TE Vwgh Erkenntnis 1982/3/17 1351/79

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Veröffentlicht am 17.03.1982
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1977 §53;
BDG 1977 §55;
BDG 1979 §93 impl;
BDG 1979 §95 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Kirschner, Dr. Liska, Dr. Griesmacher und Mag. Meinl als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des MS in G, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 7. März 1979, Zl. 2/4-DOK/79, betreffend die Disziplinarstrafe der Entlassung, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Peter Ringhofer für Rechtsanwalt Dr. Walter Riedl, und des Vertreters der belangten Behörde, Oberrat Dr. GR, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand als Gendarmeriebeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war der Gendarmerieposten E.

Mit dem Disziplinarerkenntnis vom 30. November 1978 erkannte die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres zu Recht, dass der Beschwerdeführer seine Dienstpflichten (§ 51 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 329/1977, - BDG) hinsichtlich der §§ 21, 22 und 24 der Dienstpragmatik im Zusammenhalt mit den §§ 8, 11 und 13 der Gendarmeriedienstinstruktion (ZVdg.d.MfLV vom 21. März 1895, Präs. Nr. 617-GVBl. Nr. 5/1895) sowie § 11 der Kraftfahrzeugvorschrift für die österreichische Bundesgendarmerie auf Erl. d. BMI, GD v. d.ö.S., Zl. 138.600-15/68, vom 21. November 1968) über seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung hinaus (Übertretung nach §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 StVO) schuldhaft verletzt habe, weil er

1.

am 7. Juli 1978 während des laut StDB Nr. 256 von 13.00 Uhr bis

22.

OO.Uhr mit dem Patrouillenwagen vorgeschriebenen planmäßigen Außendienstes um etwa 18.00 Uhr in der Postenkanzlei zum Abendessen ein Krügel Bier konsumiert, die Patrouille dann fortgesetzt und um ungefähr 21.00 Uhr ohne dienstlichen Grund vorzeitig seinen Dienst beendet habe; 2. anschließend um etwa

