TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/17 89/15/0070

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Veröffentlicht am 17.09.1990
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §285 Abs2;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §3 Abs1;
UStG 1972 §3 Abs9;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1991, 243;

Betreff

X-GesmbH gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 23. März 1989, Zl. 6/42/4-BK/Km-1988, betreffend Umsatzsteuer 1980 und 1981:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt den Handel mit Booten. Im Zuge einer die Besteuerungsgrundlagen der Jahre 1979 bis 1981 betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung wurden u.a. folgende

Feststellungen getroffen:

Tz 7, 9a des Betriebsprüfungsberichtes:

Die Beschwerdeführerin habe für ein im Jahre 1980 geliefertes Motorboot die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 UStG 1972 in Anspruch genommen. Eine Ausfuhrlieferung liege jedoch nicht vor, da der Käufer seinen Wohnsitz in Österreich gehabt habe.

Tz 9c bis h des Betriebsprüfungsberichtes:

Beim Verkauf der dort angeführten Boote hätten die Käufer ihre gebrauchten Boote der Beschwerdeführerin mit dem Auftrag übergeben, die Boote im Namen und für Rechnung der jeweiligen Eigentümer zu verkaufen. Diese Aufträge seien mittels die Überschrift "Auftrag zur Verkaufsvermittlung" tragenden Formularen beurkundet worden. Darin seien "Limitpreise" (Mindestverkaufspreise) festgelegt und vereinbart worden, daß die Beschwerdeführerin nur gegen "Bar-Kasse" verkaufen dürfe. Die Beschwerdeführerin habe die Boote aber nicht wie vereinbart gegen "Bar-Kasse" verkauft, sondern zwecks Abstattung der Kaufpreise wiederum gebrauchte Boote zum vermittlungsweisen Verkauf übernommen. Diese Geschäfte habe die Beschwerdeführerin umsatzsteuerlich als Vermittlungsgeschäfte behandelt. In Wahrheit lägen jedoch Eigengeschäfte vor, da die Beschwerdeführerin ein Wagnis übernommen habe, das dem Geschäftsvermittler nicht zukäme; es seien daher die Verkaufspreise der Umsatzsteuer zu unterziehen. Im Geschäftsfall Tz 9d seien überdies nur ein Kasseneingangsbeleg betreffend die Zahlung des Kaufpreises, nicht jedoch Urkunden betreffend Vermittlungsauftrag, Vermittlungsabrechnung und Kaufvereinbarung vorhanden.

Das Finanzamt nahm u.a. die Verfahren betreffend die Umsatzsteuer für 1980 und 1981 wieder auf und erließ der oben dargelegten Auffassung des Prüfers folgende Sachbescheide.

Mit Berufung machte die Beschwerdeführerin im wesentlichen geltend, sie habe mit dem Käufer N (Geschäftsfall Tz 7, 9a) vereinbart, daß vor einem allfälligen Vertragsabschluß eine Probefahrt auf dem Gardasee durchgeführt werden solle. Das Boot sei "irrtümlich mit einem Formular U 34 von Herrn X und Herrn N gemeinsam nach Italien gebracht" worden. Erst im Ausland sei der Kaufvertrag abgeschlossen und die Verfügungsmacht übertragen worden. Es handle sich daher zwar nicht um eine Ausfuhrlieferung, wohl aber um einen nicht steuerbaren Umsatz.

Die Geschäftsfälle Tz 9c bis h betreffend habe die Abgabenbehörde zu Unrecht Reihenvermittlungsgeschäfte angenommen. Das jeweils zweite zum vermittlungsweisen Verkauf übernommene Boot sei "in keiner Weise auf das erste Boot angerechnet" worden. Vielmehr sei ein eigener Vermittlungsauftrag angenommen worden, das Boot zum Preislimit oder darüber vermittlungsweise zu verkaufen. Der erzielte Verkaufserlös sei "zur Barzahlung des ersten Vermittlungsgeschäftes" verwendet worden. Der Ausdruck "Bar-Kasse" bedeute nicht den Auftrag, das Boot "mit sofortiger gänzlicher Barzahlung zu vermitteln"; darunter sei vielmehr die Art der Abwicklung des Geschäftes, nämlich die Bezahlung des Kaufpreises in Bargeld und nicht durch Hingabe einer Ware an Zahlungs Statt zu verstehen. Die Beschwerdeführerin habe in keiner Weise ein Risiko übernommen, da sie das gebrauchte Boot nur zum limitierten Preis oder darüber veräußern könne. Andernfalls stelle sie das Boot dem Auftraggeber zurück und fordere den Restkaufpreis ein.

