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L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §45 Abs3;Betreff
N gegen die Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 19. November 1986, Zl. I-2-13/1985, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1) Marktgemeinde A und 2) B)
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte mit Bescheid vom 7. Februar 1985 dem Beschwerdeführer die Baubewilligung zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes (A & O-Markt mit einer Verkaufsfläche von rund 570 m2 sowie 29 Parkplätzen) auf dem Grundstück Nr. 1310/2 (bisher: Gp. 1309/1 und 1310 sowie Bp. 178) KG XYZ. Die von der Zweitmitbeteiligten als Nachbarin (Miteigentümer in einer Liegenschaft mit Gasthof, Metzgerei und Lebensmittelgeschäft) bei der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwendungen - darunter, es seien mit dem neuen Betrieb unzumutbare Immissionen, insbesondere nicht zu verhindernde Lärmbelästigungen, beispielsweise durch Ab- und Beladen der Lkw, ferner durch Zu- und Abfahrt von Kunden-Pkw und sontigem Betriebslärm verbunden - wurden unter Hinweis auf die Flächenwidmung (Kerngebiet) und darauf, daß sich die Emissionen in ortsüblichen Grenzen halten würden, teils zurück-, teils abgewiesen.
Die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde gab mit Bescheid vom 24. Juni 1985 den Berufungen der Zweitmitbeteiligten und ihrer Tochter (als Miteigentümerin der benachbarten Liegenschaft) gemäß §§ 4 Abs. 2 und 12 Abs. 1 des Baugesetzes, LGBl. Nr. 39/1972, Folge und behob den Bescheid des Bürgermeisters ersatzlos. Durch die Inbetriebnahme des A & O-Marktes werde der Verkehr auf der W-straße und in weiterer Folge auf der L X zunehmen und es zu Stauungen und damit Belästigungen für das im Eigentum der Nachbarinnen stehende Grundstück mit den genannten Objekten kommen. Auch würden die vorgesehenen 29 Parkplätze nicht ausreichen.
Auf Grund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung hob die Bezirkshauptmannschaft Bregenz mit Bescheid vom 28. August 1985 den Bescheid der Gemeindevertretung vom 24. Juni 1985 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, nur dort, wo der Nachbar in seinen ihm nach § 30 Abs. 1 BauG zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werde, komme der Berufungsbehörde eine Prüfungsbefugnis zu. In den Berufungen gegen den Bescheid des Bürgermeisters würden Rechtsverletzungen geltend gemacht, die nicht im § 30 Abs. 1 BauG angeführt seien. Die Gemeindevertretung begründe die Aufhebung des Bescheides des Bürgermeisters mit anderen als im § 30 Abs. 1 BauG genannten öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Damit sei sie über die ihr gesetzlich eingeräumte Prüfungsbefugnis hinausgegangen und habe damit Rechte des Beschwerdeführers verletzt.
Die Vorarlberger Landesregierung gab mit Bescheid vom 18. Februar 1986 den dagegen erhobenen Berufungen der Zweitmitbeteiligten und ihrer Tochter keine Folge. In der Begründung führte die Landesregierung im wesentlichen aus, der Bescheid des Bürgermeisters sei von der Gemeindevertretung als Berufungsbehörde nicht wegen Verletzung von Nachbarrechten aufgehoben worden, sondern wegen eines nach Auffassung der Gemeindevertretung gegebenen Widerspruchs zu Vorschriften des Baugesetzes, durch die nach § 30 Abs. 1 leg. cit. Nachbarrechte nicht begründet werden. Auf die Frage, ob Nachbarrechte nach der zitierten Bestimmung verletzt worden seien, sei die Gemeindevertretung gar nicht eingegangen. Die Landesregierung als Aufsichtsbehörde zweiter Instanz teile die Auffassung der Bezirkshauptmannschaft, daß die Gemeindevertretung über die ihr eingeräumte Prüfungsbefugnis hinausgegangen sei und dadurch Rechte des Beschwerdeführers verletzt habe.
