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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
GehG 1956 §30a Abs1 Z1 idF 1972/214;Betreff
N gegen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit einer Verwendungsgruppenzulage nach § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956
Spruch
Der Beschwerdeführerin gebührt gemäß § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 für die Zeit ab 6. April 1975 (entsprechend ihrem Beschwerdeantrag) für ihre Verwendung im Bereiche der Sektion "Wirtschafts- und Handelspolitik" eine monatliche Verwendungszulage im Ausmaß eines halben Vorrückungsbetrages ihrer Verwendungsgruppe und Dienstklasse.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Amtsdirektor im Ruhestand in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre letzte Dienststelle war das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, bei dem sie als Stellvertreterin des Leiters der Abteilung III A4 das Referat III A4a leitete. Die Beschwerdeführerin ist seit 1947 in der genannten Zentralstelle tätig gewesen.
In ihrem dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Antrag vom 16. März 1978, eingelangt bei der belangten Behörde am 6. April 1978, machte die Beschwerdeführerin im wesentlichen geltend: Mit 1. Jänner 1963 sei ihr folgender Aufgabenbereich zugewiesen worden:
1. Pflege der bilateralen Handelsbeziehungen auf dem landwirtschaftlichen Sektor mit der Bundesrepublik Deutschland, Italien, Frankreich, den Benelux-Ländern, Spanien, Griechenland, Türkei, Jugoslawien, USA, Kanada, Japan und Australien;
2. Behandlung von Angelegenheiten internationaler Organisationen, wie der Vereinten Nationen mit ihren Sonder- bzw. Unterorganisationen (UNESCO, ECOSOC usw.), Europarat, CEA (Verband der europäischen Landwirtschaft), IFAP (Internationale Vereinigung landwirtschaftlicher Produzenten), UICN (Internationale Union für die Erhaltung der Natur), sowie Bearbeitung des Vieh- und Fleischsektors im Rahmen der multilateralen Handelsverhandlungen im GATT;
3. regelmäßige Vertretung von einem und zeitweise sogar von zwei Akademikern bei deren dienstlicher Abwesenheit infolge Krankheit, Urlaubs usw. - in diesem Zusammenhang Bearbeitung von Angelegenheiten der EWG, EFTA, OECD und ECE.
Ab der 1977 erfolgten Gründung der Abteilung III A9 habe sich die "bilaterale Tätigkeit" insbesondere auf Länder des afrikanischen und südamerikanischen Raumes und auf multilateralem Gebiet auf die UNCTAD, Zuckerkonferenz mit Zuckerabkommen, Integriertes Rohstoffprogramm etc. erstreckt.
In der von der zuständigen Fachsektion der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme wurde der von der Beschwerdeführerin dargestellte Sachverhalt vollinhaltlich bestätigt und zur Frage der Erforderlichkeit eines Universitätsstudiums zur Erfüllung der angeführten Aufgaben ausgeführt:
"Der Tätigkeitsbereich der Genannten setzt ein umfassendes Wissen über die handelspolitische Lage und die Erfordernisse der österreichischen Landwirtschaft sowie auch über die innerstaatliche Gesetzgebung, soweit sie auf die Landwirtschaft bzw. den landwirtschaftlichen Außenhandel Bezug hat, voraus; ferner Verantwortungsbewußtsein, Einsatzfreudigkeit, Eigeninitiative und die Fähigkeit, sich in die individuelle Materie zu vertiefen, sie exakt zu durchdenken und selbständig zu bearbeiten. In den Gesprächen und Verhandlungen mit den ausländischen Handelspartnern ist naturgemäß auch eine entsprechende Verhandlungstaktik unerläßlich.
