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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
VwRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der Firma MN Gesellschaft m.b.H. & Co KG gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 2. August 1990, Zl. 512.529/05-I 5/90, betreffend Verwirkung einer Bewilligung zur Abwasserbeseitigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt seit ca. n Jahren in X eine Lederfabrik. Für ihre Abwasserbeseitigung verfügt sie seit Jahrzehnten über eine wasserrechtliche Bewilligung. Mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (LH) vom 28. November 1968 wurde der Beschwerdeführerin unter bestimmten Bedingungen und Auflagen projektsgemäß die damals nachgesuchte (neue) wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betriebe einer Abwasserbeseitigungsanlage erteilt. Im Überprüfungsverfahren betreffend diese Bewilligung erging vorerst der Bescheid des LH vom 26. März 1975, mit welchem wegen verschiedener Unstimmigkeiten festgestellt wurde, daß die ausgeführte Anlage mit dem genannten Bewilligungsbescheid nicht übereinstimme. Erst mit Spruchpunkt II des weiteren Bescheides des LH vom 28. März 1978 wurde unter gleichzeitiger nachträglicher Genehmigung geringfügiger Abweichungen gemäß § 121 WRG 1959 ausgesprochen, daß die ausgeführte Anlage der mit Bescheid des LH vom 28. November 1968 erteilten und mit einem wasserpolizeilichen Auftrag des LH vom 26. März 1975 modifizierten wasserrechtlichen Bewilligung im wesentlichen entspreche. Eine diese wasserrechtliche Überprüfung betreffende Beschwerde wurde nach Erschöpfung des Instanzenzuges mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1979, Zl. 2829/78, als unbegründet abgewiesen.
Wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten des LH, aber
auch aus den hg. Akten zu Zlen. 89/07/0193, 0194
(Strafverfahren nach dem WRG 1959 gegen die Geschäftsführer der
Beschwerdeführerin) ergibt, hatte die Beschwerdeführerin in den
letzten Jahren immer wieder Schwierigkeiten, den ihr erteilten
Abwasserkonsens einzuhalten. Es kam wiederholt zu
Anrainerbeschwerden sowie zur Androhung des LH, der
Beschwerdeführerin gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 die Einhaltung
der bewilligten (und auf Grund oftmaliger Messungen
überschrittenen) Ablaufwerte bescheidmäßig vorzuschreiben. Es
erging auch am 9. Jänner 1989 ein Bescheid des LH, mit welchem
der Beschwerdeführerin aufgetragen wurde, "die über das im
wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid ... festgelegte Maß der
Wasserbenutzung hinausgehenden Ablaufwerte aus dem
Nachklärbecken vor der Einleitung in den Vorfluter auf das
bewilligte Ausmaß ... zurückzuführen". Ferner fand am 2. und
11. Oktober 1989 eine vom LH anberaumte mündliche Verhandlung zum Zwecke der Überprüfung, wie weit bei der bewilligten Abwasserbeseitigungsanlage der Beschwerdeführerin Anpassungen gemäß § 33 Abs. 2 WRG 1959 notwendig seien bzw. ob diese ansonsten konsensmäßig betrieben werde, statt.
Der LH ging aber in der Folge nicht nach § 33 Abs. 2 WRG 1959 vor, sondern erließ den Bescheid vom 3. November 1989, mit dessen Spruchpunkt I gemäß § 27 Abs. 4 WRG 1959 das der Beschwerdeführerin verliehene und im Wasserbuch eingetragene Wasserbenutzungsrecht zur Ableitung der Abwässer aus ihrer Lederfabrik nach Vorreinigung in ein unbenanntes Gerinne und in weiterer Folge in den A-Bach für verwirkt erklärt wurde. Der LH begründete diesen Bescheid damit, daß die Beschwerdeführerin seit dem Jahre 1984 mehrmals aufgefordert worden sei, den bescheidgemäßen Zustand herzustellen bzw. die ihr erteilten Auflagen einzuhalten. Es seien seither auch mehrere Strafen verhängt worden. Die Hintanhaltung und Vermeidung konsensloser Wasserbenutzungen könne nicht Gegenstand eines Verfahrens nach § 33 Abs. 2 WRG 1959 sein, weil diese Bestimmung eine an sich rechtmäßig ausgeübte Wasserbenutzung voraussetze. Da nun erneut habe festgestellt werden müssen, daß die Wasserbenutzung durch die Beschwerdeführerin unter Mißachtung wesentlicher Konsensbedingungen ausgeübt werde, sei ein Vorgehen der Behörde gemäß § 27 Abs. 4 WRG 1959 nicht nur geboten, sondern unbedingt notwendig.
