle des Bundes erforderlich sind, sofern die Umgliederung in einen Betrieb mit marktbestimmter Tätigkeit durchgeführt worden ist, oder

3.

in einem aufsichtsbehördlichen Finanzierungsplan ausgewiesen sind.

(5) Die Gemeinde darf Darlehen nur gewähren, wenn hiefür ein besonderes Interesse der Gemeinde gegeben ist und der Darlehensnehmer nachweist, dass die ordnungsgemäße Verzinsung und Tilgung des Darlehens gesichert ist. Der Abschluss eines Darlehensvertrags durch die Gemeinde bedarf der aufsichtsbehördlichen Genehmigung, wenn durch die Gewährung dieses Darlehens der Gesamtstand an Darlehensforderungen der Gemeinde ein Viertel der Einzahlungen der laufenden Geschäftstätigkeit gemäß dem Gemeindevoranschlag des laufenden Haushaltsjahres überschreiten würde. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn durch die Darlehensgewährung die ordnungsgemäße Erfüllung der der Gemeinde gesetzmäßig obliegenden Aufgaben oder ihrer privatrechtlichen Verpflichtungen gefährdet wäre. (Anm: LGBl. Nr. 72/2019)

(6) Finanzgeschäfte, die der Veranlagung von Gemeindevermögen dienen, bedürfen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung. Dies gilt nicht für Veranlagungen in Form von

1.

täglich fälligen Sicht- und Spareinlagen, die auf Euro lauten, sowie

2.

EURIBOR-gebundenen Termineinlagen

bei einem befugten Kreditinstitut im Sinn der Richtlinie 2006/48/EG vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABl. Nr. L 177 vom 30.6.2006, S 1; weitere Ausnahmen von der Genehmigungspflicht können in einer Verordnung gemäß Abs. 7 bestimmt werden. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn mit der Veranlagung kein unverhältnismäßig hohes Wagnis verbunden ist.

(7) Die Landesregierung hat durch Verordnung unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nähere Bestimmungen über den Abschluss von Verträgen über Darlehen und sonstige Finanzgeschäfte, einschließlich Veranlagungen, zu erlassen. Diese Verordnung hat jedenfalls zu enthalten:

1.

Festlegungen über die Art und Weise der Durchführung der im Abs. 1 Z 3 vorgesehenen Gesamtrisiko-Analyse, wobei nach Gruppen von Finanzgeschäften mit unterschiedlich hohem finanziellen Wagnis zu differenzieren ist und die Gesamtrisiko-Analyse allenfalls auf eine Plausibilitätsprüfung beschränkt werden kann;

2.

eine Auflistung jener Geschäftstypen, die nicht unter Abs. 3 oder 4 fallen, deren Abschluss jedoch wegen des Überwiegens der daraus resultierenden finanzwirtschaftlichen Vorteile über die damit verbundenen finanziellen Wagnisse gemäß Abs. 2 genehmigt werden kann (Positivliste);

3.

eine Auflistung jener Veranlagungsformen, die unbeschadet der bereits im Abs. 6 verfügten Ausnahmen keiner aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedürfen, weil mit ihnen ein geringes finanzielles Wagnis verbunden ist;

4.

die von der Gemeinde ihrem Antrag auf Genehmigung anzuschließenden Unterlagen, die zumindest eine Dokumentation der von der Gemeinde durchgeführten Gesamtrisiko-Analyse sowie der allenfalls zu erfolgenden Beratung durch Dritte vor Abschluss der zu genehmigenden Rechtsgeschäfte umfassen muss.

(8) Vor Erlassung einer Verordnung nach Abs. 7 sind der Oberösterreichische Gemeindebund und der Österreichische Städtebund, Landesgruppe Oberösterreich, zu hören.

 

(Anm: LGBl. Nr. 1/2012)

In Kraft seit 17.09.2019 bis 31.12.9999
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