21.15 Uhr in Uniform die im gleichen Hause befindliche Gastwirtschaft aufgesucht und sich dort durch den Genuss alkoholischer Getränke eine merkbare Alkoholisierung zugezogen habe; 3. im alkoholisierten Zustand um ungefähr 24.00 Uhr mit einem Pkw, den er gelenkt habe, ein Cafehaus aufgesucht und dort bis gegen 04.00 Uhr des 8. Juli 1978 in Gesellschaft von Zivilpersonen weitere alkoholische Getränke konsumiert habe; nach 04.00 Uhr mit einem Zechgenossen auf der Suche nach einem weiteren Lokal mit dem Pkw von der Fahrbahn abgekommen sei, dabei den Reifen des Pkw beschädigt und in der Folge eine Hinweistafel umgefahren habe, ohne anzuhalten zum Sportplatz weitergefahren sei, dort im Wagen eingeschlafen sei, während zwei andere Personen den Reifen gewechselt hätten; schließlich habe der Zechgenosse, der keinen Führerschein besessen habe und ebenfalls unter Alkoholeinfluss gestanden sei, die Lenkung des Pkw vom Beschwerdeführer in der Absicht übernommen, ihn zum Ausschlafen seines Rausches zu sich nach Hause zu bringen, damit ihm Unannehmlichkeiten erspart blieben. Deshalb wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 Z. 4 BDG die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt. Zu der verhängten Strafe wird in diesem Disziplinarerkenntnis ausgeführt, dass diese der Schwere der Dienstpflichtverletzung adäquat sei, wobei das Gewicht der Tat, der Grad des Verschuldens, die dienstrechtliche Stellung und die Verantwortlichkeit sowie der Umfang der verletzten Dienstpflichten zu berücksichtigen seien. Das Landesgendarmeriekommando für Niederösterreich habe bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der Dienstpflichtverletzungen am 10. Juli 1978 gemäß § 72 BDG die Suspendierung des Beschwerdeführers vom Dienst mit einer Bezugskürzung auf zwei Drittel des Monatsbezuges unter Ausschluss der Haushaltszulage verfügt. Diese Maßnahme wurde damit begründet, dass der Beschwerdeführer außer Dienst und in Uniform derart schwer wiegende Dienstpflichtverletzungen begangen habe, dass seine weitere Belassung im Dienst sowohl das Ansehen des Amtes als auch wesentliche Interessen des Dienstes gefährden würde. Da die Suspendierung eine sichernde und vorbeugende Maßnahme und keine Strafe darstelle, habe die Dienstbehörde damit zum Ausdruck gebracht, dass der Beschwerdeführer für den exekutiven Dienst nicht mehr tragbar gewesen sei. Nach Auffassung der Disziplinarkommission seien die unter Punkt 3 ihres Erkenntnisses angeführten Dienstpflichtverletzungen als die schwersten anzusehen. Es sei daher danach die Strafe zu bemessen gewesen, wobei die übrigen Dienstpflichtverletzungen als erschwerend hinzugekommen seien. Dabei sei die Überlegung maßgebend gewesen, dass ein Gendarmeriebeamter, der sich in Uniform und in aller Öffentlichkeit, wenn auch außer Dienst, maßlos betrinke, ein Kraftfahrzeug lenke, obwohl er hiezu offensichtlich nicht mehr in der Lage sei, einen Fahrgast mitnehme und nicht nur sich selbst, sondern auch diesen einer eminenten Gefahr aussetze, in der Folge von der Fahrbahn abkomme, das Fahrzeug am Randstein beschädige, einen Zierstreifen überfahre und eine Vorschriftstafel umfahre und, ohne sich darum zu kümmern, noch einige Kilometer weiter fahre, schließlich auf einem Sportplatz ankomme, im Wagen schlafe, während Zivilpersonen den Reifen wechselten, dann einer ebenfalls stark alkoholisierten Person, die selbst nicht berechtigt sei, ein Kraftfahrzeug zu lenken, die Lenkung des Kraftfahrzeuges überlasse und sich in einer Privatwohnung seinen Rausch ausschlafe, das Ansehen des Amtes und das Vertrauen der Bevölkerung, das sie einem Gendarmeriebeamten, besonders wenn er gegen alkoholisierte Kraftfahrzeuglenker einzuschreiten habe, entgegenbringe, schwer geschädigt habe. Ein solches Verhalten sei geeignet, den ganzen Berufstand zu diskriminieren und das Einschreiten der integeren Beamten zu erschweren. Die begangene Verwaltungsübertretung erfasse generell nur, dass es verboten sei, ein Fahrzeug im alkoholbeeinträchtigten Zustand weder zu lenken, noch in Betrieb zu nehmen (§ 5 Abs. 1 StVO), und dass alle Personen, die mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stünden, wenn sie ein Kraftfahrzeug lenkten, verpflichtet seien, sofort anzuhalten, wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden von Personen und Sachen zu befürchten seien, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen und an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Somit gehe das dienstpflichtswidrige Verhalten des Beschwerdeführers weit darüber hinaus. Das unter Punkt 3 angeführte Verhalten allein sei ausreichend, um eine schwere Disziplinarstrafe zu verhängen. Ständig würden im Zusammenhang mit den schädigenden Auswirkungen des übermäßigen Alkoholgenusses im Straßenverkehr Gendarmeriebeamte angewiesen, beim Einschreiten gegen solche Personen wegen der eminenten Gefahr entsprechend vorzugehen. Umsomehr würden wiederholt strenge disziplinäre Maßnahmen gegen jene Gendarmeriebeamte angedroht, die sich selbst auf solche Weise schuldig machen. Beim Beschwerdeführer komme noch erschwerend hinzu, dass er mit Erkenntnis der Disziplinaroberkommission für die Bundesgendarmerie vom 14. Oktober 1976 wegen ähnlicher Dienstpflichtverletzungen, die auf die schädigende Neigung zurückzuführen gewesen seien, mit der Minderung des Monatsbezuges unter Ausschluss der Haushaltszulage um 10 v.H. auf die Dauer eines Jahres bestraft worden sei. Gegen das frühere Erkenntnis der I. Instanz hätten der Beschwerdeführer wegen zu hoher und der Disziplinaranwalt wegen zu geringer Bestrafung die Berufung ergriffen. Der Disziplinaranwalt habe damals die Entlassung beantragt. Die Disziplinaroberkommission habe seinerzeit, wohl auch auf Grund der Aussage der Vorgesetzten des Beschwerdeführers, die ihm noch eine Chance hätten geben wollen, dem Beschwerdeführer Glauben geschenkt, dass er sich bessern und nicht mehr rückfällig werden würde. Unter dem Eindruck der sehr schweren Verletzung des Mitfahrers, die dieser bei dem ebenfalls unter starker Alkoholeinwirkung verursachten Verkehrsunfall erlitten habe (Querschnittlähmung), habe man das auch mit Recht annehmen können. Damals seien aber dem Beschwerdeführer für ähnliche oder gleich gelagerte Fälle schwerste disziplinäre Konsequenzen angedroht worden. Die seinerzeit von der Disziplinaroberkommission verhängte Disziplinarstrafe habe daher nicht ihren vorbeugenden und sichernden Zweck erfüllt. Wenn auch schon damals von den Vorgesetzten des Beschwerdeführers gewisse Zweifel an seiner Besserungsfähigkeit gehegt worden seien, so seien sie jetzt davon überzeugt, dass sich der Beschwerdeführer nicht bessern werde. Es sei daher zu prüfen gewesen, ob der Beschwerdeführer für den öffentlichen Dienst noch tragbar sei oder nicht. Die Disziplinarkommission sei zur Überzeugung gekommen, dass die nun vom Beschwerdeführer gesetzten Dienstpflichtverletzungen im Zusammenwirken mit den Vorstrafen, den wiederholt fruchtlos gebliebenen Ermahnungen der Vorgesetzten und im Hinblick auf das Gewicht der Tat und der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers als Gendarmeriebeamter gegenüber den staatlichen Interessen der Bevölkerung so schwer wiegend seien, dass seine weitere Belassung im öffentlichen Dienst nicht mehr vertretbar sei. Die Disziplinarkommission halte auch die Möglichkeit, dass der Beschwerdeführer im Rahmen einer Ordnungsmaßnahme andere Aufgaben zugewiesen bekomme bzw. auf eine andere Planstelle versetzt werde, unter diesen Voraussetzungen für nicht mehr zumutbar, weil eine Besserung nicht mehr zu erwarten sei und der Beschwerdeführer für den öffentlichen Dienst nur eine Belastung darstellen würde. Der Beamte sei (zur Zeit der Erlassung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses) 32 Jahre alt sowie verheiratet gewesen und habe für ein Kind zu sorgen gehabt. Er sei das erste Mal am 1. April 1965 in die Gendarmerie eingetreten, am 30. Juni 1968 freiwillig ausgetreten und am 31. Dezember "1976" wieder in das Gendarmeriecorps aufgenommen worden. Seine Gesamtbeurteilung laute auf "Gut". Er bekomme einen Monatsbezug ohne Haushaltszulage (Berichtsmonat August 1978) von S 7.711,-- und im Schnitt monatlich S 1.890,-- an steuerpflichtigen Nebengebühren (bezogen auf die Nebengebühren aus dem Jahr 1977). Auf Grund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers habe er auf ein Wohnhaus in G S 200.000,-- Darlehensschulden; der Rückstand aus der verhängten Verwaltungsstrafe betrage noch S 4.000,--. Die Disziplinarkommission sei schließlich nach gewissenhafter Prüfung aller für und wider den Beschwerdeführer vorliegenden Umstände, ferner unter Berücksichtigung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Überzeugung gekommen, dass die Strafe der Entlassung, die einzige der Schuld angemessene Disziplinarstrafe mit generalpräventiver Wirkung, zu verhängen gewesen sei.

Gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhob der Beschwerdeführer "die Berufung wegen zu hoher Strafe". Nach der Begründung dieser Berufung habe der Beschwerdeführer in der Disziplinarverhandlung die ihm vorgehaltenen Anschuldigungspunkte voll eingestanden. Es sei ein für ihn sehr tragischer Zufall, dass er neuerlich unter Alkoholeinwirkung solche Dienstpflichtverletzungen begangen habe. Denn es sei dies, außer einem Verweis im Jahre 1971, seine zweite disziplinäre Bestrafung. Im Jahre 1975 habe der Beschwerdeführer eine Minderung des Monatsbezuges von 10 v.H. auf zwei Jahre bekommen. Dem Beschwerdeführer erscheine es zu hart, dass er mit der Disziplinarstrafe der Entlassung aus dem Gendarmeriedienst ausscheiden solle. Dass die derzeit unmittelbaren Vorgesetzten des Beschwerdeführers ihm nicht mehr das nötige Vertrauen schenkten, auf einem Gendarmerieposten Dienst zu verrichten, sehe der Beschwerdeführer auf Grund der Umstände ein. Warum aber bei ihm ein so strenger Maßstab bei der Beurteilung seiner Dienstpflichtverletzungen angelegt worden sei, warum man ihm jede Besserungsfähigkeit absprechen wolle und daher gleich die Entlassung ausgesprochen habe, sei ihm unverständlich. Warum nicht etwas auch auf die Familie des Beschwerdeführers Rücksicht genommen worden sei und warum man ihm jede Hoffnung nehme, wisse er nicht. Der Beschwerdeführer sei gerne bereit, einer Versetzung in den Stabsbereich des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich zuzustimmen. So würde er gerne beispielsweise in der Technischen Abteilung einen niederen Dienst (Autowaschen usw.) verrichten, um im Laufe der Zeit seinen Vorgesetzten zu beweisen, dass er doch besserungsfähig und nicht dem Alkohol verfallen sei. Der Beschwerdeführer würde alles mit ehrlichem Herzen tun, nur um im Gendarmeriedienst bleiben zu dürfen. Es sei der vom Beschwerdeführer frei gewählte Beruf. Seine früheren Dienstbeschreibungen bewiesen, dass er stets mit Ambition seinen Dienstpflichten nachgekommen sei. Dass er jetzt zweimal so schwer gefehlt habe, dafür habe er schon sehr büßen müssen und es werde bestimmt nicht mehr vorkommen. Auch wenn der Beschwerdeführer an den Verfehlungen selbst schuld sei, stürzten ihn seine derzeitigen familiären Verhältnisse in den Abgrund. Der Beschwerdeführer sei verheiratet, habe für eine Gattin und einen 9-jährigen Sohn zu sorgen und auch teilweise für seinen 70-jährigen Vater, der eine kleine Rente beziehe und als Witwer mit dem Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt lebe. Der Beschwerdeführer habe auf seinem Hausanteil S 200.000,-- Schulden und im Oktober 1978 einen Kredit von S 30.000,-- aufnehmen müssen. Seit seiner Suspendierung im Juli 1978 sei sein Monatsbezug auf zwei Drittel gekürzt. Der Beschwerdeführer wohne mit seiner Familie in G und er könne sich nicht denken, wo er eine Arbeit finden würde. Er bitte daher um die Aufhebung der Disziplinarstrafe der Entlassung.

