TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/13 88/06/0136

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Veröffentlicht am 13.12.1990
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;

Norm

BauO Tir 1978 §25 litd;
BauO Tir 1978 §31 Abs3;
BauRallg;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art44 Abs3;
MRK Art6;
ROG Tir 1984 §16b;
StGG Art6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Würth, Dr. Leukauf und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der Z-Gesellschaft m.b.H. & Co, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 27. Jänner 1987, Zl. Ve 550-1294/3, betreffend die Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Tiroler Landesregierung (belangte Behörde) wies mit Bescheid vom 27. Jänner 1987 die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. Dezember 1986 erhobene Vorstellung ab. In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde habe mit Bescheid vom 20. Dezember 1984 der Beschwerdeführerin die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Geschäftsgebäudes auf den Grundparzellen nnn/7, nnn/9 und nnn/10 KG W erteilt, jedoch mit Bescheid vom 5. Juni 1986 die Erteilung der Benützungsbewilligung für dieses Gebäude wegen wesentlicher, baurechtlich bedeutsame Abweichungen des Bauvorhabens von der erteilten Baubewilligung versagt. Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin Berufung erhoben und gleichzeitig um baubehördliche Genehmigung der Abweichungen angesucht. Diesem Bauansuchen sei vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde erster Instanz mit Bescheid vom 12. August 1986 hinsichtlich der dort beschriebenen Baumaßnahmen 1 und 3 Folge gegeben, der Antrag auf Bewilligung der Herstellung von drei Mauerdurchbrüchen in der Trennwand (Achse E) zum Mietgeschäft und damit die Zusammenlegung der beiden Verkaufsflächen jedoch wegen Widerspruches zu § 16b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 (TROG) abgewiesen worden. Der dagegen eingebrachten Berufung habe der Stadtrat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 2. Dezember 1986 keine Folge gegeben.

Die belangte Behörde führte in der Begründung ihres Bescheides weiter aus, es werde in der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung erstmalig behauptet, daß die Durchführung der drei gegenständlichen Mauerdurchbrüche gar nicht bewilligungspflichtig wäre. Offensichtlich sei es in diesem Punkt zu einer Änderung der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin gekommen, da mit Schriftsatz vom 25. Juni 1986 die nachträgliche baubehördliche Bewilligung dieser konsenslos durchgeführten Baumaßnahmen noch ausdrücklich beantragt worden sei. Diese Rechtsmeinung sei nach Ansicht der belangten Behörde verfehlt, weil sich die Bewilligungspflicht dieser Baumaßnahme aus mehreren Gesetzesbestimmungen ergebe. So sage schon § 25 lit. b der Tiroler Bauordnung (TBO), daß Änderungen von Gebäuden oder Gebäudeteilen, soweit sie die Festigkeit eines Gebäudes beeinflussen, einer Bewilligung der Behörde bedürfen. Die Frage, ob - wie im vorliegenden Fall - der Ausbruch von drei Maueröffnungen die Statik des Gebäudes negativ beeinflußt oder nicht, habe die Baubehörde im Zuge des Baubewilligungsverfahrens zu klären. Jedenfalls sei es nicht dem Bauherrn überlassen, über eine Beeinflussung der in § 25 lit. b TBO aufgezählten öffentlichen Interessen selbst zu entscheiden und demgemäß ein Bauansuchen einzubringen oder nicht einzubringen. Daß die Durchführung von Mauerdurchbrüchen abstrakt geeignet sei, die Festigkeit eines Gebäudes oder Gebäudeteiles zu beeinflussen, werde nicht ernstlich bestritten. Weiters müsse im vorliegenden Fall im Sinne des § 25 lit. d TBO auch von einer auf die baurechtliche Zulässigkeit des Gebäudes einen Einfluß habenden Änderung des Verwendungszweckes gesprochen werden. Während nämlich das Gebäude ursprünglich als "normaler" Verkaufsraum zu qualifizieren gewesen sei, stelle es sich nunmehr als ein - nur unter zusätzlichen Voraussetzungen zulässiges Einkaufszentrum - dar. Schließlich lege § 16b Abs. 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes eindeutig fest, daß die Errichtung eines Einkaufszentrum, die Verwendung eines bisher anderweitig verwendeten Gebäudes als Einkaufszentrum sowie die Vergrößerung der Nutzfläche der Verkaufsräume eines bestehenden Einkaufszentrums einer Baubewilligung bedürfen und diese nur zu erteilen ist, wenn sich das Gebäude auf einer Grundfläche befindet, die als Sonderfläche für Einkaufszentren gewidmet ist. Die belangte Behörde könne bei der gegebenen Sach- und Rechtslage in der Vorgangsweise der Bauinstanzen der mitbeteiligten Gemeinde keine Rechtswidrigkeit erblicken. Die Stadtgemeinde W. habe nach dem Ergebnis der letzten Volkszählung 8.610 Einwohner, weshalb gemäß § 16b Abs. 1 TROG 1984 von einem Einkaufszentrum im Sinne dieses Gesetzes bereits bei Gebäuden mit Verkaufsräumen von insgesamt mehr als 400 m2 Nutzfläche gesprochen werden müsse. Außer Streit stehe, daß durch die Herstellung der drei Mauerdurchbrüche ein Einkaufszentrum mit Verkaufsräumen von weit über 400 m2 Nutzfläche, nämlich von 770,80 m2, entstehe und eine Sonderflächenwidmung dafür nicht vorhanden sei. Der Bürgermeister und der Stadtrat der mitbeteiligten Gemeinde haben daher das Bauansuchen wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan abweisen müssen (§ 31 Abs. 3 TBO).

