TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/15 89/05/0244

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Veröffentlicht am 15.05.1990
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Index

L44109 Feuerpolizei Kehrordnung Wien;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

KehrV Wr 1985 §16 idF 1987/040;
VStG §19;
VStG §32 Abs2;
VStG §51 Abs4;
VStG §9;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

N gegen Wiener Landesregierung vom 10. Oktober 1989, Zl. MA 64-140/88/Str, betreffend Übertretung der Wiener Kehrverordnung

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Ausspruches über die Strafe und den Ersatz der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 16. Bezirk, vom 9. Dezember 1987 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, es als Eigentümer des Hauses Wien 16, X-Straße 123, bis zum 15. Juli 1987 unterlassen zu haben, eine Ausfertigung des Kontrollbuches bezüglich der Rauchfangkehrung in einer geeigneten, mit einem Normschlüssel für Reinigungsöffnungen sperrbaren Vorrichtung in den allgemein zugänglichen Teilen des Hauses aufzubewahren. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 18 des Wiener Feuerpolizei- und Luftreinhaltegesetzes in Verbindung mit § 16 der Wiener Kehrverordnung begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzarreststrafe 12 Stunden) verhängt worden ist. Aufgrund des dagegen erhobenen Einspruchs wurde das ordentliche Verfahren eingeleitet, in dessen Verlauf der Beschwerdeführer erklärte, nicht Eigentümer des Hauses zu sein. Mit Straferkenntnis vom 3. Oktober 1988 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als zur Vertretung nach außen Berufener der H-Gesellschaft m.b.H. als Eigentümer des Hauses in Wien 16, X-Straße 123, zu verantworten, daß er es bis zum 15. Juli 1987 unterlassen habe, eine Ausfertigung des Kontrollbuches bezüglich der Rauchfangkehrungen in einer geeigneten, mit einem Normschlüssel für Reinigungsöffnungen sperrbaren Vorrichtung in den allgemein zugänglichen Teilen des Hauses aufzubewahren. Es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzarrest 12 Stunden) verhängt.

Die Wiener Landesregierung bestätigte mit Bescheid vom 10. Oktober 1989 dieses Straferkenntnis auf Grund der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers mit der Maßgabe, daß dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurde, er habe es als Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der Hauseigentümerin zu verantworten, daß diese es am 15. Juli 1987 unterlassen habe, eine Ausfertigung des Kontrollbuches in einer geeigneten ... Vorrichtung aufzubewahren.

Er habe dadurch § 18 Abs. 1 lit. a des Wiener Feuerpolizei- und Luftreinhaltegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 17/1957, in der derzeit geltenden Fassung, in Verbindung mit § 16 Abs. 1 der Wiener Kehrverordnung, LGBl. für Wien Nr. 22/1985, in der geltenden Fassung in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG 1950 verletzt. Hinsichtlich der Strafhöhe und der Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafvollzuges sowie des Kostenbeitrages für das Verfahren erster Instanz wurde das Straferkenntnis des Magistrates bestätigt. Weiters wurde dem Beschwerdeführer ein Beitrag von S 50,-- zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Zum Einwand des Beschwerdeführers, es sei bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, führte die Behörde in ihrer Bescheidbegründung unter Berufung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an, daß es für eine die Verjährung unterbrechende taugliche Verfolgungshandlung nicht erforderlich sei, daß dem Beschuldigten vorgehalten werde, er habe die Tat als zur Vertretung nach außen Berufener im Sinne des § 9 VStG 1950 zu verantworten. Insoweit gehe die Verjährungseinrede des Beschwerdeführers daher ins Leere.

Nach Wiedergabe des Wortlautes des § 16 Abs. 1 der Wiener Kehrverordnung 1985 führte die Behörde aus, der Zeuge B. (der für das Haus bestellte Rauchfangkehrer) habe unter Wahrheitspflicht ausgesagt, er könne mit Sicherheit angeben, daß am 15. Juli 1987 keine Aufbewahrungsvorrichtung für das Kontrollbuch vorhanden gewesen sei. Ein Widerspruch zur Aussage des Zeugen während des erstinstanzlichen Strafverfahrens liege nicht vor. Für die Berufungsbehörde bestehe keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Angaben des Zeugen zu zweifeln. Sie erachte es daher als erwiesen, daß es der Beschwerdeführer zu verantworten habe, daß am 15. Juli 1987 die Bestimmung des § 16 Abs. 1 der Wiener Kehrverordnung nicht eingehalten worden sei.

Es folgten Ausführungen zur Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG 1950 ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Nach § 31 Abs. 2 leg. cit. beträgt die Verjährungsfrist bei der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung sechs Monate, wobei diese Frist von dem Zeitpunkt an zu berechnen ist, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Nach § 32 Abs. 2 leg. cit. ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

In zwei Erkenntnissen verstärkter Senate vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0073, Slg. N. F. Nr. 12.375/A, sowie Zl. 86/18/0077, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Frage, ob der Beschuldigte die Tat in eigener Verantwortung begangen oder sie als zur Vertretung nach außen Berufener im Sinne des § 9 VStG 1950 zu verantworten hat, nicht Sachverhaltselement der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretung ist. Dies sei ein die Frage der Verantwortlichkeit des von Anfang an als Beschuldigten angesprochenen Beschwerdeführers betreffendes Merkmal, das aber auf die Vollständigkeit der Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG 1950 ohne Einfluß ist, weil bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien im § 32 Abs. 2 VStG 1950 auf eine bestimmte Person als Beschuldigten abgestellt wird, dem eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung angelastet wird, sodaß sich die Verfolgungshandlung zwar auf eine bestimmte physische Person, auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950 beziehen müsse. In diesem Stadium des Verfahrens und damit für die Tauglichkeit einer Verfolgungshandlung sei aber noch nicht zu fordern, daß dem individuell bestimmten Beschuldigten allenfalls auch vorgeworfen werden müsse, er habe die Tat als zur Vertretung nach außen Berufener im Sinne des § 9 VStG 1950 zu verantworten.

Da in der Berufung gegen das Straferkenntnis des Magistrates vom 3. Oktober 1988 ausgeführt wurde, nicht der Beschwerdeführer sei Eigentümer der Liegenschaft in Wien 16, X-Straße 123, sondern die im Straferkenntnis richtig angeführte H-Gesellschaft m.b.H., und der Beschwerdeführer unbestritten das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Eigentümerin des Hauses ist, ist durch das Unterbleiben eines Hinweises in der Strafverfügung, der Beschwerdeführer habe die Tat als zur Vertretung nach außen Berufener im Sinne des § 9 VStG 1950 zu verantworten, keine untaugliche Verfolgungshandlung gesetzt worden. Die vom Beschwerdeführer erhobene Verjährungseinrede ist demnach auch in diese Richtung unbegründet.

§ 16 Abs. 1 der Wiener Kehrverordnung 1985, LGBl. Nr. 22, in der Fassung LGBl. Nr. 40/1987, lautet:

"(1) Der Fachkundige - Rauchfangkehrer - hat für jedes Haus ein Kontrollbuch (Anlage./B) in doppelter Ausfertigung zu führen. Eine Ausfertigung des Kontrollbuches hat der Hauseigentümer (sein Bevollmächtigter) in einer geeigneten, mit einem Normschlüssel für Reinigungsöffnungen sperrbaren Vorrichtung, die in den allgemein zugänglichen Teilen des Hauses gelegen ist, aufzubewahren. Behördenorganen muß die Einsicht jederzeit gewährleistet sein. In Wohnhäusern mit nicht mehr als zwei Wohnungen und in Gebäuden, die ausschließlich Beherbergungszwecken oder öffentlichen Zwecken dienen, kann mit dem Fachkundigen - Rauchfangkehrer - eine andere Aufbewahrungsart, die die jederzeitige Einsichtnahme durch Behördenorgane gewährleistet, vereinbart werden. Beide Ausfertigungen sind bis zwei Jahre nach der letzten Eintragung aufzubewahren und zur Einsicht durch die Behördenorgane bereitzuhalten."

Das Beschwerdevorbringen, die Tatsache, daß eine eigene Aufbewahrungseinrichtung nicht vorhanden gewesen sei, bedeute noch nicht, daß gegen die Aufbewahrungspflicht verstoßen worden sei, verlange doch die Norm lediglich, daß das Kontrollbuch in einer sperrbaren Vorrichtung in den allgemein zugänglichen Teilen des Hauses aufbewahrt werde, nicht aber, daß dies in einer EIGENEN Vorrichtung zu geschehen habe, ist zwar richtig, doch läßt sich damit für den Beschwerdeführer nichts gewinnen. Der als Zeuge vernommene Rauchfangkehrer erklärte während seiner Einvernahme am 11. September 1989 ausdrücklich, daß keine Aufbewahrungsvorrichtung für das Kontrollbuch im Hause vorhanden gewesen sei. Damit wurde aber nicht zum Ausdruck gebracht, daß keine eigene Aufbewahrungseinrichtung, sondern daß überhaupt keine Aufbewahrungseinrichtung vorhanden war. Der Beschwerdeführer hat auch weder während des Verwaltungsstrafverfahrens noch in der Beschwerde behauptet, daß irgendeine, gemäß § 16 Abs. 1 der zitierten Verordnung sperrbare Vorrichtung zur Aufbewahrung des Kontrollbuches vorhanden gewesen sei. Hiemit ist aber der strafbare Tatbestand der zitierten Bestimmung erfüllt. Daß es dem Beschwerdeführer aus besonderen Gründen unmöglich gewesen sei, die erforderliche Vorrichtung zur Aufbewahrung des Kontrollbuches installieren zu lassen, wurde nicht einmal behauptet.

Das Beschwerdevorbringen war daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des Schuldspruches darzutun.

Hingegen sind der Ausspruch über die Strafe und die davon abhängige Festsetzung des Beitrages zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Aus dem Spruch im Zusammenhang mit der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides geht nämlich hervor, daß die Behörde erster Instanz von einem Tatzeitraum vom 1. Jänner 1986 (Inkrafttreten der Wiener Kehrverordnung) bis zum 15. Juli 1987 ausgegangen ist, während die Berufungsbehörde den Tatzeitraum auf den 15. Juli 1987 einschränkte.

Da die Berufungsbehörde den Tatzeitraum einschränkte, ohne das Strafausmaß herabzusetzen, oder durch das Heranziehen weiterer, von der Behörde erster Instanz nicht berücksichtigter erschwerender Umstände eingehend zu begründen, weshalb dennoch die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe angemessen sei, liegt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit vor, weshalb der angefochtene Bescheid in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Erschwerende und mildernde Umstände Allgemein Strafmilderungsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989050244.X00

Im RIS seit

15.05.1990

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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