Dieser Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis vollinhaltlich. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides müsse der Auffassung der I. Instanz, dass der Beschwerdeführer seine Dienstpflichten so schwer verletzt habe, dass eine Weiterbelassung im öffentlichen Dienst nicht mehr vertretbar sei, beigepflichtet werden. Eine derartige Verletzung der im Spruch des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses angeführten Bestimmungen der Dienstpragmatik und der Gendarmerieinstruktion habe die belangte Behörde zur Auffassung gebracht, dass der Berufung keine Folge gegeben werden könne.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Unter dem letztgenannten Gesichtspunkt wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde die Unterlassung der Klärung vor, ob der Beschwerdeführer darüber informiert gewesen sei, dass sein Zechgenosse, der die Lenkung des Pkw's vom Beschwerdeführer übernommen habe, keinen Führerschein gehabt habe. Darüber hinaus sei ganz allgemein bezüglich der Tatsachengrundlage für die Strafbemessung ein ganz wesentlicher und offensichtlich ausschlaggebender Bereich ungenügend geklärt worden. Es werde nämlich nicht nur aus den nunmehrigen Pflichtverletzungen an sich, sondern mit starker Hervorhebung auch des bisherigen Verhaltens und von disziplinären Vorstrafen ein radikal-negatives Werturteil über den Beschwerdeführer, über seine Leistungen und über seine Verwendbarkeit gefällt. Bei einer solchen Auffassung und Entscheidungsbegründung sei es gerade im Hinblick auf die existenzielle Bedeutung der Entscheidung für den Beschwerdeführer besonders unerlässlich, dass über die solcherart mit berücksichtigten Umstände (bisheriges Verhalten und disziplinäre Vorstrafen) auch solche Erhebungen gepflogen und Feststellungen getroffen worden wären, die eine Überprüfung der negativen Schlussfolgerung ermöglichen. Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wird in der Beschwerde vorgebracht, dass § 51 BDG überhaupt nur die Bestrafung von Dienstpflichtverletzungen vorsehe. Es fehle daher dem Schuldspruch überhaupt die rechtliche Grundlage. Selbst wenn man diese Ansicht nicht teile, könne sich eine Bedeutung für die Dienstpflichten nur mittelbar ergeben, es sei jedenfalls nicht die Verletzung des Standesansehens an sich strafbar, sondern höchstens die (mittelbare) Auswirkung auf die Belange des Dienstes. Eine unmittelbare Beziehung zum Dienst bestehe nur in der Konsumation eines Krügels Bier zur Zwischenmahlzeit um 18.00 Uhr und in der Unterlassung der vorgeschriebenen Art der dienstlichen Tätigkeit von 21.00 Uhr bis 22.00 Uhr des 7. Juli 1978 (so gemäß Schuldspruch, in Wahrheit nicht einmal während dieser ganzen Stunde). Es sei wohl ganz eindeutig und offenkundig, dass wegen solcher unmittelbarer Verletzung dienstlicher Aufgaben selbst unter Berücksichtigung einschlägiger disziplinärer Vorbestrafung kaum mehr als eine Geldbuße berechtigt sei. Ein konkreter Schaden im Rahmen der dienstlichen Vollzugstätigkeit sei überhaupt nicht entstanden. Keine konkrete Arbeit sei nicht oder unrichtig erledigt worden. Das Ausmaß aller vom Beschwerdeführer am 7. und 8. Juli 1978 begangenen Gesetzesübertretungen sei dadurch gekennzeichnet, dass über ihn eine Verwaltungsstrafe von S 5.000,--

