Kommentar zum § 408 ZPO

Wiener Advocatur Bureau am 17.12.2012

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Beim Entschädigungsanspruch nach § 408 ZPO handelt es sich um einen materiellrechtlichen Schadenersatzanspruch (RS0041173). Nach der Rechtsprechung (OGH 10 Obs 142/07s mit Verweis auf 1 Ob 34/24 = SZ 6/29 = RS0041197 und auf Lindinger, Mutwillige Prozessführung im Schlichtungsstellenverfahren - Prozesskostenersatz im Außerstreitverfahren, immolex 2003, 105 [106]) kann offenbarer Mutwillen sowohl bei der Einlassung in einen Prozess als auch nachfolgend, etwa bei Fehlen ernst zu nehmender Einwendungen, vorliegen. Prinzipiell wird aber vermutet, dass das Gericht gutgläubig angerufen wurde (OGH 28.6.1999, 3 Ob 161/97s; 1 Ob 1571/95; SZ 59/159 ua.). Der Antrag löst keine Gerichtsgebührenpflicht aus (VwGH 11.2.1988, 87/16/0044), ist aber iSd § RATG zu berücksichtigen.

Der Entschädigungsbeitrag nach § 408 ZPO muss iSd Rechtsprechung (RS0041191, RS0041173) und Lehre (Rechberger in Rechberger, ZPO-Kommentar³ § 408 ZPO Rz 5; Fucik in Fasching/Konecny² § 408 ZPO Rz 11; Obermaier, Kostenhandbuch² Rz 316) konkret ziffernmäßig bestimmt sein. Diese uE hinterfragungswürdige Rechtsprechung und Lehre gründet sich aber offenbar auf Entscheidungen des OGH aus dem Jahre 1923 (2 Ob 343/23 = SZ 5/157; 1 Ob 457/23 = SZ 5/181; 1 Ob 458/23 = SZ 5/182), welche zu einer Zeit ergingen, in der die österreichische Krone einer starken Geldentwertung ausgesetzt war und Schuldner deswegen oftmals versuchten, den Zahlungszeitpunkt hinauszuzögern. Damit dem "Richter nicht das Recht eingeräumt würde, die gesetzliche Zahlkraft der Krone von Fall zu Fall zu bestimmen", musste ein konkreter Schaden behauptet werden (Gutachten des OGH vom 8. März 1923, Präs. 830/22, über den Ersatz des Schadens aus dem Verzuge in der Zahlung einer Geldschuld). Auch mit dem Argument der Verfahrensökonomie lässt sich nichts gewinnen, da bei den zitierten Entscheidungen aus 1923 völlig andere Entschädigungsbeträge zugesprochen wurden als vom Anspruchswerber begehrt. Eine ausreichende Bestimmbarkeit nach § 226 ZPO sollte uE genügen.


HG Wien vom 9.11.2011 50 R 127/10y
Melicharek/Widmann, Rechtsprechungsanalyse zur Mutwillenstrafe (§ 408 ZPO) RdW 2012/549, 506 (http://www.advocatur-bureau.at/publikationen/Peter_Melicharek-Monika_Widmann-Rechtsprechungsanalyse_zur_Mutwillenstrafe_(Paragraph_408_ZPO)-RdW_2012-549,506.pdf)


§ 408 ZPO | 3. Version | 1203 Aufrufe | 17.12.12
Informationen zum Autor/zur Autorin dieses Fachkommentars: Wiener Advocatur Bureau
Zitiervorschlag: Wiener Advocatur Bureau in jusline.at, ZPO, § 408, 17.12.2012
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