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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §983;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 29. Oktober 1990, Zl. 14/41/1-BK/Z-1990, betreffend Umsatz-, Gewerbe- und Einkommensteuer für die Jahre 1984 bis 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betrieb einen Altwarenhandel. Im Jahre 1989 fand hinsichtlich dieses Unternehmens eine abgabenbehördliche Prüfung betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer der Jahre 1984 bis 1986 statt. Auf Grund einer Geldverkehrsrechnung stellte der Prüfer im Zeitraum Jänner bis November 1984 einen ungeklärten Vermögenszuwachs von S 115.556,13 fest. Daraus folgte eine entsprechende Umsatz- und Gewinnerhöhung für dieses Jahr. Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und setzte im wiederaufgenommenen Verfahren die erwähnten Abgaben dementsprechend neu fest.
Gegen diese Neufestsetzung erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er den ungeklärten Vermögenszuwachs im Jahre 1984 damit erklärte, er habe wegen seiner finanziellen Schwierigkeiten vom Inhaber eines Schweizer Auktionshauses im Jahre 1984 einen Betrag von S 150.000,-- leihweise erhalten. Zur Bescheinigung legte er eine Bestätigung dieses Schweizers vom 18. März 1989 vor, in der es heißt:
"Des weiteren bestätigte ich Dir, daß die Gelder, die ich Dir 1984 wegen Deiner finanziellen Schwierigkeit zur Verfügung gestellt habe (total Oesh. 150.000,--) von Dir im Jahre 1985 vollumfänglich zurückbezahlt wurden."
Das Finanzamt richtete hierauf an den Beschwerdeführer einen Bedenkenvorhalt, den der Beschwerdeführer dahingehend beantwortete, ein schriftlicher Darlehensvertrag bestehe nicht; das Geschäft könne nicht als unüblich angesehen werden, weil es durchaus üblich sei, daß unter guten Geschäftspartnern und Freuden eine leihweise Überlassung von Geldbeträgen ohne Rückzahlungsmodalitäten und Zinsenvereinbarung stattfinde. Auszahlung und Rückzahlung seien persönlich erfolgt. Eine Veranlagung der Darlehensvaluta sei wegen der finanziellen Schwierigkeiten des Beschwerdeführers nicht vorgenommen worden, weil dieser das Geld dringend für Wareneinkäufe und zur Abdeckung sonstiger Kosten benötigt habe. Eine Bewilligung der Oesterreichischen Nationalbank sei nicht erforderlich gewesen. Der erwähnte schweizer Bürger werde nach Möglichkeit persönlich beim Finanzamt vorsprechen, um den Sachverhalt aufzuklären.
Das Finanzamt hielt in einem Aktenvermerk vom 31. Jänner 1990 fest, daß der Schweizer Geschäftsfreund des Beschwerdeführers an diesem Tage dort vorgesprochen habe, womit er seine Existenz habe beweisen wollen. Laut Auskunft des Betreffenden habe der Beschwerdeführer von ihm ein Darlehen von S 150.000,-- bekommen. Jedoch wisse er nicht mehr, ob dieses Darlehen 1987 oder 1988 gegeben worden sei. Es sei in zwei Teilbeträgen ausbezahlt worden, entweder S 60.000,-- und S 90.000,-- oder S 70.000,-- und S 80.000,--; er habe vom Beschwerdeführer S 150.000,-- zurückbezahlt bekommen.
Das Finanzamt wies mit Berufungsvorentscheidung die Berufung sodann als unbegründet ab. Zur Begründung führte es aus, daß der Schweizer Geschäftsfreund des Beschwerdeführers anläßlich seiner persönlichen Vorsprache beim Finanzamt am 31. Jänner 1990 weder entsprechende Unterlagen vorlegen noch konkrete Angaben (nicht einmal über das Jahr der Aufnahme bzw. Rückzahlung oder die Höhe der einzelnen Darlehens-Teilbeträge) habe machen können. Deshalb sei nach Ansicht des Finanzamtes die Glaubhaftmachung der Aufnahme eines Darlehens in der Gesamthöhe von S 150.000,-- im Jahre 1984 bei dem erwähnten Schweizer Geschäftsfreund nicht gelungen, weil die mit der Berufung vorgelegte Bestätigung vom 18. März 1989 als nachträglich erstellte Gefälligkeitsbestätigung qualifiziert werden müsse.