Durch Fleiß, Umsichtigkeit und Intelligenz, vor allem aber ihre jahrzehntelange handelspolitische Erfahrung und Praxis hat sich AD. N die o.g. Erfordernisse zu eigen gemacht. Sie ist somit befähigt, ihren Posten, der über den Arbeitsbereich eines B-Beamten weit hinausreicht und angesichts der Vielfalt der anfallenden Probleme, der durchwegs selbständigen Bearbeitung der Agenden und des daraus erwachsenden hohen Maßes an Verantwortung einer A-wertigen Tätigkeit gleichkommt, zur vollsten Zufriedenheit zu erfüllen.
Auf Grund des Erfolges ihrer Verwendung wurde AD. N für ihren oben umschriebenen bilateralen Arbeitsbereich ein eigenes Referat zuerkannt; darüber hinaus wurde sie mit der Stellvertretung des Leiters der Abt. III/A/9 betraut."
Auf dieser Grundlage beantragte die belangte Behörde mit Datum vom 24. Juli 1979 die Zustimmung des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Finanzen zur Bemessung einer Verwendungszulage mit einem halben Vorrückungsbetrag der Dienstklasse der Beschwerdeführerin mit Wirkung vom 1. April 1978.
Die genannten Stellen erteilten die Zustimmung aus folgenden Gründen nicht:
"Die der Zulagenwerberin übertragenen Aufgaben erfordern zwar ein umfangreiches Wissen über volkswirtschaftliche und wirtschaftspolitische Zusammenhänge, der zu betreuende Staatenbereich beschränkt sich jedoch fast ausschließlich auf die Länder der sogenannten dritten Welt. Hochindustrialisierte Staaten mit vielschichtigen wirtschaftlichen Wechselbeziehungen sind nicht zu betreuen. Charakteristisch für einen der Verwendungsgruppe A zuzuordnenden Dienst ist aber, daß seine Verrichtung einen Gesamtüberblick über eine den Gegenstand eines Universitätsstudiums bildende Wissenschaft erfordert, wie ihn im allgemeinen nur ein solches Studium zu vermitteln pflegt. Eine solche Ausbildung muß bei den der Zulagenwerberin übertragenen Aufgaben nicht vorausgesetzt werden. Die Bewältigung einer solchen Aufgabenstellung muß vom Anforderungsprofil her von einem qualifizierten Beamten des gehobenen Dienstes nach langjähriger facheinschlägiger Berufserfahrung erwartet werden. Es besteht daher keine Veranlassung die gegenständliche Verwendung dem höheren Dienst zuzuordnen."
Hiezu gab die Beschwerdeführerin am 27. Oktober 1981 folgende Erklärung ab:
"Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft hat mir Gelegenheit gegeben, vom derzeitigen Stand der Aktenlage betreffend meinen Antrag auf Zuerkennung einer Verwendungszulage (§ 30a Abs. 1 Z. 1 GG 1956) Kenntnis zu nehmen.
Vom Antrag, den das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft dem Bundeskanzleramt zugeleitet hat (Zl. 101.019/07-Pr.2/79 vom 24.7.1979) und vom Schreiben des Bundeskanzleramtes GZ. 248.127/6-II/4/79 (BM. f. Land- und Forstwirtschaft Zl. 101.019/01-Pr.3/81) wurde mir eine Ablichtung übergeben.
Ich bin nach wie vor der Auffassung, daß mir eine Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 1 GG 1956 gebührt und beabsichtige die Angelegenheit mit meinem Dienstvorgesetzten eingehend zu besprechen und meine Argumentation schriftlich entsprechend darzulegen.
Ich ersuche das Präsidium des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft von der Erlassung eines (negativen) Bescheides vorläufig abzusehen."