Mit hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1986, Zlen. 86/06/0076, AW 86/06/0018, wurde die von der Zweitmitbeteiligten und ihrer Tochter erhobene Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen, weil die Gemeindevertretung, wie die Landesregierung zutreffend dargelegt hatte, die Aufhebung des Bescheides des Bürgermeisters auf Vorschriften, die keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte begründen, gestützt und damit ihre Prüfungsbefugnis überschritten hat.
Schon in einer ergänzenden Eingabe vom 11. März 1986 hatte die zweitmitbeteiligte Partei neuerlich auf ihre in der mündlichen Bauverhandlung erhobenen Einwendungen und darauf verwiesen, daß die Begründung im Bescheid des Bürgermeisters vom 7. Februar 1985, wonach keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigungen für die Nachbarn zu erwarten seien (subjektiv-öffentliches Nachbarrecht nach § 30 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 6 Abs. 10 BauG) ohne Beiziehung von erforderlichen Sachverständigen erfolgt sei.
Der beigezogene Amtssachverständige für Maschinenwesen führte in seinem Gutachten vom 25. August 1986 aus, das geplante Objekt liege an der L X, die relativ stark befahren sei. Die Auslieferung von Waren solle über eine abgeschirmte Rampe erfolgen. Im Verkaufsraum seien Kühlräume eingeplant. Der Verbrauchermarkt solle zu der in Vorarlberg üblichen Zeit, Montag bis Samstag, während des Tages, offengehalten werden. Die Abstände zu den benachbarten Wohn- und Geschäftsgebäuden der Zweitmitbeteiligten (und ihrer Tochter) betragen rund 30 m. Erfahrungsgemäß seien Störungen nur dann zu befürchten, wenn betriebliche Einrichtungen, wie z.B. Lüftungs-, Klima- und Kälteanlagen auch während der Nacht verwendet werden und den Grundgeräuschpegel um ein bestimmtes Maß überschreiten. Hinsichtlich der möglichen Lärmeinwirkung durch die Warenanlieferung in den Morgenstunden und den Kfz-Verkehr sei auf den Verkehr auf der L 3 zu verweisen, der einen energie-äquivalenten Dauerschallpegel zwischen 60 und 65 dB hervorrufe. Bei den Nachbarn sei er um 5 bis 10 dB niedriger, doch gebe es auch Verkehr zum Gasthof der zweitmitbeteiligten Partei, der auch in den Abendstunden offenhalte. Es bestünden gegen die Errichtung keine Bedenken, wenn folgende drei Auflagen eingehalten werden:
"1. Die Lüftungsgeräte und Kältemaschinen sind so aufzustellen bzw. mit solchen geeigneten Schalldämpfern auszustatten, daß während des Betriebes dieser Anlagen, insbesondere in der Nacht am offenen Fenster benachbarter Wohnräume, im Sinne der Richtlinie Nr. 3 des Österreichischen Arbeitsringes für Lärmbekämpfung ein A-bewerteter Beurteilungspegel von 35 dB nicht überschritten wird.
2. Auf die Kältemaschinen finden die einschlägigen Bestimmungen der Kälteanlagenverordnung, BGBl. Nr. 305/1969, sinngemäß Anwendung.
3. Lüftungsgeräte und Kältemaschinen sind in regelmäßigen Zeitabständen (mindestens einmal jährlich) durch einen befugten Fachmann nachweislich überprüfen zu lassen."
Während der Beschwerdeführer dazu vorbrachte, das Gutachten könne nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Mai 1986 nicht mehr verwertet werden, verwies die zweitmitbeteiligte Partei darauf, daß das Gutachten nicht den erforderlichen Befund enthalte und nicht erkennen lasse, wie der Sachverständige zu seiner Annahme gekommen sei. Im übrigen sei es unmöglich, bis zu der vom Bürgermeister mit Schreiben vom 28. August 1986 festgesetzten Frist bis 3. September 1986 mit einem technischen Sachverständigen die erforderliche Rücksprache zu nehmen, weshalb um Fristerstreckung bis 15. September 1986 ersucht werde.
Mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 11. September 1986 wurde den Berufungen der Zweitmitbeteiligten und ihrer Tochter keine Folge gegeben, jedoch die im Punkt 3 des Bescheides des Bürgermeisters vom 7. Februar 1986 enthaltene Vorschreibung durch die im Gutachten des Amtssachverständigen vom 25. August 1986 unter 1. bis 3. genannten ergänzt. Weiters wurde die ergänzende Berufung vom 11. März 1986 abgewiesen, ebenso der Fristerstreckungsantrag. In der Begründung heißt es im wesentlichen, im ergänzenden Berufungsvorbringen der zweitmitbeteiligten Partei vom 11. März 1986 werde unter Bezugnahme auf § 30 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 10 BauG darauf verwiesen, daß es wegen zu erwartender Lärmimmissionen größerer Abstandsflächen bedürfe bzw., wenn dies auf Grund der beengten Lage nicht möglich sei, keine Baubewilligung erteilt werden könne. Demgemäß sei es zur Einholung des lärmschutztechnischen Gutachtens vom 25. August 1986 gekommen. Die Gemeinde sei an die Entscheidungen der Aufsichtsbehörden und des Verwaltungsgerichtshofes gebunden. Nach dem Lärmschutzgutachten seien die Vorschreibungen erforderlich und ausreichend. Größerer Abstände bedürfe es nicht. Es sei daher hinsichtlich des ergänzenden Berufungsvorbringens vom 11. März 1986 mit Abweisung vorzugehen. Einer Fristerstreckung habe es nicht bedurft, weil dem Parteienvertreter vier Arbeitstage zur Verfügung gestanden seien und das Amtssachverständigengutachten klar sei.
Dagegen erhoben sowohl der Beschwerdeführer als auch die zweitmitbeteiligte Partei, die auch ein ausführliches Privatgutachten vom 22. September 1986 (Sachverständiger der physikalisch-technischen Versuchsanstalt für Wärme- und Schalltechnik am Technologischen Gewerbemuseum in Wien) vorlegte, welches nach Vornahme umfangreicher Messungen erstellt wurde, und ihre Tochter Vorstellungen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. November 1986 gab die belangte Behörde den Vorstellungen des Beschwerdeführers und der Tochter der zweitmitbeteiligten Partei keine Folge, wohl aber der Vorstellung der zweitmitbeteiligten Partei. Gleichzeitig wurde der Bescheid der Gemeindevertretung vom 11. September 1986 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen. Die Ansicht des Beschwerdeführers, die Gemeindevertretung hätte, da die Bezirkshauptmannschaft im Bescheid vom 28. August 1985 festgestellt habe, daß der Bescheid des Bürgermeisters keine geschützten Nachbarrechte verletzt habe, und im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Mai 1986 in dieser Angelegenheit kein weiteres Verfahren durchführen und ihm keine weiteren Auflagen auferlegen dürfen, sei verfehlt. Die Zweitmitbeteiligte habe im Bauverfahren erster Instanz rechtzeitig Einwendungen wegen verschiedener Lärmimmissionen, insbesondere durch den Betriebslärm, erhoben. Wenngleich sie nicht ausdrücklich auf § 6 Abs. 10 BauG verwiesen habe, sei ihre Einwendung doch sinngemäß als eine solche im Sinne des § 30 Abs. 1 lit. b BauG zu verstehen und daher keine Präklusion eingetreten. Auch in ihrer Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters habe sie unzumutbare Immissionen durch Lärm geltend gemacht. Da keine