Als Finanzgeschäfte, die dem Grundsatz einer risikoaversen Finanzgebarung entsprechen oder mit denen nur ein geringes finanzielles Risiko verbunden ist, gelten folgende Finanzgeschäfte:
1. | Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite, die auf Euro lauten und für die ein fixer oder ein an einen EURIBOR-Zinssatz gebundener, nicht strukturierter Zinssatz vereinbart ist, wobei dieses Erfordernis eines nicht strukturierten Zinssatzes der Vereinbarung eines Cap, Collar oder Floor nach Maßgabe der Z 2 lit a bis c nicht entgegensteht; | |||||||||
2. | folgende derivative Finanzgeschäfte: | |||||||||
a) | Cap zur Begrenzung der Zinsobergrenze; | |||||||||
b) | Cap gekoppelt mit einem Floor („Collar“) zur Schaffung und Eingrenzung eines Zinskorridors; | |||||||||
c) | Floor zur Begrenzung der Zinsuntergrenze, jedoch nur für den Fall, dass der zugrunde liegende EURIBOR-Zinssatz negativ werden sollte und maximal in der Höhe eines marktkonformen fixen Aufschlags auf diesen EURIBOR-Zinssatz; | |||||||||
d) | der Tausch von einem fixen auf einen an einen EURIBOR-Zinssatz gebundenen Zinssatz und umgekehrt; | |||||||||
3. | folgende, auf Euro lautende Veranlagungsformen: | |||||||||
a) | Sicht- und Spareinlagen; | |||||||||
b) | Termineinlagen; | |||||||||
c) | Anleihen mit nicht strukturiertem Zinssatz, wenn die Bonität des Emittenten der Anleihe als zweifelsfrei vorhanden erachtet wird und die Anleihe mindestens senior unsecured ist. Eine Anleihe ist senior unsecured, wenn diese, ohne besichert zu sein, im Konkursfall des Emittenten gegenüber nachrangigen Forderungen bevorzugt bedient wird. |
(1) Derivative Finanzgeschäfte dürfen nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs 3 S.FG sowie der in den Abs 2 bis 6 festgelegten weiteren Voraussetzungen abgeschlossen werden.
(2) Derivative Finanzgeschäfte dürfen nur als Absicherungsgeschäfte zur Begrenzung von Zinsänderungs- und anderen Marktrisiken eines bereits abgeschlossenen oder noch abzuschließenden Grundgeschäfts abgeschlossen werden.
(3) Der Nominalbetrag eines derivativen Finanzgeschäfts darf zu keinem Zeitpunkt der Laufzeit des Finanzgeschäfts höher sein als der des Grundgeschäfts.
(4) Die Laufzeit eines derivativen Finanzgeschäfts hat spätestens mit dem Grundgeschäft zu enden.
(5) Sofern ein Rechtsträger nicht selbst über das notwendige einschlägige professionelle Fachwissen verfügt, dürfen derivative Finanzgeschäfte nur nach Beratung durch ein vom Anbieter des Finanzgeschäfts verschiedenes Wertpapierunternehmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder Kreditinstitut, das in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen zugelassen ist, oder durch einen Wirtschaftstreuhänder oder einen Angehörigen einer ähnlichen, in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes anerkannten Berufsgruppe abgeschlossen werden. Zwischen dem beratenden Unternehmen usw und dem Anbieter des Finanzgeschäfts darf eine gesellschaftsrechtliche Verbindung oder ein Verhältnis im Sinn des § 244 Abs 2 Z 1 bis 4 UGB, dRGBl S 219/1897, in der Fassung der Änderungen bis zum Gesetz BGBl I Nr 50/2013, dieses einschließend, nicht bestehen.
(6) Der Rechtsträger hat vor dem Abschluss eines derivativen Finanzgeschäfts von dessen Anbieter einen Nachweis darüber einzuholen, dass dieses als Absicherungsgeschäft zur Begrenzung von Zinsänderungs- und anderen Marktrisiken des Grundgeschäfts gemäß Abs 1 geeignet ist.
(1) Die Bestimmungen dieses Abschnittes dienen unbeschadet der sich bereits aus dem Salzburger Finanzgebarungsgesetz ergebenden Verpflichtungen der Risikominimierung der Finanzgebarung von Rechtsträgern gemäß § 2 Z 3 S.FG und gelten nach Maßgabe des Umfangs der Finanzgebarung des jeweiligen Rechtsträgers für das Risikomanagement für die folgenden Risikoarten:
Rechtsträger gemäß § 2 Z 3 S.FG | Rechtsträger mit geringer Finanzgebarung |
Kreditrisiko |
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Marktrisiko |
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Liquiditätsrisiko | Liquiditätsrisiko |
Reputationsrisiko |
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Rechtsrisiko | Rechtsrisiko |
operationelles Risiko | operationelles Risiko |
(2) Als Rechtsträger mit geringer Finanzgebarung gelten Rechtsträger gemäß § 2 Z 3 lit e S.FG, die keine Kredite aufnehmen, keine mittel- und langfristigen Veranlagungen durchführen und deren Finanzgebarung sich im Wesentlichen auf die Kassengebarung beschränkt.
