TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/8 89/07/0181

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Veröffentlicht am 08.05.1990
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Index

L66503 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
80/06 Bodenreform;

Norm

FlVfGG §34;
FlVfLG NÖ 1975 §97;
VwRallg;

Betreff

JK uns EK gegen Landesagrarsenat beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 31. Jänner 1989, Zl. VI/3-AO-18/44, betreffend Zusammenlegungsverfahren Au am Leithagebirge; Entschädigung

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit an die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde gerichtetem Schreiben vom 12. Dezember 1983 stellten die nunmehrigen Beschwerdeführer einen Antrag auf Abgeltung der ihnen nach der vorläufigen Übergabe von Grundabfindungen im Hinblick auf deren schlechte Ertragsfähigkeit entstandenen Schäden und begehrten zur "Abstattung unserer Schulden sowie als Beitrag zur Umstellung unseres Betriebes eine Geldleistung in Höhe von S 1,500.000,--".

2. Mit Bescheid des mittels Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht (vom 7. November 1985) angerufenen Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung (der belangten Behörde) vom 31. Jänner 1989 wurde 1) diesem Antrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 stattgegeben und die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag vom 12. Dezember 1983 in Anspruch genommen, sowie 2) der zuletzt genannte Antrag gemäß §§ 1 und 6 AVG 1950 und § 97 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975 (FLG), LGBl. 6650-3, wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt 2) im wesentlichen folgendes aus: Da der ursprüngliche Zusammenlegungsplan abgeändert und "nunmehr endgültig als gesetzmäßig anerkannt wurde" (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. April 1988, Zl. 87/07/0164), seien damit die Mängel der den Beschwerdeführern zugewiesenen Abfindungsgrundstücke beseitigt worden. Es könnten sich also solche Mängel nur in der Zeit zwischen der vorläufigen Übernahme der Abfindungsgrundstücke und der endgültigen Zuweisung der als gesetzmäßig anerkannten Abfindungen ausgewirkt haben. Zu diesem Sachverhalt seien aber bereits wiederholt Entscheidungen der Agrarbehörden wie auch des Verwaltungsgerichtshofes ergangen, die alle übereinstimmend ausgeführt hätten, daß in den Flurverfassungs-Landesgesetzen eine derartige Entschädigung nicht vorgesehen sei. Denkbar wäre allenfalls - außerhalb der Zuständigkeit der Agrarbehörden - die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen auf dem Zivilrechtsweg bzw. mittels einer Amtshaftungsklage. Zuletzt habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. September 1988, Zl. 88/07/0105, ausgeführt, daß zivilrechtliche Schadenersatzregelungen in Hinsicht auf Ansprüche der geltend gemachten Art deswegen nicht von den Agrarbehörden heranzuziehen gewesen seien, weil diese Ansprüche nicht dem Zweck der Durchführung der Zusammenlegung dienen könnten. Es könne somit im Beschwerdefall keine Zuständigkeit der Agrarbehörden gemäß § 97 FLG geltend gemacht werden, da nach dieser Bestimmung nur jene tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die zum Zweck der Durchführung der Zusammenlegung einbezogen werden müßten, zu verhandeln und zu entscheiden seien.

3. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Von diesem wurde die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 26. September 1989, B 773/89, abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

4. Laut ihrer an den Verwaltungsgerichtshof erstatteten Beschwerdeergänzung erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem "Recht auf Abgeltung jener Schäden, welche uns aufgrund rechtswidriger vorläufiger Übergabe entstanden sind, verletzt (Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 34 und 97 NÖ FLG)". Sie machen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend und begehren deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

5. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführer weisen zunächst darauf hin, daß die "diesen Themenkreis betreffende Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes bekannt ist", sie aber dessen ungeachtet der Meinung seien, daß eine Ablehnung der Zuständigkeit im konkreten Fall mit dem in den §§ 34 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 und § 97 FLG normierten grundsätzlichen "Gebot der Allzuständigkeit der Agrarbehörden" in krassem Widerspruch stehe. Es könne kein Zweifel bestehen, daß die Folgen der vorläufigen Übergabe, die nur ein Zwischenstadium ("Provisorium") des Zusammenlegungsverfahrens darstelle, als rechtliche und tatsächliche Verhältnisse anzusehen seien, die zum Zweck der Durchführung der Kommassierung, vor allem auch zu einem sachgerechten Abschluß des Verfahrens, zwingend einbezogen werden müßten, sodaß die Zuständigkeit zur Entscheidung eindeutig aus § 97 FLG abzuleiten sei. Das Fehlen einer Zuständigkeitsnorm für die Entscheidung über den von den Beschwerdeführern gestellten Entschädigungsantrag würde sich als planwidriges Fehlen einer Norm, demnach als Rechtslücke darstellen. Die Behörde wäre aber diesfalls verhalten, diese Rechtslücke mit Hilfe von "Rechts-, Gesetzesanalogie oder durch Heranziehung natürlicher Rechtsgrundsätze zu füllen".

2. Die im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsansicht entspricht der vom Verwaltungsgerichtshof zu dieser Frage entwickelten Rechtsprechung. Außer dem von der belangten Behörde in ihrer Entscheidung zitierten - die vergleichbare Rechtslage nach dem O.ö. FLG 1979 betreffenden - Erkenntnis Zl. 88/07/0105, sei auf die zum NÖ FLG ergangenen Erkenntnisse vom 15. Juli 1986, Zl. 85/07/0332, vom 30. September 1986, Zl. 86/07/0088, und vom 27. Juni 1989, Zl. 89/07/0107, verwiesen. In sämtlichen Erkenntnissen wurde betont, daß eine Entscheidung über Ansprüche der vorliegend von den Beschwerdeführern geltend gemachten Art nicht dem "Zweck der Durchführung der Zusammenlegung" dienen, somit nicht in das "Verfahren einbezogen werden müssen" (vgl. § 97 Abs. 1 FLG). Das unter II.1. wiedergegebene Beschwerdevorbringen zeigt keine neuen Aspekte auf, die den Gerichtshof in diesem Punkt zu einer Änderung seiner Rechtsanschauung führen könnten. Auch die Behauptung der Beschwerdeführer, es liege - bei Verneinung einer Zuständigkeit der Agrarbehörden, über ihren Antrag auf Entschädigung zu entscheiden - eine Planwidrigkeit vor, vermag nicht zu überzeugen. Die im Beschwerdefall maßgebende Rechtslage ist vielmehr dadurch gekennzeichnet, daß eine auf den Antrag der Beschwerdeführer anwendbare Rechtsvorschrift nicht vorhanden ist, das Gesetz somit keine Möglichkeit bietet, Parteien des Zusammenlegungsverfahrens für einen Nachteil, der ihnen durch die vorläufige Übernahme von Abfindungsgrundstücken bis zur endgültigen Grundabfindung (Erlassung des Zusammenlegungsplanes) erwachsen ist, zu entschädigen. Die Voraussetzungen für die Annahme einer "planwidrigen Lücke" (vgl. dazu WALTER-MAYER, Bundesverfassungsrecht6, 1988 Rz 136) und damit für eine von den Beschwerdeführern angestrebte durch Analogie zu gewinnende Lösung liegen sohin nicht vor.

3. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Von der Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten Verhandlung konnte im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989070181.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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