Der Betriebsprüfer erstattete eine detaillierte Stellungnahme zur Berufung; dieser trat die Beschwerdeführerin in ihrer Gegenäußerung im wesentlichen durch eine Wiederholung ihrer Berufungsausführungen entgegen.

In der am 30. Jänner 1987 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat trug die Beschwerdeführerin zum Geschäftsfall Tz 7, 9a vor, die Rechnung vom 30. April 1980 sei eine "Proformarechnung," die als Werterklärung für Zollzwecke gedient habe. Das Boot sei im Vormerkverkehr ins Inland gebracht worden. Die Verzollung des Bootes bei der Ausfuhr sei durch die Spedition R vorgenommen worden. Das Boot habe sich bei der Ausfuhr in zerlegtem, nicht betriebsbereitem Zustand befunden und sei erst in Italien von der Beschwerdeführerin zusammengebaut worden.

Zur Prüfung dieser Behauptungen beschloß der Berufungssenat die Vertagung der Verhandlung auf unbestimmte Zeit. Nach Vornahme von Erhebungen führte der Berufungssenat (in geänderter Besetzung) eine mündliche Verhandlung am 9. November 1988 durch, zu deren Beginn den Vertretern der Beschwerdeführerin Kopien der mit den Zeugen N, O und P aufgenommenen Niederschriften übergeben wurden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte sie nach ausführlicher Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage - zusammengefaßt - folgendes aus:

Im Geschäftsfall Tz 7, 9a liege wegen der Inländereigenschaft des Abnehmers ein steuerpflichtiger Umsatz vor, da die Beschwerdeführerin dem Käufer die Verfügungsmacht über das strittige Motorboot im Inland verschafft habe. Dafür spräche eine Reihe von Indizien: Die Beschwerdeführerin habe für die Lieferung eine Ausfuhrbescheinigung für Umsatzsteuerzwecke (Formular Lager-Nr. U 34) ausgestellt. Sie habe zunächst behauptet, dies sei irrtümlich geschehen. In der Folge habe sie angegeben, nicht sie, sondern die Spedition habe das Formular ausgestellt. Zuletzt habe ihr Geschäftsführer erklärt, das Formular sei auf Anraten der Spedition ausgestellt worden. Die Beschwerdeführerin habe sich demnach in Widersprüche verstrickt, die Anlaß zu erheblichem Zweifel an der Richtigkeit ihrer Aussagen gäben. Es dränge sich die Vermutung auf, daß die Beschwerdeführerin zunächst habe vortäuschen wollen, die im Inland erfolgte Lieferung sei an einen Ausländer ausgeführt worden. Darauf deute auch die Bezeichnung des österreichischen Käufers N als "Signore" (auf der Faktura). Erst nach Aufdeckung der Inländereigenschaft des Käufers durch den Betriebsprüfer habe die Beschwerdeführerin behauptet, die Lieferung sei im Ausland erfolgt. Auch die Behauptung, das Motorboot sei von der Beschwerdeführerin ins Ausland verbracht und dort dem Käufer übergeben worden, erweise sich als unzutreffend. Der Umstand, daß die Rechnung am 30. April 1980 ausgestellt worden sei, lasse den Schluß zu, daß spätestens an diesem Tag ein Kaufvertrag über das Boot zustandegekommen sei. Daß das Motorboot erst am 3. Mai 1980 ins Ausland verbracht worden sei, sei aber unbestritten. Auch die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Rechnung wäre nur proforma ausgestellt worden, sei unter anderem deshalb nicht glaubwürdig, weil dies aus der Rechnung nicht hervorgehe. Die Angaben im Formular Lager-Nr. U 34 betreffend das Transportfahrzeug und den die Ausfuhr vornehmenden Abnehmer bewiesen, daß das Boot mit dem PKW und dem Anhänger des Käufers jedenfalls in dessen Beisein transportiert worden sei. Von einer von der Beschwerdeführerin behaupteten transportbegleitenden Funktion des Käufers könne keine Rede sein, da die den Ablauf des Transportes betreffenden Behauptungen widersprüchlich seien. Die Beschwerdeführerin habe zunächst behauptet, das Boot sei von Herrn X und Herrn N gemeinsam nach Italien gebracht worden; in der mündlichen Verhandlung habe der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin behauptet, ein Angestellter der Berufungswerberin habe den PKW gelenkt. Die Aussage des Zeugen N zeige augenfällige Gedächtnislücken. Auch der Aussage des Zeugen Q habe kein Glauben geschenkt werden können, weil dieser behauptet habe, sich noch genau erinnern zu können, das Boot zur Zollabwicklung zur Spedition R gebracht zu haben; tatsächlich habe jedoch die Spedition S im Vormerkverfahren die Wiederausfuhr beantragt.