Der dagegen von den Beschwerdeführerin erhobenen Berufung hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (die nunmehr belangte Behörde) mit Bescheid vom 5. Jänner 1990 Folge gegeben. Der Bescheid des LH vom 3. November 1989 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Begründung behoben, daß die Rechtsfolge des § 27 Abs. 4 WRG 1959 neben der hier erwiesenen Nichteinhaltung der Bewilligungsbedingungen wiederholte Mahnungen an den Konsensinhaber voraussetze, wobei in diesen Mahnungen die Rechtsfolgen der Bestimmung des § 27 Abs. 4 WRG 1959 angedroht werden müßten. Eine derartige Androhung sei aber hier unterblieben.
In einem an die Beschwerdeführerin nachweislich
zugestellten Schreiben des LH vom 6. Februar 1990 wurde
abschließend
"zur Kenntnis gebracht, daß trotz bereits mehrmals erfolgter
Mahnungen bisher noch immer nicht der konsensgemäße Zustand
beim Betrieb der wasserrechtlich bewilligten
Abwasserbeseitigungsanlage ... gegeben ist und daher die
Behörde beabsichtigt, das ... erteilte Wasserbenutzungsrecht
auf Grund der wiederholt festgestellten Nichteinhaltung der Vorschreibungspunkte für verwirkt zu erklären."
Dazu verwies die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 19. Februar 1990 auf bereits erzielte und weiters projektierte Maßnahmen zur Verbesserung der Abwassersituation.
In einem weiteren Schreiben vom 15. März 1990 verwies der LH erneut auf den noch immer nicht konsensgemäßen Zustand; auch Messungen im Jänner und Februar 1990 hätten deutliche Überschreitungen des BSB5-Wertes und der absetzbaren Stoffe ergeben. Es werde daher die Androhung, das erteilte Wasserbenutzungsrecht für verwirkt zu erklären, wiederholt.
In ihrer Stellungnahme vom 21. März 1990 wies die Beschwerdeführerin erneut auf ihre Bemühungen hin, die Situation zu verbessern. Es liege auch bereits ein Projekt eines Zivilingenieurs zur Sanierung der Abwssersituation vor. Mit der Verweisung auf "formale Überschreitungen" sei hier nichts getan. Es werde daher beantragt, das Verfahren zur Verwirkungserklärung zu unterbrechen bzw. einzustellen.
Mit Bescheid vom 2. Mai 1990 erklärte der LH hierauf erneut gemäß § 27 Abs. 4 WRG 1959 das mit Bescheid vom 28. November 1968 verliehene und im Wasserbuch eingetragene Wasserbenutzungsrecht zur Ableitung der Abwässer aus der Lederfabrik der Beschwerdeführerin nach Vorreinigung in ein unbenanntes Gerinne und in weiterer Folge in den A-Bach für verwirkt. In der Begründung seines Bescheides stellte der LH den bisherigen Verfahrensablauf dar und ergänzte zum Sachverhalt, daß die Abwasserbeseitigung weiterhin nur unter Mißachtung wesentlicher Konsensbedingungen ausgeübt werde. Insbesondere werde dabei auf Untersuchungsergebnisse der Unterabteilung Gewässerschutz in den Monaten Jänner bis März 1990 verwiesen, die alleine bei den BSB5-Werten Überschreitungen bis zum 31fachen des bewilligten Wertes ergeben hätten. Von einem Amtssachverständigen sei am 24. April 1990 wiederum festgestellt worden, daß kein konsensgemäßer Betrieb gegeben sei. Das inzwischen von der Beschwerdeführerin erstellte neue Projekt reiche noch in keiner Weise zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung aus. Obwohl die Beschwerdeführerin - konsenslos - bereits Teile dieses "Projektes" verwirklicht habe, träten seit ca. Mitte März 1990 massive Schaumentwicklungen im Vorfluter auf; auch eine Verbesserung der Ablaufwerte habe bisher nicht festgestellt werden können. Hingegen sei es wieder zu massiven Beschwerden über Verunreinigungen des A-Baches gekommen. Auf Grund des derzeit gegebenen Sachverhaltes könne nicht erwartet werden, daß das "Projekt" die Sanierung der Abwässerverhältnisse bewerkstelligen werde können. Dieser Sachverhalt sei der Beschwerdeführerin seit mehreren Jahren bekannt, sie habe daher auch die Möglichkeit gehabt, einen entsprechenden Zustand zu schaffen. Es sei daher ein Vorgehen nach § 27 Abs. 4 WRG 1959 nicht nur geboten, sondern zur Wahrung öffentlicher Interessen am Gewässerschutz auch unbedingt erforderlich. Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes sei das konsensüberschreitende, öffentliche Interessen am Gewässerschutz massiv verletzende Verhalten der Beschwerdeführerin erwiesen. Sie sei mehrmals, und zwar (am 6. Februar 1990 und am 15. März 1990) unter Androhung der Rechtsfolgen des § 27 Abs. 4 WRG 1959 gemahnt worden, habe aber eine konsensgemäße Ausübung ihres Wasserbenutzungsrechtes nicht sicherstellen können. Diese Entscheidung des LH stehe im übrigen, nach den der geforderten Form entsprechenden Mahnungen, im Einklang mit dem aufhebenden Bescheid der belangten Behörde vom 5. Jänner 1990. Es bleibe der Beschwerdeführerin trotz der Verwirkungserklärung, die das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes nach sich ziehe, unbenommen, unter Vorlage eines dem § 103 WRG 1959 entsprechenden Projektes die Erteilung einer neuen wasserrechtlichen Bewilligung zu beantragen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin neuerlich Berufung, in welcher sie die Gesetzwidrigkeit der Verwirkungserklärung, die Annahme falscher Tatsachen durch den LH, Verfahrensmängel und eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geltend machte.
Diese Berufung hat die belangte Behörde ohne weitere Verfahrensschritte mit ihrem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. August 1990 gemäß § 66 AVG abgewiesen.
Auch die belangte Behörde ging begründend von der der Beschwerdeführerin mit Bescheid des LH vom 28. November 1968 bewilligten und mit Bescheid des LH vom 28. März 1978 kollaudierten Wasserbenutzung aus. Ferner wies die belangte Behörde auf die zahlreichen Schreiben der Wasserrechtsbehörde hin, mit welchen die Beschwerdeführerin zur Einhaltung des ihr erteilten Konsenses aufgefordert worden war, sowie auf den diesbezüglichen, auf § 138 WRG 1959 gestützten Bescheid des LH vom 9. Jänner 1989. Auch nach der Behebung des ersten Verwirkungsbescheides gemäß § 27 Abs. 4 WRG 1959 durch die belangte Behörde mit Bescheid vom 5. Jänner 1990 habe die Wasserrechtsbehörde erster Instanz die Beschwerdeführerin wiederholt, und zwar unter Hinweis auf die mögliche Rechtsfolge fruchtloser Mahnungen, aufgefordert, den konsensgemäßen Zustand herzustellen.
In ihren Erwägungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde von § 27 Abs. 4 WRG "i.d.g.F." aus. Im vorliegenden Fall seien seit 1984 Konsensüberschreitungen an der Anlage der Beschwerdeführerin festgestellt worden. Der LH habe mit Schreiben vom 4. Dezember 1986, 11. April 1988, 20. Oktober 1988, 6. Februar 1990 und 15. März 1990 die Rückführung der Abwasserableitungen auf das seinerzeit bewilligte Maß der Waserbenutzung gefordert, in den letzten beiden Schreiben mit Hinweis auf die für die Beschwerdeführerin mit dem rechtswidrigen Verhalten verbundenen Rechtsfolgen. Vom LH seien nachweislich laufende Messungen am Kläranlagenablauf der Betriebsanlage der Gerberei N durchgeführt worden, wobei die wasserrechtlich bewilligten Parameter BSB5 und Chrom in einem beträchtlichen und unzumutbaren Ausmaß überschritten worden seien. Von der Beschwerdeführerin seien dem LH im relevanten Zeitraum keine Messungsergebnisse vorgelegt worden. Die Vorlage eines Sanierungsprojektes, welches aus wasserrechtlicher Sicht nicht verhandlungsreif sei, sei für das Verwirkungsverfahren und in der Folge für das Berufungsverfahren irrelevant, auch wenn es aus gewerberechtlicher Sicht bewilligungsfähig sein sollte. Die im Berufungsverfahren behauptete Verletzung des Parteiengehörs im Verfahren vor dem LH sei durch die mit der Berufung gegebene Möglichkeit der Stellungnahme saniert, da der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mit dem bekämpften Bescheid des LH zur Kenntnis gebracht worden sei. Daß der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt worden sei, lasse sich allein schon aus dem Umstand ersehen, daß der LH seit 1984 die Konsensüberschreitungen laufend festgestellt und die Beschwerdeführerin in regelmäßigen Abständen zu konsensgemäßem Verhalten aufgefordert habe. Die Beschwerdeführerin habe daher seit Jahren mit den Rechtsfolgen des konsenswidrigen Verhaltens rechnen müssen. Im übrigen sei bei einem Vorgehen gemäß § 27 Abs. 4 WRG 1959 für eine Abwägung im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kein Raum (vgl. § 21a).