Präklusion vorgelegen sei, habe die Zweitmitbeteiligte auch ein ergänzendes Berufungsvorbringen erstatten dürfen. Bezüglich der vermeintlichen Bindung an die Rechtsansicht im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 28. August 1985 übersehe der Beschwerdeführer, daß die Zweitmitbeteiligte diesen Bescheid angefochten habe. Die belangte Behörde habe die Begründung der Bezirkshauptmannschaft insoweit nicht übernommen. Weder der Bescheid der Landesregierung vom 18. Februar 1986 noch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Mai 1986 enthalten die Feststellung, die Nachbarin habe überhaupt kein gemäß § 30 Abs. 1 BauG geschütztes Recht geltend gemacht. Die Gemeindevertretung habe daher das Verfahren ergänzen dürfen. Die zusätzlichen Auflagen dienten dem Schutz der Zweitmitbeteiligten als Nachbar vor Lärmimmissionen. Sie seien daher zulässig. Da das Vorbringen der Zweitmitbeteiligten nicht präkludiert gewesen sei, sei das Gutachten des Amtssachverständigen vom 25. August 1986 eingeholt und der zweitmitbeteiligten Partei am 28. August 1986 zur Stellungnahme bis 3. September 1986 übermittelt worden. Durch die Ablehnung des Antrages auf Fristerstreckung seien der Zweitmitbeteiligten lediglich vier Arbeitstage zur Gegenäußerung zur Verfügung gestanden. Dies stelle eine Verletzung des Parteiengehörs dar (§ 45 Abs. 3 AVG 1950), weil die Frist ausreichend sein müsse, um etwa ein Gutachten durch ein Gegengutachten entkräften zu können. Eine konkrete Stellungnahme zum Gutachten ohne Kontaktierung eines anderen Sachverständigen sei einem Laien nicht möglich. Daran könne auch der Umstand, daß die zweitmitbeteiligte Partei die Einholung beantragt habe, nichts ändern. Habe sie doch vom Inhalt des Gutachtens vor seiner Übermittlung keine Kenntnis gehabt. Das Ermittlungsverfahren sei daher in einem wesentlichen Punkt mangelhaft geblieben. Zur Vorstellung der Tochter der Zweitmitbeteiligten wurde bemerkt, daß diese zwar als übergangene Partei dem Verfahren beigezogen worden sei, in ihrer Berufung vom 12. April 1986 aber lediglich die Verletzung öffentlicher Interessen geltend gemacht habe (kein Vorbringen nach § 30 Abs. 1 BauG).
Gegen diesen Bescheid, und zwar soweit damit die Vorstellung des Beschwerdeführers abgewiesen, jener der Zweitmitbeteiligten aber Folge gegeben, der Bescheid der Gemeindevertretung aufgehoben und der Gemeinde die neuerliche Entscheidung aufgetragen wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde, die auch die Akten des Verwaltungsverfahrens vorlegte, beantragte in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Gemeinde erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Gemeindevertretung wäre bei Erlassung des Ersatzbescheides im Hinblick auf die vom Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 28. August 1985 entfaltete Bindungswirkung, wonach davon auszugehen sei, daß die Zweitmitbeteiligte im Berufungsverfahren keine (durch § 30 Abs. 1 BauG) geschützten Nachbarrechte geltend gemacht habe, nicht berechtigt gewesen, ihm zusätzliche Vorschreibungen zu machen, und die belangte Behörde demgemäß auch verpflichtet gewesen sei, die Vorstellung der Zweitmitbeteiligten abzuweisen, kommt keine Berechtigung zu.
