TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/26 86/13/0097

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Veröffentlicht am 26.09.1990
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
BAO §161 Abs1;
BAO §161 Abs2;
BAO §184 Abs2;
BAO §250;
BAO §258 Abs1;
BAO §276 Abs1;
BAO §284 Abs1;
BAO §90 Abs1;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1991, 432;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. April 1986, Zl. 6/3-3148/86, betreffend Einkommensteuer 1980 bis 1982 sowie Gewerbesteuer 1980 bis 1983, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb bis zum Jahr 1985 einen Handel mit Waren aller Art. Er selbst bezeichnete seine Tätigkeit als "Importhandel". Für die Jahre 1980 bis 1982 fand bei ihm eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer traf u.a. folgende Feststellungen:

Der Beschwerdeführer habe auf dem Konto Wareneinkauf unter der Bezeichnung "Kostenanteil laut Vereinbarung vom 10. Juli 1979 für die Kapselerzeugnisse" jährlich Beträge in Höhe von jeweils mehr als 1 Mio S als Aufwand verbucht. In den dazu vorgelegten monatlichen Abrechnungen (Eigenbelege) sei der Zahlungsgrund darüberhinaus noch mit "laufende Ausarbeitung der Etikettentexte, Ausarbeitung der Laboratoriumsbefunde, Ausarbeitung der Beanstandungen seitens der (österreichischen) Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchungen und des (österreichischen) Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz sowie Bearbeitung der Kundschaft" umschrieben worden. Die Zahlungen seien an die in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Sch-GmbH erfolgt. Da der Beschwerdeführer nicht bereit gewesen sei, genauere Angaben über die Vereinbarung zu machen, sei im Rechtshilfeverfahren vom zuständigen Finanzamt in der BRD eine entsprechende Auskunft eingeholt worden. Danach habe die Sch-GmbH die betreffenden Zahlungen als durchlaufende Gelder verbucht und auf ein vom Beschwerdeführer benanntes Konto bei der Deutschen Bank überwiesen. Die Zahlungen seien daher als fiktiver Aufwand und nicht als abzugsfähige Betriebsausgaben anzusehen gewesen.

Weitere als Werbeaufwand bezeichnete Beträge seien ebenfalls nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen gewesen. Es handle sich dabei um Zahlungen im Jahr 1982 an Erika H. und deren beiden Söhne Nikolaus (arbeitslos) und Silvio (Student). Auf Grund vorgefundener Belege habe Erika H. angeblich eine umfangreiche Werbetätigkeit IM AUSLAND entfaltet. Sie selbst habe in der Niederschrift vom 16. November 1984 erklärt, daß sich ihre Werbetätigkeit zu 75 % AUF DAS INLAND bezogen habe. Sie habe ihre Spesenbelege dem Beschwerdeführer vorgelegt und Quittungen über den Geldempfang unterschrieben, wobei sich der Beschwerdeführer als "äußerst großzügig" erwiesen habe. Dazu sei seitens der Betriebsprüfung festzuhalten, daß mangels von Exporten des Beschwerdeführers für eine Werbetätigkeit im Ausland keine Veranlassung bestanden habe. Außerdem sei Erika H. ganztags bei X in Wien beschäftigt gewesen, sodaß sie kaum in der Lage gewesen sein dürfte, zusätzlich eine derart umfangreiche Tätigkeit für den Beschwerdeführer zu entfalten. Der mit S 310.540,-- geltend gemachte "Werbeaufwand" sei daher nicht anzuerkennen gewesen.

Die beiden Söhne der Erika H. hätten angeblich ebenfalls umfangreiche Werbetätigkeiten entfaltet sowie Abfüllarbeiten durchgeführt. In der Niederschrift vom 30. Oktober 1984 habe Silvio H. hingegen angegeben, daß sich seine Tätigkeit auf Abfüllarbeiten beschränkt habe.

Nikolaus H. habe in der Niederschrift vom 21. November 1984 erklärt, die Spesenbelege dem Beschwerdeführer übergeben zu haben. Er (Nikolaus) habe den Eindruck gehabt, daß der Beschwerdeführer "aus persönlichen Gründen sehr großzügig" gewesen sei.

Aus den angeführten Gründen seien die an die Söhne der Erika H. bezahlten Beträge nur zur Hälfte (= S 185.270,--) als Betriebsausgaben anzuerkennen gewesen.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren entsprechende Abgabenbescheide.

Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 1985 erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er habe den Betriebsausgabencharakter der auf dem Wareneinkaufskonto verbuchten und vom Betriebsprüfer nicht als Aufwand anerkannten Beträge durch Vorlage einer Bestätigung der Sch GmbH vom 3. Dezember 1984 nachgewiesen. Da diese Bestätigung vom Betriebsprüfer nicht als ausreichend anerkannt worden sei, habe der Beschwerdeführer ein weiteres Schreiben der genannten Firma vom 16. Jänner 1985 (richtig vom 5. Februar 1985) mit detaillierten Angaben über den Verwendungszweck der Zahlungen vorgelegt. Mit Rücksicht auf den vertraulichen Charakter und kartellrechtliche Bestimmungen in der Bundesrepublik Deutschland seien die Zahlungen über ein "transitorisches Konto" des Beschwerdeführers vorgenommen worden.

Die Nichtanerkennung eines Großteiles der an Erika H und deren Söhne bezahlten Beträge als Betriebsausgaben sei nicht gerechtfertigt. Daß die aufgewendeten Beträge nicht den erwarteten Erfolg gehabt hätten, sei bedauerlich, ändere aber nichts an ihrer Eigenschaft als Betriebsausgaben. Auch die Auffassung des Betriebsprüfers, daß die Beträge überhöht gewesen seien, stehe deren Berücksichtigung als Betriebsausgaben nicht entgegen. Der Beschwerdeführer verwahre sich entschieden dagegen, daß es sich um fingierte Quittungen und zum Großteil aus privaten Gründen geleistete Zahlungen gehandelt habe.

Der Betriebsprüfer wies in seiner Stellungnahme darauf hin, daß der Beschwerdeführer über das Konto in der BRD, auf das die von ihm an die Sch-GmbH vereinbarungsgemäß bezahlten Beträge weiter überwiesen worden seien, die alleinige Verfügungsberechtigung gehabt habe. Die beiden Schreiben der Sch-GmbH seien durch eine weitere Erklärung dieser Firma vom 24. April 1985 als "überholt und unrichtig anzusehen". (Das letztgenannte Schreiben ist den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Verwaltungsakten nicht angeschlossen und auch nicht inhaltlich wiedergegeben.)

Die Steuerfahndungsstelle Frankfurt am Main sei ersucht worden, Auszüge des Kontos des Beschwerdeführers zu beschaffen. Die Bank sei zunächst bereit gewesen, diesem Ersuchen nachzukommen, habe aber dann die Auskunftserteilung verweigert, weil sich der Beschwerdeführer dagegen ausgesprochen habe. Damit habe der Beschwerdeführer ein Verhalten gesetzt, das einen Verstoß gegen seine Offenlegungspflicht darstelle. "Durch Zurücknahme seines Widerspruches gegen die Auskunftspflicht eines genau bezeichneten deutschen Kreditinstitutes" könnte der Beschwerdeführer wesentlich zur Klärung des Sachverhaltes beitragen.

Die an Erika H und deren Söhne bezahlten Beträge seien in erster Linie deswegen nicht bzw. nicht in voller Höhe als Betriebsausgaben anerkannt worden, weil keine belegmäßigen Nachweise vorgelegt worden seien, aus denen Ort, Art und Umfang der behaupteten Werbetätigkeit im Ausland und im Inland hervorgehen würden. Laut Aussagen der drei Personen seien diese Belege dem Beschwerdeführer überlassen worden. Die Nichtvorlage dieser Belege bestärke den Betriebsprüfer in seiner Meinung, daß die behauptete Werbetätigkeit überhaupt nicht ausgeübt worden sei. Der Betriebsprüfer vertrete vielmehr die Auffassung, daß die Zahlungen Unterstützungscharakter gehabt hätten.

In der Folge erließ das Finanzamt auch einen Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1983, mit dem die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungsweg ermittelt wurden, weil der Beschwerdeführer keine Abgabenerklärung eingereicht hatte.

Auch gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung - der Schriftsatz stammt ebenfalls vom 12. Dezember 1985 - und beantragte, den Gewerbeertrag anstatt mit S 2,645.700,-- mit S 200.000,-- zu schätzen. Begründet wird dies lediglich damit, daß die Schätzung des Finanzamtes in Anlehnung an das Ergebnis der Betriebsprüfung erfolgt sei, das bereits Gegenstand des Berufungsverfahrens sei, und daß der Beschwerdeführer über keine Unterlagen mehr verfüge, die für die "Ausarbeitung einer Bilanz für das Jahr 1983" erforderlich wären.

