Gesamte Rechtsvorschrift SVG

Spekulationsverbotsgesetz

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Stand der Gesetzesgebung: 25.09.2017
Gesetz über ein Spekulationsverbot des Landes, der Gemeinden und sonstiger öffentlicher Rechtsträger

StF: LGBl.Nr. 33/2014

§ 1 SVG


Dieses Gesetz regelt die risikoaverse Ausrichtung der Finanzgebarung folgender Rechtsträger:

a)

das Land;

b)

die Gemeinden;

c)

sonstige Rechtsträger der Teilsektoren S.1312 (Länder), S.1313 (Gemeinden) und S.1314 (Sozialversicherung) im Sinne des Europäischen Systems volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG), wenn für die Regelung ihrer Organisation der Landesgesetzgeber zuständig ist.

§ 2 SVG


(1) Im Sinne dieses Gesetzes gelten als

a)

Finanzgebarung: alle Maßnahmen im Zusammenhang mit

1.

der Aufnahme und der Bewirtschaftung von Fremdmitteln (Fremdfinanzierungen) oder

2.

der Veranlagung und der Bewirtschaftung von Geldmitteln;

b)

Finanzgeschäft: ein Rechtsgeschäft zum Zwecke der Finanzgebarung;

c)

Veranlagung: Veranlagung von Geldmitteln in Form von

1.

Spareinlagen, Sichteinlagen, Termineinlagen;

2.

Anleihen (einschließlich Pfandbriefen);

3.

sonstigen Wertpapieren (einschließlich Derivaten), soweit es sich nicht um strategische Unternehmensbeteiligungen aus wirtschaftspolitischen, strukturpolitischen oder realwirtschaftlichen Gründen handelt;

4.

Rohstoffen und Waren, die nicht dem Eigenbedarf dienen;

5.

Devisen;

6.

Unternehmensbeteiligungen, soweit sie nicht unter Z. 3 fallen und soweit es sich nicht um strategische Unternehmensbeteiligungen aus wirtschaftspolitischen, strukturpolitischen oder realwirtschaftlichen Gründen handelt.

(2) Die Landesregierung kann mit Verordnung weitere Veranlagungen als Veranlagungen im Sinne dieses Gesetzes festlegen (Abs. 1 lit. c), sofern es zur Vermeidung von Spekulation erforderlich ist.

§ 3 SVG


Die Rechtsträger müssen ihre Finanzgebarung risikoavers ausrichten. Sie müssen die mit der Finanzgebarung notwendigerweise verbundenen Risiken auf ein Mindestmaß beschränken. Die Minimierung der Risiken ist stärker zu gewichten als die Optimierung der Erträge oder Kosten.

§ 4 SVG


(1) Darlehen bzw. Kredite dürfen nur aufgenommen werden, wenn sie auf Euro lauten. Dasselbe gilt für den Abschluss von Leasinggeschäften.

(2) Darlehen bzw. Kredite dürfen – unbeschadet des § 5 – keine derivative Komponente enthalten. Sie dürfen nicht zum Zwecke der Veranlagung (§ 2 Abs. 1 lit. c) aufgenommen werden.

(3) Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Satz gelten sinngemäß für die Begebung von Anleihen.

§ 5 SVG


(1) Ein derivatives Finanzgeschäft darf nur als Absicherungsgeschäft im Rahmen der Fremdfinanzierung abgeschlossen werden, um Zinsänderungs- und andere Marktrisiken eines Grundgeschäftes zu begrenzen.

(2) Das derivative Finanzgeschäft muss mit dem Grundgeschäft verbunden sein. Es darf zu keinem Zeitpunkt der entsprechenden Laufzeit einen höheren Nominalbetrag als das Grundgeschäft umfassen.

(3) Die Laufzeit des derivativen Finanzgeschäftes darf jene des Grundgeschäfts nicht übersteigen und hat spätestens mit dem Ende der Laufzeit des Grundgeschäftes zu enden.

§ 6 SVG


(1) Folgende Veranlagungen sind zulässig:

a)

Spareinlagen, Sichteinlagen und Termineinlagen in Euro;

b)

Anleihen und Pfandbriefe, jeweils in Euro und von Emittenten mit mindestens einem guten Rating;

c)

Beteiligungen an Euro-Geldmarktfonds und Euro-Rentenfonds, jeweils ohne Währungsrisiko; weiters Beteiligungen an gemischten Euro-Fonds mit mindestens 70 % Anleihenanteil gemäß lit. b und dem restlichen Anteil in Aktien, jeweils ohne Währungsrisiko.

(2) Die Landesregierung kann durch Verordnung weitere Veranlagungsformen, die dem Spekulationsverbot des § 3 entsprechen, für zulässig erklären.

§ 7 SVG


Mit Aufgaben im Bereich der Finanzgebarung dürfen nur Personen betraut werden, die, abhängig von ihrer Verantwortung, aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrung dazu in der Lage sind.

§ 8 SVG


(1) Die Finanzgebarung ist so zu organisieren, dass vor dem beabsichtigten Abschluss von Finanzgeschäften im Sinne der §§ 3 bis 6 eine Prüfung und Auswahl durch zwei geeignete Personen (§ 7) unabhängig voneinander erfolgt. Die Empfehlung an das für die endgültige Entscheidung über den Abschluss des Finanzgeschäfts zuständige Organ ist von diesen Personen möglichst einvernehmlich zu treffen, zu begründen und zu dokumentieren, ansonsten getrennt.

(2) Rechtsträger – mit Ausnahme des Landes – sind von der Verpflichtung nach Abs. 1 ausgenommen, wenn sie nicht über ausreichend Personen nach § 7 verfügen, die Anstellung von zusätzlichen Personen unter Bedachtnahme auf die Anzahl und das Volumen der Finanzgeschäfte unverhältnismäßig wäre und sie nur folgende Finanzgeschäfte abschließen:

a)

Fremdfinanzierungsgeschäfte, ausgenommen derivative Finanzgeschäfte;

b)

Veranlagungen nach § 6 Abs. 1 lit. a und b;

c)

sonstige Finanzgeschäfte, sofern durch schriftliches Gutachten nachgewiesen wird, dass das Finanzgeschäft den Bestimmungen der §§ 3 bis 6 entspricht.

(3) Ein Gutachten nach Abs. 2 lit. c muss von einer Einrichtung erstellt werden, die zu derartigen Beratungen befugt ist und das entsprechende Finanzprodukt weder anbietet noch vermittelt; zwischen der beratenden Einrichtung und der das Finanzprodukt anbietenden Einrichtung darf keine gesellschaftsrechtliche Verbindung bestehen. Für die Gemeinden und die sonstigen Rechtsträger des Teilsektors S.1313 (Gemeinden) sowie diesen zuzuordnende Rechtsträger des Teilsektors S.1314 (Sozialversicherung) kann das Gutachten auch durch den Vorarlberger Gemeindeverband erstellt werden.

§ 9 SVG


Die Rechtsträger haben ihrem Schuldenmanagement eine strategische Jahresplanung zugrunde zu legen.

§ 10 SVG


Die Landesregierung kann, soweit dies zur Vermeidung von Spekulation erforderlich oder zweckmäßig ist, mit Verordnung nähere Vorschriften erlassen über

a)

das Risikomanagement nach den §§ 3 bis 6, insbesondere über das Management von Kreditrisiko, Marktrisiko, Liquiditätsrisiko, Reputationsrisiko, Rechtsrisiko und das operationelle Risiko;

b)

die nötige Qualifikation der Personen und das Vier-Augen-Prinzip nach den §§ 7 und 8;

c)

die Erfordernisse der strategischen Jahresplanung nach § 9.

§ 11 SVG


Die in diesem Gesetz geregelten Angelegenheiten der Gemeinden sind solche des eigenen Wirkungsbereichs. Für die strategische Jahresplanung nach § 9 ist der Bürgermeister zuständig.

§ 12 SVG


Das Land und die Gemeinden haben im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen der §§ 3 bis 9 sinngemäß auch Rechtsträger im Sinne des § 1 lit. c einhalten, an denen sie beteiligt sind und deren Organisation nicht der Landesgesetzgeber regelt.

§ 13 SVG


(1) Anschlussfinanzierungen (Rollierungen) und risikoreduzierende Absicherungen von bestehenden Geschäften entgegen diesem Gesetz können vereinbart werden, wenn

a)

diese Finanzgeschäfte im direkten Zusammenhang mit einem Finanzgeschäft stehen, das vor Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden ist;

b)

der Rechtsträger dem Landes-Rechnungshof bzw. der Landesregierung (Abs. 2) bis zum 31. Mai 2015 eine geeignete Strategie für einen stufenweisen Abbau der den Bestimmungen dieses Gesetzes widersprechenden Finanzgeschäfte übermittelt und

c)

der Rechtsträger diese Finanzgeschäfte auf der Grundlage seiner Strategie gemäß lit. b bis zum Ablauf des 31. Dezember 2017 an die Bestimmungen dieses Gesetzes anpasst.

(2) Die Strategie gemäß Abs. 1 lit. b des Landes, sonstiger Rechtsträger des Teilsektors S.1312 (Länder) oder sonstiger dem Land zuzuordnender Rechtsträger des Teilsektors S.1314 (Sozialversicherung) ist dem Landes-Rechnungshof zu übermitteln; jene der Gemeinden, sonstiger Rechtsträger des Teilsektors S.1313 (Gemeinden) oder sonstiger den Gemeinden zuzuordnender Rechtsträger des Teilsektors S.1314 (Sozialversicherung) der Landesregierung.

(3) Die Strategie gemäß Abs. 1 lit. b kann mit Zustimmung des Landes-Rechnungshofes bzw. der Landesregierung auch einen späteren Endtermin als den 31. Dezember 2017 vorsehen, wenn das auf Grund der Art oder des Volumens der betroffenen Finanzgeschäfte den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entspricht und das damit verbundene Risiko vertretbar ist.

§ 14 SVG


(1) Dieses Gesetz tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Monatsersten in Kraft.

(2) Die strategische Jahresplanung nach § 9 muss erstmals für das Jahr 2015 vorliegen.

(3) Verordnungen aufgrund dieses Gesetzes können bereits ab Kundmachung erlassen werden; sie treten jedoch frühestens mit diesem Gesetz in Kraft.

Spekulationsverbotsgesetz (SVG) Fundstelle


Gesetz über ein Spekulationsverbot des Landes, der Gemeinden und sonstiger öffentlicher Rechtsträger

StF: LGBl.Nr. 33/2014

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