In den Geschäftsfällen 9c bis h habe die Beschwerdeführerin Boote an Kunden verkauft und deren Gebrauchtboote an Zahlungs Statt zum Verkauf übernommen. Die Kunden hätten an die Beschwerdeführerin nur die um die "Limitverkaufspreise" für die Gebrauchtboote verminderten Preise bezahlt. Sie hätten mit der Beschwerdeführerin vereinbart, daß die Gebrauchtboote gegen sofortige und gänzliche Barzahlung ("Bar-Kasse") veräußert werden sollten. Die Beschwerdeführerin habe jedoch die zurückgegebenen Boote nicht gegen sofortige Barzahlung verkauft, sondern von den Käufern dieser Boote wiederum deren Gebrauchtboote zum Verkauf übernommen, wobei auch diese Käufer nur entsprechend verminderte Preise gezahlt hätten. Aus dem Umstand, daß die streitgegenständlichen Gebrauchtboote an Zahlungs Statt entgegengenommen worden seien, folge, daß diese zunächst an die Beschwerdeführerin geliefert worden seien, weshalb diese beim Verkauf als Eigenhändler anzusehen sei. Auch im Falle der Entgegennahme der Gebrauchtboote zahlungshalber wäre zunächst eine Lieferung derselben an die Beschwerdeführerin erfolgt. Aber auch wenn beides nicht der Fall gewesen wäre, wäre damit für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen, da diese gegen ihre Verpflichtung, nur gegen "Bar-Kasse" zu verkaufen, verstoßen habe. Darunter sei sofortige und gänzliche Barzahlung zu verstehen. Durch die vertragswidrige Vorgangsweise der Beschwerdeführerin hätten deren Auftraggeber zu Schaden kommen und Rückgriff nehmen können. Die Beschwerdeführerin habe damit ein Risiko übernommen, das einem Vermittler nicht zukomme.

Die vorliegende Beschwerde macht "unrichtige rechtliche Beurteilung" und das Vorliegen von Verfahrensmängeln geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin verweist zunächst auf den "langen Fristenzeitraum zwischen der Berufung und der Erledigung derselben", auf das Fehlen ausreichender Gründe für die Vertagung der Berufungsverhandlung, das "Auswechseln der Senatsmitglieder" sowie schließlich darauf, daß ihr Niederschriften über die Vernehmung von Zeugen erst zu Beginn der zweiten mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht wurden.

Diese Ausführungen können der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil nicht ersichtlich ist, daß die belangte Behörde bei Einhaltung der angeblich außer acht gelassenen Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß die Dauer des Berufungsverfahrens zwar im Zusammenhang mit der Entscheidungspflicht der Abgabenbehörde zweiter Instanz von Bedeutung sein kann (vgl. Art. 132 B-VG, § 27 VwGG, § 311 BAO); in einer langen Dauer des Berufungsverfahrens kann aber kein für die Entscheidung ausschlaggebender Verstoß gegen Verfahrensvorschriften liegen.

