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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):91/03/0250Betreff
Der VwGH hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerden der Heidi M in K, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in I, gegen 1) den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. Februar 1991, Zl. IIb2-V-8410/4-91, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung und 2) den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. Juni 1991, Zl. IIb2-V-8410/6-91, betreffend Berichtigung des unter Z. 1) angeführten Bescheides, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Vom Landesgendarmeriekommando für Tirol, Verkehrsabteilung, wurde gegen den Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws Anzeige erstattet, weil dieser am 13. November 1989 um 13.02 Uhr auf der A-12, km 125.3, in Roppen, Autobahnende, innerhalb der Zone von 80 km/h in Richtung Westen mit einer Geschwindigkeit von 142 km/h gefahren sei und dadurch die erlaubte Höchstgeschwindigkeit "um 62 km/h - 5 km/h = 57 km/h" überschritten habe. Die Geschwindigkeit sei mit einem geeichten Verkehrsradargerät gemessen worden. Die entsprechenden Verkehrszeichen seien zum Zeitpunkt der Messung gut sichtbar angebracht gewesen. Als Lenkerin des Pkws wurde die Beschwerdeführerin ermittelt. Ihr Ehegatte hat dazu angegeben, daß sie unabsichtlich zu schnell gefahren sei.
Am 24. Jänner 1990 wurden der Beschwerdeführerin Kopien (auch der Anzeige) zur "Stellungnahme innerhalb von drei Wochen" ausgefolgt.
In der nach Akteneinsicht auftragsgemäß abgegebenen Stellungnahme vom 9. Februar 1990 bestritt die Beschwerdeführerin die Geschwindigkeitsüberschreitung. Es dürfte wegen der im Vorfallsbereich angebrachten Baulichkeiten (Hinweiszeichen, Leitplanke u.ä.) eine Fehlmessung des Radargerätes vorgelegen sein. Außerdem liege "bezüglich der Verordnung in diesem Bereich" ein Kundmachungsmangel vor. Die Verkehrszeichen am Autobahnende Roppen ergäben sich aus einer Verordnung vom 30. Juni 1986. Punkt 2 der Verordnung beziehe sich auf einen vom Amt der Tiroler Landesregierung
- Bundesstraßenverwaltung - verfaßten Verkehrszeichenplan. Dieser Skizze sei zu entnehmen, daß erst bei Kilometer 125,5 eine entsprechende Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet worden sei. Diese Beschränkung sei nicht mit Worten verfügt worden, sondern es verweise die Verordnung auf die im Plan eingezeichneten Verkehrszeichen. Dies sei aber unzulässig. Im übrigen habe die Beschwerdeführerin die Verkehrszeichen im Vorfallsbereich auch deswegen nicht erkennen können, da vor ihr zwei Lastkraftwagen zunächst gefahren seien, die infolge ihres parallelen Fahrens eine Sicht auf die Verkehrszeichen nicht zugelassen hätten, sodaß sie keine Schuld daran habe, wenn sie allenfalls schneller als 80 km/h gefahren sei.
Der Meldungsleger wurde von der Behörde aufgefordert, zu den Rechtsfertigungsangaben der Beschwerdeführerin "Tatort und Eichschein" Stellung zu nehmen. In seiner schriftlichen Äußerung führte der Meldungsleger unter anderem aus, daß er das mobile Radargerät am Autobahnende der A-12 in Roppen bei km 125,3 vorschriftsmäßig aufgestellt und nach Einlegen der Karte für diesen Standort eingeschaltet habe. Noch bevor er dazu gekommen sei, ein Testfoto zu drücken, sei das in Rede stehende Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 142 km/h ins Radar gefahren. Eine Fehlmessung liege nicht vor. Die Geschwindigkeitsbeschränkung 80 km/h liege zwischen km 124.930 und ca. 125,5 und gehe "bis 31.12.1989". Die Tafeln seien gut sichtbar, beidseitig und wiederholt aufgestellt, sodaß diese auch gesehen werden könnten, wenn zwei Lastkraftwagen nebeneinander fahren. Ein Eichschein wurde vorgelegt.
