Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
FinStrG §25 Abs1;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1991, 23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Schubert als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat) als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 5. März 1988, Zl. 600-GA6-DWi/87, betreffend Finanzvergehen zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der vom Beschwerdeführer gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz erhobenen Berufung teilweise Folge und änderte das angefochtene Erkenntnis dahin ab, daß die über den Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe auf S 50.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Wochen) herabgesetzt wurde. Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis war der Beschwerdeführer schuldig erkannt worden, er habe in Salzburg vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von den § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen für den Zeitraum Jänner bis Dezember 1982 eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in der Höhe von S 303.756,-- bewirkt, und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten. Er habe hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen. Den Erkenntnissen beider Instanzen wurde im wesentlichen folgender, vom Beschwerdeführer nicht bestrittener Sachverhalt zu Grunde gelegt:
Die AN & O GesmbH mit Sitz in Salzburg und Filiale in Wien reichte für das Veranlagungsjahr 1982 am 15. Mai 1984 eine Steuererklärung ein, die steuerpflichtige Umsätze von S 3,366.356,41 und Vorsteuern von S 92.374,48 auswies. Bei einer Umsatzsteuer von S 605.926,50 ergab sich eine Zahllast von S 513.552,--. Diesem Betrag stand eine für das Veranlagungsjahr 1982 im Wege von Vorauszahlungen für den Zeitraum Jänner bis Dezember 1982 entrichtete Umsatzsteuer von S 204.107,-- gegenüber. Am 2. Juli 1984 reichte die Gesellschaft eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1982 ein, die bei gleichbleibenden Umsätzen einen höheren Vorsteuerbetrag von S 98.063,10 geltend machte. Die Jahresumsatzsteuer für 1982 wurde daraufhin mit S 507.863,-- gegenüber entrichteten Vorauszahlungen von S 204.107,-- festgesetzt. Die Umsatzsteuervoranmeldungen wurden am Sitz der Gesellschaft in Salzburg abgefaßt und vom Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Gesellschaft persönlich unterzeichnet. Nach den Buchhaltungsunterlagen entfielen hiebei von den gesamten steuerpflichtigen Umsätzen allein in Salzburg ohne Berücksichtigung der Erlöse aus der Wiener Filiale Erlöse auf Großaufträge von insgesamt S 2,337.543,-- und auf Regressionen von S 480.826,--, sohin insgesamt Erlöse von S 2,818.369,--, sodaß den vorangemeldeten Erlösen von S 1,343.566,-- eine Differenz ohne Berücksichtigung der Erlöse der Filiale Wien von S 1,474.803,-- gegenüberstand. Unberücksichtigt blieben ferner in den Umsatzsteuervoranmeldungen drei Rechnungen, die von der Filiale in Wien ausgestellt worden waren und am 31. Mai und am 31. Juli 1982 in Salzburg verbucht worden waren. Diese Rechnungen ergaben zusammen den Betrag von S 90.770,--.
Der Verfassungsgerichtshof, an den der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG erhoben hatte, lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vom Beschwerdeführer wird auch nicht in Abrede gestellt, in objektiver Hinsicht den Tatbestand der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG verwirklicht zu haben. Bestritten wird von ihm die subjektive Tatseite. Wie bereits im Verwaltungsverfahren behauptet er die ihm angelastete Abgabenverkürzung nicht vorsätzlich bewirkt zu haben. Es könne ihm lediglich zum Vorwurf gemacht werden, fahrlässig, allenfalls grob fahrlässig bei Abgabe der unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 1982 vorgegangen zu sein. Es fehle die in § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG geforderte Wissentlichkeit. Zum Beweis dafür habe er im Verwaltungsverfahren die Einvernahme seiner Ehegattin als Zeugin mit dem Hinweis beantragt, daß er die von dieser verfaßten Umsatzsteuervoranmeldungen nur jeweils unterfertigt habe. Durch die Einvernahme seiner Ehegattin wäre hervorgekommen, daß dem Beschwerdeführer bei Unterfertigung der Umsatzsteuervoranmeldungen keineswegs bewußt gewesen sei, diese hätten nicht den tatsächlichen Umsätzen entsprochen. Des weiteren habe er auch den Anwalt des Leiters der Wiener Filiale als Zeugen zum Beweis dafür geführt, daß er von jenem Filialleiter im Streit "geschieden" sei. Durch die Aussage des Zeugen wäre zu beweisen gewesen, daß dem Beschwerdeführer erst nach dem Ausscheiden des Filialleiters aus der Gesellschaft die in Wien getätigten Umsätze bekannt geworden seien. Der Sachverhalt sei somit in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig.
Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von den § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hält.
Für diesen Tatbestand ist Wissentlichkeit (dolus principalis, dolus directus) erforderlich, was sprachlich darin zum Ausdruck kommt, daß der Täter die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 2 FinStrG "nicht nur für möglich, sondern für gewiß" halten muß.
Auf das Vorliegen der "Wissentlichkeit" beim Beschwerdeführer hat die belangte Behörde aus den unbestritten feststehenden Tatsachen, daß mehr als die Hälfte der über den Sitz der Firma in Salzburg abgerechneten Erlöse in die Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 1982 nicht aufgenommen wurden und daß auch von der Filiale Wien bewirkte Umsätze am Sitz der Firma in Salzburg bekannt waren, im Zusammenhang mit dem im Streitjahr bestehenden Liquidationsengpaß der Gesellschaft geschlossen.