verhängt worden sei. Demgegenüber stehe die Tatsache, dass der Gesetzgeber den Amtsverlust erst mit einer Gerichtsstrafe von über einem Jahr Freiheitsentzug generell vorsehe. Letztlich bleibe für die Strafbemessung, soweit diese an die gegenständliche Sache selbst anknüpfe, nur noch der Umstand, dass der Beschwerdeführer allerdings von einigen Personen, außer Dienst und nicht in Uniform, in betrunkenem Zustand gesehen worden sei. Bei Anlegung eines, sei es auch strengen, aber doch sachlichen Maßstabes möge das wohl als den Dienstesinteressen abträglich angesehen werden, müsse jedoch sowohl nach dem Maßstab einer prinzipiellen weiteren Verwendbarkeit, als auch der Strafgrenze für den Amtsverlust nach § 27 StGB eindeutig als geringfügig erscheinen. Die Sache werde also durch alle ihre Gesichtspunkte, durch alle Einzelheiten des Ablaufes kaum auch nur dem Bereich der mittleren Schwere des Rahmens unterhalb der Höchststrafe der Entlassung zugeordnet, weil bei weitem nicht auch nur in die Nähe dieser Höchststrafe gerückt. Auch eine einzige erhebliche Vorstrafe könne diese Einordnung zweifellos nicht in einem solchen Ausmaß ändern, dass die Beurteilung geradezu strenger werde, als sie bei einer gleichzeitigen Entscheidung über den seinerzeitigen und jetzigen Vorfall wäre. Diese Überlegungen würden durch das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis sogar in erheblichem Ausmaß bestätigt. Daraus gehe klar hervor, dass ein wesentlicher Grund für den Ausspruch der Entlassung in den negativen Erklärungen der Vorgesetzten des Beschwerdeführers über seine weitere Verwendbarkeit bestehe. Es sei dies sogar in Wahrheit der tatsächliche entscheidende Grund für den gegebenen Strafausspruch. Diesbezüglich liege aber auch eine formelle Mangelhaftigkeit vor, weil die entscheidend mit berücksichtigten "wiederholt fruchtlos gebliebenen Ermahnungen der Vorgesetzten" des Beschwerdeführers überhaupt nicht näher bezeichnet würden. Ebenso sei aber auch die materiell-rechtliche Wertung offensichtlich verfehlt. Dies zunächst schon deshalb, weil weder nach § 53 BDG selbst, noch nach den durch diese Norm einbezogenen Strafzumessungsgründen der §§ 32 ff StGB "Verwendbarkeit" oder "allgemeines bisheriges Verhalten" Erschwerungsgründe darstellten. Die Disziplinarsache selbst rechtfertige jedenfalls auch unter Berücksichtigung der Vorstrafen in keiner Weise die Behauptungen über die Unverwendbarkeit des Beschwerdeführers, die darin gipfelten, dass er weiterhin für den öffentlichen Dienst nur eine Belastung darstellen würde. Es handle sich insgesamt um drei Vorfälle innerhalb von 5 Jahren. Alle drei Sachen zusammen führten zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung der dienstlichen Tätigkeit im Ausmaß von kaum einem halben Werktag. Der Beschwerdeführer sei sich dessen bewusst, dass Alkoholkonsum für ihn eine schwere Gefahr darstelle und für ihn auch negativ ins Gewicht falle. Er hätte auch eine strenge Disziplinarstrafe angenommen, doch gehe es seines Erachtens eindeutig zu weit, ihm den Willen oder die Fähigkeit abzusprechen, aus einer vollen Einsicht in die von ihm begangenen Fehler mit verlässlicher Entschlossenheit jede Wiederholungsgefahr auszuschalten. Dass der Beschwerdeführer nicht gegen eine Versetzung wäre, habe er bereits in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis zum Ausdruck gebracht. Unter diesem Gesichtspunkt sei jedoch sowohl nach generalpräventiven als auch nach spezialpräventiven Erwägungen und ebenfalls im Bezug auf die Interessen des Dienstes eine Weiterverwendung möglich. Im Sinne des zweiten Satzes des § 53 Abs. 1 BDG könne ganz unzweifelhaft gesagt werden, dass die Entlassung nicht erforderlich sei, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstverletzungen abzuhalten, sondern dass dazu auch eine Geldstrafe genüge. Dies umsomehr, als in diesem Rahmen eine gegenüber dem Vorerkenntnis über den Vorfall von 1975 voll ausreichende Verschärfung in der Strafbemessung möglich sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 51 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes - BDG, BGBl. Nr. 329/1977, sind Beamte, die schuldhaft ihre Dienstpflichten verletzen, nach den Bestimmungen des 8. Abschnittes dieses Gesetzes zur Verantwortung zu ziehen.

