TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/10 91/12/0096

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Veröffentlicht am 10.06.1991
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §38 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. März 1991, Zl. 6221/359-II/4/90, betreffend Versetzung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Abteilungsinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle war der Gendarmerieposten X, von dem der Beschwerdeführer letztlich mit dem angefochtenen Bescheid zum Gendarmerieposten Z versetzt wurde.

Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers sei er an seiner früheren Dienststelle unter anderem mit dem Transport von jugoslawischen und türkischen Schubhäftlingen an die jugoslawische Grenze befaßt gewesen. Hinsichtlich der Zeiteinteilung und der Verrechnung von Gebühren habe er sich gänzlich an eine Übung gehalten, die schon vor Beginn seiner diesbezüglichen Tätigkeit gegeben gewesen sei. Eine Überprüfung im Jahre 1987 habe aber zum Ergebnis geführt, daß insbesondere zuviel Gefahrenzulage verrechnet worden sei, worauf gegen mehrere Beamte Disziplinar- und Strafanzeige erstattet worden sei. Mit Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt vom 26. Mai 1988 sei der Beschwerdeführer des Vergehens des Betruges unter Ausnützung einer Amtsstellung nach den §§ 146, 313 StGB schuldig erkannt worden, wobei ihm die unzulässige Verrechnung von Gefahrenzulage an 15 verschiedenen Tagen im Gesamtbetrag von S 416,40 zur Last gelegt worden sei. Die Tatsache einer "eingefahrenen ungeprüften seit mehreren Jahren" bestandenen Praxis sei im Gerichtsurteil ausdrücklich angeführt, darin aber kein Rechtfertigungsgrund erblickt und davon ausgegangen worden, daß der Beschwerdeführer ein zumindest bedingtes Unrechtsbewußtsein gehabt habe.

Das Disziplinarverfahren habe ebenfalls mit einem Schuldspruch geendet, der insoweit über die strafgerichtliche Verurteilung hinausgegangen sei, als der Beschwerdeführer auch schuldig befunden worden sei, die Fahrten nicht ohne unnötigen Verzug durchgeführt zu haben, wodurch auch übermäßig hohe Überstunden für den Beschwerdeführer selbst und die anderen Beamten angefallen seien. Der Beschwerdeführer sei zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- verurteilt worden. Bis zur Entscheidung im Disziplinarverfahren am 13. Dezember 1988 sei der Beschwerdeführer suspendiert gewesen; anschließend sei er zum Gendarmerieposten Z dienstzugeteilt worden.

Mit Bescheid des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich vom 6. Februar 1990 wurde der Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom 1. März 1990 wegen Vorliegens eines wichtigen dienstlichen Interesses von Amts wegen vom Gendarmerieposten X zum Gendarmerieposten Z versetzt und als Sachbearbeiter eingeteilt, weil er in den Jahren 1984 bis 1987 im Zuge der Durchführung von Schüblingstransporten an die jugoslawische Staatsgrenze als verantwortlicher Kommandant Dienstpflichtverletzungen begangen habe, die zu seiner Suspendierung und seiner disziplinären bzw. strafrechtlichen Verurteilung geführt hätten.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer in seiner Berufung vor, daß die Verurteilungen zu Unrecht erfolgt seien und diese für sich allein noch kein wichtiges dienstliches Interesse im Sinne des § 38 Abs. 2 BDG 1979 für die Versetzung darstellten, weil dadurch sein Ansehen und seine Autorität als Funktionsbeamter und Vorgesetzter nicht in Frage gestellt seien. Ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung könne auch deswegen nicht vorliegen, weil seit der Beendigung des Disziplinarverfahrens und Aufhebung der Suspendierung bereits 14 Monate vergangen seien.

Dieser Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 38 Abs. 2 BDG 1979 keine Folge.

Zur Begründung führt die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensablaufes im wesentlichen weiter aus, es sei 1987 festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer zumindest in der Zeit von 1984 bis 1987 im Zuge der Durchführung von Schüblingstransporten an die jugoslawische Staatsgrenze als verantwortlicher Kommandant laufend gegen dienst- und strafrechtliche Bestimmungen verstoßen habe, indem er

a)

durch die unnötige Ausdehnung der Rasten und die Meldung späterer Zeiten der Übergabe der Schubhäftlinge verursacht habe, daß für ihn und die teilnehmenden Beamten ungerechtfertigte Überstunden in größerem Umfang angefallen seien, und

b)

mit Bereicherungsabsicht durch Anführen unrichtiger Beginn- bzw. Endzeiten des exekutiven Außendienstes im Aufzeichnungsbeleg für die Gefahrenzulage in erheblichem Umfang zu Unrecht die Gefahrenzulage verrechnet habe.