Für diese Schlußfolgerung war, wie sich aus Nachstehendem ergibt, somit weder die Frage ausschlaggebend, ob der Beschwerdeführer selbst bei der Abfassung der Umsatzsteuervoranmeldungen mitgewirkt oder diese bloß unterschrieben hat, noch ob dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Abfassung der Umsatzsteuervoranmeldungen sämtliche von der Filiale Wien getätigte Umsätze bereits bekannt waren. Vom Beschwerdeführer wird überdies übersehen, daß die belangte Behörde in diesen beiden Fragen Sachverhaltsfeststellungen getroffen hat, die seinem eigenen Vorbringen entsprechen. Für die Vernehmung der vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen bestand daher keine Veranlassung, weil durch ihre Aussagen die Sachverhaltsfeststellungen keine Veränderung erfahren hätten können. Dem angefochtenen Bescheid haftet daher in der vom Beschwerdeführer behaupteten Richtung kein Verfahrensmangel an.
Der Verwaltungsgerichtshof stimmt aber auch der belangten Behörde zu, daß der von dieser festgestellte Sachverhalt die Schlußfolgerung rechtfertigt, der Beschwerdeführer habe die Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 1982 im vollen Bewußtsein ihrer Unrichtigkeit unterfertigt. Zieht man die prekäre Situation und den Gesamtumfang der im Jahre 1982 bewirkten Umsätze der Gesellschaft in Betracht, über die der Beschwerdeführer annähernd im Bilde sein mußte, so entbehrt die Behauptung des Beschwerdeführers der Glaubwürdigkeit, er habe die Umsatzsteuervoranmeldungen, in welchen weit weniger als die Hälfte der tatsächlichen Umsätze erklärt worden sind, in Unkenntnis deren Unrichtigkeit unterfertigt. Ebensowenig glaubhaft läßt sich die exorbitante Abweichung in den Umsatzsteuervoranmeldungen von den tatsächlich bewirkten Umsätzen mit den behaupteten Schwierigkeiten in der Buchhaltung erklären. Die Schwierigkeiten des Beschwerdeführers mit dem Leiter der Filiale Wien können in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht erfolgreich ins Treffen geführt werden, weil die von der belangten Behörde festgestellte Abweichung der Umsatzsteuervoranmeldungen von den tatsächlich erzielten Erlösen nicht jenen Teil der Umsätze der Filiale Wien betraf, hinsichtlich dem der Beschwerdeführer behauptete, sie wären ihm nicht bekanntgegeben worden.
Der Beschwerdeführer irrt auch, wenn er meint, es hätte ihm die Wissentlichkeit jedenfalls angesichts jenes Teiles der verkürzten Umsatzsteuer nicht angelastet werden dürfen, die aus jenen Umsätzen der Filiale in Wien resultiere, die ihm nicht rechtzeitig bekanntgegeben worden seien. Dem ist entgegenzuhalten, daß der für den Tatbestand der Abgabenhinterziehung erforderliche Verkürzungsvorsatz sich nicht auf die konkrete Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages erstrecken muß (siehe Fellner, Finanzstrafgesetz, Anm. 27 zu § 33 FinStrG).
Der Beschwerde kann auch keine Berechtigung zuerkannt werden, wenn sie eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin erblickt, daß im vorliegenden Fall § 25 Abs. 1 FinStrG nicht zur Anwendung gelangt sind.
Gemäß der genannten Gesetzesstelle hat die Finanzstrafbehörde von der Einleitung oder von der weiteren Durchführung eines Finanzstrafverfahrens und von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn das Verschulden des Täters geringfügig ist und die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat. Sie hat jedoch dem Täter mit Bescheid eine Verwarnung zu erteilen, wenn dies geboten ist, um ihn von weiteren Finanzvergehen abzuhalten.
Von der Durchführung eines Finanzstrafverfahrens und der Verhängung einer Strafe darf die Finanzstrafbehörde demnach nur absehen, wenn das Verschulden des Täters geringfügig ist und die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat. Nur wenn beide Voraussetzungen vorliegen, ist die Behörde verpflichtet, von der Verhängung einer Strafe abzusehen. Im vorliegenden Fall sind beide Voraussetzungen nicht gegeben. Von einem geringfügigen Verschulden kann hier bei der Höhe der verkürzten Beträge nicht die Rede sein, hat doch der Beschwerdeführer die hinterzogenen Abgaben im Betrag von S 303.756,-- erst mehrere Jahre nach ihrer Fälligkeit entrichtet. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß die Abgabenbehörde erst durch eine als Selbstanzeige zu wertende Jahressteuererklärung Kenntnis von der Abgabenverkürzung erlangt habe und überdies der Selbstanzeige nur deshalb keine strafbefreiende Wirkung zugekommen sei, weil seine Steuerberaterin es verabsäumt habe, rechtzeitig ein Ratenansuchen zu stellen, ist demgegenüber nicht geeignet, das Verschulden des Beschwerdeführers geringfügig erscheinen zu lassen.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988150087.X00Im RIS seit
07.02.2002