TE Vwgh Erkenntnis 1991/1/24 89/06/0122

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Veröffentlicht am 24.01.1991
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Index

L85005 Straßen Salzburg;

Norm

LStG Slbg 1972 §40 Abs1 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des MN und der KN gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 1. Juni 1989, Zl. 1/04-29.190/2-1989, betreffend eine Straßenrechtsangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einer Niederschrift vom 30. Juni 1986 zeigte M bei der mitbeteiligten Gemeinde an, daß der ab S entlang des Wolfgangsees bisher ohne Einschränkung begehbare Wiesenweg (zur Überfuhrstelle beim X-Bauern, Engstelle des Sees gegenüber St. Wolfgang) im Bereich des Grundstückes Nr. nn KG Z, dessen Eigentümer die Beschwerdeführer sind, mittels Pflöcken abgesperrt sei und an beiden Seiten des Weges Schilder mit "Durchgang bis auf Widerruf gestattet - Durchgang mit Hunden verboten" angebracht worden seien. Dieser Weg werde seit über 30 Jahren von den Einheimischen und den Gästen begangen und sei für alle wichtig.

In der Folge wurde eine Reihe von Personen zum Sachverhalt befragt und am 8. August 1986 eine mündliche Verhandlung mit Lokalaugenschein durchgeführt. Während alle Vernommenen vorbrachten, daß der Weg als wichtige Verbindung zwischen S und der Seeüberfuhrstelle schon seit weit über 30 Jahren ungehindert benützt worden sei, ja schon in der Wanderkarte aus 1930 aufscheine, sprachen sich die Beschwerdeführer gegen die Öffentlichkeit des Weges aus. Er bestehe erst seit 15 Jahren. Es bestehe kein dringendes Verkehrsbedürfnis, da eine Verbindung durch den (rund 300 m) weiter südlich verlaufenden Verbindungsweg gesichert sei.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. August 1986 wurde gemäß den §§ 1, 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 lit. c und 40 Abs. 1 und 2 des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972, LGBl. Nr. 119 (LStrG), festgestellt, daß der über das Grundstück Nr. nn, KG Z, verlaufende unbefestigte Weg von der westlichen Grundstücksgrenze zur Parzelle Nr. nnn bis zur östlichen Grundstücksgrenze zur Parzelle Nr. n/1 mit einer Breite von ca. 1 m dem Gemeingebrauch diene und einen Privatweg mit Öffentlichkeitsrecht darstelle. Der Ausschluß des öffentlichen Verkehrs sei nicht zulässig. Die an den jeweiligen Anschlußpunkten bzw. Grundgrenzen derzeit aufgestellten Tafeln mit der schon eingangs genannten Aufschrift seien durch die Beschwerdeführer (Eigentümer) zu entfernen. Auf Grund des Ermittlungsverfahrens ergebe sich, daß der Fußweg über das Grundstück der Beschwerdeführer deutlich ausgetreten sei. Er sei Teil der Weganlage, die als Verbindung bzw. Fortsetzung zwischen dem öffentlichen Wegenetz vom Ortsteil S zur Überfuhr in Verwendung stehe. Er sei im Anschluß an die Gemeindestraße nach S als Fahrweg bis zur Grenze des Grundstückes Nr. nn ausgebildet und führe als Fußweg über das gegenständliche Grundstück und das des M zur Überfuhrstelle beim X-Bauern. Aus den Stellungnahmen der Anrainer und aus dem Verhandlungsergebnis sei hinsichtlich des gegebenen Verkehrsbedürfnisses festzustellen, daß die Weganlage durchgehend seit mindestens 50 Jahren von einem namentlich nicht erfaßten Personenkreis, der sich aus Anrainern, Besuchern und Gästen zusammensetze, als Verbindungsweg zwischen dem Weiler S zur Überfuhrstelle (See-Enge) hauptsächlich während der Sommermonate benützt worden sei, und zwar ungehindert von den Grundeigentümern. Auch die Nutzung des Grundstückes als Weide während einiger Monate im Jahre stünde dem nicht entgegen, zumal auch Übersteigungsmöglichkeiten gegeben gewesen seien. Die Schaffung von Badeplätzen vor rund 15 Jahren habe lediglich zu einer Verlegung des Weges etwas landeinwärts geführt, aber seine Benützung nicht beeinträchtigt. Das dringende Verkehrsbedürfnis (im Sinne des § 40 Abs. 1 LStrG) sei angesichts der Verbindungsfunktion zwischen dem Weiler S zur Überfuhrstelle sowie seiner Verwendung als Wanderweg (Eintragung in der Wanderkarte schon 1930) bzw. seiner Verwendung für Patrouillengänge der Gendarmerie (durch Posten St. Gilgen ab 1954) gegeben.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung, in der sie im wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholten.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. Februar 1988 wurde die Berufung abgewiesen. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Berufungsvorbringens heißt es, es sei ein ausreichendes Ermittlungsverfahrens durchgeführt worden. Schon die Behörde erster Instanz habe sich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer voll auseinandergesetzt. In der Berufung würden keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt. Insbesondere sei die Zeitdauer der Benützung des Weges eindeutig und glaubhaft länger als 20 Jahre erwiesen, ebenso das dringende Verkehrsbedürfnis durch die Nutzung über einen Zeitraum von ca. 50 Jahren (Anrainer, Besucher, Gäste) und für die Patrouillengänge der Sicherheitsorgane. Der 300 m weiter südlich verlaufende Weg stelle lediglich die Verbindung des Bereiches S mit dem gegenüber dem Seeufer weiter südlich gelegenen Weilerteil der Ortschaft R dar. Die Behauptung, daß die Weganlage erst vor 15 Jahren entstanden sei, werde durch alle anderen Aussagen widerlegt und beziehe sich offensichtlich nur auf die Verlegung, die aber zu keiner Einschränkung der Verbindung geführt habe. Der ungehinderte Durchgang sei durch die Aussagen einer Reihe von Personen und des Vertreters der Gendarmerie nachgewiesen, wobei ausdrücklich bemerkt werde, daß eine zeitweise auftretende Behinderung (z.B. durch Weidezaun oder vorübergehende Sperre) nicht einem Ausschluß des öffentlichen Verkehrs gleichgestellt werden könne (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1983, Zl. 83/06/0051).

