TE Vfgh Beschluss 1988/6/11 B483/87

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Veröffentlicht am 11.06.1988
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
ZPO §146 Abs1
ZPO §148 Abs3

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist als verspätet

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit einer am 5. November 1986 beim VfGH eingelangten, zu B967/86 protokollierten Beschwerde bekämpften die Einschreiter einen näher bezeichneten Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland. Diese Beschwerde war entgegen §17 Abs2 VerfGG nicht durch einen Rechtsanwalt eingebracht.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 1986 wurden die Bf. unter Hinweis auf die gemäß §19 Abs3 VerfGG eintretenden Säumnisfolgen aufgefordert, die Beschwerde innerhalb von sechs Wochen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen oder innerhalb derselben Frist die Bewilligung der Verfahrenshilfe, insbesondere die Beigebung eines Rechtsanwaltes als Vertreter, zu beantragen. Dieses Schreiben wurde den Bf. am 19. Dezember 1986 durch Hinterlegung zugestellt.

Da innerhalb der gesetzten Frist weder die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt noch die Beschwerde durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht wurde, wurde die Beschwerde mit Beschluß des VfGH vom 28. Feber 1987 als unzulässig zurückgewiesen. Dieser Beschluß wurde den Bf. am 30. April 1987 zugestellt.

2. Mit einem am 18. Mai 1987 (Postaufgabe 15. Mai 1987) beim VfGH eingelangten Schriftsatz beantragen die Bf. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Behebung des Mangels eines formellen Erfordernisses. Zur Begründung des Antrags wird vorgebracht, daß die Verständigung über die Hinterlegung des Mängelbehebungsauftrages von E L übernommen worden sei, diese als geborene Chilenin die Bedeutung dieses Schriftstückes nicht erkannt und ihrem Ehemann nicht übergeben habe. W L hätte erst nach Zustellung des Beschlusses des VfGH vom 28. Feber 1987 Kenntnis von dieser Aufforderung des VfGH erhalten.

II. Gemäß §33 VerfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden.

Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff ZPO idF der Zivilverfahrens-Nov. 1983, BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Nach §146 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung muß gemäß §148 Abs2 ZPO innerhalb von vierzehn Tagen gestellt werden. Diese Frist beginnt mit dem Tage, an welchem das Hindernis, welches die Versäumung verursachte, weggefallen ist; sie kann nicht verlängert werden. Offenbar verspätet eingebrachte Anträge sind ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen (§148 Abs3 ZPO).

III. Nach dem Antragsvorbringen wurde die rechtzeitige Vornahme der Mängelbehebung durch die Unkenntnis des Zweitantragstellers über den dahingehenden Auftrag des VfGH vom 10. Dezember 1986 gehindert. Dieses Hindernis fiel - wie die Antragsteller selbst ausführen - mit dem Zeitpunkt der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses des VfGH am 30. April 1987 weg. Die Frist des §148 Abs2 ZPO begann daher mit diesem Tag und endete am 14. Mai 1987.

Da der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erst am 15. Mai 1987 zur Post gegeben wurde, war er als verspätet zurückzuweisen, ohne daß auf die Frage einzugehen war, ob das im Antrag geschilderte Verhalten der Erstantragstellerin noch als ein minderer Grad des Versehens qualifiziert werden könnte.

Dieser Beschluß konnte gemäß §33 VerfGG iVm §148 Abs3 ZPO (§35 Abs1 VerfGG) in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B483.1987

Dokumentnummer

JFT_10119389_87B00483_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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