TE Vwgh Erkenntnis 1991/5/28 90/04/0354

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Veröffentlicht am 28.05.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §366 Abs1 Z4;
GewO 1973 §370 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des Ing. N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 9. November 1990, Zl. 04-25 Lu 14-1990/4, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 18. Mai 1990 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer und daher als gemäß § 370 Abs. 2 Gewerbeordnung Verantwortlicher der Fa. Bauunternehmung X-Ges.m.b.H. K zu verantworten, daß die Fa. X auf dem Standort K, A-Straße 16, am 17.12.1989, 5., 6., 9., 11. und 12.4.1990, tagsüber die gewerbliche Betriebsanlage Asphaltmischanlage mit einer Kapazität von 60 t/h betrieben hat, obwohl mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 23.3.1970, GZ.: 4 G 78/715-70, der Fa. X nur die Bewilligung einer Asphaltmischanlage mit einer Kapazität von 30 t/h bewilligt wurde.

Die Fa. X hat die geänderte Betriebsanlage an den angeführten Tagen betrieben, obwohl für diese Änderung der Betriebsanlage eine behördliche Bewilligung nicht vorlag.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 370 Abs. 2 Gewerbeordnung i.V.m. § 366 Abs. 1 Zif. 4 Gewerbeordnung."

Hiefür wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzarreststrafe fünfzehn Tage) verhängt.

Einer dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 9. November 1990 insofern Folge, als die verhängte Strafe gemäß § 51 Abs. 4 VStG 1950 mit S 7.000,-- (Ersatzarreststrafe zehn Tage) bemessen, der Spruch jedoch dahingehend abgeändert werde, daß er nunmehr zu lauten habe:

"Er hat als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma Bauunternehmung X-Ges.m.b.H., K, es zu verantworten, daß die Firma Bauunternehmung X-Ges.m.b.H. im Standort K, A-Straße Nr. 16, die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 23.3.1970, GZ.: 4 G 78/15-70, genehmigte Betriebsanlage (Asphaltmischanlage) ohne die erforderliche Genehmigung geändert und nach dieser Änderung am 7.12.1989, 5., 6., 9., 11. und 12.4.1990 betrieben hat."