Mit Schreiben vom 19. Februar 1986 beantragte der Beschwerdeführer "in Ergänzung der Berufung vom 12. Dezember 1985" die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

Das Finanzamt legte die Berufungen ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vor.

Im zweitinstanzlichen Verfahren legte der Beschwerdeführer noch ein drittes Schreiben der Sch-GmbH vom 7. Jänner 1986 vor, das im wesentlichen folgenden Inhalt hatte:

"Wir danken Ihnen für ihr Schreiben vom 20.12.1985, dem wir mit Bedauern aber auch mit Erstaunen entnehmen, daß Ihnen von Seiten ihrer Steuerbehörde erhebliche Schwierigkeiten bereitet werden. Was die von Ihnen geschilderten Zustände anbetrifft, so hoffen wir auf Ihr Verständnis, wenn wir dazu keine Stellung nehmen können. Was die von Ihnen an uns seit 1980 geleisteten Zahlungen anbelangt, die ihr Finanzamt beanstandet, müssen wir nach wie vor festhalten, daß die Vornahme dieser Zahlungen aus firmeninternen Gründen über unsere Firma nicht möglich war, weshalb sie über das von Ihnen benannte Konto bei der Deutschen Bank geleistet wurden. In Übereinstimmung mit unserer Absprache vom Juli 1979 in Wien waren diese vertraulichen Ausgaben - die bei Exportgeschäften immer wieder erforderlich sind - im gemeinsamen geschäftlichen Interesse notwendig und es besteht deshalb nicht der geringste Anlaß sie anzuzweifeln. Bekanntlich hat seither ein dauernder Anstieg unseres Absatzes in Österreich eingesetzt, was die Richtigkeit dieser Maßnahme bestätigt und indirekt auch dem österreichischen Finanzamt zugute gekommen ist ...."

Die belangte Behörde wies die Berufung ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung ab. Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung sei nicht in der Berufung selbst und damit verspätet gestellt worden. Auch sei die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich gewesen, weil dem Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme und zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes geboten worden sei.

In der Nichtanerkennung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Betriebsausgaben folgte die belangte Behörde im wesentlichen den Argumenten des Betriebsprüfers.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. DURCHFÜHRUNG EINER MÜNDLICHEN BERUFUNGSVERHANDLUNG:

Der Beschwerdeführer rügt zunächst als Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß die belangte Behörde keine mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt habe. Diese Rüge ist unberechtigt. Gemäß § 284 Abs. 1 BAO hat über die Berufung eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es der Vorsitzende des Senates für erforderlich hält, wenn es der Senat auf Antrag eines Beisitzers beschließt oder wenn es eine Partei beantragt. Dieser Antrag ist in der Berufung (§ 250), in der Beitrittserklärung (§ 258) oder in einem Antrag gemäß § 276 Abs. 1 zu stellen.

Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, daß in Fällen, in denen das Finanzamt keine Berufungsvorentscheidung erläßt, sondern die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorlegt, sodaß dem Berufungswerber die Möglichkeit genommen wird, in einem Vorlageantrag gemäß § 276 Abs 1 BAO einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung zu stellen, ein solcher Antrag, der in der Berufung selbst nicht gestellt wurde, auch ohne Vorlageantrag noch rechtswirksam nachgereicht werden kann. Dem steht der klare Wortlaut des Gesetzes entgegen, wonach ein solcher Antrag rechtswirksam nur in der Berufung selbst in einer Beitrittserklärung gemäß § 258 BAO oder in einem Antrag gemäß § 276 Abs. 1 leg. cit gestellt werden kann. Da der Berufungswerber keinen Rechtsanspruch auf die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung hat, ist es ein Gebot der Vorsicht, einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung bereits in der Berufung zu stellen. Tut dies der Steuerpflichtige nicht und macht das Finanzamt von der Möglichkeit der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung nicht Gebrauch, so hat dies zur Folge, daß ein rechtswirksamer Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht mehr gestellt werden kann (vgl. auch Stoll, Bundesabgabenordnung S 676 f und die dort zitierte hg. Rechtsprechung).