Hierauf beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. In diesem Antrag führte der Beschwerdeführer aus, er könne nur nochmals wiederholen, daß es entgegen der Ansicht des Finanzamtes unter Geschäftsfreunden durchaus üblich sei, kurzfristig mit Geldbeträgen, ohne Darlehensverträge und sonstige Bestätigungen, auszuhelfen. Die vorgelegte Bestätigung und auch die persönliche Vorsprache des Geschäftsfreundes müßten daher ausreichen, um die Herkunft des Geldbetrages glaubhaft erscheinen zu lassen. Wenn es die Abgabenbehörde zweiter Instanz für erforderlich halte, könne der Beschwerdeführer auch eine mündliche Einvernahme des erwähnten Geschäftsfreundes anbieten.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Auch sie glaubte der Behauptung des Beschwerdeführers zur Aufklärung des angeblichen Vermögenszuwachses wegen des Widerspruches zwischen der schriftlichen Bestätigung des Geschäftsfreundes und seinen Angaben anläßlich der persönlichen Vorsprache beim Finanzamt nicht. Dieser Widerspruch spreche dafür, daß es sich bei dem Schreiben des Geschäftsfreundes um eine Gefälligkeit gehandelt habe.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die Neufestsetzung der erwähnten Steuern für 1984 unter Berücksichtigung des erwähnten Vermögenszuwachses in den Bemessungsgrundlagen in seinem Recht auf Durchführung eines den abgabenrechtlichen Verfahrensvorschriften entsprechenden Verfahrens sowie in seinem Recht auf Erlassung eines den Abgabenbestimmungen entsprechenden Bescheides verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer stellt die Berechtigung der Abgabenbehörden zur Schätzung gemäß § 184 BAO für den Fall, daß der erwähnte Vermögenszuwachs nicht aufgeklärt wird, ebensowenig in Frage, wie die Höhe der Steuerfestsetzung durch die Abgabenbehörden für diesen Fall.
Für das Schicksal der Beschwerde ist daher lediglich entscheidend, ob die belangte Behörde im Hinblick auf die vorliegenden Ermittlungsergebnisse und den Stand des Verfahrens davon ausgehen durfte, daß der Vermögenszuwachs nicht durch die Glaubhaftmachung eines Darlehens aufgeklärt worden ist.
Die Beschwerdeausführungen zur Frage, ob es sich beim Darlehen um einen Realkontrakt handelt, gehen daher an der Sache vorbei. Entscheidend ist nicht die privatrechtliche Beurteilung eines Darlehensvertrages, sondern lediglich, ob der Beschwerdeführer 1984 den erwähnten Betrag, wie von ihm behauptet, von seinem Schweizer Geschäftsfreund als Darlehenssumme zugezählt erhalten hat.
Dem Beschwerdeführer ist zwar darin beizupflichten, daß das Fehlen einer devisenbehördlichen Genehmigung die Behauptung des Beschwerdeführers nicht widerlegt. Damit ist aber für die Glaubhaftmachung der Darlehenszuzählung, die dem Beschwerdeführer oblag, nichts gewonnen.
Belanglos ist auch, ob der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht im Zuge des Prüfungsverfahrens nicht nachgekommen ist. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, wäre dies kein überzeugendes Argument für oder gegen die Richtigkeit seiner entscheidungswesentlichen Behauptung.