Nach § 53 Abs. 1 BDG ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung das Maß für die Höhe der Strafe. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Entsprechend dem § 53 Abs. 2 BDG ist, wenn ein Beamter durch eine Tat oder durch mehrere selbstständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen hat und über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt wird, nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

Zunächst ist darauf Bedacht zu nehmen, dass der Beschwerdeführer seine Berufung gegen das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis nur "wegen zu hoher Strafe" erhob. Die belangte Behörde war daher gehalten, bloß darüber zu entscheiden. Mit Rücksicht auf das Berufungsvorbringen sowie darauf, dass der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde nicht behauptete, es handle sich bei den unter Punkt 3 angelasteten Taten deshalb um keine Dienstpflichtverletzungen, weil sie außerhalb des Dienstes begangen worden seien, durfte die belangte Behörde nicht in die Schuldfrage eingehen. Diesbezüglich ist das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 30. November 1978 in Rechtskraft erwachsen. Schon aus diesem Grund konnten die derartigen Einwendungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr zum Erfolg führen (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1971, Zlen. 1268/70, 318/71, 320/71, sowie vom 18. September 1973, Z1. 1006/73).

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres nahm nach der von der belangten Behörde mangels gegenteiliger Ausführungen übernommenen Begründung die unter Punkt 3 angeführten Taten des Beschwerdeführers als die schwersten an. Gemäß § 53 Abs. 2 BDG wurde die Strafe danach bemessen. Die im Punkt 1 vorgeworfene Dienstpflichtverletzung wird lediglich (so wie auch das in Punkt 2 zur Last gelegte Verhalten) als Erschwerungsgrund gewertet. Dafür ist es aber unmaßgeblich, ob der in der Beschwerde behauptete Zeitunterschied von etwa einer Viertelstunde vorliegt oder nicht. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass der Beschwerdeführer seinen Patrouillendienst vorzeitig abbrach. Dies wird auch in der Beschwerde nicht bestritten.

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer durch das ihm vorgeworfene Verhalten das Vertrauen, das der Dienstgeber in den Beschwerdeführer setzte, so sehr verletzt habe, dass sein Weiterverbleiben im öffentlichen Dienst nicht mehr möglich erscheine.