Der belangten Behörde ist aber auch zuzustimmen, wenn sie es nicht für erforderlich hielt, von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Dem Beschwerdeführer war nämlich ausreichend Gelegenheit geboten worden, durch Vorlage geeigneter Belege den Betriebsausgabencharakter der in Streit stehenden Beträge nachzuweisen bzw glaubhaft zu machen. Tatsächlich wird in der Beschwerde auch nicht konkret vorgebracht, an welchem weiteren Vorbringen oder an welchen weiteren Beweismitteln der Beschwerdeführer infolge der Nichtdurchführung der mündlichen Vehandlung gehindert worden wäre. Auch trifft es nicht zu - wie der Beschwerdeführer in seiner Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde ausführt - daß die beiden Schreiben der Sch-GmbH vom 3. Dezember 1984 und vom 5. Februar 1985 im Berufungsverfahren infolge Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung unberücksichtigt geblieben sind. Vielmehr hat der Betriebsprüfer in seiner Stellungnahme zur Berufung auf diese beiden Schreiben bezug genommen und auch im angefochtenen Bescheid finden sich deutliche Hinweise dafür, daß der belangten Behörde der Inhalt dieser Schreiben bekannt war. Die Beschwerde erweist sich daher in diesem Punkt als unbegründet.

2. VERWEIGERUNG DER AKTENEINSICHT:

Der Beschwerdeführer behauptet, ihm sei vom Finanzamt die Akteneinsicht verweigert worden. Stattdessen habe sich der zuständige Beamte bereiterklärt, den Akt vor dem Beschwerdeführer "durchzublättern". Dieses Durchblättern sei jedoch so rasch erfolgt, daß der Beschwerdeführer nicht "die geringste Möglichkeit" zur Einsicht gehabt habe. Erstmals in seiner Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde weist der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch auf seine Sehschwäche hin. Weiters teilt er in dieser Replik mit, daß beim "Aktendurchblättern" sein Steuerberater anwesend gewesen sei.

Es mag zutreffen, daß der Beschwerdeführer selbst infolge der von ihm behaupteten Sehschwäche nicht in der Lage war, den Akteninhalt in der von ihm gewünschten Weise beim "Durchblättern" zur Kenntnis zu nehmen. Völlig unwahrscheinlich muß es jedoch erscheinen, daß sein anwesender Steuerberater die solcherart gewährte Akteneinsicht als ungenügend ansah, ohne sich auch nur mit einem Wort dazu zu äußern. Bezeichnend ist in diesem Zusammenahng, daß eine ehemalige Mitarbeiterin des Beschwerdeführers, Frau Sonja P, die den Beschwerdeführer ebenfalls zum Finanzamt begleitet hatte, die Aussage des Beschwerdeführers eidesstattlich mit den Worten bestätigte:

"Eine Einsichtnahme in den Akt war auf diese Weise für ..... (den Beschwerdeführer) unmöglich". Daß jedoch der Akt gemeinsam mit dem Steuerberater des Beschwerdeführers durchgeblättert wurde und daß der Steuerberater offensichtlich keine Veranlassung sah, die solcherart gewährte Akteneinsicht zu beanstanden, blieb zunächst unerwähnt. Im Hinblick auf die Anwesenheit des Steuerberaters des Beschwerdeführers bei der Einsichtnahme in die Akten und mit Rücksicht darauf, daß dieser gegen die Art der gewährten Akteneinsicht offensichtlich keine Einwendungen erhoben hat, hält der Gerichtshof die Annahme für berechtigt, daß zumindest der Steuerberater in der Lage war, beim Durchblättern der Akten deren Inhalt zur Kenntnis zu nehmen. Damit erweist sich aber die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers als unbegründet, weil die Abgabenbehörde einem Antrag auf Akteneinsicht auch dann nachkommt, wenn sie diese dem Steuerberater des gleichzeitig anwesenden Abgabepflichtigen gewährt und letzterer nur infolge seiner Sehschwäche und der Schnelligkeit der Einsichtnahme dieser nicht zu folgen vermag.