In der Stellungnahme dazu brachte die Beschwerdeführerin vor, aus dem Umstand, daß das Radarbild zu einem Zeitpunkt gemacht worden sei, noch bevor der Meldungsleger dazu gekommen sei, "ein Testfoto zu drücken", sei zu schließen, daß das Gerät nicht einwandfrei funktioniert habe. Die Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h gelte für eine Strecke von mehr als einem Kilometer. Der Tatort liege offenbar innerhalb dieses Bereiches. Im übrigen wiederholte die Beschwerdeführerin ihren Einwand, daß der in Rede stehenden Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung ein Kundmachungsmangel anhafte.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 19. April 1990 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 13. November 1989 um ca. 13.02 Uhr in Roppen einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der A-12 in Richtung Westen gelenkt und "bei km 25.3" die ziffernmäßig zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 57 km/h überschritten. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach "§ 52/10a" StVO begangen, weshalb über sie eine Geldstrafe von S 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) verhängt wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, der im Spruch angeführte Sachverhalt stehe auf Grund des Anzeigeninhaltes sowie des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen fest. Der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung sei als gravierend zu bewerten. Als Verschuldensgrad komme Vorsatz in Betracht. Erschwerend sei kein Umstand zu berücksichtigen gewesen. Die Strafhöhe sei dem Unrechtsgehalt der Tat angepaßt.
In der gegen dieses Straferkenntnis eingebrachten Berufung wendete die Beschwerdeführerin neuerlich ein, daß die Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung - unzulässigerweise - auf den Verkehrszeichenplan verweise. Dieser "Skizze" sei zu entnehmen, "daß erst bei Kilometer 125,5 eine entsprechende Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet worden" sei. Wegen ihrer aktenkundigen Einkommens- und Vermögenssituation bekämpfte die Beschwerdeführerin auch die Höhe der verhängten Strafe.
Die Berufungsbehörde vernahm den Meldungsleger als Zeugen, der auf seine bisherigen Angaben verwies. Eine Fehlmessung sei völlig auszuschließen. Er hätte die Geschwindigkeit auch ohne Radargerät "mit 130-140 km/h" geschätzt. Im Berufungsverfahren wurde ferner eine Stellungnahme des Bezirksbauamtes Imst eingeholt, in der bestätigt wurde, daß zum Tatzeitpunkt "der Bereich von km 124,92 - km 125,8 auf eine höchstzulässige Geschwindigkeit von 80 km/h beschränkt" gewesen sei. Der Aufstellungsort der Verkehrszeichen entspreche dem Beschilderungsplan.
Der Beschwerdeführerin wurde Gelegenheit gegeben, zum Ergebnis des Berufungsverfahrens Stellung zu nehmen, von der sie auch Gebrauch machte.
Mit Bescheid vom 6. Februar 1991 wies die Tiroler Landesregierung die Berufung der Beschwerdeführerin mit der Maßgabe als unbegründet ab, als die Übertretung mit Bestimmung zu lauten habe: "§ 52a Zif. 10 lit. a StVO 1960" (richtig wohl:
§ 52 lit. a Z. 10a StVO 1960", vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 1987, Zl. 86/03/0208). Zur Begründung ihres Bescheides führte die Landesregierung aus, auf Grund des Akteninhaltes stehe fest, daß die Beschwerdeführerin die "bei km 25.3 der A-12 Richtungsfahrbahn Westen geltende Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h" überschritten habe. Zum Tatzeitpunkt sei "im Bereich von km 124.92 bis km 125.8" die höchstzulässige Geschwindigkeit mit 80 km/h beschränkt gewesen. Im übrigen sei es mittlerweile zulässig, daß der Inhalt einer Verordnung nicht ausdrücklich durch Worte wiedergegeben werden müsse, wenn ein entsprechender Plan vorhanden sei. Die entsprechenden Verkehrszeichen seien zum Zeitpunkt der Übertretung gut sichtbar angebracht und das Radargerät in Betrieb gewesen. Eine Fehlmessung sei laut Aussage des Meldungslegers auszuschließen. Zur Strafbemessung wurde ausgeführt, daß die Mißachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten immer wieder die Ursachen schwerer Verkehrsunfälle sei. Der Unrechtsgehalt einer derartigen Übertretung sei daher beträchtlich. Beim Verschulden sei zuminst von Fahrlässigkeit auszugehen. Als mildernd sei die bisherige Straffreiheit der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen gewesen, erschwerend hingegen das gravierende Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu hg.