Das Abgabenrechtsmittelverfahren ist nicht vom Grundsatz der Unmittelbarkeit beherrscht. Auch bei - im vorliegenden Fall durch den neuen Sachvortrag der Beschwerdeführerin verursachter - Vertagung der mündlichen Verhandlung kann diese ohne Wiederholung der Beweisaufnahmen vom Senat in anderer Zusammensetzung unter der Voraussetzung fortgesetzt werden, daß das Ergebnis des bisherigen Verfahrens aktenkundig ist, Mängel im Ermittlungsverfahren nicht unterlaufen sind oder inzwischen beseitigt wurden und der Berichterstatter dem Senat ein klares Bild von den bisherigen Ergebnissen verschafft (vgl. Stoll, BAO - Handbuch 678 f und die dort angeführte Rechtsprechung). Die zuletzt angeführten Voraussetzungen liegen nach dem Akteninhalt vor; mit dem bloßen Hinweis der Beschwerde auf die "Auswechslung von Senatsmitgliedern" kann somit ebenfalls kein relevanter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften aufgezeigt werden.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, es sei nicht möglich gewesen, die zu Beginn der fortgesetzten mündlichen Verhandlung (am 9. November 1988) ausgefolgten Niederschriften ausführlich zu studieren, ist zu erwidern, daß die Beschwerdeführerin nicht darlegt, was sie vorgebracht hätte, wenn ihr die Beweisergebnisse schon früher zur Kenntnis gebracht worden wären.

Zum Geschäftsfall Tz 7, 9a des Betriebsprüfungsberichtes:

Nach § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt ausführt.

Eine Lieferung wird nach § 3 Abs. 7 UStG 1972 dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet; bei körperlicher Übergabe ist das der Ort, an dem der Gegenstand dem Abnehmer oder in dessen Auftrag einem Dritten übergeben wird. Wesentlich ist im Beschwerdefall, ob der Wille der Parteien darauf gerichtet war, die Verfügungsmacht über den Liefergegenstand am Sitz des Lieferers oder im Ausland zu verschaffen bzw. zu erlangen.

Die Beschwerdeführerin macht zwar der Erklärung nach "unrichtige rechtliche Beurteilung" (gemeint offenbar:

Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides; vgl. § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG) geltend. Rechtswidrigkeit des Inhaltes eines Bescheides im Sinne der zitierten Vorschrift liegt aber nur dann vor, wenn die Behörde das Gesetz falsch auslegt, das sie auf den von ihr angenommenen Sachverhalt zur Anwendung bringt (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, 563 Abs. 4 zitierte hg. Rechtsprechung). Die vorliegenden, die verschiedenen Beschwerdepunkte vermengenden Ausführungen zeigen nicht auf, inwiefern die belangte Behörde auf der Grundlage des von ihr angenommenen Sachverhaltes die Rechtslage verkannt hätte; sie wenden sich vielmehr ausschließlich gegen die Beweiswürdigung. Die Beschwerde zeigt daher keine inhaltliche Rechtswidrigkeit auf; sie macht vielmehr ausschließlich Verfahrensmängel geltend.

Auch die Verfahrensrüge ist jedoch unbegründet. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt die Beweiswürdigung der belangten Behörde der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle in der Richtung, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig waren, d.h. ob sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1986, Slg. 6170/F). Davon abgesehen findet die Überprüfung eines angefochtenen Bescheides gemäß § 41 Abs. 1 VwGG auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes statt.

Der vorliegenden Beschwerde gelingt es nicht, der belangten Behörde bei der Beweiswürdigung unterlaufene Verfahrensfehler im oben dargelegten Sinn aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat die Vertragsteile vernommen und in die das strittige Geschäft betreffenden Urkunden Einsicht genommen. Die Beschwerdeführerin behauptet zwar, die Finanzverwaltung habe es verabsäumt, zur Klarstellung des Sachverhaltes die (nicht namentlich genannten) "angebotenen Zeugen" zu vernehmen; dem gesamten Akteninhalt kann aber kein konkretes Beweisanbot der Beschwerdeführerin entnommen werden, das von der belangten Behörde übergangen worden wäre. Ebensowenig gelingt es der Beschwerde, einen der belangten Behörde bei der Würdigung der aufgenommenen Beweise unterlaufenen Verstoß gegen Denkgesetze bzw. allgemeine menschliche Erfahrungen aufzuzeigen.

