Gesamte Rechtsvorschrift ÜVO

Überwachungsverordnung

ÜVO
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Stand der Gesetzesgebung: 17.01.2019

§ 1 ÜVO


Geltungsbereich

 

§ 1. Diese Verordnung regelt die Gestaltung der technischen Einrichtungen zur Gewährleistung der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der StPO.

§ 2 ÜVO


Im Sinne dieser Verordnung bedeutet

1.

„Betreiber“ derjenige, der einen öffentlichen Telefondienst gemäß § 3 Z 16 TKG 2003 erbringt und in dessen Netz physikalische Teilnehmeranschlüsse vorhanden sind;

2.

„Teilnehmeranschluss“ die technische Einrichtung, die Ursprung oder Ziel der Telekommunikation ist und durch eine Adresse eindeutig gekennzeichnet ist (physikalischer Anschluss), oder die Adresse, die der Teilnehmer einem physikalischen Anschluss fallweise zuordnen kann;

3.

„Adresse“ die Gesamtheit aller Adressierungselemente, die zur Festlegung des Zieles einer Kommunikationsverbindung dienen;

3a.

„Voice over LTE“ (VoLTE) eine nach dem Standard ETSI TR 122 973 V13.0.0 über einen öffentlichen Telefondienst gemäß § 3 Z 16 TKG 2003 aufgebaute Verbindung, die eine zwei- oder mehrseitige Echtzeit-Kommunikation ermöglicht;

4.

„Funkzelle“ der kleinste durch seine geografische Lage bestimmbare funktechnische Versorgungsbereich in einem Mobilfunknetz;

5.

„Übernahmeschnittstelle“ die Schnittstelle bei einem Betreiber, an die die zu überwachende Telekommunikation vom Betreiber an die überwachende Stelle übermittelt wird, wobei die Übernahmeschnittstelle als Wähl- oder als Festverbindung ausgestaltet sein kann;

6.

„Schnittstelle“ der Übergabepunkt bei einem Betreiber, an dem die zu überwachende Telekommunikation in einem festgelegten technischen Format vom Betreiber bereitgestellt wird.

§ 3 ÜVO


Bereitzuhaltende Funktionen

 

§ 3. (1) Betreiber haben in ihren Anlagen die Funktionen bereitzuhalten, die in der Lage sind über aktive Mitwirkung des Betreibers im Einzelfall die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zu gewährleisten, die

1.

von dem zu überwachenden Teilnehmeranschluss ausgeht oder für diesen bestimmt ist,

2.

zu Datenspeichern geleitet wird, die dem Teilnehmeranschluss zugeordnet sind, oder die aus solchen Datenspeichern abgerufen wird.

(2) Betreiber haben in ihren Anlagen die Funktionen bereitzuhalten, die in der Lage sind, die Inhaltsdaten sowie die sonstigen mit der Überwachung der Telekommunikation in Zusammenhang stehenden erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen:

1.

die Adresse des zu überwachenden Teilnehmeranschlusses;

2.

die von dem zu überwachenden Teilnehmeranschluss aus gewählten Adressen, auch wenn keine Verbindung zustande kommt,

3.

die von dem zu überwachenden Teilnehmeranschluss aus gewählten unvollständigen Adressen, falls ein begonnener Verbindungsversuch vorzeitig beendet wird;

4.

die Adressen der Teilnehmeranschlüsse, von denen aus der zu überwachende Teilnehmeranschluss gewählt wird, auch wenn keine Verbindung zustande kommt;

5.

bei der Inanspruchnahme von Diensten, welche die Telekommunikation um- oder weiterleiten (Rufumleitung oder Rufweiterschaltung), die Adresse der Um- oder Weiterleitung, bei virtuellen Anschlüssen die jeweils zugeordneten physikalischen Anschlüsse;

6.

bei zu überwachenden Teilnehmeranschlüssen, die fallweise einem anderen Anschluss zugeordnet werden können, die Adresse dieses anderen Anschlusses;

7.