Zl. 91/03/0043 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Mit dem weiteren Bescheid vom 26. Juni 1991 berichtigte die Tiroler Landesregierung ihr Berufungserkenntnis vom 6. Februar 1991 gemäß § 62 Abs. 4 AVG (§ 24 VStG) dahin, daß sein Spruch nunmehr wie folgt zu lauten hat: Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als die ziffernmäßig zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um ca. 57 km/h anstelle bei km 25.3 bei km 125.3 überschritten wurde, sowie die Übertretung mit Bestimmung zu lauten hat: "§ 52a Zif. 10 lit. a StVO 1960". Ferner habe in der Begründung anstelle der Bezeichnung km 25.3 überall die Bezeichnung km 125.3 zu treten. Zur Begründung des Berichtigungsbescheides wurde ausgeführt, der Standort der Radarmeßanlage auf der A-12 Roppen Ende bei km 125.3 sei auf Grund der Anzeige des Meldungslegers sowie des Schreibens des Baubezirksamtes als erwiesen anzusehen. Die mit km 25.3 falsch angegebene Kilometerbezeichnung, die auf einen Schreibfehler bzw. eine diesem gleichzuhaltenden, offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit der Erst- bzw. Berufungsbehörde zurückzuführen sei, sei daher gemäß § 62 Abs. 4 AVG von Amts wegen zu berichtigen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu hg.
Zl. 91/03/0250 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:
1) ZUR BESCHWERDE GEGEN DEN BESCHEID VOM 26. JUNI 1991
(BERICHTIGUNGSBESCHEID):
Gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950, der gemäß § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen. Die Anwendbarkeit der Vorschrift über die Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1974, Slg. Nr. 8554/A) einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, daß eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist. Die Berichtigung ist auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit von Bescheiden eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, wobei es allerdings ausreichend ist, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit des Bescheides erkennen können, und die Unrichtigkeit ferner von der Behörde - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1985, Zl. 85/02/0248, und die dort zitierte Vorjudikatur). In diesem Sinne können auch Tatort und Tatzeit Gegenstand der Berichtigung sein (vgl. dazu das hg. Erkentnis vom 6. Oktober 1982, Zlen. 82/03/0184, 0194).
Die Beschwerdeführerin wendet in ihren Beschwerdeausführungen auch Unzuständigkeit der belangten Behörde ein. Da am 1. Jänner 1991 ein "Berichtigungsverfahren" noch nicht anhängig gewesen sei, sei die belangte Behörde nicht mehr zuständig gewesen, sondern "die unabhängigen Verwaltungssenate entsprechend den Verfahrensvorschriften laut Bundesgesetz von 06.07.1990".
Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin die Rechtslage. Behörde im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG 1950 ist die Behörde, die den - zu berichtigenden - Bescheid erlassen hat, sei es in erster Instanz oder im Rechtsmittelwege (zur Befugnis der Berufungsbehörde, Bescheide der Untersinstanz zu berichtigen, siehe die hg. Erkenntnisse vom 22. Mai 1985, Slg. Nr. 11.775/A, und vom 24. Jänner 1990, Zl. 89/02/0217). Nur diese Behörde kann den mit einem Fehler oder einer diesem gleichzuhaltenden Unrichtigkeit behafteten Bescheid berichtigen, nicht hingegen eine Behörde, die mit der Erlassung des fehlerhaften Bescheides nicht, und zwar auch nicht im Rechtsmittelweg, befaßt war. Dies ergibt sich schon daraus, daß eine Behörde - abgesehen von der zuständigen Rechtsmittelbehörde - jeweils nur ihren Bescheid, nicht aber auch den Bescheid einer anderen Behörde, insbesondere eine Rechtsmittelbehörde nicht den Bescheid einer anderen Rechtsmittelbehörde, berichtigen darf. Aber auch aus dem Umstand, daß ein Berichtigungsbescheid mit dem von ihm berichtigten Bescheid eine Einheit bildet und demgemäß der berichtigte Bescheid als im Sinne des Berichtigungsbescheides in dem Zeitpunkt geändert angesehen werden muß, in dem er in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1960, Slg. Nr. 5253/A) folgt, daß die Behörde, die den berichtigten Bescheid erlassen hat, auch zur Erlassung des Berichtigungsbescheides zuständig ist. Die belangte Behörde war demnach ungeachtet dessen, daß am 1. Jänner 1991 ein "Berichtigungsverfahren" noch nicht anhängig war, zur Erlassung des Berichtigungsbescheides zuständig.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin stand auch der Ablauf der Frist des § 51 Abs. 5 VStG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 358/1990 einer Berichtigung des Bescheides nach § 62 Abs. 4 AVG nicht entgegen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1985, Slg. Nr. 11.922/A, sowie das schon zitierte hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1990, Zl. 89/02/0217).
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin hätte ihr vor Erlassung des Berichtigungsbescheides Parteiengehör gewährt werden müssen, weil der maßgebliche Sachverhalt geändert worden sei (anderer Tatort) und den Parteien auch Gelegenheit gegeben werden müsse, ihre Auffassung über die von der Behörde aus dem festgestellten Sachverhalt abgeleiteten Rechtsfolgen zu äußern.