Diese Auffassung der belangten Behörde erweist sich als nicht rechtswidrig. Wenn ein Beamter jene Rechtsgüter, zu deren Schutz er nach den Gesetzen dieses Staates berufen ist, bewusst verletzt, zeigt er ein bedenkliches charakterliches und moralisches Versagen sowie ein Verhalten, durch das er nicht nur sein eigenes Ansehen, sondern auch das der Beamtenschaft im allgemeinen und seines Exekutivkörpers im besonderen herabsetzt. Das wiederum hat zur Folge, dass dadurch nicht nur die Achtung, welche der Beschwerdeführer zur Wahrung seines schwierigen Exekutivdienstes benötigt, sondern auch das Vertrauensverhältnis, das zwischen ihm und der Verwaltung besteht und die Grundlage des österreichischen Beamtentums bildet, schwer erschüttert wird (vgl. in diesem Sinn die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1980, Zl. 2073/79, und vom 14. Mai 1980, Zl. 226/80).

Dass es sich bei der gegenständlichen Alkoholisierung um kein einmaliges Versagen des Beschwerdeführers handelt, zeigt seine auf dieselbe Neigung hinweisende und offenbar fruchtlos gebliebene Vorstrafe. Diese hätte Ermahnung genug sein müssen. Die erst in der Beschwerde bemängelte Beantwortung der Fragen, ob überhaupt und bejahendenfalls wie oft bzw. wann der Beschwerdeführer von seinen Vorgesetzten ermahnt worden sei, ist für die rechtliche Beurteilung nicht wesentlich. Dies deshalb, weil schon das gesetzte Verhalten des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung seiner einschlägigen Vorstrafe die von der belangten Behörde ausgesprochene Disziplinarstrafe der Entlassung rechtfertigt. Hiebei spielt es für die durch die Handlungen des Beschwerdeführers bewirkte Ansehens-und Vertrauensschädigung keine entscheidende Rolle, dass der Beschwerdeführer nur von einigen Personen im betrunkenen Zustand gesehen wurde. Dazu kommt noch, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr die Richtigkeit der Sachverhaltsannahme der belangten Behörde in Abrede gestellt werden konnte, wonach der Beschwerdeführer während der gegenständlichen Vorfälle die Gendarmerieuniform getragen habe.

Die auch von der belangten Behörde beachteten Dienstbeurteilungen mit "gut" sind ein Ausdruck der dienstlichen Leistungen des Beschwerdeführers. Sie sagen aber nichts darüber aus, welche Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer gleichartiger Dienstverletzungen abzuhalten. Mit der seinerzeit verhängten Geldstrafe konnte dieser Erfolg jedenfalls nicht erreicht werden. Der Umstand, dass die unter Punkt 3 angelastete Dienstpflichtverletzung, die als schwerste für die Strafbemessung im Sinne des § 53 Abs. 2 BDG herangezogen wurde, außerhalb des Dienstes begangen wurde, kann wegen der Unmittelbarkeit des Zusammenhanges zwischen dem strafbaren Verhalten und den dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers als Exekutivorgan sowie deshalb nicht als Milderungsgrund gelten, weil der maßgebende Gesichtspunkt des hier disziplinär zu würdigenden Verhaltens - wie oben dargelegt - in der Ansehens- und Vertrauensschädigung liegt. Aus diesen Erwägungen ist auch die in der Beschwerde aufgezeigte Verhältnismäßigkeit der über den Beschwerdeführer wegen der gegenständlichen Vorfälle verhängten Verwaltungsstrafe und dem im Strafgesetzbuch festgesetzten Ausmaß für den Amtsverlust unbeachtlich. Wenn die belangte Behörde zur Auffassung kommt, dass die verhängte Disziplinarstrafe der Entlassung deswegen gerechtfertigt ist, weil einerseits die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen im Hinblick auf die Ansehungs- und Vertrauensschädigung äußerst schwer sind, und andererseits die einschlägige Vorstrafe zeigt, dass der Beschwerdeführer mit bloß einer Geldstrafe von der Begehung weiterer, auf derselben schädlichen Neigung liegenden Pflichtverletzungen nicht abgehalten werden kann, ist ihr deswegen keine Rechtswidrigkeit vorzuwerfen.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die bei der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gelegte Kostennote der Finanzprokuratur im Zusammenhalt mit den §§ 47 ff VwGG 1965 sowie der Verordnung des Bundeskanzlers Nr. 221/1982.

Wien, am 17. März 1982

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1982:1979001351.X00

Im RIS seit

11.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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