den jeweils angeforderten oder in Anspruch genommenen Dienst oder das Dienstemerkmal;

8.

die technische Ursache für den Abbau oder das Nichtzustandekommen der zu überwachenden Verbindung;

9.

bei zu überwachenden Mobilanschlüssen die Funkzellen, über die die zu überwachende Verbindung abgewickelt wird;

10.

zumindest zwei der folgenden Angaben:

a)

Beginn der Verbindung oder des Verbindungsversuchs mit Datum und Uhrzeit;

b)

Ende der Verbindung oder des Verbindungsversuchs mit Datum und Uhrzeit;

c)

Dauer der Verbindung.

(3) Die Verpflichtungen gemäß Abs. 2 Z 1 bis 10 treffen den Betreiber im Einzelfall nur, soweit ihm dies auf Grund wirtschaftlicher und technischer Gegebenheiten zumutbar ist.

(4) Betreiber haben in ihren Anlagen die Funktionen bereitzuhalten, die in der Lage sind, über aktive Mitwirkung des Betreibers im Einzelfall die an der Schnittstelle bereitgestellten Daten eindeutig einer bestimmten richterlichen Anordnung zuzuordnen und, in Fällen, in denen Inhaltsdaten und die in Abs. 2 Z 1 bis 9 angeführten Daten auf voneinander getrennten Wegen von der Schnittstelle zu der Übernahmeschnittstelle übermittelt werden, die Inhaltsdaten und die jeweils zugehörigen Daten nach Abs. 2 Z 1 bis 9 so zu kennzeichnen, dass sie einander zweifelsfrei zugeordnet werden können.

(5) Die Abs. 1 bis 3 gelten sinngemäß auch für

1.

Telekommunikationsverbindungen mit mehr als einer Gegenstelle, soweit und solange der zu überwachende Teilnehmeranschluss an einer solchen Verbindung teilnimmt;

2.

Telekommunikationsverbindungen, die für den zu überwachenden Teilnehmeranschluss bestimmt sind oder von diesem aufgebaut werden, wenn dieser Teilnehmeranschluss fallweise einem anderen Teilnehmeranschluss zugeordnet ist oder die Verbindung von einem anderen Teilnehmeranschluss angenommen wird;

3.

Fälle, in denen für den zu überwachenden Teilnehmeranschluss mehrere Telekommunikationsverbindungen gleichzeitig bestehen.

§ 4 ÜVO


(1) Betreiber haben in ihren Anlagen die Funktionen bereitzuhalten, die in der Lage sind, über aktive Mitwirkung des Betreibers im Einzelfall die Telekommunikation für die gesamte Dauer der gerichtlich angeordneten Überwachungsmaßnahme an einer festgelegten technischen Schnittstelle bereitzustellen. Die Schnittstelle, an der die zu überwachende Telekommunikation bereitgestellt wird, muss technisch so gestaltet sein, dass

1.

an ihr ausschließlich die Telekommunikation bereitgestellt wird, die von dem zu überwachenden Teilnehmeranschluss herrührt oder für diesen bestimmt ist,

2.

die Qualität der an ihr bereitgestellten Telekommunikation nicht schlechter ist als jene, die dem zu überwachenden Teilnehmer bei der jeweiligen Verbindung geboten wird,

3.

die Übermittlung der an ihr bereitgestellten Telekommunikation mittels genormter, allgemein verfügbarer Übertragungswege und -protokolle erfolgen kann und

4.

die vom European Telecommunications Standardisation Institute erarbeiteten Standards ES 201 671 V2.1.1. und hinsichtlich VoLTE ETSI TS 102 232-1 V3.10.1 in Verbindung mit ETSI TS 102 232-5 V3.5.1 eingehalten werden.