Auf Grund dieser Verfehlungen sei der Beschwerdeführer vom 31. März 1987 bis 13. Dezember 1988 suspendiert gewesen. Außerdem sei der Beschwerdeführer vom Kreisgericht Wr. Neustadt wegen Vergehens des Betruges rechtskräftig verurteilt und über ihn von der Disziplinarkommission wegen schuldhafter Dienstpflichtverletzungen eine Geldstrafe von S 10.000,-- verhängt worden.

Da wegen der Verfehlungen des Beschwerdeführers eine weitere Verwendung beim Gendarmerieposten X nicht mehr vertretbar gewesen sei, sei der Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom 16. Dezember 1988 mit dem Ziel einer Versetzung dem Gendarmerieposten Z dienstzugeteilt und mit den Aufgaben eines Sachbearbeiters betraut sowie in der Folge das Versetzungsverfahren eingeleitet worden. Auf Grund des einzuhaltenden Verfahrens (Einräumung der Gelegenheit zur Stellungnahme, Verfahren nach § 10 Abs. 5 PVG, Befassung des Landeshauptmannes) habe trotz des Vorliegens der wichtigen dienstlichen Interessen der Versetzungsbescheid erst am 6. Februar 1990 erlassen werden können. Der Auffassung des Beschwerdeführers, daß ein wichtiges dienstliches Interesse auch deshalb nicht vorliegen könne, weil die Versetzung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Aufhebung der Suspendierung, sondern erst nach einem Zeitraum von 14 Monaten verfügt worden sei, könne daher nicht beigepflichtet werden.

Daß mit dem Fehlverhalten des Beschwerdeführers insbesondere für seine Stellung als Vorgesetzter ein Ansehens- und Autoritätsverlust verbunden sei und der Beschwerdeführer derzeit für eine Führungsfunktion nicht geeignet erscheine, stehe außer Zweifel, weil die Stellung als Vorgesetzter ein hohes Maß an Pflichtbewußtsein im Interesse der Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes und des Vertrauens der Allgemeinheit in die Korrektheit der staatlichen Verwaltung sowie die persönliche Integrität des Beamten erfordere. Als erster Stellvertreter des Postenkommandanten hätte der Beschwerdeführer Führungsaufgaben zu besorgen und bei Abwesenheit des Postenkommandanten die Dienststelle zu leiten und sei mit der Dienstaufsicht sowie Kontroll- und Abrechnungsaufgaben befaßt. Für die Ausübung einer derartigen Funktion sei es daher notwendig, daß der betreffende Beamte ein tadelloses dienstliches Verhalten aufweise und nicht wegen begangener Dienstpflichtverletzungen in seiner Amtsführung beeinträchtigt sei. Die Dienstbehörde sei an die rechtskräftigen Verurteilungen des Strafgerichtes und der Disziplinarkommission gebunden. Der Beschwerdeführer bringe in seiner Berufung auch keinerlei Gründe vor, die die Dienstbehörde zu einer anderen Entscheidung hätten veranlassen können. Es sei daher davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfenen Taten unrechtmäßig und schuldhaft begangen habe. Auf Grund der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verfehlungen sei die Dienstbehörde der Ansicht, daß durch diese eine entsprechende Erfüllung der im § 45 BDG 1979 angeführten Dienstpflichten eines Vorgesetzten und Dienststellenleiters nicht gewährleistet sei. Die Gründe, die für eine Versetzung des Beschwerdeführers sprächen, seien durch ein weiteres Disziplinarerkenntnis vom 20. September 1990 noch zusätzlich erhärtet, weil sich der Beschwerdeführer nach diesem am 18. Jänner 1990 anläßlich eines Schüblingstransportes abermals einer Dienstpflichtverletzung schuldig gemacht habe. Das Abteilungskommando habe den Beschwerdeführer auf Grund dieses Vorfalles von der weiteren Durchführung von Schubtransporten ausgeschlossen. Durch die Fortsetzung und oftmalige Wiederholung der gleichen Dienstpflichtverletzungen müsse geschlossen werden, daß der Beschwerdeführer nicht fähig oder gewillt sei, die Einhaltung von Vorschriften zu gewährleisten und seine Funktion ordnungsgemäß zu erfüllen. Darüber hinaus bestehe noch ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung des Beschwerdeführers, weil beim Gendarmerieposten Z ein dringender Bedarf an dienstführenden Beamten bestehe und auf Grund der dienstlichen Verfehlungen des Beschwerdeführers bei seiner weiteren Verwendung am Gendarmerieposten X zwischen ihm und dem wesentlich jüngeren Kommandanten bzw. den Beamten dieser Dienststelle Spannungen nicht ausgeschlossen werden könnten, die zu Störungen des Arbeitsklimas führen würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Unterbleiben einer gesetzlich durch § 38 BDG 1979 nicht gedeckten Versetzung, durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Gemäß § 38 Abs. 2 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, ist eine Versetzung von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht.

