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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der F gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. Jänner 1987, Zl. II/2-V-86203, betreffend Versagung der Baubewilligung für eine Werbetafel (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 23. Mai 1985 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für die Errichtung einer Werbetafel auf dem Grundstück Nr. H, EZ I, KG G abgewiesen und gleichzeitig der Auftrag zur Entfernung der Werbetafel erteilt. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 18. November 1985 Folge; er behob den angefochtenen Bescheid und verwies die Angelegenheit an die Baubehörde erster Instanz zurück. Am 27. März 1986 wurde über das Ansuchen der Beschwerdeführerin eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der auch ein Vertreter der Beschwerdeführerin teilgenommen hat. Während der Verhandlung wurde festgestellt, daß es sich bei der Werbetafel um eine freistehende, doppelseitige Tafel mit einem Ausmaß von 3,60 x 2,55 m handle. Der Aufstellungsort sei ein Platz ca. 23 m östlich einer bestehenden Holzscheune und in einem Abstand von 7 m von der Straßenachse der Bundesstraße 38. Der Amtssachverständige stellte während dieser Verhandlung fest, aus Richtung Heinreichs kommend befinde sich vor der Ortstafel in Einbindung an das ansteigende Gelände eine Holzscheune in bodenständiger Bauweise. Im Anschluß an diese Holzscheune befinde sich der Aufstellungsort der Werbetafel in Richtung Ortsgebiet. Die an die Holzscheune angrenzenden Grundstücke seien vorwiegend von Verbauung frei und bildeten zwischen der B 38 und dem südlich davon gelegenen Bach eine für den Ortsbeginn optisch positiv wirksame Grünzone. Von der Straße selbst biete sich ein von negativen Einflüssen weitgehend freier Blick auf das bebaute Ortsgebiet, welcher derzeit lediglich durch die aufgestellte Werbetafel gestört werde. Die Werbetafel sperre den Blick nahezu vollkommen ab, sodaß die Beziehung Ort-Landschaft arg gestört werde. Dazu trage nicht nur das unvertretbar große Ausmaß der Werbetafel, sondern auch die Farb- und Schriftbildgestaltung in einer sich gegenseitig übersteigenden Wirkung nicht unwesentlich bei.
Mit Bescheid vom 10. April 1986 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde neuerlich die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung versagt, die Entfernung der bereits errichteten Werbetafel aufgetragen und die Entrichtung von Verfahrenskosten in der Höhe von S 980,-- vorgeschrieben. Weiters wurde im Spruch des Bescheides ausgeführt, daß das Protokoll über die Bauverhandlung in Fotokopie beiliege und einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bilde.
Zur Begründung wurde im wesentlichen nach kurzer Darstellung des Verwaltungsgeschehens das Gutachten des Sachverständigen wiedergegeben.
In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin neben Ausführungen zur Zustellung und Kostenentscheidung vor, die Entscheidung der Baubehörde erster Instanz sei unzureichend begründet und daher nicht überprüfbar. Im Bescheid sei unzulässigerweise auf eine dem Bescheid beiliegende Niederschrift über eine Verhandlung vom 27. März 1986 verwiesen worden. In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides werde nicht angegeben, welche Tatsachen die Behörde als erwiesen angenommen und welche rechtlichen Erwägungen sie angestellt habe.
Mit Bescheid vom 10. September 1986 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Berufung hinsichtlich der Versagung der Baubewilligung und des Entfernungsauftrages keine Folge, behob jedoch den Spruchteil betreffend die Verfahrenskosten. Der erstinstanzliche Bescheid sei ausreichend begründet, die in der Niederschrift enthaltenen Tatsachen seien auch im angefochtenen Bescheid wiedergegeben. Das angeführte Gutachten könne als schlüssig angesehen werden, die Beschwerdeführerin habe auch kein Gegengutachten erbracht.
Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. Jänner 1987 wurde der gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Nach dem auftragsgemäß ergänzten Beschwerdevorbringen wendet sich die Beschwerde nur gegen den Teil des Bescheides, der die Versagung der Baubewilligung betrifft.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 89 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976 (BO), LGBl. 8200-0, in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-1, dürfen Werbeanlagen das Orts- und Landschaftsbild nicht beeinträchtigen und müssen so beschaffen sein, daß sie mit amtlichen Hinweisen nicht verwechselt werden können und von derartigen Hinweisen nicht ablenken.