Nachdem von der belangten Behörde auf Grund einer entsprechenden Stellungnahme des Leiters der Sektion "Wirtschafts- und Handelspolitik" der belangten Behörde 1983 - ebenfalls erfolglos - die Zustimmung zur Zuerkennung einer Verwendungszulage gemäß § 30a Abs. 1 Z. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 beantragt worden war, richtete die Beschwerdeführerin im Gegenstande folgendes Schreiben vom 9. Juni 1987 an die belangte Behörde:
"Anfang 1963 wurden mir die damaligen EWG-Länder BRD, Frankreich, Italien und Benelux sowie Spanien, Griechenland, Türkei, Japan und Australien zur selbständigen Bearbeitung im bilateralen landwirtschaftlichen Handelsverkehr zugewiesen. In der Folge kamen noch Jugoslawien, USA und Kanada dazu. Von den internationalen Organisationen hatte ich u.a. die UN mit ihren Unterorganisationen ECOSOC, UNESCO usw., sowie den Europarat zu betreuen. Ferner wurden mir zur ständigen Vertretung die bilateralen Agenden gegenüber den EFTA-Ländern (Schweiz, Dänemark, Schweden, Norwegen und Portugal) sowie multilateral die EWG und EFTA anvertraut. Eine Zeitlang hatte ich auch die Fleischgruppe im GATT zu betreuen.
Im Jahre 1977 wurde ich der damals neugegründeten Abteilung III A 9 (jetzt III A 4) dienstzugeteilt. Meine bilaterale Tätigkeit erstreckte sich nunmehr auf Jugoslawien sowie auf die Länder des afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Raumes und die multilateralen Agenden auf UNCTAD, Internat. Zuckerabkommen und Zuckerkonferenz, Integriertes Rohstoffprogramm usw.
Auf Grund meiner langjährigen erfolgreichen Tätigkeit auf handelspolitischem Gebiet wurde mir am 3. Mai 1979 von Herrn Bundesminister A die selbständige Verantwortungsführung für das Referat III A 9 a (jetzt III A 4 a) mit Approbationsbefugnis sowie die Stellvertretung des Leiters der Abt. III A 9 (jetzt III A 4), gleichfalls mit Approbationsbefugnis, übertragen.
Das genannte Referat gliederte sich bei seiner Gründung im Jahre 1979 wie folgt:
'Allgemeine und legislative Angelegenheiten der Handelspolitik (Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika sowie Jugoslawien); Mitwirkung bei der Vorbereitung, dem Abschluß und der Durchführung bilateraler Handelsverträge mit den Staaten der oben genannten Region'.
Das Referat wurde mit 18. November 1986 mit folgenden Agenden erweitert:
'Rohstofflenkung einschließlich internationaler
Warenabkommen; Internationaler Weizenrat;
Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen'.
Der Arbeitsbereich der Abteilung III A 4, den ich darüber hinaus in Vertretung des Abteilungsleiters zu verantworten habe und der neben dem Abteilungsleiter mit drei Akademikern sowie je einer c-, b- und d-Bediensteten besetzt ist, umfaßt darüber hinaus folgende Gebiete:
'UNCTAD, Beobachtung ausländischer Märkte insbesondere hinsichtlich der Preisentwicklung; Preisvergleiche; weinrechtliche Einfuhrbewilligungen; Beobachtung des Weinmarktes im In- und Ausland; Förderung der Weinwirtschaft hinsichtlich das Absatzes der Produkte (Weinmarketinggesellschaft) und der Marktstabilisierung; Geschäftsführung der Kommission gemäß § 68 Weingesetz; Koordination der Angelegenheiten des LFBIS im Bereich der Sektion III'.
Im Rahmen meines oben umschriebenen Arbeitsbereiches sind im wesentlichen nachfolgende Tätigkeiten zu verrichten:
-
Mitwirkung bei der interministeriellen Ausarbeitung von Handels- und Zahlungsabkommen sowie von Abkommen über die wirtschaftliche, industrielle und technische Zusammenarbeit mit Ländern meines Arbeitsbereiches.
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Vertretung des Agrarsektors in den Gemischten Kommissionen, die auf Grund der o.g. Abkommen abwechselnd in Österreich und dem betreffenden Partnerland stattfinden.
