TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/18 90/11/0156

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Veröffentlicht am 18.12.1990
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §76 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen die Bezirkshauptmannschaft Zell am See wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch vorläufige Abnahme des Führerscheines, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.300,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, soweit es inhaltlich übereinstimmt, steht folgender Sachverhalt fest:

Am 7. Juli 1990 wurde der Beschwerdeführer gegen 3.30 Uhr in Saalfelden von einer Gendarmeriepatrouille beim Lenken eines Pkws angehalten. Im Zuge der Amtshandlung wurde die Atemluft des Beschwerdeführers um 3.35 Uhr und um 3.37 Uhr auf ihren Alkoholgehalt geprüft. Die Messung ergab einen Alkoholgehalt der Atemluft von mehr als 0,7 mg/l. Daraufhin wurden dem Beschwerdeführer von Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Saalfelden der Führerschein und die Kfz-Schlüssel vorläufig abgenommen. Der Pkw wurde von einem Gendarmeriebeamten abgestellt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Feststellung, daß die vorläufige Führerscheinabnahme rechtswidrig war. Die Bezirkshauptmannschaft Zell am See hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 76 Abs. 1 KFG 1967 haben Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einem Kraftfahrzeuglenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, daß er insbesondere infolge eines übermäßigen Alkoholgenusses nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, den Führerschein vorläufig abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder versucht, es in Betrieb zu nehmen.

Die vorläufige Führerscheinabnahme ist eine Sicherungsmaßnahme, die im Interesse der Verkehrssicherheit gesetzt wird. Für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes muß daher die Annahme berechtigt sein, die betreffende Person werde in ihrem die Fähigkeit hiezu ausschließenden Zustand ein Kraftfahrzeug lenken. Wenn die gegebenen Umstände die Annahme nahelegen, die betreffende Person habe ihre Lenktätigkeit beendet, scheidet eine Führerscheinabnahme schon deswegen aus, weil sie zur Erreichung des anzustrebenden Erfolges, die Teilnahme einer hiezu nicht in der Lage befindlichen Person am Straßenverkehr zu verhindern, nicht erforderlich ist (vgl. dazu das auch vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1988, Zl. 88/11/0049, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Gemäß § 5 Abs. 3 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, die sich offenbar in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, an der Lenkung oder Inbetriebnahme eines Fahrzeuges zu hindern. Zu diesem Zweck sind, falls erforderlich, je nach Lage des Falles und Art des Fahrzeuges Zwangsmaßnahmen, wie etwa Abnahme der Fahrzeugschlüssel, Absperren oder Einstellen des Fahrzeuges u. dgl. anzuwenden. Solche Zwangsmaßnahmen sind unverzüglich aufzuheben, wenn bei der Person, gegen die sie angewendet worden sind, der durch Alkohol beeinträchtigte Zustand nicht mehr gegeben und ihr auch nicht ein zum Lenken des betreffenden Fahrzeuges allenfalls nötiger Führerschein nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften abgenommen ist oder wenn eine andere Person, bei der keine Hinderungsgründe gegeben sind, beabsichtigt, das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen und zu lenken.

Der Beschwerdeführer behauptet, daß seine Lenktätigkeit zum Zeitpunkt der Führerscheinabnahme abgeschlossen war. Die einschreitenden Gendarmeriebeamten hätten dem Beschwerdeführer die Fahrzeugschlüssel abgenommen und die zwangsweise Abstellung des Fahrzeuges veranlaßt. Sie hätten auch für den Beschwerdeführer ein Taxi bestellt und gesehen, "wie der Beschwerdeführer mit dem Taxi losfuhr".

Aus § 5 Abs. 3 StVO 1960 ergibt sich, daß der Gesetzgeber davon ausgeht, daß im Zuge einer Amtshandlung sowohl die Fahrzeugschlüssel als auch der Führerschein abgenommen werden dürfen. Gegen die Kumulierung der Sicherungsmaßnahmen bestehen im Beschwerdefall keine Bedenken. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer ungefähr 30 km von der Abnahmestelle entfernt wohnhaft ist, in Verbindung mit der Uhrzeit der Führerscheinabnahme legte die Befürchtung nahe, er werde versuchen, nach Inbetriebnahme seines Pkws mit diesem nach Hause zu gelangen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. März 1990, Zl. 89/11/0257), dies allenfalls mit Hilfe von Reserve- oder Zweitschlüsseln oder unter Verwendung eines anderen Kraftfahrzeuges.

Daß die Abnahme von Führerschein und Kfz-Schlüsseln in einem derartigen zeitlichen Abstand erfolgt wären, daß die Rechtmäßigkeit der später gesetzten Maßnahme (auch) im Hinblick auf die früher gesetzte Maßnahme zu beurteilen und gegebenenfalls als überflüssig und damit rechtswidrig anzusehen wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht; dafür gibt es nach dem Akteninhalt auch keinen Anhaltspunkt. Der weitere Umstand, daß der Beschwerdeführer den Ort der Führerscheinabnahme mit einem Taxi verlassen habe, wovon die Gendarmeriebeamten zumindest Kenntnis gehabt hätten, ändert daran ebenso nichts, weil - abgesehen von der von der belangten Behörde erwähnten Möglichkeit einer "Scheinfahrt" - die Bemühungen des Beschwerdeführers, mit einem Taxi nach Hause zu fahren, nach seinem eigenen Vorbringen erst nach Abschluß der Amtshandlung einsetzten und schon deshalb keine rückwirkende Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der Führerscheinabnahme haben konnten. In dem Zeitpunkt, zu dem der Sicherungszweck der Führerscheinabnahme zum Tragen kam, stand - anders als in dem mit dem Erkenntnis vom 24. Jänner 1989, Zl. 88/11/0260, beendeten Beschwerdefall - nicht fest, daß die Inbetriebnahme des Fahrzeuges durch den durch Alkohol beeinträchtigten Lenker auszuschließen wäre.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß die übrigen Voraussetzungen für eine vorläufige Führerscheinabnahme vorgelegen wären. Da sich die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989 im Rahmen des gestellten Kostenbegehrens.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990110156.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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