Die belangte Behörde hat aus dem Umstand, daß die Beschwerdeführerin selbst die vorliegende Rechnung mit 30. April 1980 datierte und die (die vorangehende tatsächliche Übergabe an diesen voraussetzende) Ausfuhr des Bootes durch den Käufer, wie aus der vorliegenden Ausfuhrbescheinigung hervorgeht, am 3. Mai 1980 erfolgte, den Schluß gezogen, daß die Übergabe zur freien Verfügung des Käufers und damit die Übertragung der Verfügungsmacht vor der Ausfuhr und somit im Inland erfolgte. Da die Beschwerdeführerin zunächst den in T, Oberösterreich, wohnhaften Käufer N als "Signore N, Sirmione, Lago di Garda, Italien" bezeichnete, in ihrer Umsatzsteuererklärung das in Rede stehende Geschäft als (die Übertragung der Verfügungsmacht im Inland voraussetzende) Ausfuhrlieferung erklärte, und erst nach Aufdeckung der Inländereigenschaft des Käufers behauptete, die Übertragung der Verfügungsmacht sei im Ausland erfolgt, konnte die belangte Behörde im Zusammenhalt mit weiteren von ihr zutreffend aufgezeigten Widersprüchen in den Behauptungen der Beschwerdeführerin auch die letztgenannte Behauptung ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungswissen als unglaubwürdig ansehen. Mit diesen für die Beweiswürdigung ausschlaggebenden Umständen setzt sich die Beschwerde in keiner Weise auseinander. Ihre pauschale Behauptung, die belangte Behörde stütze sich bei ihren Sachverhaltsannahmen auf Vermutungen und nicht auf konkrete Beweisergebnisse, ist bei dieser Sachlage nicht geeignet, eine im Beschwerdeverfahren aufzugreifende Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung aufzuzeigen. Ebensowenig kann eine Unschlüssigkeit darin erkannt werden, daß die belangte Behörde den Aussagen des Zeugen N, der weder die Umstände noch den Zeitpunkt der Ausfuhr nennen konnte, und des Zeugen Q, dessen Angaben über einen ausdrücklich als "genau erinnerlich" bezeichneten Umstand evident unrichtig sind, schon wegen deren mangelnder Gedächtnisleistungen nicht folgte.

Zu den Geschäftsfällen Tz 9b bis h:

Eine Vermittlungsleistung im Sinne des Umsatzsteuerrrechtes liegt vor, wenn ein Unternehmer durch Herstellung unmittelbarer Rechtsbeziehungen zwischen einem Leistenden und einem Leistungsempfänger einen Leistungsaustausch zwischen diesen Personen herbeiführt; der Vermittler wird im fremden Namen und auf fremde Rechnung tätig (vgl. Kranich - Siegl - Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer § 3 Anm 299; Plückebaum - Malitzky, Umsatzsteuergesetz §§ 1 - 3 Rz 542 ff; Rau - Dürrwächter - Flick - Koch, Umsatzsteuergesetz § 3 Rz 226 ff).

Ob die Beschwerdeführerin im Außenverhältnis deutlich erkennbar im fremden Namen aufgetreten ist, hat die belangte Behörde nicht geprüft; sie hat vielmehr das Vorliegen von Vermittlungsgeschäften schon wegen des Fehlens des weiteren Merkmales, des Tätigwerdens auf fremde Rechnung, verneint.