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Mitwirkung bei der Vorbereitung von Staatsbesuchen des Herrn Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers, des Außenministers bzw. des Ressortchefs oder anderer Regierungsmitglieder durch Ausarbeitung von Informationen über die österreichischen agrarischen Wirtschaftsbeziehungen zu den betreffenden Ländern unter besonderer Herausstellung jener Aspekte, die entweder initiativ vorgebracht werden sollen oder die Gegenstand eines Vorbringens des Gastlandes sein könnten.
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Teilnahme an interministeriellen Sitzungen zur Vorbereitung von Gemischten Kommissionen, zur Informierung österreichischer Botschafter für einen neuen Wirkungsbereich im Ausland u.a.m.
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Persönliche Kontakte mit den ausländischen Vertretungsbehörden in Österreich zwecks Vermittlung gewünschter Informationen über verschiedene Gebiete des Agrarbereiches bzw. zur Bereinigung allfälliger offener Probleme innerhalb der gegenseitigen agrarischen Beziehungen.
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Sonstiger Schriftverkehr mit ausländischen und inländischen Stellen über spezifische Probleme des Land und Forstwirtschaftssektors, des Ex- und Importes, über Ausbildungsmöglichkeiten in Österreich, Publikationsaustausch usw.
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Studium der Wirtschaftsberichte über die zu betreuenden Länder und Auseinandersetzung mit den spezifischen Problemen der einzelnen Länder.
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Schriftverkehr mit dem Internationalen Weizenrat (IWC) und Auswertung der Berichte des IWC.
-
Vergabe der Hilfslieferungen im Rahmen des Internationalen Nahrungsmittelhilfeübereinkommens und Überwachung der Transaktionen im Wege des World Food Programmes der FAO sowie der budgetären Zuwendungen.
Zur Bewältigung der Anforderungen innerhalb meines Arbeitsbereiches ist eine genaue Kenntnis der Lage und Problematik des gesamten Agrarsektors, der Importe und Exporte sowie der einschlägigen Gesetze unabdingbare Voraussetzung, zumal bei den Gemischten Kommissionen aber auch bei sonstigen bilateralen und innerösterreichischen Kontakten erfahrungsgemäß unvorhergesehene Fragen über verschiedenste Gebiete des Agrarbereiches von der Gegenseite gestellt werden.
Die Kenntnis nachfolgender Gesetze und Bestimmungen ist
unerläßlich:
Landwirtschaftsgesetz
Außenhandelsgesetz
Marktordnungsgesetz
Viehwirtschaftsgesetz
Qualitätsklassengesetz
Qualitätsklassenverordnung
Pflanzenschutzgesetz
Pflanzeneinfuhrverordnung
Saatgutgesetz
Weingesetz
Weinverordnung
Rohstofflenkungsgesetz
Zollgesetz
Zolltarifgesetz
Lebensmittelgesetz
Strahlenschutzgesetz
EWG-Abkommen
EFTA-Übereinkommen
GATT-Bestimmungen.
Ich möchte nicht unerwähnt lassen, daß zur Erfüllung meines Arbeitsbereiches auch ausreichende Kenntnisse der englischen und französischen Sprache unerläßlich sind, da der Schriftverkehr mit dem Ausland durchwegs fremdsprachig geführt wird, die Dokumente der internationalen Organisationen nur fremdsprachig verfaßt sind und auch die Verhandlungen in den Gemischten Kommissionen zum Teil fremdsprachig geführt werden.
Abschließend darf ich noch darauf hinweisen, daß vergleichbare Arbeiten - auch in den anderen Ressorts - in der Regel nur von A-Beamten getätigt werden. So wurden die von mir in meinem Referat zu betreuenden Agenden vor mir von A-Beamten wahrgenommen.
Im Lichte der vorstehenden Ausführungen bin ich der Auffassung, daß die von mir verrichteten Tätigkeiten gerade im Hinblick auf die notwendigen juristischen Kenntnisse überwiegend der Verwendungsgruppe A zuzuordnen sind, da für die Ausübung dieser Tätigkeiten im allgemeinen ein Studium der Rechtswissenschaften oder aber der Handels- bzw. Wirtschaftswissenschaften erforderlich ist.
