Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Dr. Michael N gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. Dezember 1990, Zl. I/7-St-Sch-90264, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der NÖ. Landesregierung vom 17. Dezember 1990 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 für schuldig befunden, weil er am 12. Juni 1990 um
20.55 Uhr im Gemeindegebiet von Theiß mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw "auf der B 3, bei km 106,0 Fahrtrichtung
Krems/Donau ... schneller als die auf Freilandstraßen erlaubte
Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h gefahren" sei. Über den Beschwerdeführer wurde daher eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.400,-- (Ersatzarreststrafe 84 Stunden) verhängt.
Die Berufungsbehörde ging entsprechend der Begründung ihres Bescheides davon aus, daß die vom Beschwerdeführer zur Tatzeit am Tatort gefahrene Geschwindigkeit auf Grund einer Radarmessung festgestellt worden sei.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde zwar mit Recht vor, sich nicht mit seinem Einwand auseinandergesetzt zu haben, daß das Radargerät entsprechend der Stellungnahme des Landesgendarmeriekommandos vom 12. August 1990 parallel zur Fahrbahn und nicht, wie dies vorgeschrieben sei, in einem Winkel von 22 Grad zur Fahrbahn aufgestellt worden sei, was zu Fehlmessungen geführt habe. Allerdings ist dieser Begründungsmangel nicht wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG, führt also nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil die belangte Behörde auch bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu keinem für den Beschwerdeführer günstigeren Bescheid gekommen wäre. Aus dem schon erwähnten Bericht des Landesgendarmeriekommandos ergibt sich nämlich, daß die parallel zur Fahrbahn erfolgende Aufstellung des Radargerätes den "Vorschriften" entspricht. Das bedeutet aber nicht, daß auch die Aussendung der Meßstrahlen parallel zur Fahrbahn erfolgt. Daß auch die Meßrichtung des Radargerätes nicht parallel zur Fahrbahn verlaufen ist, geht schon aus dem im Akt erliegenden Radarfoto hervor. Der Beschwerdeführer scheint also irrtümlich die parallel zur Fahrbahn erfolgende Aufstellung des Radargerätes mit der offenkundig nicht parallel zur Fahrbahn verlaufenden Richtung der Meßstrahlen des Radargerätes gleichzusetzen. Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, daß das im Beschwerdefall verwendete Radargerät zur Tatzeit nicht ordnungsgemäß aufgestellt gewesen sein könnte, weshalb der belangten Behörde - ungeachtet des aufgezeigten Begründungsmangels - im Ergebnis nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie von einer derartigen Annahme ausgegangen ist. Dies ungeachtet des Umstandes, daß der Beschwerdeführer keine Gelegenheit zur Einsichtnahme in die Betriebsanleitung des Radargerätes erhalten hat, weil sich daraus nicht zwingend ergibt, daß die Aufstellung des Radargerätes nicht in Übereinstimmung mit der Betriebsanleitung erfolgt ist und etwa deshalb von dem eingesetzten Radargerät eine andere als die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit angezeigt worden ist. Ebensowenig kann der belangten Behörde ein zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führender Verfahrensmangel angelastet werden, wenn sie den Zulassungsbescheid nicht beigeschafft hat, weil nach der Aktenlage jedenfalls davon auszugehen ist, daß das in Rede stehende Radargerät geeicht war und die gesetzliche Nacheichfrist entsprechend dem vorliegenden Eichschein erst am 31. Dezember 1992 abläuft. Mit dem Hinweis darauf, daß "laut Zulassungsschein gewisse Verfahrensbedingungen einzuhalten sind", sowie mit der Rüge, daß Kontrollfotos fehlen, vermag der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, weil der Beschuldigte im Einzelfall vorliegende konkrete Umstände für eine unrichtige Radarmessung aufzeigen muß (vgl. dazu das schon von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 9. Mai 1984, Zl. 83/03/0386). Im übrigen hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend die Auffassung vertreten, daß einem mit der Radarmessung betrauten Beamten auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Durchführung von Radarmessungen zuzumuten ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1983, Zl. 82/03/0284). Ferner hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift mit Recht darauf hingewiesen, daß eine nachträgliche Kontrolle an Ort und Stelle, ob das Radargerät richtig eingestellt worden ist, praktisch nicht mehr möglich ist, weil das Gerät exakt auf dem seinerzeitigen Standort aufgestellt werden müßte, was jedoch mangels meßtechnisch festgehaltener Standortbestimmung des Gerätes zur Tatzeit nicht mehr absolut sicher möglich sei.
Die vom Beschwerdeführer behauptete "Diskrepanz zwischen dem vorgelegten Eichschein und den handschriftlichen Aufzeichnungen auf dem im Akt erliegenden Radarfoto" besteht nicht, weil die auf dem Radarfoto u.a. enthaltene handschriftliche Zahlenangabe "393" jedenfalls mit der im Eichschein angeführten gleichlautenden "Fertigungsnummer" übereinstimmt. Daß die Bauart des in Rede stehenden Radargerätes in der Begründung des angefochtenen Bescheides - offenbar auf Grund eines Schreibfehlers - mit "NU VR 6F", und nicht, so wie im Eichschein, mit "MU VR 6F" angeführt worden ist, kann nicht bedeuten, daß sich der Eichschein nicht auf das am Tatort zur Tatzeit eingesetzte Radargerät bezieht, und ist daher im gegebenen Zusammenhang ohne Relevanz.
Der Vorwurf einer gesetzwidrigen Strafbemessung ist unbegründet, weil der Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt hat, daß die belangte Behörde zutreffend von einem monatlichen Nettoeinkommen des Beschwerdeführers in der Höhe von S 15.000,-- und Sorgepflichten für die Gattin und zwei Kinder ausgegangen ist, was aber bedeutet, daß die verhängte Strafe im Ausmaß von S 1.400,-- dem Unrechtsgehalt der Tat (die zulässige Geschwindigkeit von 100 km/h wurde um nicht weniger als 44 km/h überschritten) keinesfalls unangemessen ist. Bei seinem Hinweis darauf, daß mit der - vor Erlassung des Straferkenntnisses ergangenen - Strafverfügung ebenfalls bereits eine gleich hohe Geldstrafe verhängt worden ist, übersieht der Beschwerdeführer, daß die Erlassung einer Strafverfügung zufolge § 47 Abs. 1 VStG "ohne weiteres Verfahren", also auch ohne Erhebungen über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erfolgt. Die Kriterien des § 19 Abs. 2 VStG sind nach dem ersten Satz dieser Regelung - erst - "im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46)" anzuwenden. Die für die Behörde erster Instanz maßgebend gewesenen Erwägungen für die in der Strafverfügung ausgesprochene Höhe der Geldstrafe sind daher für die Frage der Rechtmäßigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid verhängten Strafe ohne Belang.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt SachverhaltsfeststellungFeststellen der GeschwindigkeitBeweismittel Zeugenbeweis Zeugenaussagen von AmtspersonenParteiengehör Erhebungen ErmittlungsverfahrenVerhältnis zu anderen Normen MaterienBeweismittel AugenscheinBeweismittel Auskünfte Bestätigungen StellungnahmenBeweismittel Amtspersonen Meldungsleger Anzeigen Berichte ZeugenaussagenRadar ErkundungsbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991180041.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
30.07.2010