(2) Für die Übermittlung der an der Schnittstelle bereitgestellten zu überwachenden Telekommunikation sind grundsätzlich Festverbindungen oder ISDN-Wählverbindungen oder ähnlich schnell aufbaubare Wählverbindungen zu nutzen. Soll die Übertragung mittels Wählverbindungen erfolgen, muss die Schnittstelle auch die Fähigkeit zum automatischen Verbindungsaufbau zu einem zu benennenden Anschluss beinhalten, an den die Aufzeichnungseinrichtung angeschlossen ist. Wählverbindungen sind zu Beginn jeder für den zu überwachenden Anschluss bestimmten oder von diesem herrührenden Telekommunikation aufzubauen und nach deren Ende wieder auszulösen. Die erforderlichen Zugänge zum Wählnetz sind Bestandteil der Schnittstelle. Die zu überwachende Telekommunikation ist ab ihrer Bereitstellung an der Schnittstelle durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen gegen die unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte zu schützen.

(3) Der Betreiber hat unter Berücksichtigung der praxisorientierten Erfordernisse, insbesondere der Anforderungen nach § 3 Abs. 2, festzulegen, von welcher der in Abs. 2 Satz 1 genannten Möglichkeiten er in einer bestimmten Telekommunikationseinrichtung Gebrauch macht. Für den Fall, dass die zu überwachende Telekommunikation nicht an einer einzelnen Schnittstelle bereitgestellt werden kann, müssen die Schnittstellen so gestaltet sein, dass Wählverbindungen realisiert werden können.

(4) Wenn der Betreiber die ihm zur Übermittlung anvertrauten Inhaltsdaten durch technische Maßnahmen gegen die unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte schützt, muss die Schnittstelle in der Lage sein, die ungeschützten Inhaltsdaten bereitzustellen. Falls der Betreiber für den Teilnehmer die Inhaltsdaten verschlüsselt, muss die Schnittstelle in der Lage sein, nach den Abs. 1 bis 3 die entschlüsselten Inhaltsdaten bereitzustellen.

(5) Betreiber haben in ihren Anlagen die Funktionen bereitzuhalten, die sicherstellen, dass Überwachungsmaßnahmen so durchgeführt werden können, dass sie weder von den an der Telekommunikation Beteiligten noch von Dritten feststellbar ist. Insbesondere dürfen die Betriebsmöglichkeiten des zu überwachenden Teilnehmeranschlusses durch die Überwachungsmaßnahme nicht verändert werden.

§ 5 ÜVO


Verlautbarungen

 

§ 5. Die in dieser Verordnung zitierten Unterlagen mit technischem Inhalt liegen beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie während der Amtsstunden zur Einsicht auf.

§ 6 ÜVO


(1) Die mit den §§ 3 und 4 auferlegten Verpflichtungen bestehen ab dem Zeitpunkt, in dem die Erbringung des Telekommunikationsdienstes aufgenommen wird. Dies gilt sinngemäß auch für jede Erweiterung oder Änderung des Telekommunikationsdienstes oder der Telekommunikationseinrichtungen, mit welchen der Telekommunikationsdienst erbracht wird.

(2) Betreiber von Telekommunikationseinrichtungen, mittels derer zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Verordnung bereits Telekommunikationsdienste erbracht werden, haben die Verpflichtungen gemäß §§ 3 und 4 unverzüglich, spätestens jedoch sechs Monate nach In-Kraft-Treten dieser Verordnung zu erfüllen.

(3) § 4 Abs. 1 Z 4 tritt mit 1. Jänner 2005 in Kraft.

(4) § 4 Abs. 2 tritt hinsichtlich der Übermittlung von Vermittlungsdaten mit 1. Jänner 2005 in Kraft.

(5) § 2 Z 3a und § 4 Abs. 1 Z 4 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 4/2019 treten drei Monate nach deren Kundmachung in Kraft.

Überwachungsverordnung (ÜVO) Fundstelle


Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über die Überwachung des Fernmeldeverkehrs (Überwachungsverordnung - ÜVO)
StF: BGBl. II Nr. 418/2001

Änderung

idF:

BGBl. II Nr. 559/2003

Präambel/Promulgationsklausel

Auf Grund des § 89 des Telekommunikationsgesetzes, BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2001, wird im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres und dem Bundesminister für Justiz verordnet:

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