Ich weise darauf hin, daß ich bereits am 16. März 1978 ein Ansuchen um Zuerkennung einer Verwendungszulage im Dienstwege abgegeben habe, aus dem ersichtlich ist, daß ich eine Verwendungszulage gemäß § 30a Abs. (1) Ziff. 1 Gehaltsgesetz 1956 begehrt habe. Dieses Ansuchen war darauf gerichtet, daß diese Zulage ab 1. April 1975 zuerkannt werden soll, da die entsprechenden Tätigkeiten innerhalb des Verjährungszeitraumes verrichtet wurden. Mit dem vorher beschriebenen Ansuchen vom 16. März 1978 wurde aber bereits die Verjährungsfrist unterbrochen, sodaß die Zuerkennung der Verwendungszulage ab 1. April 1975 angesprochen wird."
Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme der Beschwerdeführerin stellte die belangte Behörde daraufhin am 3. Oktober 1988 neuerlich an das Bundeskanzleramt einen Antrag auf Zustimmung zur Bemessung einer Verwendungszulage gemäß § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 und begründete diesen zusammenfassend im wesentlichen wie folgt:
Die Beamtin müsse zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Dienstobliegenheiten sowohl als Leiterin der Referates III A4a als auch als Stellvertreterin des Leiters der Abteilung III A4 über umfangreiche und sehr detaillierte Gesetzeskenntnisse verfügen. Wenn diese Rechtsvorschriften auch überwiegend der Wirtschaftsgesetzgebung zuzurechnen seien, seien sie doch sehr unterschiedlich und stellten keineswegs nur einen kleinen Ausschnitt aus der Rechtsordnung dar. Von einem Beamten der Verwendungsgruppe B seien so umfangreiche Gesetzeskenntnisse verbunden mit der Notwendigkeit, diese Kenntnisse bei Verhandlungen sofort und effizient einzubringen, nicht zu erwarten. Es sei auch zu berücksichtigen, daß die Beamtin - insbesondere bei internationalen Verhandlungen - allein ohne Absicherung bei einem Dienstvorgesetzten verantwortlich handeln und ihren Standpunkt gegen akademisch ausgebildete Verhandlungspartner durchsetzen müsse. Beamte mit vergleichbaren Aufgabenstellungen in anderen Ressorts seien durchwegs Beamte der Verwendungsgruppe A.
Diesem Antrag verweigerte des Bundeskanzleramt aus folgenden Gründen die Zustimmung:
"Auch auf Grund der neuerlichen Antragstellung liegen keine Anhaltspunkte vor, aus denen geschlossen werden könnte, daß die Beamtin Dienste verrichtet, für die in der Regel ein abgeschlossenes Universitätsstudium erforderlich ist. Das Bundeskanzleramt sieht sich daher im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen außerstande, von der unter BKA-GZ 248.127/6-II/4/79 mitgeteilten Entscheidung abzugehen.
Wie aus im Bundeskanzleramt aufliegenden Unterlagen (z.B. BMLuF-GZ 101.019/03-Pr.8b/84) zu ersehen ist, sind auf dem gegenständlichen Arbeitsplatz Fleiß, Umsichtigkeit und Intelligenz, vor allem aber jahrzehntelange Erfahrung und Praxis maßgebend. Der Besitz all dieser Eigenschaften ist aber keineswegs an den Abschluß eines Universitätsstudiums gebunden und bewirkt nach Meinung des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Finanzen nur, daß die Beamtin für die Verrichtung der konkreten Dienste geeignet erscheint. Das für die Verwendungsgruppe A notwendige Universitätsniveau kann daraus jedenfalls nicht abgeleitet werden.