Es ist dem Beschwerdeführer zwar beizupflichten, daß die die Aufhebung tragenden Gründe aufsichtsbehördlicher Bescheide Bindungswirkung nach sich ziehen. Er übersieht jedoch, daß tragende Begründung für die Aufhebung des Bescheides der Gemeindevertretung vom 24. Juni 1985 der Umstand war, daß die Gemeindevertretung die Baubewilligung wegen anderer als im § 30 Abs. 1 BauG genannter öffentlich-rechtlicher Vorschriften (mangelhafte Zufahrt und Fehlen ausreichender Parkplätze) versagte, damit aber über die ihr gesetzlich eingeräumte Prüfungsbefugnis hinausgegangen ist und hiedurch Rechte des Beschwerdeführers verletzte. Die (damals noch zuständige) Landesregierung hat demgemäß auch auf Grund der Berufung u.a. der zweitmitbeteiligten Partei gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 28. August 1985 in ihrem Bescheid vom 18. Februar 1986 die Ansicht der Bezirkshauptmannschaft, daß die Gemeindevertretung ihre Abweisung unzulässigerweise auf Vorschriften des Baugesetzes, durch die nach § 30 Abs. 1 leg. cit. Nachbarrechte nicht begründet werden, gestützt habe, als zutreffend erachtet, aber ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Gemeindevertretung es bisher unterlassen habe, auf die Frage, ob Nachbarrechte nach der zitierten Bestimmung verletzt worden seien, einzugehen. Auch mit dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1986 ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen, hat der Verwaltungsgerichtshof damit doch lediglich ausgesprochen, daß die von der Gemeindevertretung herangezogenen Versagungsgründe nicht solche waren, die subjektiv-öffentliche Nachbarrechte im Sinne des § 30 Abs. 1 BauG berühren.
Die Gemeindevertretung war daher verhalten, das Vorbringen der Zweitmitbeteiligten auf die rechtzeitige Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte im Sinne des § 30 Abs. 1 BauG hin zu prüfen.
Die für den Beschwerdefall insbesondere maßgebenden Bestimmungen des Baugesetzes, LGBl. Nr. 39/1972 in der Fassung LGBl. Nr. 47/1983, lauten wie folgt:
"§ 30
(1) Über Einwendungen der Nachbarn, die sich auf Rechte stützen, die durch folgende Vorschriften begründet werden, ist in der Erledigung über den Bauantrag abzusprechen:
...
b) § 6, insoweit er den Schutz der Nachbarn aus Rücksichten des Brandschutzes und der Gesundheit, insbesondere Belichtung, Luft und Lärm, betrifft;
..."
"§ 6
...
(10) Die Behörde kann auch größere als in den Abs. 2 bis 8 vorgeschriebene Abstandsflächen und Abstände festsetzen, wenn der Verwendungszweck eines Bauwerkes eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn erwarten läßt.
..."
Wenn der Verwendungszweck eines Bauwerkes eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gefährdung der Nachbarn erwarten läßt, steht den Nachbarn ein Rechtsanspruch auf Festsetzung größerer Abstände zu, was letztlich bedeutet, daß, wenn diese Abstände nicht eingehalten werden können, das Bauvorhaben zu versagen ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1984, Slg. Nr. 11.419/A, BauSlg. Nr. 250).
Die zweitmitbeteiligte Partei hat schon in der Bauverhandlung vom 21. Jänner 1985 die eingangs bereits wiedergegebenen Einwendungen wegen unzumutbarer Immissionen erhoben und darauf auch in ihrer Berufung Bezug genommen. Sie hat damit unmißverständlich auf die ihr nach § 30 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 6 Abs. 10 BauG zustehenden subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte verwiesen. Mit Recht hat daher die Gemeindevertretung ergänzende Ermittlungen in diese Richtung durch Einholung des Gutachtens eines Amtssachverständigen vorgenommen und die von diesem in Ansehung der Lüftungs- und Kälteanlagen für notwendig erachteten Auflagen, denen der Beschwerdeführer nicht wirksam entgegengetreten ist, vorgeschrieben. Durch die Abweisung der Vorstellung des Beschwerdeführers wurde dieser daher nicht in seinen Rechten verletzt.
Es kommt aber auch der Meinung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte der Vorstellung der Zweitmitbeteiligten keine Folge geben dürfen, keine Berechtigung zu.