Dem ist zu entgegnen, daß von der belangten Behörde weder ein anderer Sachverhalt festgestellt noch der von ihr angenommene Sachverhalt einer anderen rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde. Mit dem angefochtenen Berichtigungsbescheid wurde von ihr bei gleichgebliebenem Sachverhalt lediglich eine ihr unterlaufene - und, wie noch darzustellen sein wird, vermeidbare sowie der Beschwerdeführerin erkennbare - Unrichtigkeit berichtigt. Dazu bedurfte es nicht der Einräumung des Parteiengehörs.
Die Beschwerdeführerin bestreitet das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bescheidberichtigung. Es sei der Tatort ausgewechselt und dadurch eine nachträgliche Änderung im Inhalt des Bescheides vorgenommen worden. Ein genauer Vorhalt hinsichtlich des Tatortes sei unterblieben. Die Erstinstanz sei von einer Verwaltungsübertretung "bei km 25,3" ausgegangen, was mit dem berichtigten Bescheid bestätigt worden sei, obwohl in dessen Begründung ausdrücklich darauf Bezug genommen worden sei, daß im Bereich von km 124,92 bis km 125,8 die höchstzulässige Geschwindigkeit mit 80 km/h beschränkt sei. Keinesfalls sei die Unrichtigkeit eine offenkundige gewesen, die neben der Behörde die Beschwerdeführerin erkennen hätte müssen, weil der Beschwerdeführerin die Kilometereinteilung auf Autobahnen und im gegenständlichen Bereich nicht bekannt sei.
Wie der vorstehend wiedergegebenen Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen ist, wurde nicht nur in der Anzeige, sondern auch im schriftlichen Bericht des Meldungslegers der Tatort mit "km 125.3" (Anzeige) bzw. mit "bei km 125.3" (Bericht des Meldungslegers) angegeben und vom Meldungsleger überdies in seinem Bericht ausgeführt, daß die Geschwindigkeitsbeschränkung 80 km/h "zwischen km 124.930 und ca. 125.5" liegt. Der Beschwerdeführerin wurde die Anzeige und der Bericht des Meldungslegers mit der Aufforderung zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht, weshalb der Vorwurf, es sei ein genauer Vorhalt hinsichtlich des Tatortes unterblieben, der Grundlage entbehrt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1985, Zl. 85/02/083). Die Beschwerdeführerin selbst legte in ihrer Stellungnahme zur Anzeige sowie in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis ungeachtet des im Spruch unrichtig angegebenen Tatortes dar, daß "bei Kilometer 125.5" eine entsprechende Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet worden ist. Darüberhinaus wurde vom Baubezirksamt Imst im Zuge des Berufungsverfahrens bestätigt, daß zum Tatzeitpunkt der Bereich "km 124,92 - km 125,8" auf eine höchstzulässige Geschwindigkeit von 80 km/h beschränkt war, was von der Beschwerdeführerin ebenfalls unbestritten blieb und worauf die belangte Behörde in der Begründung des berichtigten Bescheides unter anderem ausdrücklich Bezug nahm. Ausgehend davon kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Voraussetzungen für eine Berichtigung ihres Berufungsbescheides vom 6. Februar 1991 als gegeben erachtete und annahm, daß für die Beschwerdeführerin die unrichtige Anführung der Tatzeit erkennbar und sohin offenkundig im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung war, zumal es nicht darauf ankam, ob der Beschwerdeführerin die Kilometereinteilung auf Autobahnen und im gegenständlichen Bereich tatsächlich bekannt war. Daß gegen die Beschwerdeführerin wegen der hier in Rede stehenden Übertretung keine Strafverfügung erlassen worden war, ist bei dem vorliegenden Sachverhalt ebenfalls ohne Belang, weshalb die Beschwerdeführerin aus der von ihr in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1982, Zl. 82/02/0013, für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen vermag. Die Beschwerdeführerin verkennt demnach die Rechtslage, wenn sie meint, es sei durch die Berichtigung eine Auswechslung der Tat, zu der die belangte Behörde nicht berechtigt gewesen wäre, erfolgt, und unzulässigerweise nachträglich der materielle Inhalt eines Bescheides geändert worden. Das Verwaltungsstrafverfahren hatte vielmehr von vornherein zum Gegenstand, daß die Beschwerdeführerin die in Rede stehende Übertretung auf der im Spruch angeführten Straße bei km 125,3 begangen habe. Das Versehen im Spruch und in der Begründung des berichtigten Bescheides betraf daher erkennbar einen (von der Behörde nicht beabsichtigten) unrichtigen Tatvorwurf, der von der Behörde - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können.
