§ 21 NÖ KAG

NÖ KAG - NÖ Krankenanstaltengesetz

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Berücksichtigter Stand der Gesetzgebung: 23.11.2024

(1) Die Krankenanstalten sind verpflichtet:

a)

Vormerke über die Aufnahme und die Entlassung der Patienten (Aufnahmebuch) zu führen, in denen die Patienten jedenfalls unter fortlaufenden Nummern mit Vor- und Zuname (gegebenenfalls auch mit dem Geburtsnamen), Geburtsdatum und bei minderjährigen oder nicht entscheidungsfähigen Patienten auch unter Angabe des Vor- und Zunamens, Berufs und Wohnortes ihres gesetzlichen Vertreters, ferner unter Bezeichnung der Krankheit, zu deren Behandlung die Aufnahme erfolgt ist, sowie des Aufnahme- und Entlassungstages bzw. des Todestages und der Todesursache einzutragen sind. Im Fall der Ablehnung der Aufnahme eines Patienten sind in der Aufnahmedokumentation die dafür maßgebenden Gründe festzuhalten. In Fällen, in denen sich Schwangere oder Gebärende in einer psychosozialen Notsituation befinden und daher das Leben oder die gedeihliche Entwicklung des Neugeborenen gefährdet erscheinen, kann über Wunsch der Frau von der Aufnahme der personenbezogenen Daten Abstand genommen werden (anonyme Geburt). Über die Folgen einer anonymen Geburt ist sie in Anwesenheit und unter Mitwirkung eines Mitarbeiters der örtlich zuständigen Jugendabteilung (Bezirksverwaltungsbehörde) in Kenntnis zu setzen. Dies ist in der Krankengeschichte zu dokumentieren. Die Identifikation erfolgt ausschließlich über die Aufnahmezahl. Für eine allfällig später erforderliche Identifikation aus der Sicht der Mutter ist ihr die Aufnahmezahl bekanntzugeben. Dieser Umstand ist ebenfalls zu dokumentieren.

b)

Krankengeschichten anzulegen, in denen die Vorgeschichte der Erkrankung (Anamnese), der Zustand des Patienten zur Zeit der Aufnahme (status praesens) und der Krankheitsverlauf (decursus morbi) sowie der Zustand des Patienten zur Zeit seines Abganges aus der Krankenanstalt darzustellen ist. Die Krankengeschichte hat ferner die angeordneten Maßnahmen sowie die erbrachten ärztlichen und gegebenenfalls zahnärztlichen Leistungen einschließlich Medikation (insbesondere hinsichtlich Name, Dosis und Darreichungsform) und die Aufklärung des Patienten zu enthalten. Aus der Krankengeschichte müssen weiters der Ablauf der Diagnostik und die Grundlagen für die therapeutischen Konsequenzen ersichtlich sein. In der Krankengeschichte sind ferner sonstige angeordnete sowie erbrachte wesentliche Leistungen, insbesondere der pflegerischen (Pflegedokumentation), einer allfälligen psychologischen bzw. psychotherapeutischen Betreuung sowie Leistungen der medizinisch-technischen Dienste darzustellen. Die Leistungen sind von den anordnenden bzw. ausführenden Personen in der Krankengeschichte nachvollziehbar abzuzeichnen. Der Krankengeschichte ist eine Abschrift einer allfälligen Obduktionsniederschrift anzuschließen.

c)

Über Operationen sind eigene Operationsprotokolle zu führen und der Krankengeschichte beizulegen.

d)

Bei der Führung der Krankengeschichte sind Patientenverfügungen (§ 2 Abs. 1 Patientenverfügungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2006) des Patienten zu dokumentieren.

e)

Im Rahmen der Krankengeschichte sind allfällige Widersprüche gegen die Heranziehung zu Unterrichtszwecken sowie gegen die Entnahme von Organen (§ 5 des Organtransplantationsgesetzes, BGBl. I Nr. 108/2012) zu dokumentieren.

