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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer und Dr. Würth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr.Wildmann, in der Beschwerdesache des N gegen das Schreiben der Wiener Landesregierung vom 8. November 1990, Zl. MA 50-G 3/16/90, betreffend eine Aufsichtsbeschwerde nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem in Beschwerde gezogenen Schreiben vom 8. November 1990 teilte die Wiener Landesregierung dem Beschwerdeführer mit, daß seine Aufsichtsbeschwerde gegen die E-Gemeinnützige Siedlungs- und Baugesellschaft m.b.H. beim Amt der Wiener Landesregierung eingelangt sei. Nach einem Hinweis darauf, daß dem Beschwerdeführer im aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung nicht zukomme, wurde festgehalten, daß die Beschwerde geprüft werde und, wenn erforderlich, entsprechende aufsichtsbehördliche Maßnahmen ergriffen würden. Außerdem werde der Österreichische Verband Gemeinnütziger Bauvereinigungen - Revisionsverband über diese Aufsichtsbeschwerde informiert werden. Das Gesetz sehe keine Verständigung des Beschwerdeführers über Verlauf und Abschluß des Verfahrens vor. Der Beschwerdeführer wurde ersucht, zur Kenntnis zu nehmen, daß ihm über den Ausgang dieses Verfahrens keine Auskünfte erteilt werden.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof qualifizierte der Beschwerdeführer das genannte Schreiben als Bescheid, mit welchem ihm Parteistellung aberkannt werde.
Mit der Frage, wann ein Verwaltungsakt als Bescheid anzusehen ist, hat sich der Verwaltungsgerichtshof eingehend in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9458/A, auseinandergesetzt. Der Verwaltungsgerichtshof hat damals ausgesprochen, daß die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid dann entbehrlich ist, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muß sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Im vorliegenden Fall ist das Schreiben vom 8. November 1990 nicht als Bescheid bezeichnet worden. Es ist auch seiner äußeren Form nach als eine nicht verbindliche Erledigung mit Tatsachenfeststellungen und einer gegebenen Rechtsbelehrung zu werten, also nicht als Bescheid im aufgezeigten Sinne. Kam aber der angefochtenen Erledigung Bescheidcharakter nicht zu, so war schon aus diesem Grunde die dennoch erhobene Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen. Der Vollständigkeit halber sei jedoch schon klargestellt, daß der Beschwerdeführer tatsächlich keine Parteistellung besitzt.
Der Beschwerdeführer hatte bei der Wiener Landesregierung Anträge auf Durchführung einer aufsichtsbehördlichen Prüfung nach § 29 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) gestellt. Nach § 29 Abs. 1 WGG unterliegt die gesamte Geschäftsführung gemeinnütziger Bauvereinigungen der behördlichen Überwachung. Die Landesregierung ist berechtigt, in alle Geschäftsunterlagen Einsicht zu nehmen, die Geschäftsgebarung und die Rechnungsabschlüsse zu überprüfen, die Abstellung von Mängel anzuordnen und zu einzelnen Geschäftsfällen Berichte einzuholen. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist die Landesregierung in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes berechtigt, Prüfungen vorzunehmen. Sie kann sich hiebei des Revisionsverbandes bedienen oder private Sachverständige beauftragen. § 29 Abs. 3 Satz 1 WGG bestimmt schließlich, daß die Landesregierung der Bauvereinigung, sofern diese der Anordnung zur Abstellung von Mängel nicht nachgekommen ist, die Behebung der festgestellten Mängel innerhalb angemessener Frist mit Bescheid aufzutragen hat.
Das im § 29 WGG genannte Prüfungsrecht räumt einem Anzeiger, wie im vorliegenden Fall dem Beschwerdeführer, keine Parteistellung ein, sodaß die Wiener Landesregierung in ihrer Erledigung vom 8. November 1990 zu Recht auf das Fehlen der Parteistellung des Beschwerdeführers im aufsichtsbehördlichen Verfahren hinweisen durfte. Wenn der Beschwerdeführer aus § 8 AVG seine Parteistellung im aufsichtsbehördlichen Verfahren nach dem WGG ableiten will, so ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, anhand des § 8 AVG allein nicht gelöst werden kann, weil sich die Parteistellung vielmehr aus den jeweils zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften ableitet (vgl. etwa die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 104 ff., wiedergegebene Rechtsprechung).
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Faktische Amtshandlungen siehe Art 129a Abs1 Z2 ( früher Art 131a B-VG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990050245.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009