Zur Klärung der Frage, ob die Behauptung des Beschwerdeführers der Wahrheit entspricht, lagen der belangten Behörde einander widersprechende Ermittlungsergebnisse vor, nämlich einerseits die etwa fünf Jahre nach der angeblichen Darlehenszuzählung ausgestellte schriftliche Bestätigung des Geschäftsfreundes betreffend ein angeblich 1984 gewährtes und 1985 rückgezahltes Darlehen, und anderseits dessen etwa ein Dreivierteljahr nach Ausstellung der Bestätigung gemachten mündlichen Angaben vor dem Finanzamt, wonach das Darlehen 1987 oder 1988 gewährt worden sei. Daß diese im Aktenvermerk unrichtig wiedergegeben seien, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet, obwohl er bereits mit der Berufungsvorentscheidung auf den Widerspruch hingewiesen worden ist und zu entsprechendem Vorbringen zwecks Aufklärung Gelegenheit gehabt hätte.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe in seinem Vorlageantrag ausdrücklich die mündliche Einvernahme seines Schweizer Geschäftsfreundes angeboten, entspricht im Hinblick auf den oben wiedergegebenen Inhalt des Vorlageantrages nicht den Tatsachen. Darin hat es der Beschwerdeführer der Abgabenbehörde anheimgestellt, ihn erforderlichenfalls zu einem entsprechenden Beweisanbot aufzufordern. Ein Antrag des Beschwerdeführers auf Vernehmung seines Schweizer Geschäftsfreundes vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz als Zeuge wurde daher vom Beschwerdeführer nicht gestellt.
Im Hinblick auf die vorliegenden Ermittlungsergebnisse, die dem Beschwerdeführer jedenfalls seit Zustellung der Berufungsvorentscheidung bekannt waren, und den Umstand, daß er selbst kein zur Aufklärung der Widersprüche dienliches substantiiertes Vorbringen gemacht hatte, bestand keine Pflicht der Behörde, sich im angefochtenen Bescheid noch mit der Frage auseinanderzusetzen, warum von der Möglichkeit einer neuerlichen Einvernahme des Schweizer Geschäftsfreundes zur Aufkärung der vorhandenen Widersprüche kein Gebrauch gemacht wurde. Die belangte Behörde hatte nämlich keine Veranlassung zur Annahme, daß ein solcher Vorgang noch Aussicht auf Erfolg im Sinne einer Aufklärung der Widersprüche haben könnte.
Es bleibt daher nur noch zu untersuchen, ob die Beweiswürdigung der belangten Behörde innerhalb des dem Verwaltungsgerichtshof durch die Rechtsordnung gezogenen Prüfungsrahmens (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, Seite 136 ff) standhält. Wenn die belangte Behörde auf Grund des Widerspruches zwischen dem Inhalt der Bestätigung vom 18. März 1989 und den mündlichen Angaben des Schweizer Geschäftsfreundes vor dem Finanzamt am 31. Jänner 1990 zu dem Ergebnis gelangte, daß der Inhalt der Bestätigung nicht als hinreichend verläßlich anzusehen ist, um darauf eine Feststellung der Aufklärung des Vermögenszuwachses durch Darlehenszuzählung im Jahre 1984 zu gründen, kann der Verwaltungsgerichtshof hierin keine Unschlüssigkeit, also weder einen Verstoß gegen Denkgesetze noch gegen allgemeines menschliches Erfahrungsgut erblicken. Aussichtsreiche Möglichkeiten zur besseren Sachverhaltsaufklärung bestanden nicht, sodaß die belangte Behörde auch nicht der Vorwurf trifft, ihre Sachverhaltsfeststellung auf ein mangelhaftes Verfahren gestützt zu haben.
Da der Beschwerdeführer somit im Rahmen des Beschwerdepunktes durch keine dem angefochtenen Bescheid oder dem ihm zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren anhaftende Rechtswidrigkeit in seinen Rechten verletzt wird, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990140269.X00Im RIS seit
18.03.1991