Ein Handeln auf fremde Rechnung liegt nur dann vor, wenn sich der wirtschaftliche Erfolg des vermittelten Geschäftes nicht beim Vermittler, sondern bei den am Leistungsaustausch beteiligten Kontrahenten (Auftraggeber und Dritter) auswirkt (Kranich - Siegl - Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 3 Rz 304). Ein Eigengeschäft der Beschwerdeführerin wäre insbesondere dann anzunehmen, wenn bei "Inzahlungnahme" eines Gebrauchtbootes anläßlich des Verkaufes eines Bootes nach Bezahlung des nicht zur Verrechnung vorgesehenen Teiles des Kaufpreises und Übergabe des Gebrauchtbootes der Kaufvertrag nach der Vertragslage endgültig abgewickelt gewesen wäre; bei dieser Vertragslage hätte die Beschwerdeführerin das volle Kaufpreisrisiko das Gebrauchtboot betreffend getroffen. Die belangte Behörde hat auch einen solchen Sachverhalt angenommen; sie geht davon aus, die Beschwerdeführerin habe die Gebrauchtboote - offenbar zum "Limitpreis" - an Zahlungs Statt übernommen. Diese Sachverhaltsannahme beruht aber, soweit sie sich auf alle strittigen Geschäfte erstreckt, nicht auf einem mängelfreien Verfahren. Die belangte Behörde konnte sich dabei zwar auf die Aussage des Zeugen P - der Vertragspartner der Beschwerdeführerin bei einem der strittigen Geschäfte war - und auf die unbestrittene Vorgangsweise der Beschwerdeführerin bei anderen Geschäften stützen; für die Annahme, das mit dem Zeugen P getätigte Geschäft unterscheide sich im Grundsätzlichen nicht von den anderen strittigen Geschäften, liegen aber nach dem Akteninhalt keine ausreichenden Anhaltspunkte vor. Gerade bei der Frage, ob ein Unternehmer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung oder im fremden Namen und auf fremde Rechnung handelt, kann nicht von einem Geschäft auf ein anderes geschlossen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 1973, Zl. 1959/72).

Der insoweit der belangten Behörde unterlaufene Verfahrensmangel ist jedoch nicht wesentlich, weil sich ihre rechtliche Beurteilung auf der Grundlage einer weiteren, von der Beschwerdeführerin schon im Abgabenverfahren nicht bestrittenen Sachverhaltsannahme als zutreffend erweist.

Der Beurteilung als Vermittlungsgeschäft im umsatzsteuerrechtlichen Sinn kann auch entgegenstehen, daß der Unternehmer Risken, die einem Vermittler nicht zukommen, übernommen hat. Übernimmt der Unternehmer ein Risiko aus dem vermittelten Geschäft, wird er auf eigene Rechnung und somit auch hinsichtlich des vermittelten Geschäftes unternehmerisch tätig; das Geschäft ist ihm zuzurechnen (vgl. Doralt - Ruppe, Steuerrecht I, 4. Auflage, 291 und die dort zitierte hg. Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall hat sich die Beschwerdeführerin die von ihren Geschäftspartnern zum Verkauf übergebenen Gebrauchtboote betreffend verpflichtet, diese zu einem bestimmten Mindestpreis "nur gegen Bar-Kasse in Ihrem Namen und für Ihre Rechnung zu verkaufen und Ihnen den Erlös umgehend gutzuschreiben". Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, daß in der Vorgangsweise der Beschwerdeführerin in den strittigen Fällen, nämlich dem Verkauf der Boote gegen "Inzahlungnahme" von weiteren Booten zum "'vermittlungsweisen' Verkauf", ein Verstoß gegen die schriftlich festgehaltene Verpflichtung liegt.

Bei der Auslegung von Willenserklärungen ist gemäß § 914 ABGB zunächst vom Wortsinn auszugehen; sodann ist die dem Erklärungsgegner erkennbare Absicht des Erklärenden zu erforschen. Davon ausgehend kann die Vereinbarung, gegen "Bar-Kasse" zu verkaufen, nur in Richtung der Vereinbarung eines auf sofortigen Leistungsaustausch (Geld gegen Ware) gerichteten "Barkaufes" verstanden werden; die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, aus welchen Gründen im vorliegenden Fall der erwähnten Vertragsvorschrift eine vom Wortsinn abweichende bzw. diesen geradezu ins Gegenteil verkehrende Bedeutung beigelegt werden sollte.

Den Geschäftsvermittler trifft lediglich das Risiko, daß seine Provision nicht die Unkosten deckt. Die Beschwerdeführerin hat hingegen durch die Abweichung vom schriftlichen Auftrag, nur gegen "Bar-Kasse" zu verkaufen, bei der Abwicklung des Auftragsverhältnisses ein Wagnis aus dem Verkaufsgeschäft, nämlich das Risiko, daß sie das weitere in Zahlung genommene Gebrauchtboot nicht zum limitierten Preis veräußern könnte, übernommen, was der Beurteilung der strittigen Geschäfte als Vermittlungsgeschäfte entgegensteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Juli 1970, Zl. 1277/68, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989150070.X00

Im RIS seit

11.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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