Den Erfordernissen auf dem gegenständlichen Arbeitsplatz (jahrzehntelange Erfahrung und Praxis) wurde letztlich durch die Beförderung in die Dienstklasse VII Rechnung getragen. Von einer die Entlohnung wertmäßig übersteigenden Leistung der Beamtin kann somit keine Rede sein."
Die Beschwerdeführerin machte daraufhin Verletzung der Entscheidungspflicht geltend.
Die belangte Behörde sah sich, da sie inhaltlich die Auffassung der Beschwerdeführerin teilte, nicht in der Lage, in der ihr eingeräumten Frist die von ihr versäumte bescheidmäßige Erledigung nachzuholen, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, ohne einen Kostenantrag zu stellen.
Der Verwaltungsgerichtshof, auf den damit die Zuständigkeit zur Sachentscheidung übergegangen ist, hat erwogen:
Gemäß § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung der 24. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 214/1972, gebührt dem Beamten eine ruhegenußfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd in erheblichem Ausmaß Dienste verrichtet, die einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen sind. Ein erhebliches Ausmaß eines höherwertigen Dienstes im Sinne dieser Gesetzesstelle liegt schon dann vor, wenn dieser höherwertige Dienst einen wenigstens 25 v.H. übersteigenden Anteil der gesamten Tätigkeit des Beschwerdeführers ausmacht (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Oktober 1982, Zl. 82/12/0045). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Verwendungszulage gemäß § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 mit einem halben Vorrückungsbetrag zu bemessen, wenn feststeht, daß der Beamte bereits ein Gehalt erreicht hat, das auch nicht höher wäre, wenn sie in die höhere Verwendungsgruppe überstellt würde, und eine die Entlohnung wertmäßig übersteigende Leistung des Beschwerdeführers demnach nicht vorliegt (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 1975, Zl. 399/74 und vom 3. Oktober 1977, Zl. 1384/77, u.v.a.).
Die im Beschwerdefall maßgebende Rechtsfrage besteht darin, ob ein erheblicher Teil der Tätigkeit der Beschwerdeführerin, die der Verwendungsgruppe B angehört, der Verwendungsgruppe A zuzuordnen ist.
Der Verwendungsgruppe A sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 14. September 1981, Zl. 81/12/0062, und die dort weiters angeführte Rechtsprechung) nur Dienste zuzurechnen, für die im allgemeinen eine abgeschlossene Hochschulbildung Voraussetzung ist.
Die Beschwerdeführerin vermeint insbesondere in ihrem Schreiben vom 9. Juni 1987, daß für die Ausübung ihrer Tätigkeit ein Studium der Rechtswissenschaft oder aber der Handels- bzw. Wirtschaftswissenschaft erforderlich sei. Sie begründet dies mit der Notwendigkeit der genauen Kenntnis der Lage und Problematik des Agrarsektors sowie der einschlägigen Rechtsnormen. Zu diesen gehörten nicht nur agrarrechtliche, sondern auch finanzrechtliche, gesundheitsrechtliche und lebensmittelrechtliche Normen sowie auch die Kenntnis bestimmter internationaler Übereinkommen, sodaß nicht von einem bloß kleinen Rechtsbereich gesprochen werden könne.
Für Beamte der Verwendungsgruppe B sind charakteristisch Dienste vom Range einer selbständigen und selbstverantwortlichen konzeptiven Arbeit, deren klaglose Bewältigung im allgemeinen einerseits eine durch Absolvierung einer höheren Lehranstalt erworbene Bildung, andererseits Fachkenntnisse voraussetzt, wie sie durch Zurücklegung der als Anstellungserfordernisse vorgeschriebenen Zeiten praktischer Verwendung und die Ablegung der geforderten entsprechenden Prüfungen erlangt zu werden pflegen (vgl. insbesondere Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1976, Zl. 1592/76, Slg. N.F. Nr. 9152/A), wobei auch dem Gesichtspunkt, auf welcher Entscheidungsebene diese Tätigkeit erbracht wird, Bedeutung zukommt (vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 13. Februar 1984, Zl. 83/12/0055).