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1. Juni 1989 wies die belangte Behörde die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Vorstellung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Vorstellungsvorbringens und des § 40 Abs. 1 und 2 LStrG führte die Behörde aus, zunächst werde von den Beschwerdeführern das im § 40 Abs. 1 LStrG geforderte dringende Verkehrsbedürfnis bestritten, indem sie einen ca. 300 m südlich des gegenständlichen Weges verlaufenden Verbindungsweg zwischen den Ortschaften S und R ins Treffen führen. Das Ermittlungsverfahren und die Rechtsgrundlage zeigten, daß die Gemeindebehörden zu Recht vom Vorliegen eines dringenden Verkehrsbedürfnisses ausgegangen sind. Nicht nur die Nutzung des Weges als Wanderweg für Touristen im Sommer bzw. für Patrouillengänge der Gendarmerie spreche dafür, sondern insbesondere auch die ständige Benützung durch die Bewohner der Ortschaft S zur Überfuhrstelle. Da der von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte 300 m südlich verlaufende Weg nur mit unverhältnismäßig großem Zeitaufwand die Verkehrsverbindung bewerkstelligen würde, könne nicht von einem gleichwertigen Verbindungsweg für die Bewohner gesprochen werden. Auch die Tatsache der zumindest 20-jährigen allgemeinen und ungehinderten Wegbenützung sei durch die zahlreichen Aussagen als gesichert anzunehmen, zumal die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte zeitweilige Abschrankung des Weges (sie sei ohnedies übersteigbar gewesen) im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht einem Ausschluß des öffentlichen Verkehrs gleichkomme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Ein gleichlautender Antrag wurde auch von der mitbeteiligten Gemeinde in ihrer Gegenschrift gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind insbesondere folgende Bestimmungen des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972, LGBl. Nr. 119, in der Fassung LGBl. Nr. 70/1973 von Bedeutung:

"§ 40

(1) Eine Privatstraße dient dann dem öffentlichen Verkehr, wenn sie nicht durch äußere Kennzeichen (Abschrankungen, ausdrückliches Benützungsverbot usw.) diesen Verkehr ausschließt. Eine solche Ausschließung darf soweit nicht erfolgen, als

a)

die Privatstraße durch den Grundeigentümer für den allgemeinen Verkehr dauernd gewidmet wurde,

b)

die Privatstraße in zumindest zwanzigjähriger Übung auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses allgemein und ungehindert benutzt wurde.

(2) Über die Zulässigkeit und den Umfang des Ausschlusses des Verkehrs entscheidet über Antrag oder von Amts wegen die Straßenrechtsbehörde nach einer mündlichen Verhandlung, die durch Anschlag in der Gemeinde kundzumachen ist. Ein solcher Antrag kann vom Eigentümer der Privatstraße und von jedem die Privatstraße auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses Benützenden gestellt werden. Partei im Verfahren ist außer dem Antragsteller nur der Eigentümer der Privatstraße."

