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98/01 Wohnbauförderung;Norm
WFG 1968 §35 Abs1 idF 1972/232;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1991, 83;Betreff
N-AG gegen 1) Bundesminister für Finanzen vom 30. November 1987, Zl. 24 0411/5-IV/11/87, betreffend Bescheidbehebung gemäß § 299 Abs. 2 BAO in einer Rechtsgebührenangelegenheit, und 2) gegen Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 18. Dezember 1987, Zl. 296/2-GA 5-DR/84, betreffend Rechtsgebühr.
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 5.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Kreditvertrag vom 25. April 1984 gewährte die Beschwerdeführerin der M-GmbH in Salzburg (in der Folge: Kreditnehmer) einen Kredit in Höhe von S 10,265.200,--. Der Kredit wurde durch Überweisung auf vier Bausparkonten bei der Bausparkasse A zugezählt. Im Vertrag heißt es, daß der Kredit "zur Finanzierung des Eigenmittelanteiles des Kreditnehmers an obigen Bausparverträgen dient und im Zusammenhang mit der Errichtung des vom Land Salzburg nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1968 geförderten Bauvorhabens B, Haus C, gewährt" wird. Auf der in den Verwaltungsakten erliegenden dritten Ausfertigung des Kreditvertrages ist der Vermerk:
"Gebührenfrei gem. § 35 Abs. 2 Wohnbauförderungsgesetz 1968, BGBl. 280/1967 i.d.g.F." (in der Folge kurz: WBFG) angebracht.
Dieser Vertrag wurde dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg angezeigt. Über Aufforderung des Finanzamtes legte die Beschwerdeführerin sodann eine Kopie des Schreibens der Salzburger Landesregierung vom 7. Feber 1984 vor, mit welchem dem Kreditnehmer "zur Errichtung von 21 Eigentumswohnungen (Bauvorhaben B, Haus 'C')" die Gewährung eines Darlehens gemäß § 11 Abs. 1 WBFG im Betrage von S 15,111.000,-- zugesichert worden war. Unter einem legte die Beschwerdeführerin eine Bestätigung der Salzburger Landesregierung vom 2. Mai 1983 vor, aus der hervorgeht, daß der Kreditnehmer als gemeinnützige Bauvereinigung anerkannt ist.
Im Schreiben vom 7. Februar 1984 ist auch davon die Rede, daß der Festsetzung der Darlehenshöhe nach dem WBFG eine Gesamtbaukostensumme von S 33,581.000,-- zu Grunde gelegt wurde. Der zur Bedeckung dieser Kosten aufgestellte Finanzierungsplan sehe Eigenmittel in der Höhe von
S 3,359.000,--, ein erstrangiges Hypothekardarlehen der Bausparkasse A in Höhe von S 15,111.000,-- und ein Darlehen gemäß § 11 Abs. 1 WBFG im Betrage von ebenfalls S 15,111.000,-- vor.