Nach § 61 Abs. 1 BO dürfen Vorhaben, die einer baubehördlichen Bewilligung bedürfen, das Orts- und Landschaftsbild nicht stören. Die Bautradition des Umlandes ist, soweit dieses eine kulturelle Einheit bildet, zu berücksichtigen. Nach § 61 Abs. 2 BO ist unter Ortsbild die bestehende Eigenart bzw. die im Bebauungsplan vorgesehene Gestaltung der baulichen Ansicht eines Ortes, Ortsteiles oder anderen bebauten Gebietes unter Einschluß der bildhaften Wirkung, die von nicht bebauten Gebieten ausgeht, zu verstehen. Bei der Beurteilung, ob ein Vorhaben das Ortsbild stört, sind gemäß § 61 Abs. 3 BO die charakteristischen Merkmale des vorhandenen Baubestandes, und zwar der unmittelbaren Umgebung, der angrenzenden Straße (Straßenbild), des umliegenden Ortsteiles und des gesamten Ortes oder bebauten Gebietes zu berücksichtigen. Dabei ist zu prüfen, ob das Vorhaben aufgrund seiner Lage, Größe, Proportionen und Bauform, der verwendeten Baustoffe, Bauteile und bauchemischen Mittel bzw. des zu erwartenden Erscheinungsbildes als erhebliche Störung oder Verunstaltung des vorhandenen Baubestandes wirkt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, daß die Beantwortung der Frage, ob ein Bauwerk geeignet ist, das Ortsbild zu beeinträchtigen, der Beiziehung eines Sachverständigen bedürfe. Hiebei obliege es dem Sachverständigen, auf Grund seines Fachwissens ein Urteil (Gutachten) abzugeben. Der Befund habe alle jene Grundlagen und die Art ihrer Beschaffung zu nennen, die für das Gutachten im eigentlichen Sinn erforderlich seien. Dieses Urteil müsse so begründet sein, daß es auf seine Schlüssigkeit hin überprüft werden könne (vgl. das Erkenntnis vom 17. Jänner 1989, Zl. 88/05/0198, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Wie bereits in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, hat schon die Gemeindebehörde erster Instanz in der Verhandlung vom 27. März 1986 das Gutachten eines Amtssachverständigen hinsichtlich der Wirkung der Werbeanlage auf das Ortsbild eingeholt. Nun hat zwar die Gemeindebehörde erster Instanz der Begründung ihres Bescheides dieses Gutachten zugrundegelegt, ohne eine Würdigung dieses Gutachtens vorzunehmen. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde hat jedoch in der Begründung seines Bescheides ausgeführt, daß dieses Gutachten als schlüssig angesehen werden könne und die Beschwerdeführerin auch kein Gegengutachten erbracht habe. Der Gemeindeaufsichtsbehörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie diese Begründung als ausreichend erachtete. Das in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegebene Gutachten ist in einen Befund gegliedert, in dem die örtliche Situation wiedergegeben wurde, sowie in ein daran anschließendes Urteil (Gutachten im engeren Sinn), aus dem sich auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes schlüssig eine Störung des Ortsbildes durch die 3,60 x 2,55 m große Werbetafel ergibt. Weder in der Verhandlung vom 27. März 1986, an der auch ein Vertreter der Beschwerdeführerin teilgenommen hat, noch sonst während des Verwaltungsverfahrens hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, daß in dem Gutachten die örtliche Situation nicht richtig wiedergegeben sei. Die erstmals in der Beschwerde vorgebrachte Rüge, das Gutachten gebe die örtliche Situation nicht richtig wieder, widerspricht dem aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbaren Neuerungsverbot und ist daher unbeachtlich.
Da die Beeinträchtigung des Ortsbildes durch die Werbeanlage unter Zugrundelegung des Gutachtens des Amtssachverständigen hinreichend dargetan wurde, wurde die Beschwerdeführerin durch die Versagung der nachträglichen Baubewilligung im Beschwerdepunkt in keinem Recht verletzt. Zu Recht hat daher auch die Gemeindeaufsichtsbehörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin abgewiesen.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Bautechniker Ortsbild LandschaftsbildEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1987050061.X00Im RIS seit
23.04.1991