ANERKENNUNG VON ZAHLUNGEN AN DER SCH-GMBH ALS

BETRIEBSAUSGABEN:

Unbestritten ist, daß die vom Beschwerdeführer als zusätzlicher Wareneinsatz geltend gemachten Zahlungen an die Sch-GmbH von dieser als durchlaufende Posten und nicht als Entgelt für die Lieferung von Waren behandelt und auf ein Konto des Beschwerdeführers bei einem Deutschen Kreditinstitut weiter- bzw. rücküberwiesen wurden. Für diese an sich ungewöhnliche Vorgangsweise hat der Beschwerdeführer keine überzeugende Begründung gegeben. Wenn er die Gelder dazu benötigte, um an dritte Personen unter welchem rechtlichen Titel oder aus welchen tatsächlichen Gründen auch immer Zahlungen zu leisten, so bleibt er doch jede Erklärung dafür schuldig, aus welchen Gründen er diese Überweisungen auf sein Konto bei dem Deutschen Kreditinstitut nicht unmittelbar vorgenommen, sondern die Sch-GmbH gleichsam als "Geldboten" dazwischengeschaltet hat.

Aber auch die Andeutungen, welchen Zwecken die Gelder gedient hätten, sind äußerst dürftig und unbestimmt. Darüber hinaus hat sich der Beschwerdeführer diesbezüglich in Widersprüche verwickelt. Während er nämlich auf den entsprechenden Eigenbelegen als Zahlungsgründe "laufende Ausarbeitung der Etikettentexte, Ausarbeitung der Laboratoriumsbefunde, Ausarbeitung der Beanstandungen seitens der (österreichischen) Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchungen und des (österreichischen) Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz sowie Bearbeitung der Kundschaft" vermerkte, brachte er später, nachdem der Durchlaufcharakter der Gelder bei der Sch-GmbH aktenkundig geworden war, vor, die Zahlungen seien "vertraulichen Charakters". Weiters machte der Beschwerdeführer dunkle Andeutungen in Richtung kartellrechtliche Bestimmungen in der BRD.

Die vom Beschwerdeführer immer wieder ins Treffen geführten Bestätigungen der Sch-GmbH sind ebensowenig aufschlußreich. In der Bestätigung vom 3. Dezember 1984 wird lediglich davon gesprochen, daß die eingegangenen Zahlungen ordnungsgemäß verbucht und entsprechend den vereinbarten Geschäftsbedingungen verwendet worden seien. Im Schreiben vom 5. Februar 1985 ist von einer "vertraulich getroffenen Vereinbarung zum Zwecke der Erhaltung und Förderung des Absatzes unserer Kapselpräparate" die Rede. Ein Teil der Gelder sei für "Wirkstoffanalysen und Literaturrecherchen" verwendet worden.

Der überwiegende Teil sei jedoch dafür aufgewendet worden, um den "Absatz bestimmter Konkurrenzpräparate .... zu begrenzen". Im Schreiben vom 7. Jänner 1986 wird wiederum das gemeinsame geschäftliche Interesse an den Zahlungen bekundet, im übrigen aber bemerkt, man hoffe auf das Verständnis des Beschwerdeführers, wenn zu den von ihm geschilderten Zuständen (gemeint waren damit die Schwierigkeiten des Beschwerdeführers mit den österreichischen Steuerbehörden) keine Stellung genommen werde.

Abgesehen von der Ungewöhnlichkeit des Geldflusses und der Unklarheit bzw. den widersprüchlichen Angaben bezüglich des Verwendungszweckes der Zahlungen hat der Beschwerdeführer dadurch, daß er sein Kreditinstitut in der Bundesrepublik Deutschland angewiesen hat, den Abgabenbehörden keine Auskunft über das auf seinen Namen lautende Konto zu geben, ein Verhalten gesetzt, das unabhängig davon, ob die Auskunftsverweigerung rechtlich gedeckt war oder nicht, geeignet war, zusätzliche Zweifel an der betrieblichen Veranlassung der Zahlungen aufkommen zu lassen.

Wie der Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, besteht für den Abgabepflichtigen in Fällen, in denen der abgabenrechtlich relevante Sachverhalt von Auslandsbeziehungen gekennzeichnet ist, eine erhöhte Mitwirkungspflicht bei der Wahrheitsfindung (vgl. Stoll Bundesabgabenordnung, Seite 269 f und die dort zitierte hg Rechtsprechung). Kommt der Abgabepflichtige dieser Verpflichtung nicht in ausreichendem Maße nach, so hat er die Folgen, die sich aus der Nichtanerkennung unbewiesen gebliebener Fakten ergeben können, selbst zu tragen. Die Beschwerde erweist sich daher auch in diesem Punkt als unbegründet.

