TE Vwgh Erkenntnis 1955/9/22 1093/55

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Veröffentlicht am 22.09.1955
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
80/03 Weinrecht;

Norm

AVG §66 Abs4 impl;
VStG §16 Abs1;
VStG §19;
WeinG 1929 §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Guggenbichler als Vorsitzenden und die Räte Dr. Höslinger, Dr. Borotha, Dr. Schimetschek und Penzinger als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Dolp als Schriftführer, über die Beschwerde das M H in G gegen den Bescheid des Landeshauptmannes des Burgenlandes vom 8. März 1955, Zl. Vc 222/2-1955, betreffend Übertretung des Weingesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannachaft Neusiedl am See vom 9. September 1954 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, 781 und 700 l weißen Traubenmost des Lesegutes 1953 über das zulässige Ausmaß hinaus aufgezuckert und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 des Weingesetzes, BGBl. Nr. 328/1929 begangen zu haben. Es wurde über ihn gemäß § 7 dieses Gesetzes eine Geldstrafe von 1.000 S verhängt, an deren Stelle im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzstrafe von acht Tagen Arrest zu treten hatte. Der gegen dieses Straferkenntnis vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid im Ausspruch über die Strafe teilweise Folge gegeben und die von der ersten Instanz verhängte Geldstrafe (unter Berufung auf § 51 Abs. 4 VStG) auf 500 S herabgesetzt.

Über die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene, lediglich gegen die Strafbemessung gerichtete Beschwerde hat der Verwaltunggerichtshof erwogen:

Nach § 7 des Weingesetzes (kurz WG) unter Berücksichtigung des § 1 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 4. Februar 1948, BGBl. Nr. 50, über die Erhöhung von Geldstrafen im Verwaltungsstrafrecht wird die Übertretung der Vorschriften des § 5 WG von der politischen Behörde mit Geld bis zu 1.200 S oder mit Arrest bis zu einem Monat bestraft. Gegen rückfällige Täter ist auf Arrest bis zu drei Monaten und daneben auf Geldstrafe zu erkennen. Schon aus dieser Fassung des Gesetzes ergibt sich, dass der Einwand der Beschwerde, die belangte Behörde habe bei der Strafbemessung lediglich die Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers und dessen Fürsorgepflicht für die Familie, aber nicht den Umstand berücksichtigt, dass die von ihm begangene Übertretung die erste während seiner ganzen Jahrzehnte langen Tätigkeit als Weinbauer gewesen sei, nicht begründet ist. Denn eine primäre Geldstrafe ist grundsätzlich nur für erstmalige Übertretungen vorgesehen. Im Wiederholungsfalle ist eine Übertretung des § 5 WG mit Arrest- und Geldstrafe zu ahnden. Es kann daher dieser Umstand nicht als besonderer Milderungsgrund gewertet werden, weil es sich um eine die Anwendung eines bestimmten milderen Strafsatzes bedingende Tatsache handelt, der bereits durch die Anwendung dieses Strafsatzes Rechnung getragen ist.

Ebenso wenig vermag die Behauptung des Beschwerdeführers die Gesetzmäßigkeit der verhängten Strafe in Frage zu stellen, dass die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See in anderen Fällen gleichartiger Übertretungen nur mit der Verhängung, von Geldstrafen in der Höhe von 100 S vorgegangen ist und im allgemeinen 300 S als Höchststrafe zur Anwendung brachte. Die Strafbemessung hält sich im vorliegenden Fall innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens, innerhalb dessen die Behörde die Strafe nach freiem Ermessen festzusetzen hat. Die Verhängung einer höheren Geldstrafe aus Gründen der Generalprävention, die nach den Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift durch das Überhandnehmen unzulässiger Aufzuckerung von Weinmost gerade in der Gemeinde des Beschwerdeführers geboten erschien, lässt die Ermessensübung der Strafbehörde daher nicht als rechtswidrig erscheinen. Dass die erste Instanz in ähnlich gelagerten Fällen zu einer anderen Festsetzung des Strafausmaßes gelangte, spielt hiebei keine Rolle. Denn wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend bemerkt, würde eine Bindung der Berufungsbehörde an die Ermessensübung der Strafbehörde erster Instanz in der Frage der Strafbemessung der Vorschrift des § 66 Abs. 4 AVG widersprechen, wonach die Berufungsbehörde berechtigt ist, ihre eigene Anschauung auch in Ermessensfragen an Stelle der der Unterinstanz zur Geltung zu bringen und hierin im Strafverfahren nur durch das Verbot einer reformatio in peius beschränkt ist.

Wenn schließlich der Beschwerdeführer die Strafbemessung deswegen für rechtswidrig hält, weil die belangte Behörde wohl die primär verhängte Geldstrafe, nicht aber auch die Ersatzarreststrafe herabgesetzt hat und eine Verletzung des § 16 Abs. 2 VStG darin erblickt, dass die im konkreten Fall verhängte Geld- und Ersatzarreststrafe nicht im dem sich aus der Höhe der im Gesetz vorgesehenen Strafsätze ergebenden Verhältnis zu einander stehen, so erweist sich auch dieser Einwand nicht als begründet. § 16 Abs. 2 letzter Satz VStG verweist bezüglich der Festsetzung der Ersatzarreststrafe auf die allgemeinen Strafbemessungsregeln, die im § 19 VStG zu finden sind. Es gilt somit im Verwaltungsstrafrecht kein fester Umrechnungsschlüssel (wo ein solcher in einzelnen Verwaltungsvorschriften vorgesehen war, ist er durch die Verwaltungestraferhöhungsgesetze beseitigt worden). Nach den Grundsätzen des § 19 VStG ist es aber durchaus zulässig, sowohl die Geldstrafe mit Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse und die Sorgepflicht des Täters herabzusetzen, ohne die Ersatzarreststrafe ebenfalls herabzusetzen, als auch die primäre Geldstrafe und die subsidiäre Arreststrafe in einem Verhältnis festzusetzen, welches nicht einer aus dem Verhältnis der Höchststrafsätze errechneten Schlüsselzahl entspricht.

Da sich die Beschwerde somit im jeder Hinsicht als unbegründet erwies, musste ihr gemäß §  42 Abs. 1 VwGG ein Erfolg versagt werden.

Wien, am 22. September 1955

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme VerwaltungsstrafrechtGeldstrafe und Arreststrafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1955:1955001093.X00

Im RIS seit

22.09.1955

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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