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L7 WirtschaftsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Wien ist schuldig, der Beschwerdeführerin die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten zuhanden ihres Rechtsvertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Stadt Wien, Magistratsabteilung 42 - Stadtgartenamt, führte zur Vergabe eines Bauauftrages im Unterschwellenbereich zwecks Herstellung einer Bewässerungsanlage und Durchführung gärtnerischer Arbeiten ein offenes Verfahren durch.
Gegen die Zuschlagsentscheidung stellte die als Bieterin ausgeschiedene Beschwerdeführerin beim Vergabekontrollsenat des Landes Wien (im Folgenden: VKS) einen Antrag auf Nichtigerklärung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
Mit dem am 12. August 2005 zugestellten Bescheid vom 5. August 2005 erließ der VKS die beantragte einstweilige Verfügung für die Dauer von einem Monat. Mit Schriftsatz vom 2. September 2005, der in der Geschäftsstelle des VKS am 5. September 2005 einlangte, beantragte die Beschwerdeführerin die Verlängerung der einstweiligen Verfügung um ein weiteres Monat mit dem Hinweis, dass eine Entscheidung in der Hauptsache noch nicht zugestellt worden sei und die einstweilige Verfügung am 4. September 2005 enden würde. Gleichzeitig stellte sie einen Antrag auf Ersatz der (auch) für diesen Antrag zu entrichtenden Gebühr. Mit dem am 8. September 2005 zugestellten Bescheid vom 26. August 2005 erklärte der VKS die angefochtene Zuschlagsentscheidung für nichtig und trug der Auftraggeberin den Ersatz der von der Beschwerdeführerin für den Nachprüfungsantrag und den Antrag auf einstweilige Verfügung entrichteten Pauschalgebühr in Höhe von insgesamt € 5.000,-- auf.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies der VKS den Antrag auf Verlängerung der einstweiligen Verfügung zurück, da das Nachprüfungsverfahren mit dem Bescheid vom 26. August 2005 beendet worden und die Voraussetzungen für die Erlassung bzw. Verlängerung einer einstweiligen Verfügung weggefallen seien.
Ferner wies der VKS den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr zurück und verpflichtete - nach vorheriger, erfolglos gebliebener Aufforderung - die Beschwerdeführerin zur (weiteren) Entrichtung der Pauschalgebühr für den zurückgewiesenen Antrag auf Verlängerung der einstweiligen Verfügung in Höhe von € 2.500,-- an das Land Wien. Dazu führte der VKS begründend aus, dass die mit Einbringung des Antrages fällige Pauschalgebühr trotz entsprechender Aufforderung nicht nachgewiesen worden sei, sodass schon deshalb kein Gebührenersatz in Betracht komme; darüber hinaus fehle das für einen Ersatz gemäß §30 Abs5 angeordnete Erfordernis des Obsiegens, weil der - die Gebührenpflicht auslösende - Antrag auf Verlängerung der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen worden sei.
3. In der gegen diesen Bescheid (mit Ausnahme des die Zurückweisung des Verlängerungsantrages verfügenden und nunmehr ohnedies gegenstandslos gewordenen Spruchteiles) gerichteten Beschwerde nach Art144 B-VG wird unter anderem die Verletzung sonstiger Rechte wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die Höhe der auferlegten Pauschalgebühr mit näherer Begründung als verfassungswidrig gerügt.
4. Der VKS erstattete als belangte Behörde eine Gegenschrift, in der er insbesondere die Gebührenhöhe als verfassungskonform verteidigt.
II. 1. Der Verfassungsgerichtshof beschloss aus Anlass der vorliegenden Beschwerde, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "sowie für Anträge gemäß §23 Abs1" in §30 Abs1 sowie der Wortfolge "Bauaufträge ... 2 500 €" im Anhang des Wiener Vergaberechtsschutzgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 25/2003, einzuleiten.
2. Mit Erkenntnis vom 11. Oktober 2006, G109, 116/06, wurden die in Prüfung gezogenen Bestimmungen als verfassungswidrig aufgehoben.
III. Die Beschwerde ist begründet.
Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.
Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB. VfSlg. 10.404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
IV. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 180,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:B3694.2005Dokumentnummer
JFT_09938989_05B03694_00