Mit Bescheid vom 5. Juli 1984 setzte das Finanzamt für diesen Kreditvertrag eine Gebühr gemäß § 33 TP 19 GebG 1957 in Höhe von S 82.120,-- fest.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin zum Sachverhalt sinngemäß aus, der Kreditnehmer habe den Kredit zur Einzahlung von 40 % der Bausparvertragssumme benötigt. Damit sei eine Voraussetzung für die Erlangung der 60 % der Bausparvertragssumme ausmachenden, eigentlich benötigten Bauspardarlehen erfüllt worden. Der oben erwähnte Finanzierungsplan stelle sich daher richtig wie folgt dar:
"1. Eigenmittel der Wohnungswerber S 3,359.000,--
2. Bausparvertrag der Bausparkasse A
a) Eigenmittelanteil (40 % der Vertrags-
summe) aufgebracht in Form eines Kredi-
tes der N-AG S 10,265.200,--
b) Bauspardarlehen (60 % der Vertrags-
summe) S 15,397.800,--
3. Förderungsdarlehen des Amtes der
Salzburger Landesregierung S 15,111.000,--"
Mit Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 27. Mai 1987 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin stattgegeben und die Rechtsgebühr auf Null herabgesetzt. Dies im wesentlichen mit der Begründung, "die Aufnahme eines Bausparkassendarlehens in den Finanzierungsplan aufgrund des Bausparkassensystems" enthalte "ohne weiteres die Verpflichtung zur Finanzierung und Einzahlung des 40 %igen Bausparvertragsanteiles durch den Darlehenswerber." Nur durch diese Einzahlung könne die im Finanzierungsplan vorgesehene Finanzierung und somit das begünstigte Bauvorhaben durchgeführt werden. Der zur Gebührenbefreiung gemäß § 35 Abs. 2 WBFG notwendige Nachweis sei durch die Vorlage des Finanzierungsplanes vom 7. Februar 1984 zweifelsfrei erbracht worden.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof erstangefochtenen Bescheid hob der Bundesminister für Finanzen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 27. Mai 1987 gemäß § 299 Abs. 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf; dies im wesentlichen mit folgender Begründung:
Da der vorliegende Kreditvertrag im Finanzierungsplan des Kreditnehmers nicht enthalten sei und somit kein nach Maßgabe des Finanzierungsplanes erforderliches Rechtsgeschäft im Sinne des § 35 Abs. 1 WBFG darstelle, sei die Gebührenfreiheit nach dieser Vorschrift nicht gegeben. Abs. 2 dieser Gesetzesstelle könne dagegen nur dann angewendet werden, wenn keine Förderung nach diesem Bundesgesetz gewährt worden sei. Dies ergebe sich, abgesehen davon, daß die Gebührenbefreiung für Schriften und Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit geförderten Bauvorhaben ausschließlich im Abs. 1 dieser Gesetzesstelle geregelt sei, auch daraus, daß eine Förderung nach dem WBFG die Erstellung eines Finanzierungsplanes voraussetze, das heißt, immer ein Finanzierungsplan existieren müsse. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, § 35 Abs. 2 WBFG sei auch auf nach diesem Gesetz geförderte Bauvorhaben anwendbar, werfe einen dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Widerspruch auf, weil dann der vom Gesetz geforderte Nachweis trotz eines vorhandenen Finanzierungsplanes auch in anderer Form erbracht werden dürfe. Gebührenfreiheit nach der in Rede stehenden Gesetzesstelle sei aber im Beschwerdefall schon deswegen nicht gegeben, weil der zu beurteilende Kreditvertrag nicht den in § 1 Abs. 1 leg. cit. angeführten Zwecken, sondern lediglich dem Zweck diene, die zur Erlangung der zur Finanzierung erforderlichen Bauspardarlehen nötigen Eigenmittel aufzubringen. Im erstangefochtenen Bescheid ist darüber hinaus auch die Ermessensübung der bescheiderlassenden Behörde begründet, und zwar dahin, daß im Abgabenverfahren dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit zukomme. Den Ermessensrichtlinien des § 20 BAO (Billigkeit und Zweckmäßigkeit) komme dabei nur subsidiärer Charakter zu; doch sei auch diesen Richtlinien entsprochen, wenn die Aufhebung des bereits rechtskräftigen Bescheides nicht bloß wegen eines geringfügigen Mangels erfolge.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof zweitangefochtenen Bescheid wies die Finanzlandesdirektion für Salzburg nunmehr die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Die Begründung für diese Entscheidung stimmt mit der vom Bundesminister für Finanzen dem erstangefochtenen Bescheid beigegebenen Begründung inhaltlich überein.
Vorliegende Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach ihrem gesamten Vorbringen einerseits durch die Aufhebung der stattgebenden Berufungsentscheidung vom 27. Mai 1987 mit dem erstangefochtenen Bescheid und andererseits durch die Abweisung ihrer Berufung durch den vor dem Verwaltungsgerichtshof zweitangefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt.
Die Finanzlandesdirektion für Salzburg hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch der Bundesminister für Finanzen hat in seiner Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die vorliegenden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:
§ 35 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968, BGBl. Nr. 280, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 232/1972 lautet auszugsweise wie folgt:
"Gebührenbefreiung
§ 35. (1) Die durch dieses Bundesgesetz veranlaßten Schriften und die nach Maßgabe des Finanzierungsplanes zur Finanzierung eines nach diesem Bundesgesetz geförderten Bauvorhabens erforderlichen Rechtsgeschäfte sind von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit.
