TE Vfgh Beschluss 2006/11/27 B1894/06

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Veröffentlicht am 27.11.2006
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Index

66 Sozialversicherung
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
ASVG §415 Abs1
BSVG §182

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht mangels Instanzenzugserschöpfung; im Übrigen Ablehnung der Beschwerdebehandlung

Spruch

I. Die Beschwerde wird, insoweit sie sich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht richtet, zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und insoweit dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 12. Juni 2006 wurde in Spruchpunkt 1 festgestellt, dass die vom Beschwerdeführer "im Jahr 2004 bis laufend ausgeübte Tätigkeit 'Einstellen von Reittieren' laut Punkt 3.4 der Anlage 2 zum Bauernsozialversicherungsgesetz (BSVG) als Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft unter den Tatbestand der Pflichtversicherung nach dem BSVG fällt". Mit Spruchpunkt 2 dieses Bescheides wurden für den Beschwerdeführer in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung der Bauern monatliche Beitragsgrundlagen für die Beitragszeiträume 1. Jänner 2004 bis 31. Dezember 2004, 1. Jänner 2005 bis 31. März 2005 und 1. April 200[5] bis 31. Dezember 2005 festgesetzt.

2. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 27. September 2006 wurde dem Einspruch des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid keine Folge gegeben und der Bescheid der Sozialversicherungsanstalt bestätigt. Gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art144 B-VG, in der die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides sowie für den Fall der Abweisung oder Ablehnung der Beschwerde die Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

II. Die Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht richtet, unzulässig:

1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate, soweit der Beschwerdeführer ua. durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt zu sein behauptet. Die Beschwerde kann erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges erhoben werden.

2. Gemäß §182 BSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG. Gemäß §413 Abs1 Z1 ASVG entscheidet der Landeshauptmann über die bei ihm eingebrachten Einsprüche und Vorlageanträge. Gemäß §415 Abs1 ASVG steht die Berufung in Angelegenheiten der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung an das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz in den Fällen des §413 Abs1 Z1 ASVG ua. dann zu, wenn über die Versicherungspflicht entschieden worden ist.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde, insoweit er sich auf Spruchpunkt 1 des Bescheides der Sozialversicherungsanstalt der Bauern bezieht, dem Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Feststellung der Versicherungspflicht nicht Folge gegeben.

Die Möglichkeit der Einbringung einer Berufung gegen diesen Teil des angefochtenen Bescheides geht auch aus der Rechtsmittelbelehrung des in Beschwerde gezogenen Bescheides hervor.

4. Die Beschwerde war daher, insoweit sie sich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht richtet, mangels Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG wegen offenbarer Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.

III. Im Übrigen war die Beschwerde abzulehnen:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zum rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Einbeziehung von Einkünften in die Beitragspflicht VfSlg. 16.381/2001) sowie in Hinblick auf das Erkenntnis vom 24. Juni 2006, G28/06, und den Umstand, dass auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles - wozu der vorliegende Fall nicht zählt - das aufgehobene Gesetz weiterhin anzuwenden ist (Art140 Abs7 B-VG), die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde, insoweit sie sich gegen die Festsetzung der Beitragsgrundlagen richtet, abzusehen und sie gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (§19 Abs3 Z1 VfGG).

IV. Bei diesem Ergebnis musste auf den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht eingegangen werden.

Schlagworte

Sozialversicherung, Instanzenzugserschöpfung, Bescheid Trennbarkeit, VfGH / Aufhebung Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B1894.2006

Dokumentnummer

JFT_09938873_06B01894_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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