4. ANERKENNUNG DER ZAHLUNGEN AN ERIKA H UND DEREN SÖHNE ALS

BETRIEBSAUSGABEN:

Der Beschwerdeführer hat die Zahlungen an Erika H mit deren Werbetätigkeit im Ausland begründet. Nähere Angaben über die Art dieser Tätigkeit, über die damit verbundenen Aufwendungen, die vom Beschwerdeführer ersetzt wurden, über die Produkte, für die angeblich geworben wurde, und über die Kontaktpersonen (Kontaktfirmen), denen gegenüber eine Werbetätigkeit entfaltet wurde, hat der Beschwerdeführer unterlassen. Die von Erika und Nikolaus H angeblich an den Beschwerdeführer weitergeleiteten Spesenbelege waren nicht vorhanden bzw. wurden nicht vorgelegt. Erika H hat ausgesagt, daß sich ihre Werbetätigkeit nur zu "einem Viertel" auf das Ausland, ansonsten aber auf das Inland bezogen habe. Sie hat die Zahlungen des Beschwerdeführer an sie als "äußerst großzügig" und "in einer unüblich überhöhten Form" und jene an ihre beiden Söhne als "sehr großzügig" bezeichnet.

Trotz der vom Beschwerdeführer behaupteten ausgedehnten Werbetätigkeit im Ausland hat der Beschwerdeführer keine nachweisbaren Warenlieferungen in das Ausland erbracht. Zu dem Vorhalt des Betriebsprüfers, daß eine für das Jahr 1982 mit S 310.540,-- honorierte Werbetätigkeit im Ausland im Widerspruch dazu stehe, daß Erika H im selben Zeitraum ganztätig bei X in Wien beschäftigt gewesen sei, hat der Beschwerdeführer keine Stellung genommen.

Der Beschwerdeführer hat ferner behauptet, die Tätigkeit des Silvio H habe zur Hälfte ebenfalls in einer Werbetätigkeit bestanden. Demgegenüber hat Silvio H ausdrücklich ausgesagt, daß er keine Werbetätigkeit entfaltet habe. Seine Arbeit habe vielmehr im Abfüllen und Etikettieren bestanden.

Allen diesen Ungereimtheiten hält der Beschwerdeführer lediglich entgegen, daß der Empfang der Zahlungen von Erika H und ihren Söhnen quittiert worden sei. Selbst wenn ein Zahlungsempfänger eine Zahlungsbestätigung im nachhinein mit der Begründung widerrufen würde, es habe sich um eine Gefälligkeitsbestätigung gehandelt, sei der Widerruf unwirksam. Dies habe der Verwaltungsgerichtshof "in einem Erkenntnis" festgehalten. Da der Beschwerdeführer das Erkenntnis nicht zitiert, kann der Gerichtshof dieser Aussage nur entgegenhalten, daß sie zweifellos vom Beschwerdeführer mißverstanden worden sein muß.

Da die Beschwerde sonst kein substantielles Vorbringen zu diesem Punkt enthält, vermag sie keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Besheides aufzuzeigen. Die oben angeführten, von der belangten Behörde festgestellten Tatsachen und widersprüchlichen Behauptungen lassen nämlich den Schluß zu, daß die vom Beschwerdeführer als Betriebsausgaben geltend gemachten Zahlungen an Erika H und deren Söhne nur zum Teil betrieblich veranlaßt waren.

5. SCHÄTZUNG DER GEWERBESTEUERBEMESSUNGSGRUNDLAGE FÜR DAS JAHR 1983:

Der Beschwerdeführer hat zugegeben, über keine Unterlagen zu verfügen, die zur Erstellung einer Bilanz für das Jahr 1983 erforderlich gewesen wären, und hat die belangte Behörde ersucht, die Steuerbemessungsgrundlagen im Schätzungsweg zu ermitteln. Wenn sich nun die belangte Behörde bei dieser Schätzung an den von ihr festgestellten Betriebsergebnissen der Vorjahre orientiert hat, so ist darin keine Rechtswidrigkeit zu erblicken, zumal der Beschwerdeführer von einer "kontinuierlichen Gewinnentwicklung" gesprochen und nicht behauptet hat, daß sich die maßgebenden Verhältnisse geändert hätten.

Da sich somit die Beschwerde in ihrer Gesamtheit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1986130097.X00

Im RIS seit

26.09.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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