Die Bedeutung der Regelung des Versetzungsschutzes ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere darin zu sehen, den Beamten vor sachlich nicht gerechtfertigten Versetzungsmaßnahmen der Dienstbehörde zu schützen (vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 18. März 1985, Zl. 83/12/0178 u. a.). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 10. November 1980, Zlen. 2801, 2802/80, im Zusammenhang mit der unrichtigen Verrechnung von Überstunden, die beim seinerzeitigen Beschwerdeführer aber weder zu einer straf- noch zu einer disziplinarrechtlichen Verurteilung geführt hatte, ausgeführt, daß eine mit der Gesetzeslage in klarem Widerspruch stehende Führung der dienstlichen Aufgaben durch einen Beamten grundsätzlich geeignet ist, das im § 38 Abs. 2 BDG 1979 geforderte wichtige dienstliche Interesse darzustellen. Dies ist umso mehr dann gegeben, wenn Gesetzwidrigkeiten in mehr als einer Richtung vorliegen, wenn diese über einen mehrjährigen Zeitraum fortgesetzt worden sind bzw. wenn sie u.a. dafür ursächlich waren, daß diesem Beamten selbst höhere als die ihm gebührenden Bezüge ausbezahlt worden sind. Ob in diesem Zusammenhang den Beamten subjektiv gesehen ein Verschulden trifft oder nicht, ist für das Versetzungsverfahren ebenso unbeachtlich wie der allfällige Grad dieses Verschuldens. Ebenso unwesentlich ist es, wenn die aufgezeigten Konsequenzen teilweise auf eine vom Beamten übernommene und nicht erst von ihm neu eingeführte Praxis zurückgingen, weil sich der Beamte nach dem Gesetz und nicht nach vorgefundenen Praktiken zu orientieren hat. Daß wirksame Kontrollen übergeordneter Stellen die objektiv nicht erklärbaren schweren Fehler schneller aufgedeckt hätten, ändert nichts an der Verantwortung des Beamten für diese Fehler, die bereits für sich allein das wichtige öffentliche Interesse begründen, den Beamten aus dem dienstlichen Bereich zu entfernen, wo ihm derartiges unterlaufen ist. Denn dieses Interesse folgt hier schon aus der Rücksicht auf das Ansehen einer nach dem Gesetz geführten staatlichen Verwaltung nach außen und nach innen (nämlich gegenüber der großen Zahl der anderen Bediensteten der Dienststelle). Diese Rücksicht verlangt die Versetzung des Beschwerdeführers auch dann, wenn eine gesetzmäßige Besorgung der Agenden von ihm für die Zukunft nun auch in seiner bisherigen Position zu erwarten wäre. Sie hängt auch nicht davon ab, ob nach den eingetretenen Umständen der Dienstgeber dem Beamten das allgemein gesehen zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer unerläßliche Vertrauen zu entziehen berechtigt ist oder nicht. Denn ein solches Vertrauen wird auch für die Verwendung des Beschwerdeführers bei seiner neuen Dienststelle nötig sein.

Schon der von der Beschwerde gar nicht in Zweifel gezogene Sachverhalt zeigt im Sinne der vorher wiedergegebenen Rechtsprechung das wichtige dienstliche Interesse und damit die Berechtigung der mit dem angefochtenen Bescheid getroffenen Versetzungmaßnahme. Damit sind auch die in der Beschwerde behaupteten Verfahrensverletzungen, selbst wenn sie gegeben wären, im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof jedenfalls nicht entscheidungswesentlich.

Ebensowenig kann dem Beschwerdeeinwand, die Versetzung sei bezogen auf das das wichtige dienstliche Interesse begründende rechtswidrige Verhalten des Beschwerdeführers verspätet erfolgt, Berechtigung zuerkannt werden, weil die belangte Behörde in der vorher wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides hinreichend und vom Beschwerdeführer unwidersprochen dargelegt hat, aus welchen Gründen die Versetzung des Beschwerdeführers nicht schon nach Aufhebung seiner Suspendierung, sondern erst später verfügt werden konnte.

Da bereits auf Grund des Inhaltes der Beschwerde erkennbar war, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991120096.X00

Im RIS seit

21.12.2001

Zuletzt aktualisiert am

02.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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