Kommentar zum § 94 StGB

lexlegis am 15.04.2017

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§ 94 StGB ist ein sogenanntes echtes Unterlassungsdelikt, das stets nur durch ein Unterlassen, jedoch nie durch ein Tun begangen werden kann.

§ 2 StGB hat mit diesem absolut nichts zu tun und ist daher auch nicht damit in Verbindung zu bringen.

Bei § 94 StGB hat der Täter die Verletzung des Opfers SELBST verursacht. Bei § 95 StGB hingegen, kommt der Täter bloß zu einem Unglücksfall, wo sich das Opfer in einer Misslage befindet, die der Täter nicht selbst verursacht hat.

Lässt der Täter das Opfer unter solchen Umständen zurück, unter denen das Opfer mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Hilfe zu erlangen im Stande ist und einen zusätzlich zu seiner Verletzung erheblichen Nachteil erleiden wird, kann Garantenstellung nach § 2 StGB (Ingerenzprinzip) in Betracht zu ziehen und § 94 hierzu materiell subsidiär sein.

Hier: Vorsätzliches Liegenlassen des Opfers nach einem Autounfall im Freien bei starker Kälte an einer abgelegenen Unfallstelle, wodurch das Opfer aufgrund der unterlassenen Hilfeleistung durch Erfrieren den Tod fand. Das Verhalten kann das unechte Unterlassungsdelikt nach § 2 iVm § 75 StGB begründen, wenn der Täter den Tod des Opfers ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet. Es kommt demnach auch stark auf die Umstände an, unter denen das Opfer zurückgelassen wurde.

Konkurrenzen:

zu beachten ist die formelle Subsidiaritätsklausel nach § 94 Abs 4 StGB, die verba legalia bereits ihren Zweck ausreichend erläutert.  


§ 94 StGB | 7. Version | 3942 Aufrufe | 15.04.17
Informationen zum Autor/zur Autorin dieses Fachkommentars: lexlegis
Zitiervorschlag: lexlegis in jusline.at, StGB, § 94, 15.04.2017
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