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid vorerst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 14. März 1988, Zl. B 252/87-7, ab. Auf Antrag der Beschwerdeführerin trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde mit Beschluß vom 6. Juli 1988, B 252/87-9, an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Die Beschwerdeführerin ergänzte die abgetretene Beschwerde und machte Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit sich die Ausführungen in der Beschwerde mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 16b TROG befassen, wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes 2. März 1988, B 816/86, und auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1988, Zl. 88/06/0148-5 = BauSlg. Nr. 1223, verwiesen.

Wenn sich die Beschwerdeführerin dadurch beschwert und in ihren Rechten verletzt erachtet, weil die Baubehörden der mitbeteiligten Gemeinde und auch die belangte Behörde von der Bewilligungspflicht der drei in Rede stehenden Mauerdurchbrüche ausgegangen sind, so sei darauf hingewiesen, daß schon die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides zutreffend dargelegt hat, aus welchen Bestimmungen der Tiroler Bauordnung bzw. des Tiroler Raumordnungsgesetzes sich die Bewilligungspflicht für diese bauliche Änderung ergibt. So bestimmt § 25 lit. b TBO, daß Änderungen von Gebäuden oder Gebäudeteilen, soweit sie die Festigkeit eines Gebäudes beeinflussen, einer Bewilligung der Behörde bedürfen, wobei die Frage, ob durch den Ausbruch von drei Maueröffnungen die Statik des Gebäudes negativ beeinflußt wird oder nicht, im Zuge eines Baubewilligungsverfahrens zu klären ist. Im vorliegenden Fall muß aber auch von einer auf die baurechtliche Zulässigkeit des Gebäudes Einfluß habenden Änderung des Verwendungszweckes gesprochen werden, da es sich durch die als Folge der vorgesehenen Durchbrüche von der Beschwerdeführerin beabsichtigte Zusammenlegung der Verkaufsräume von mehr als 400 m2, nämlich 770 m2 um ein nach der gegeben Flächenwidmung unzulässiges Einkaufszentrum handelt. Schließlich legt § 16b Abs. 2 TROG 1984 eindeutig fest, daß die Errichtung eines Einkaufszentrums, die Verwendung eines bisher anderweitig verwendeten Gebäudes als Einkaufszentrum sowie die Vergrößerung der Nutzfläche der Verkaufsräume eines bestehenden Einkaufszentrums einer Baubewilligung bedürfen und diese nur zu erteilen ist, wenn sich das Gebäude auf einer Grundfläche befindet, die als Sonderfläche für Einkaufszentren gewidmet ist. Wenn die Beschwerdeführerin meint, daß sich die Wendung "nach diesem Gesetz" in § 25 lit. d TBO restriktiv auf die Bestimmungen der Tiroler Bauordnung allein beziehen solle, so übersieht sie, daß Kraft des § 31 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung die Unvereinbarkeit eines Bauvorhabens mit raumordnungsrechtlichen Geboten zugleich auch die Bewilligungsunfähigkeit nach der Tiroler Bauordnung nach sich zieht. Die Anwendung des § 16b TROG 1984 in Verbindung mit § 25 lit. d TBO bedeutet daher keineswegs die Einbeziehung "baurechtsfremder Gesichtspunkte".

Damit zeigt sich, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid im Beschwerdepunkt in ihren Rechten nicht verletzt wurde. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988060136.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

02.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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