(1) Als Kreditrisiko gilt die Gefahr
1. | einer sich verschlechternden Bonität eines Schuldners des Rechtsträgers, | |||||||||
2. | des Ausfalls eines Schuldners des Rechtsträgers oder | |||||||||
3. | eines Verfalls der Werthaltigkeit der von einem Schuldner zur Besicherung einer Forderung dem Rechtsträger bestellten Werte. |
(2) Zur Steuerung des Kreditrisikos sind im Rahmen der strategischen Jahresplanung (§ 4 S.FG) jedenfalls folgende Maßnahmen zu ergreifen:
1. | Die Bonität des Schuldners, die Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen und die Werthaltigkeit der von einem Schuldner zur Besicherung einer Forderung des Rechtsträgers bestellten Werte sind laufend zu beobachten. | |||||||||
2. | Zum Zeitpunkt des Abschlusses eines Finanzgeschäftes soll seitens des Rechtsträgers die gute Bonität des Schuldners (zumindest von der Qualität vergleichbar mit einem Investmentgrade Rating) als zweifelsfrei vorhanden erachtet werden. | |||||||||
3. | Die gemäß § 1 Z 3 zulässigen Veranlagungen sind unter Berücksichtigung des Veranlagungshorizonts risikoavers auszurichten. |
(1) Das Marktrisiko besteht in der Gefahr sich verändernder Zinsniveaus.
(2) Ziel des Risikomanagements für das Marktrisiko ist es sicherzustellen, dass bei nachteiligen Änderungen des Finanzmarktes die dem Rechtsträger dadurch verursachten Kosten in einem beherrschbaren Umfang bleiben.
(3) Zur Steuerung des Marktrisikos hat der Rechtsträger im Rahmen der strategischen Jahresplanung (§ 4 S.FG) eine Strategie festzulegen, bei der beispielsweise das bestehende Verhältnis zwischen fixer und variabler Finanzierung, die Refinanzierungsvolumina und der Zeithorizont sowie die Zinserwartung des Marktes und die Fälligkeitsstruktur zu berücksichtigen sind.
(1) Das Liquiditätsrisiko besteht darin, dass die vorhandene Liquiditätsreserve eines Rechtsträgers im Krisenfall nicht ausreicht, um dessen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, und die dazu erforderlichen Mittel nicht sofort oder nur zu schlechten Konditionen am Markt beschafft werden können.
(2) Im Rahmen des Managements des Liquiditätsrisikos ist sicherzustellen, dass
1. | Zahlungsverpflichtungen jederzeit erfüllt werden können, | |||||||||
2. | die entsprechenden Mittel verfügbar sind und | |||||||||
3. | Aktivposten marktgängig sind. |
(3) Zur Minimierung des Liquiditätsrisikos sind jedenfalls folgende Maßnahmen zu ergreifen:
1. | Die (Rest-)Laufzeit von Verbindlichkeiten ist unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit so zu fixieren, dass der jährliche Finanzierungsbedarf am Kapitalmarkt problemlos abgedeckt werden kann. | |||||||||
2. | Bei kurzfristigen Veranlagungen im Rahmen der Kassengebarung ist darauf zu achten, dass diese Aktivposten marktgängig und jederzeit realisierbar sind oder es sich um kurzfristige Term Deposits (Geldeinlagen bei Banken über einen 1 Jahr nicht übersteigenden fixierten Zeitraum) handelt. |
(1) Als Reputationsrisiko gilt die Gefahr für einen Rechtsträger, dass durch ein Bekanntwerden oder durch eine öffentliche Berichterstattung über Transaktionen und Geschäftspartner oder über bestimmte Geschäftspraktiken dessen Reputation am Markt negativ beeinflusst wird.
(2) Im Rahmen des Managements des Reputationsrisikos ist sicherstellen, dass der Ruf oder das Ansehen des Rechtsträgers bei den beteiligten Verkehrskreisen nicht beschädigt wird und dadurch keine Nachteile am Finanzmarkt eintreten.