Da das rechtswidrige Verhalten der Beschwerdeführerin über einen längeren Zeitraum hindurch eindeutig festgestellt worden sei und von dieser nicht habe widerlegt werden können, habe der LH zu Recht der Beschwerdeführerin die wasserrechtliche Bewilligung entzogen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiven Recht auf Ausübung der wasserrechtlich bewilligten Einleitung der Fabriksabwässer ihrer Lederfabrik über ein unbenanntes Gerinne in den A-Bach verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der angefochtene Bescheid ist mit 2. August 1990 datiert und wurde danach durch Zustellung erlassen. Die belangte Behörde hatte daher im angefochtenen Bescheid das WRG 1959 bereits in seiner durch die Novelle BGBl. Nr. 252/1990 geänderten Fassung anzuwenden (Art. IV Abs. 1 der Novelle). Der Inhalt des angefochtenen Bescheides läßt auch keinen Zweifel daran, daß die belangte Behörde das WRG 1959 in dieser Fassung angewendet hat (Hinweis auf die "geltende Fassung", Hinweis auf § 21a WRG 1959).
Die Beschwerdeführerin meint dazu, die belangte Behörde sei damit von einer gesetzlichen Grundlage ausgegangen, die sie nicht habe anwenden dürfen, weil der erstinstanzliche Bescheid vor dem 1. Juli 1990 ergangen sei. Dieser Auffassung liegt ein Mißverständnis des von der Beschwerdeführerin dazu ins Treffen geführten Erkenntnisses eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Mai 1977, Zl. 898/75 = Slg. 9315/A, zugrunde. Danach hat nämlich die Rechtsmittelbehörde grundsätzlich das im Zeitpunkt der Erlassung IHRES Bescheides geltende Recht anzuwenden. Eine der in diesem Erkenntnis genannten Ausnahmen von diesem Grundsatz (gesetzliche Übergangsregelungen, Abstellen auf einen bestimmten Stichtag) liegt im Beschwerdefall nicht vor. Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung somit zutreffend das WRG 1959 in der durch die Novelle geänderten Fassung zugrunde gelegt. Im übrigen macht die Beschwerde nicht klar, was für sie bei Anwendung des § 27 Abs. 4 WRG 1959 in der "alten" Fassung gewonnen wäre.
Gemäß § 27 Abs. 4 WRG 1959 in der Fassung gemäß BGBl. Nr. 252/1990 hat die Behörde eine Bewilligung zu entziehen, wenn ungeachtet wiederholter Mahnung unter Hinweis auf die Rechtsfolgen die anläßlich der Bewilligung, der Änderung der Bewilligung (§ 21a) oder Überprüfung angeordneten Maßnahmen nicht durchgeführt oder Auflagen nicht eingehalten wurden.
Im Beschwerdefall geht die Beschwerde selbst davon aus, daß mit Bescheid des LH vom 28. November 1968 eine Abänderung der wasserrechtlich bereits längst genehmigten Abwasserbeseitigungsanlage bewilligt worden ist. Es besteht daher kein Zweifel daran, daß die Beschwerdeführerin die ihr aus diesem Anlaß rechtskräftig vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen einzuhalten hatte. Auch wiederholte Versuche der Behörde, die Einhaltung dieser Bedingungen und Auflagen auf andere Weise (durch schlichte Aufforderungen, einen Auftrag nach § 138 WRG 1959 und durch Erhebungen in Richtung von Aufträgen gemäß § 33 Abs. 2 WRG 1959 in der Fassung VOR der Novelle BGBl. Nr. 252/1990) zu erreichen, änderten nichts daran, daß die Beschwerdeführerin ihren Konsens zumindest seit dem Jahre 1984 laufend überschritten und damit eine der Voraussetzungen für eine Vorgangsweise gemäß § 27 Abs. 4 WRG 1959 geschaffen hat. Aber auch die zweite gesetzliche Voraussetzung, nämlich wiederholte Mahnung unter Hinweis auf die Rechtsfolgen, liegt vor, denn der LH hat zwei solche Mahnungen im Hinblick auf die Entscheidung der belangten Behörde vom 5. Jänner 1990 bereits vor Inkrafttreten der neuen Fassung des § 27 Abs. 4 WRG 1959 mit Hinweisen auf die Rechtsfolgen versehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1988, Zl. 87/07/0148).