(2) Die Führung der Krankengeschichte obliegt hinsichtlich der ärztlichen und gegebenenfalls zahnärztlichen Leistungen dem für die Behandlung verantwortlichen Arzt bzw. Zahnarzt, hinsichtlich der sonstigen im Abs. 1 lit.b genannten Leistungen der für sie verantwortlichen Person. Während der Behandlungsdauer und nach ihrem Abschluß sind die Krankengeschichten so zu verwahren, daß eine mißbräuchliche Kenntnisnahme ihres Inhaltes ausgeschlossen wird. Die Krankenanstalten sind verpflichtet, die Krankengeschichten, Operations- und Obduktionsprotokolle nach Abschluss des Behandlungsfalles mindestens 30 Jahre, allenfalls in Form von Mikrofilmen oder auf anderen gleichwertigen Informationsträgern, deren Lesbarkeit für den Aufbewahrungszeitraum gesichert sein muss, in doppelter Ausfertigung, aufzubewahren. Bei Auflassung der Krankenanstalt und nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Krankengeschichten, Operations- und Obduktionsprotokolle unter Aufsicht zu vernichten, wenn der Leiter der Anstaltsabteilung keine längere Aufbewahrung anordnet.

(3) Die Krankenanstalten sind verpflichtet, den Gerichten und Verwaltungsbehörden in Angelegenheiten, in denen die Feststellung des Gesundheitszustandes für eine Entscheidung oder Verfügung im öffentlichen Interesse von Bedeutung ist, ferner den Sozialversicherungsträgern und von Sozialversicherungsträgern beauftragten Sachverständigen sowie den Geschäftsführern des NÖ Gesundheits- und Sozialfonds und von diesen beauftragten Sachverständigen oder Bediensteten des NÖ Gesundheits- und Sozialfonds oder der NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft (§ 91), soweit dies zur Wahrnehmung der diesen obliegenden Aufgaben erforderlich ist, sowie einweisenden oder weiterbehandelnden Ärzten oder Zahnärzten oder Krankenanstalten über Anforderung kostenlos Kopien von Krankengeschichten und ärztlichen bzw. zahnärztlichen Äußerungen über den Gesundheitszustand von Patienten zu übermitteln. Ferner sind sonstigen Gesundheits- und Sozialeinrichtungen (Sozialdienste, Sozialstationen) über deren Anforderung Abschriften jener Teile der Krankengeschichte kostenlos zu übermitteln, deren Kenntnisse für die weitere medizinische Betreuung der Patienten unbedingt erforderlich ist. Ferner sind den privaten Versicherungsträgern über deren Anforderung Abschriften von Krankengeschichten und ärztlichen Äußerungen über den Gesundheitszustand des Patienten gegen Ersatz der damit verbundenen Aufwendungen zu übermitteln, soweit dies zur Beurteilung und Erfüllung von Ansprüchen aus einem konkreten Versicherungsfall notwendig ist und der Patient dem ausdrücklich schriftlich zugestimmt und dies im Einzelfall nicht untersagt hat. Außerdem ist dem Patienten oder seiner Vertrauensperson über Wunsch Einsicht in die Krankengeschichte zu gewähren und nach Maßgabe des Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl.Nr. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1 die Herstellung von Kopien zu ermöglichen, wobei die Ausfolgung vom ärztlichen Leiter der Krankenanstalt an die Erläuterung durch den behandelnden Arzt geknüpft werden kann, wenn dies zur Wahrung des Patientenwohles geboten ist.

(4) Bei der Entlassung eines Patienten ist neben dem Entlassungsschein unverzüglich ein Entlassungsbrief anzufertigen, der die für eine allfällige weitere ärztliche, psychologische, psychotherapeutische und pflegerische Betreuung oder Betreuung durch Hebammen notwendigen Angaben und Empfehlungen sowie allfällige notwendige Anordnungen für die Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe, Angehörige der gehobenen medizinisch-technischen Dienste oder Heilmasseure zur unerlässlich gebotenen Betreuungskontinuität zu enthalten hat. In diesem sind die Angaben und Empfehlungen bzw. Anordnungen übersichtlich und zusammengefasst dazustellen. Empfehlungen hinsichtlich der weiteren Medikation haben den Erstattungskodex und die Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen zu berücksichtigen. Ausnahmen sind ausschließlich aus medizinischer Notwendigkeit zulässig, erforderlichenfalls ist eine Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Krankenversicherungsträger einzuholen. Dieser Entlassungsbrief ist nach Entscheidung des Patienten diesem oder

1.

dem einweisenden oder weiterbehandelnden Arzt bzw. Zahnarzt und

2.

bei Bedarf den für die weitere Betreuung in Aussicht genommenen Angehörigen eines Gesundheitsberufes und

3.

bei Bedarf der für die weitere Pflege und Betreuung in Aussicht genommenen Einrichtung

zu übermitteln.

Weisen die Befunde auf bösartige oder sonstige schwere Erkrankungen hin, ist der Patient nachweislich hievon in Kenntnis zu setzen und über sein Verlangen zu einer Befundbesprechung einzuladen. Auf diese Möglichkeit ist von der Krankenanstalt ausdrücklich hinzuweisen.

(5) Die Krankenanstalten sind ferner verpflichtet, den mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst betrauten Behörden alle Mitteilungen zu erstatten, die zur Einhaltung zwischenstaatlicher Verpflichtungen und zur Überwachung der Einhaltung bestehender Vorschriften erforderlich sind.

(6) Der verantwortliche ärztliche Leiter der Anstalt hat zu entscheiden, welchen Personen oder anderen als in Abs. 3 und 4 genannten Stellen Abschriften von Krankengeschichten und ärztlichen Äußerungen über den Gesundheitszustand von Patienten unter Beachtung der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht ausgefolgt werden können.

(7) Die Abgabe wissenschaftlich begründeter Gutachten wird durch die Bestimmungen der vorangegangenen Absätze nicht berührt.

(8) Die Rechtsträger von Krankenanstalten können die Verarbeitung und Aufbewahrung von Krankengeschichten – auch mittels automatisierter Datenverarbeitung – entweder in der Krankenanstalt durchführen oder anderen Rechtsträgern übertragen. Für diese Rechtsträger und die in ihnen beschäftigten Personen kommen die Bestimmungen des § 20 sinngemäß zur Anwendung. Übermittlungen von personenbezogenen Daten durch Rechtsträger, denen die Verarbeitung und Aufbewahrung übertragen wurde, sind nur über Auftrag des Rechtsträgers der Krankenanstalt zulässig.

(9) Röntgenbilder, Videoaufnahmen und andere Bestandteile der Krankengeschichten, deren Beweiskraft nicht 30 Jahre hindurch gegeben ist, sowie Krankengeschichten aus ausschließlich ambulanter Behandlung sind mindestens 10 Jahre aufzubewahren. Die Bestimmungen des Abs. 1 bis 8 gelten sinngemäß.

(10) Soferne es der Patient nicht ausdrücklich untersagt, dürfen patientenbezogene Vermerke am Krankenbett angebracht werden.

(11) Aufzeichnungen, die Geheimnisse betreffen, die Angehörigen des klinisch-psychologischen, gesundheits-psychologischen und psychotherapeutischen Berufes und ihren Hilfspersonen in Ausübung ihres Berufes anvertraut oder bekannt geworden sind, dürfen im Rahmen der Krankengeschichte oder der sonstigen Vormerke im Sinne des Abs. 1 lit.a nicht geführt werden.

(12) Die Krankenanstalten sind verpflichtet, über die Entnahme von Organen nach § 5 Organtransplantationsgesetz, BGBl. I Nr. 108/2012, und über Entnahmen nach § 4 Abs. 5 Gewebesicherheitsgesetz, BGBl. I Nr. 49/2008, Niederschriften zur Krankengeschichte aufzunehmen und im Sinne des Abs. 2 zu verwahren.

(13) Die Abschlussdokumentation einer Behandlung in einer Ambulanz gilt als Entlassungsbrief. Die Abs. 2 und 4 sind sinngemäß anzuwenden.

(14) Rechtsträger von Krankenanstalten sind ermächtigt, die im Rahmen des Betriebes einer Krankenanstalt erforderlichen personenbezogenen Daten zum Zweck der Dokumentation und Auskunftserteilung sowie der Abrechnung unter Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung zu verarbeiten. Hinsichtlich der Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten sind die Pflichten und Rechte gemäß Art. 13, 14, 18 und 21 der Datenschutz-Grundverordnung ausgeschlossen. Personenbezogene Daten, die der Geltendmachung, Ausübung und Verteidigung von Rechtsansprüchen dienen, dürfen jedenfalls bis zu 30 Jahre gespeichert und gegebenenfalls verarbeitet werden.

In Kraft seit 18.11.2020 bis 31.12.9999
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