Entgegen dem Beschwerdevorbringen haben sich schon die Gemeindebehörden ausreichend mit dem Umstand, daß rund 15 Jahre vor der Einleitung des gegenständlichen Verfahrens bzw. noch etwas früher die Schaffung von Badeplätzen entlang des Seeufers erfolgte, auseinandergesetzt. Sie gelangten jedoch auf Grund des Ermittlungsverfahrens zu dem Ergebnis, daß damit nicht erstmals eine Wegverbindung entstanden ist, sondern lediglich im Bereich der Badeplätze eine geringfügige Verlegung des Weges landeinwärts erfolgte. Im übrigen haben die Beschwerdeführer in ihrer Berufung selbst vorgebracht, daß entlang des Seeufers auch schon vorher ein Weg geführt habe. Ihre Behauptung, daß dieser Weg nur im Interesse dreier Personen, die heute schon verstorben sind, gestanden sei, findet im Ermittlungsverfahren keine Deckung und wird überdies durch Anführung in Wanderkarten widerlegt. Die Beschwerdeführer haben auch keine konkreten Beweise für die Richtigkeit ihrer Behauptung, daß die Weganlage noch nicht über 20 Jahre bestehe und verwendet werde, anzubieten vermocht. Warum die zeitweise Verwendung des Grundstückes der Beschwerdeführer als Weide einer ungehinderten Benützung nicht im Wege stand, haben schon die Gemeindebehörden zutreffend dargelegt, wenngleich das von ihnen hiezu zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes keinen völlig gleichgelagerten Sachverhalt betrifft. Es entspricht der Lebenserfahrung, daß Weidezäune vor allem dazu dienen, die Tiere am Entweichen zu hindern, nicht aber auch die allgemeine Benützung des über die Weide führenden Weges einer Beschränkung zu unterwerfen. Auch das Aufstellen von Tafeln, wie dies durch die Beschwerdeführer knapp vor Einleitung des Verfahrens erfolgt ist, bewirkt keine Hinderungshandlung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1957, Zl. 2039/56). Gegen die behördliche Feststellung, daß der Weg in mehr als 20-jähriger Übung allgemein und letztlich ungehindert benützt werden konnte, bestehen keine Bedenken.

Das Vorliegen eines dringenden Verkehrsbedürfnisses verneinen die Beschwerdeführer mit dem von Anfang an im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Hinweis, es bestehe ohnehin rund 300 m südlich eine andere Wegverbindung. Gebe es eine Alternative, so mangle es an einem dringenden Verkehrsbedürfnis. Damit verkennen sie die Rechtslage.

Ein dringendes Verkehrsbedürfnis im Sinne des § 40 Abs. 1 lit. b LStrG kann nicht nur dann angenommen werden, wenn eine Straße die einzige Verbindung mit einem bestimmten Ort darstellt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1985, Zl. 83/06/0171, ergangen zu den insoweit gleichgelagerten Regelungen des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes). So vermag z.B. ein größerer Zeitaufwand, der die Benützung einer anderen Straßenverbindung etwa infolge ihrer ausgedehnteren Länge mit sich bringt, ein dringendes Verkehrsbedürfnis zu begründen. Nun gestehen die Beschwerdeführer selbst die Richtigkeit der Ausführungen der belangten Behörde zu, daß die Benützung des rund 300 m südlich gelegenen alternativen Weges einen größeren Zeitaufwand erfordert. Auch zeigen die in den Verwaltungsakten erliegenden Pläne in Verbindung mit den Ausführungen in der Gegenschrift der mitbeteiligten Gemeinde, denen die Beschwerdeführer nicht entgegengetreten sind, daß der von ihnen genannte südliche Weg um einige hundert Meter länger ist. Das bedeutet, daß im Falle des Hin- bzw. Rückweges die Fußgänger jeweils einen größeren Zeitaufwand und damit Beschwernisse auf sich nehmen müßten, wenn ihnen der Fußweg entlang des Seeufers nicht mehr zur Verfügung stünde. Weiters haben schon die Gemeindebehörden schlüssig dargelegt, daß auch unter dem Gesichtspunkt des Fremdenverkehrs ein dringendes Verkehrsbedürfnis gegeben ist, insbesondere auch deshalb, weil der Weg schon seit ca. 1930 in Wanderkarten verzeichnet ist. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß der angefochtene Bescheid, wenn er das Vorliegen eines dringenden Verkehrsbedürfnisses in Übereinstimmung mit den Bescheiden der Gemeindebehörden bejaht, mit Rechtswidrigkeit belastet ist.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989060122.X00

Im RIS seit

01.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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