Wenn die Beschwerdeführerin nunmehr unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorbringt, die Messungen der Abwasserfrachten aus ihrem Betrieb seien nicht korrekt erfolgt, dann ist ihr entgegenzuhalten, daß sie im Verwaltungsverfahren von der ihr offenstehenden Möglichkeit, die Unrichtigkeit der behördlichen Messungen nachzuweisen, nicht Gebrauch gemacht hat. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof kann aber nicht dazu dienen, Versäumnisse, die den Parteien im Verwaltungsverfahren unterlaufen sind, nachzuholen (§ 41 Abs. 1 VwGG, vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S. 556 angeführte Vorjudikatur). Hinweise auf mögliche künftige Änderungen der bestehenden Zustände sowie auf ein Projekt, die Abwasserbeseitigung der Beschwerdeführerin technisch neu zu gestalten, eigneten sich nicht zur Widerlegung der seit 1984 festgestellten Konsensüberschreitungen, deren weiteres Vorliegen während der Dauer des Berufungsverfahrens aktenkundig und auch im angefochtenen Bescheid festgestellt worden ist.
Inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß die Verwirkungserklärung gesetzwidrig sei, weil sie nicht die ursprüngliche Bewilligung der Abwasserbeseitigung der Lederfabrik, sondern nur deren Abänderung im Jahre 1968 betreffe. Nach Meinung der Beschwerdeführerin bedeute dies, "daß die in Betrieb genommene biologische Reinigungsanlage des Abwassers nicht mehr betrieben werden dürfte, sondern die Anlage wieder so zu betreiben wäre, wie sie Anfang November 1968 bestanden hat". Abgesehen davon, daß diese Argumentation an der Nichteinhaltung der im Bewilligungsbescheid vom 28. November 1968 der Beschwerdeführerin aufgetragenen Auflagen nichts zu ändern vermag, ist durch die 1968 erfolgte Änderung der Bewilligung die vorangegangene wasserrechtliche Bewilligung aber für immer aus dem Rechtsbestand ausgeschieden.
Auch die weiteren Rechtsausführungen vermögen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Wenn die Beschwerdeführerin auf ihr gemäß § 142 WRG 1959 erhalten gebliebenes Wasserrecht verweist und dessen Verletzung durch den angefochtenen Bescheid beklagt, dann übersieht sie ganz offensichtlich, daß § 27 Abs. 4 WRG 1959 eben genau diesen Eingriff in ein bestehendes Wasserrecht im Auge hat. Wollte man den Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Vorliegen eines neuen Projektes und zum Vorrang einer darauf gestützten Sanierung folgen, dann hieße dies, daß es der Wasserrechtsbehörde trotz Erfüllung aller Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 27 Abs. 4 WRG 1959 verwehrt wäre, von dieser gesetzlichen Bestimmung Gebrauch zu machen, solange der Wasserberechtigte Zusagen über eine Verbesserung der durch sein Verhalten unhaltbar gewordenen Zustände macht. Eine Abwägung der öffentlichen Interessen an der Gewässerreinhaltung mit jenen des Weiterbestehens eines Gewerbebetriebes und der dort vorhandenen Arbeitsplätze sieht § 27 Abs. 4 WRG 1959 nicht vor, sodaß auch alle in diese Richtung abzielenden Überlegungen der Beschwerde ins Leere gehen.
Daß die Behörden ganz allgemein im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen haben, vermag schließlich nichts daran zu ändern, daß das Gesetz an verschiedenen Stellen - so etwa in § 27 Abs. 4 WRG 1959 - unter bestimmten Voraussetzungen auch nachhaltige Eingriffe in bestehende Rechte kennt (vgl. etwa auch § 68 Abs. 3 AVG).
Abschließend sei noch darauf verwiesen, daß die Verwirkung des Abwasserbeseitigungsrechtes in der bisher wasserrechtlich bewilligten Form dem Neuerwerb eines solchen Rechtes im Zuge eines über ein neues Projekt abzuführenden Bewilligungsverfahrens nicht im Wege steht.
Die Beschwerde war aus all diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Dabei konnte von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990070127.X00Im RIS seit
12.11.2001