(2) Ohne Rücksicht auf eine Förderung nach diesem Bundesgesetz sind Rechtsgeschäfte, die zu den in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Zwecken (§ 1 Abs. 1) mit Gebietskörperschaften, mit Fonds von Gebietskörperschaften, die mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet sind, oder mit gemeinnützigen Bauvereinigungen abgeschlossen werden, von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit, sofern der begünstigte Zweck durch Vorlage des Finanzierungsplanes oder in sonst geeigneter Weise nachgewiesen wird."
In den Beschwerdefällen steht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in Streit, ob einer der wiedergegebenen Befreiungstatbestände hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin mit dem Kreditnehmer abgeschlossenen Kreditvertrages erfüllt ist oder nicht, wobei aus den nachstehend dargelegten Gründen dahingestellt bleiben kann, ob der Abs. 2 der auszugsweise wiedergegebenen Gesetzesstelle in Fällen, in denen eine Förderung nach dem in Rede stehenden Gesetz gewährt wurde, überhaupt anwendbar ist.
Nach § 35 Abs. 1 WBFG ist unter anderem Voraussetzung für die Gebührenbefreiung, daß das Rechtsgeschäft (hier: der Kreditvertrag) nach Maßgabe des Finanzierungsplanes zur Finanzierung eines nach diesem Bundesgesetz geförderten Bauvorhabens erforderlich ist. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist unter anderem Voraussetzung für die Gebührenbefreiung, daß das Rechtsgeschäft zu den in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Zwecken (§ 1 Abs. 1) abgeschlossen worden ist und der begünstigte Zweck durch Vorlage des Finanzierungsplanes oder in sonst geeigneter Weise nachgewiesen wird.
In den vorliegenden Beschwerdefällen hat sich die Beschwerdeführerin lediglich auf einen Finanzierungsplan gestützt. Der Nachweis eines begünstigten Zweckes "in sonst geeigneter Weise" im Sinne des § 35 Abs. 2 WBFG scheidet daher in den vorliegenden Beschwerdefällen von vornherein aus. Die nach dem Kreditvertrag mit dem Schreiben der Salzburger Landesregierung vom 7. Februar 1984 zu finanzierende Gesamtbaukostensumme betrug nach der Aktenlage S 33,581.000,-- bzw. S 33,876.800,-- (das ist die Summe der in der Berufung der Beschwerdeführerin genannten Beträge von
S 3,359.000,--,S 15,397.800,-- und S 15,111.000,--). Die von der Beschwerdeführerin in einen Zusammenhang mit dem Finanzierungsplan gebrachte Kreditsumme ist dagegen deswegen nicht zu berücksichtigen, weil sie in dem eingangs erwähnten, aus ON 7 der Verwaltungsakten zu entnehmenden Finanzierungsplan nicht enthalten ist. Daß aber der Kreditnehmer der Beschwerdeführerin der Salzburger Landesregierung gegenüber diesen Finanzierungsplan später in der aus der Berufung der Beschwerdeführerin ersichtlichen Weise abgeändert hätte und hierauf dieser abgeänderte (erweiterte) Finanzierungsplan zur Grundlage für die gewährten Wohnbauförderungsdarlehen genommen worden wäre, hat die Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet und ergibt sich dies auch nicht sonst aus der Aktenlage.
Bei dieser Sachlage trifft es aber nicht zu, daß der in den Abs. 1 und 2 des § 35 WBFG normierte Tatbestand im Beschwerdefall erfüllt ist.
Die dem erstangefochtenen Bescheid beigegebene Begründung für die Ermessensübung läßt auch den behaupteten Ermessensfehler nicht erkennen. Beide vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheide sind daher weder mit der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes noch auch mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet. Die vorliegenden Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Da der Bundesminister für Finanzen keine eigenen Verwaltungsakten vorlegt hat, kam insoweit der Ersatz eines Vorlageaufwandes nicht in Betracht.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988150012.X00Im RIS seit
15.01.1990