Ausgehend von dem von der belangten Behörde als richtig bestätigten Vorbringen der Beschwerdeführerin und unter Berücksichtigung der Anträge der belangten Behörde (vgl. die vorher wiedergegebene Sachverhaltsdarstellung) zeigt sich, daß die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit nicht nur in einem eng begrenzten Bereich des Verwaltungsrechtes zu erbringen hatte und daß ihr Aufgabenbereich auch deutlich über den durch die Grundausbildung für die Verwendungsgruppe B abgesteckten Rahmen hinausgegangen ist. Da die Beschwerdeführerin diese Kenntnisse auch bei internationalen Verhandlungen und auch ohne Absicherung durch Dienstvorgesetzte einzubringen hatte, ist ihre Tätigkeit einer letztinstanzlichen Mitwirkung bei der Entscheidungsfindung durchaus gleichzuhalten.
Die vom Bundeskanzleramt ursprünglich geäußerte Auffassung, daß die A-Wertigkeit der Tätigkeit der Beschwerdeführerin nicht gegeben wäre, weil der von ihr zu betreuende Staatenbereich fast ausschließlich Länder der sogenannten Dritten Welt betreffe, bei denen im Gegensatz zu den hochindustrialisierten Staaten (die die Beschwerdeführerin bis 1977 zu betreuen hatte) keine vielschichtigen wirtschaftlichen Wechselbeziehungen vorlägen, ist im Hinblick auf die Zuständigkeit der Beschwerdeführerin für den AGRARSEKTOR nicht nachvollziehbar. Was die zuletzt abgegebene Stellungnahme des Bundeskanzleramtes betrifft, bezieht sich diese inhaltlich primär auf die seinerzeit vertretene Auffassung und kommt darüber hinaus zu dem Schluß, daß der Arbeitsplatz der Beschwerdeführerin Fleiß, Umsichtigkeit, Intelligenz und jahrzehntelange Praxis erfordere, woraus aber noch nicht die A-Wertigkeit folge. Wenn auch die zuletzt gezogene Schlußfolgerung, insbesondere für hochwertige B-Verwendungen, zutrifft und an sich nicht in Frage gestellt wird, ist aus dem vorher dargelegten Grund damit aber für den Beschwerdefall noch keine eine erhebliche A-Wertigkeit ausschließende Aussage hinsichtlich der Tätigkeit der Beschwerdeführerin getroffen worden.
Offen ist damit noch die Frage, ab wann der Beschwerdeführerin die beantragte Verwendungszulage gebührt. Ausgehend von ihrem einleitend dargestellten Antrag vom 16. März 1978 (eingebracht am 6. April 1978), der seitens der belangten Behörde keiner endgültigen Erledigung zugeführt, von der Beschwerdeführerin aber auch nie zurückgezogen worden ist, sowie unter Berücksichtigung dessen, daß der Aufgabenbereich der Beschwerdeführerin in dem in Frage stehenden Zeitraum jedenfalls keine wesentliche Änderung hinsichtlich der in Frage stehenden Wertigkeit erfahren hat, ist somit unter Heranziehung der dreijährigen Verjährungsregelung des § 13b des Gehaltsgesetzes 1956 ab 6. April 1975 keine Verjährung der Ansprüche auf Verwendungszulage gegeben gewesen.
Da die Beschwerdefüherin in dem in Frage stehenden Zeitraum bereits ein Gehalt erreicht gehabt hatte, das auch nicht höher gewesen wäre, wenn sie in die Verwendungsgruppe A überstellt worden wäre, war die ihr zustehende Verwendungszulage mit einem halben Vorrückungsbetrag ihrer Verwendungsgruppe und Dienstklasse zu bemessen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989120148.X00Im RIS seit
16.11.2000Zuletzt aktualisiert am
20.01.2011