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 23. März 1970 seien am genannten Standort eine Walzmischanlage und drei fahrbare Gußasphaltkocher unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen gewerbebehördlich genehmigt worden. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 27. April 1974 sei die Erweiterung der Gußasphaltbetriebsanlage ebenfalls unter Vorschreibung von insgesamt 26 Auflagen genehmigt worden. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 10. März 1986 seien die Verbrennungsanlage und die Entstaubungsanlage am genannten Standort gewerbebehördlich genehmigt worden. Diese Bescheide seien in Rechtskraft erwachsen. Im Frühjahr 1989 sei von der Betreiberin eine neue Trockentrommel, ein neuer Mischer und eine neue Brennereinrichtung installiert worden. Auf Grund zahlreicher massiver Nachbarbeschwerden wegen Belästigungen und Beeinträchtigungen durch den Betrieb dieser geänderten Anlage sei von der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung am 25. und 26. September 1989 eine Begehung vorgenommen worden. Nach Darlegung von erstatteten Sachverständigengutachten wurde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, es könne daraus die Schlußfolgerung gezogen werden, daß die gegenständliche geänderte Betriebsanlage geeignet sei, allfällige größere Belästigungen der Nachbarschaft durch die oben angeführten Emissionen hervorzurufen als die bereits genehmigte Anlage. Bei Änderung der Luftzuführung handle es sich nicht um einen Austausch von gleichartigen Maschinen oder Geräten im Sinne des § 81 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973. Es liege daher eine genehmigungspflichtige Änderung der genannten Betriebsanlage im Sinne des § 81 Abs. 1 GewO 1973 vor. Im gegenständlichen Verfahren sei lediglich zu prüfen, ob es sich um eine Änderung einer bereits genehmigten Betriebsanlage handle oder nicht. Es erübrige sich daher, auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Betriebsanlage sei konsensgemäß betrieben worden, einzugehen. Dies wäre allenfalls Gegenstand eines Verfahrens wegen Übertretung nach § 368 Z. 17 GewO 1973. Des weiteren enthält der angefochtene Bescheid Ausführungen zur Straffrage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, die belangte Behörde hätte die Frage zu prüfen gehabt, ob das Änderungsprojekt - von der Fachabteilung V beurteilt am 28. Dezember 1988 und nach ordnungsgemäßer Anzeige an die Gewerbebehörde unmittelbar darauf folgend (Jänner 1989) in die Praxis umgesetzt - zum Zeitpunkt der Anzeige eine genehmigungspflichtige Änderung gewesen sei oder nicht. Sei sie nämlich zum damaligen Zeitpunkt genehmigungspflichtig gewesen, so würde das Straferkenntnis grundsätzlich berechtigt sein. Sei jedoch zum Zeitpunkt der Anzeige gemäß § 81 Abs. 3 GewO 1973 und projektgemäßen Durchführung Anfang 1989 für diese Änderung keine Genehmigungspflicht gegeben gewesen, so könne auch der Betrieb dieser Anlage im Dezember 1989 bzw. im Frühjahr 1990 nicht den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung bilden. Darüber hinaus hätte die Berufungsbehörde beachten müssen, daß zum Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides bereits die Verordnung BGBl. Nr. 394 vom 11. Juni 1990 Geltung erlangt gehabt habe, mit welcher zur Emissionsverminderung die Durchführung von exakt jenen Änderungen für genehmigte Anlagen vorgeschrieben worden seien, wie sie die in Rede stehende Gesellschaft mit der projektsgemäßen Änderung Anfang 1989 durchgeführt habe. Die weiteren Beschwerdeausführungen beschäftigen sich neben inhaltlicher Wiederholung dieser Argumentation mit technischen Fragen in Ansehung der in Rede stehenden "Betriebsanlagenänderung" mit dem Vorbringen, daß es sich hiebei jedenfalls um Anlagenbestandteile handle, die als gleichartig im Sinne des § 81 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973 anzusehen seien, weshalb das Tatbestandserfordernis einer genehmigungspflichtigen Änderung schon im Hinblick darauf nicht als erfüllt anzusehen sei.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Gemäß § 44a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1.) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Es bedarf grundsätzlich der Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat und, falls es sich um einen Zeitraum handelt, der Angaben des Anfanges und des Endes dieses Zeitraumes in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art im Spruch des Straferkenntnisses (vgl. hiezu die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 88/04/0218, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung).

Nach dem Spruchwortlaut des Straferkenntnisses erster Instanz wurde dem Beschwerdeführer der Betrieb einer geänderten Betriebsanlage zu den angeführten Zeitpunkten durch die dort näher bezeichnete Handlungsweise im Sinne des zweiten Falles des Straftatbestandes des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 zur Last gelegt. Hingegen wurden nach dem nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilenden Spruchwortlaut des angefochtenen Bescheides dem Beschwerdeführer sowohl die Änderung der genehmigten Betriebsanlage im Sinne des ersten Straftatbestandes der bezeichneten Gesetzesstelle als auch der Betrieb nach erfolgter Änderung im Sinne des zweiten Tatbestandes angelastet.

Damit hat aber die belangte Behörde - abgesehen von der hiefür erforderlichen Tatkonkretisierung - in Ansehung der dem Beschwerdeführer über den Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses hinaus angelasteten genehmigungslosen Änderung der in Rede stehenden Betriebsanlage im Sinne des ersten Tatbestandes des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 in diesbezüglicher Überschreitung des gegen den Beschwerdeführer im erstbehördlichen Straferkenntnis erhobenen Strafvorwurfes nicht im Sinne des § 66 Abs. 4 GewO 1973 (§ 24 VStG 1950) in der Sache erkannt und hat weiters in Ansehung des Vorwurfes des Betriebes einer geänderten Betriebsanlage im Sinne des zweiten Tatbestandes der zitierten Gesetzesstelle entgegen den obigen Darlegungen die Tat hinsichtlich der hiefür von ihr als bestimmend angesehenen Tatumstände nicht in einer Weise umschrieben, die die Zuordnung des Tatverhaltens zu der als verletzt angesehenen Verwaltungsvorschrift ermöglichen würde.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon in Hinsicht darauf mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher - ohne daß es einer Erörterung des hievon unabhängig zu beurteilenden weiteren Beschwerdevorbringens bedurft hätte - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft über den zuerkannten Betrag hinausgehenden nicht erforderlichen Stempelgebührenmehraufwand.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Mängel bei Beschreibung ungenaue Angabe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990040354.X00

Im RIS seit

28.05.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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