Gemäß § 45 Abs. 3 AVG 1950 ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, wonach die Gemeindevertretung der eben angeführten Bestimmung zuwiderhandelte, wenn sie der Zweitmitbeteiligten eine derart kurze Frist zur Stellungnahme zu dem eingeholten Amtssachverständigengutachten einräumte, daß ihr nur vier Arbeitstage zur Verfügung standen. Das Recht zur Stellungnahme umfaßt auch das Recht, sich einer sachkundigen Person zu bedienen, wenn es sich nicht um die Stellungnahme zu einem Beweisergebnis handelt, dessen Beurteilung jedermann möglich ist, sondern um die Stellungnahme zu einem Sachverständigengutachten, wenn ihm nur in der Weise wirksam entgegengetreten werden kann, daß auch die Partei sich einer sachkundigen Person bedient. Hiefür ist eine angemessene Frist zu gewähren. Eine solche von vier Tagen ist absolut unzureichend (vgl. Hauer- Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens3, Anm. 10 zu § 45 AVG 1950, S. 252, sowie die E 20, 22 und 23, S. 279). Unverständlich ist in diesem Zusammenhang die Ansicht des Beschwerdeführers, die zweitmitbeteiligte Partei hätte seit der mündlichen Bauverhandlung vom Jänner 1985 eineinhalb Jahre Zeit gehabt, ein Gutachten einzuholen. Schließlich hatte das Ermittlungsverfahren von Amts wegen zu erfolgen und konnte die Zweitmitbeteiligte nicht wissen, welchen Inhalt das Gutachten des Amtssachverständigen haben werde. Daß die Nichtgewährung des Parteiengehörs im gegebenen Zusammenhang einen wesentlichen Verfahrensmangel bedeutet, bedarf keiner näheren Erörterung, da es von vornherein keineswegs ausgeschlossen werden konnte, daß die Gemeindevertretung, hätte sie ausreichend Parteiengehör gewährt, zu einer anderen Entscheidung hätte kommen können. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage kann darin, daß dem Beschwerdeführer die Vorstellung der zweitmitbeteiligten Partei nicht zur Stellungnahme übermittelt wurde, kein wesentlicher, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führender Verfahrensmangel erblickt werden. Soweit der Beschwerdeführer auf das von der zweitmitbeteiligten Partei mit der Vorstellung vorgelegte private Sachverständigengutachten vom 22. September 1986 - dieses enthält einen ausführlichen Befund - verweist, ist ihm entgegenzuhalten, daß nach diesem Gutachten bei einem Lieferbetrieb zur Nachtzeit eine unzumutbare Lärmsteigerung zu erwarten ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrmals ausgesprochen hat, ist bei Beurteilung der Frage, ob durch das Bauvorhaben das im § 6 Abs. 10 BauG genannte ortsübliche Ausmaß an Belästigungen überschritten wird oder nicht, insbesondere auch die bestehende Flächenwidmung maßgebend, ob es sich also um ein Wohngebiet, ein Kerngebiet, ein gemischtes Baugebiet usw. handelt. Ist demnach durch einen Flächenwidmungsplan eine bestimmte Widmungskategorie festgelegt, so sind Immissionen, die sich im Rahmen des in einer solchen Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, als zumutbar anzusehen, und zwar auch dann, wenn sie z.B. das Ausmaß der in der unmittelbaren Umgebung eines anderen Gebäudes feststellbaren Immissionen übersteigen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1988, Zl. 86/06/0161, BauSlg. Nr. 1138). Im Beschwerdefall wird daher auch die bestehende Widmungskategorie zu beachten sein. Während der Bescheid des Bürgermeisters von "Kerngebiet" spricht, wird im Gutachten der zweitmitbeteiligten Partei von einem "Mischgebiet" ausgegangen.
Bemerkt wird weiters, daß für den Fall, daß bei einer nächtlichen Zuliefertätigkeit mit Belästigungen zu rechnen ist, die das ortsübliche Ausmaß übersteigen, es Sache des Bauwerbers ist, das Vorhaben entsprechend einzuschränken, andernfalls die Baubehörde gemäß § 32 Abs. 1 BauG vorzugehen hat.
Da somit die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Parteiengehör SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1987060001.X00Im RIS seit
30.07.2001