(3) Zur Minimierung des Reputationsrisikos sind jedenfalls folgende Maßnahmen zu ergreifen:
1. | Es ist darauf zu achten, dass alle eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen rechtzeitig und vollständig erfüllt werden. | |||||||||
2. | Bei der Auswahl der Vertragspartner ist neben deren wirtschaftlicher Zuverlässigkeit auch darauf zu achten, ob der Abschluss eines Rechtsgeschäfts auf Grund der Reputation des konkreten Vertragspartners die eigene Reputation des Rechtsträgers gefährden kann. | |||||||||
3. | Der dauerhafte Erhalt eines guten Ratings bzw die Verbesserung eines schlechten Ratings ist anzustreben, wenn der Rechtsträger ein Rating einer Ratingagentur besitzt. |
(1) Als Rechtsrisiko gilt die mögliche Verpflichtung eines Rechtsträgers zur Zahlung von Geld- oder von Konventionalstrafen oder von Schadenersatz. Eine solche mögliche Verpflichtung kann sich ergeben aus:
1. | externen Risikofaktoren, wie einer mangelnden Rechtssicherheit einzelner Rechtssysteme, einer Nichtberücksichtigung von gesetzlichen Grundlagen, einer Änderung der Rechtsprechung oder einer mangelnden Kenntnis von Maßnahmen zur Rechtsdurchsetzung vor allem im Zusammenhang mit dem Abschluss von Rechtsgeschäften auf der Grundlage von fremden Rechtsordnungen; | |||||||||
2. | internen Risikofaktoren, wie einer mangelnden Fortbildung von Mitarbeitern, einer mangelhaften Dokumentation von Verträgen oder einer mangelhaften Beratung des Rechtsträgers. |
(2) Zur Minimierung des Rechtsrisikos sind jedenfalls folgende Maßnahmen zu ergreifen:
1. | Standardisierte Vertragsdokumentationen sind zu verwenden. Abweichungen davon sollen nur aus nachvollziehbaren Gründen erfolgen und wenn das nach entsprechender Prüfung als angemessen erscheint. | |||||||||
2. | In den Verträgen – auch bei Abschluss mit ausländischen Vertragspartnern – ist grundsätzlich die Anwendung österreichischen Rechts und ein österreichischer Gerichtsstand zu vereinbaren. Abweichungen davon sollten nach einer entsprechenden Überprüfung der Verträge nur erfolgen, wenn dies für den Rechtsträger wirtschaftlich vorteilhaft ist. |
(1) Als operationelles Risiko gilt die Gefahr eines Verlusts auf Grund einer Unangemessenheit, eines Versagens von internen Abläufen jeglicher Art oder des Eintretens von externen Ereignissen.
(2) Im Rahmen des Managements des operationellen Risikos ist sicherzustellen, dass
1. | interne Verfahren sicher und zweckmäßig sind, | |||||||||
2. | die Mitarbeiter entsprechend ihren Aufgaben gut geschult sind, | |||||||||
3. | eingesetzte Systeme, insbesondere EDV-Systeme, laufend funktionsfähig sind und | |||||||||
4. | für den Fall eines Verlusts von Daten oder eines Zusammenbruchs von Kommunikationssystemen die Handlungsfähigkeit des Rechtsträgers weiterhin aufrechterhalten werden kann. |
(3) Zur Minimierung des operationellen Risikos sind jedenfalls folgende Maßnahmen zu ergreifen:
1. | Für den Abschluss von Verträgen ist eine klare Festlegung für die Abläufe und die Dokumentation der Transaktionen zu treffen. | |||||||||
2. | Die mit der Besorgung von Angelegenheiten der Finanzgebarung betrauten Personen müssen, abhängig von ihren Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten, über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen. | |||||||||
3. | Bei der Durchführung aller Zahlungen ist das Vier-Augen-Prinzip sicher zu stellen. | |||||||||
4. | Bei allen wichtigen Funktionen ist eine Stellvertretung zu gewährleisten. | |||||||||
5. | Die Abläufe und Zuständigkeiten sind klar zu dokumentieren und regelmäßig zu kontrollieren. |
(1) Diese Verordnung tritt mit 21. Dezember 2013 in Kraft.
(2) § 1 in der Fassung der Verordnung LGBl Nr 57/2015 tritt mit 10. Juli 2015 in Kraft.
(3) Die §§ 2 bis 9 in der Fassung der Verordnung LGBl Nr 80/2016 treten mit 20. Oktober 2016 in Kraft.
(4) Die Zulässigkeit des Abschlusses von Finanzgeschäften gemäß § 8 Abs 2 S.FG wird durch diese Verordnung nicht berührt.
Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 18. Oktober 2013, mit der nähere Bestimmungen zur Sicherstellung einer risikoaversen Finanzgebarung im Land Salzburg erlassen werden (Salzburger Finanzgeschäfte-Verordnung)
StF: LGBl Nr 98/2013
Änderung
Präambel/Promulgationsklausel
Auf Grund des § 3 Abs 4 des Salzburger Finanzgebarungsgesetzes - S.FG, LGBl Nr 59/2013, wird mit Zustimmung des Salzburger Landtages vom 11. Dezember 2013 verordnet: