TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/19 89/04/0246

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Veröffentlicht am 19.06.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §1 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z1 idF 1988/399;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VStG §7;
VStG §8;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Tirol vom 25. September 1989, Zl. IIa-22.001/1, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973.

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung seines in Beschwerde gezogenen Spruchpunktes II. sowie der darauf Bezug habenden Kostenaussprüche laut Punkt III. und IV. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17. August 1989 wurde der Beschwerdeführer laut dem im vorliegenden Beschwerdeverfahren in Rede stehenden Spruchpunkt II. schuldig erkannt, er habe

"1) am 25.1.1989 A und B mit einem PKW der Marke Ford Transit TS, Kennzeichen XXX nach X, 2) am 10.2.1989 C mit einem PKW der Marke VW Passat, Kennzeichen XY, nach Y gebracht, damit diese Personen auf selbständiger Basis versuchen, Glückwunschkarten für die Fa. D-GesmbH zu verkaufen, ohne daß die Genannten im Besitz der erforderlichen Gewerbeberechtigung 'Handel mit Glückwunschkarten' waren und dadurch diesen Personen vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, obwohl ihm bekannt sein mußte, daß diese Personen durch das Verkaufen ohne die genannte Gewerbeberechtigung eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Ziffer 1 i.V.m. § 5 Ziffer 1 und § 103 Abs. 1 lit. b Ziffer 25 Gewerbeordnung 1973 i. d.g.F. begehen würden und damit selbst eine Verwaltungsübertretung nach den zitierten Bestimmungen i.V.m.

§ 7 Verwaltungsstrafgesetz 1950 in der Zeit zwischen dem 25.1.1989 und dem 10.2.1989 begangen."

Unter Bezugnahme auf § 366 Einleitungssatz GewO 1973 i.V.m.

§ 7 VStG 1950 wurde hiefür über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 6.000,-- (Ersatzarreststrafe zwölf Tage) verhängt. Zur Begründung wurde in diesem Zusammenhang ausgeführt, durch Anzeigen der Gendarmerieposten X und Y seien die angeführten Tatbestände der Behörde zur Kenntnis gebracht worden. Auch bei seiner zweiten Einvernahme am 3. Juli 1989 habe der Beschwerdeführer nicht bestritten, die im Spruch unter II. angeführten Personen nach X bzw. Y gebracht zu haben. Bezüglich seiner Rechtfertigung habe er auf seine Aussage vom 20. Februar 1989 verwiesen. Weiters habe er ausgeführt, der Meinung zu sein, daß es genüge, wenn die selbständigen Vertreter aufmerksam gemacht würden, daß sie eine entsprechende Gewerbeberechtigung benötigen würden. Er sei der Meinung, daß die genannten Personen eine Gewerbeberechtigung besäßen. Der Zeuge C habe im wesentlichen angegeben, es sei richtig, daß ihn der Beschwerdeführer am 10. Februar 1989 mit einem Auto nach Y gebracht habe. Die Glückwunschkarten, die er dann mitgehabt habe, habe er ihm ausgehändigt. Er habe dann den Erlös aus dem Verkauf der Glückwunschkarten dem Beschwerdeführer übergeben. Er habe dafür die S 30,-- wie üblich bekommen. Es sei ihnen beiden bewußt gewesen, daß er keine Glückwunschkarten verkaufen dürfe. Der Beschwerdeführer sei bereits anläßlich seiner ersten Bestrafung am 18. April 1988 wegen einer gleichartigen Übertretung ausführlich belehrt worden. Die gegenständlichen Verkäufe seien von den selbständigen Vertretern auf dieselbe Art und Weise durchgeführt worden, wie sie dem Beschwerdeführer bei seiner ersten Bestrafung zur Last gelegt worden seien. Schon daraus lasse sich erkennen, daß der Beschwerdeführer mit vollem Vorsatz gehandelt habe. Wenn er nun meine, daß durch die Belehrung der selbständigen Vertreter für ihn kein schuldhaftes Verhalten mehr vorliege, so könne diese Rechtfertigung nur als Schutzbehauptung angesehen werden, zumal er nicht habe nachweisen können, daß die selbständigen Vertreter eine Gewerbeberechtigung besessen hätten. Die Aussagen u.a. von C wiesen außerdem eindeutig darauf hin, daß der Beschwerdeführer vom Verkauf der Musikkassetten bzw. Glückwunschkarten Kenntnis gehabt habe und nicht, wie er angebe, lediglich Mitglieder für den "D-Verein" geworben worden seien. Auf Grund des dargelegten Sachverhaltes sei als erwiesen anzunehmen, daß der Beschwerdeführer vorsätzlich anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert habe.

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers erkannte der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 25. September 1989 unter Spruchpunkt II. - mit Spruchpunkt I. wurde der Berufung Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren "wegen Übertretung zu Punkt 1" gemäß § 45 Abs. 1 lit. b VStG eingestellt -, daß sie bezüglich der Übertretung "zu Punkt 2" als unbegründet abgewiesen werde. Im Spruchpunkt III. wurde die Beitragspflicht des Beschwerdeführers zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens neu bestimmt und im Spruchpunkt IV die Beitragspflicht des Beschwerdeführers zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

Zur Begründung wurde im Umfang des Spruchpunktes II. ausgeführt, im Gegensatz zur Verantwortung des Beschwerdeführers ergebe sich aus den Einvernahmen und den Anzeigen, daß dem Beschwerdeführer sehr wohl bewußt gewesen sei, daß die von ihm beförderten Personen keine Glückwunschkarten verkaufen dürften. Als Schuldform sei daher zu Recht Vorsatz angenommen worden. Als erschwerend sei die einschlägige Strafvormerkung vom 18. April 1988, rechtskräftig am 1. September 1988, zu werten. Damals sei der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 i.V.m. § 7 VStG 1950 mit einer Geldstrafe von S 5.000,-- bestraft worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer im Umfang des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides in dem Recht verletzt, nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe unberücksichtigt gelassen, daß "als unmittelbarer oder mittelbarer" Täter der Verwaltungsübertretung der unbefugten Gewerbeausübung nur jene Person in Betracht komme, auf deren Rechnung und Gefahr die gewerbliche Tätigkeit entfaltet werde. Aus dem gegenständlichen Behördenakt (der Anzeige des Gendarmeriepostens Y vom 13. Februar 1989) gehe hervor, daß er Bediensteter der "Firma" E sei, und daß er im Rahmen dieses Beschäftigungsverhältnisses von seiner "Firma" angewiesen worden sei, die genannten Fahrten durchzuführen. Keinesfalls habe er aber auf seine eigene Rechnung und Gefahr gehandelt, er komme daher als Täterperson nicht in Betracht. Auch wenn man aber die unvollständigen Feststellungen der Unterbehörden zugrunde lege, sei sein Verhalten verwaltungsstrafrechtlich nicht relevant. Durch seine Fahrten von Z nach X und Y habe er den genannten Personen die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Sinne des § 7 VStG 1950 keinesfalls erleichtert. Er habe es lediglich übernommen, die genannten Personen von einem Ort zu einem anderen Ort mit einem Pkw seiner "Dienstgeberfirma" zu verbringen. Er habe die den genannten Personen vorgeworfenen strafbaren Handlungen weder physisch noch psychisch gefördert. Die Unterbehörden stützten sich ja ohnedies nur auf eine "physische Unterstützung", die darin bestehen solle, daß er die genannten Personen an einen Ort verbringe, wo diese gewerberechtliche Übertretungen begingen. Dieser Tatbeitrag könne verwaltungsstrafrechtlich nicht relevant sei. Ob die genannten Personen mit seinem Pkw oder einem öffentlichen Verkehrsmittel anreisten, um letztendlich zu versuchen, Glückwunschkarten an den Mann zu bringen, sei rechtlich einerlei. Darüber hinaus werde bei einem strafbaren Tatbeitrag gefordert, daß die Hilfestellung, die der jeweilige mittelbare Täter biete, bis zur Vollendung der Tat wirksam bleibe. Im gegenständlichen Fall bestehe der "Beitrag" jedoch nur darin, daß er verschiedene Personen mit seinem Pkw an den Ausgangspunkt deren gewerberechtlich unzulässigen Verkaufsbemühungen gebracht habe. Es existiere kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Förderung und der Tat, so wie sie sich abgespielt habe. Der Beitrag stehe zur Tat in ihrer individuellen Erscheinungsform in keiner kausalen Beziehung. Mit den Ausführungen, wonach er sehr wohl gewußt habe, daß die von ihm beförderten Personen keine Glückwunschkarten verkaufen dürften, sei ohne weiteres in Einklang zu bringen, daß er die von ihm beförderten Personen darauf aufmerksam gemacht habe, daß sie eine entsprechende Gewerbeberechtigung benötigen würden. Wenn sich diese Personen nicht um ihre Gewerbeberechtigung gekümmert hätten, so könne dies nicht zu seinen Lasten gehen. Darüber hinaus sei dem gesamten Verwaltungsstrafakt nicht zu entnehmen, ob die von ihm beförderten Personen nicht doch eine gültige Gewerbeberechtigung (zum Verkauf von Glückwunschkarten) besäßen. In unvollständiger Weise sei weder eine Gewerberegisterauskunft eingeholt, noch seien sämtliche beförderten Personen schriftlich einvernommen worden. Ohne derartige Beweisergebnisse könnten aber verwaltungsstrafrechtlich relevante Feststellungen nicht getroffen werden.

Die Beschwerde ist begründet.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung - die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist -, wer ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z. 1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 7 VStG 1950 unterliegt, wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter nicht strafbar ist.

Unter Beihilfe im Sinne des § 7 VStG 1950 ist die vorsätzliche Unterstützung des tatbestandsmäßigen rechtswidrigen Verhaltens eines anderen zu verstehen, ohne daß dabei Ausführungshandlungen gesetzt werden; die Tätigkeit des Gehilfen besteht somit in einem ursächlichen Beitrag zur Ausführung einer strafbaren Handlung eines anderen, der auf jede andere Weise als durch unmittelbare Täterschaft erbracht werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. November 1986, Zl. 86/04/0093, und die weiters dort zitierte hg. Rechtsprechung). Danach kann aber "Beihilfe" im Sinne des Tatbestandes des § 7 VStG 1950 erst dann gegeben sein, wenn der unmittelbare Täter das Tatbild hergestellt hat, das der übertretenen Vorschrift entspricht (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1960, Slg. N.F. Nr. 5194/A).

Gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, 2) Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Ausführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A, u.a.).

Ausgehend von dieser Rechtslage muß daher bei Angabe der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44 a lit. a VStG 1950) in der dargestellten Weise zum Ausdruck kommen, daß derjenige, zu dessen Tat "Beihilfe" geleistet wurde, die strafbare Handlung begangen hat (vgl. hiezu sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 25. November 1983, Zl. 83/02/0085), und weiters, daß sich die "Beihilfe" in der im § 7 VStG 1950 verlangten Schuldform des Vorsatzes auf diese strafbare Handlung bezog.

Im vorliegenden Fall lautet der in diesem Zusammenhang im Spruch des - vom angefochtenen Bescheid unverändert übernommenen - erstbehördlichen Straferkenntnisses gegen den Beschwerdeführer erhobene Tatvorwurf dahin, daß er die dort genannten Personen mit dem jeweils bezeichneten Pkw nach X bzw. Y gebracht habe, "damit diese Personen auf selbständiger Basis versuchen, Glückwunschkarten für die Firma D-GesmbH. ..... zu verkaufen", ohne daß die Genannten im Besitz der erforderlichen Gewerberechtigung "Handel mit Glückwunschkarten" gewesen seien und dadurch diesen Personen vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert habe. Dieser Tatvorwurf reicht aber insbesondere unter Bedachtnahme auf § 8 VStG 1950 sowie auf die Tatbestandsvoraussetzungen der Gewerbsmäßigkeit einer Tätigkeit im Sinne des § 1 GewO 1973 nicht aus, um den Tatvorwurf gegen die genannten Personen im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973, zu denen der Beschwerdeführer vorsätzlich im Sinne des § 7 VStG 1950 "Beihilfe" geleistet hätte, als gerechtfertigt erscheinen zu lassen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon in Hinsicht darauf mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher in dem im Spruch bezeichneten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989; die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft im Hinblick auf die gesetzliche Kostenpauschalierung den für "20 % UST" geltend gemachten Kostenersatzanspruch.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatort "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Mängel im Spruch Fehlen von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen Verantwortlichkeit (VStG §9) Beteiligungsformen (VStG §7)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040246.X00

Im RIS seit

19.06.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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