Da sohin der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die zur hg. Zl. 91/03/0250 protokollierte Beschwerde gegen den Berichtigungsbescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. Juni 1991 gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
2) ZUR BESCHWERDE GEGEN DEN BESCHEID DER TIROLER LANDESREGIERUNG VOM 6. FEBRUAR 1991 (ÜBERTRETUNG DES § 52 lit. a Z. 10a StVO):
Der Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. Februar 1991 ist der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Hinsicht auf die Abweisung der unter Punkt 1) angeführten Beschwerde in dem mit dem Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. Juni 1991 berichtigten Fassung zugrundezulegen. Soweit sich demnach die Ausführungen der vorliegenden Beschwerde auf die unrichtige Angabe des Tatortes beziehen, entbehren sie der Grundlage.
Die Beschwerdeführerin bemängelt, daß sich die belangte Behörde mit ihrer Argumentation, wonach eine Fehlmessung des Radargerätes vorliege, nicht entsprechend auseinandergesetzt habe. Sie habe darauf hingewiesen, daß in dem dem Aufstellungsort des Radargerätes gegenüberliegenden Bereich der Straße verschiedene Gegenstände vorhanden gewesen seien, die eine Fehlmessung auslösen hätten können. So sei dem Radarfoto zu entnehmen, daß sich im abgebildeten Bereich neben der Leitplanke auch verschiedene andere metallische Gegenstände befinden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß das vom Gerätehersteller vor Inbetriebnahme des Radargerätes verlangte Testfoto im vorliegenden Fall nicht angefertigt worden sei, das den Sinn gehabt hätte, festzustellen, ob das Radargerät einwandfrei funktioniere, zeige sich, daß sich die Behörde hinsichtlich dieses Punktes nicht allein mit der Aussage des Meldungslegers begnügen hätte dürfen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre unumgänglich gewesen. Von der Behörde sei nicht einmal erhoben worden, ob das Radargerät ordnungsgemäß im Sinne der Anordnungen des Geräteherstellers aufgestellt worden sei.
Die belangte Behörde gründete die Annahme, daß die Beschwerdeführerin die ihr zur Last gelegte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit begangen habe, auf die Anzeige, das den Verwaltungsstrafakten angeschlossene Radarfoto, den schriftlichen Bericht und die Zeugenaussage des Meldungslegers. Im schriftlichen Bericht des Meldungslegers wurde von diesem ausdrücklich festgehalten, daß er das mobile Radargerät vorschriftsmäßig aufgestellt habe. Der Vorwurf der Beschwerde, es sei nicht einmal erhoben worden, ob das Radargerät ordnungsgemäß aufgestellt worden sei, trifft sohin nicht zu. In seiner Zeugenaussage vom 17. Juli 1990, auf die sich die belangte Behörde insbesondere in der Frage, daß keine Fehlmessung des Radargerätes vorgelegen sei, stützte, schloß der Meldungsleger eine Fehlmessung des Gerätes auch deswegen aus, weil er die Geschwindigkeit auch ohne Radargerät mit 130 bis 140 km/h geschätzt hätte, was bedeutet, daß von ihm das Fahrzeug beobachtet und dessen Fahrgeschwindigkeit geschätzt wurde, wobei das Ergebnis seiner Schätzung der von ihm vom Radargerät abgelesenen Messung entsprach. Ausgehend davon stellt es zumindest keinen zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden wesentlichen Mangel dar, wenn die belangte Behörde sich mit den diesbezüglichen Einwendungen der Beschwerdeführerin nicht weiter auseinandersetzte und es unterließ, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Denn eine zusätzlich zur Radarmessung, die grundsätzlich ein zur Ermittlung der Fahrgeschwindigkeit geeignetes Beweismittel darstellt, erfolgte Schätzung der Fahrgeschwindigkeit, die mit dem Ergebnis der Radarmessung übereinstimmt, macht - wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 20. März 1986, Zl. 85/02/0277, vom 12. Juni 1986, Zl. 86/02/0039, und vom 11. September 1987, Zl. 87/18/0034) - weitere Ermittlungen im Zusammenhang entbehrlich.
Dem weiteren Vorwurf der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde sei ferner auf ihr Vorbringen, daß sie die im Vorfallsbereich angeblich angebrachten Verkehrszeichen deswegen habe nicht erkennen können, weil vor ihr zwei Lkws nebeneinander und sichtverdeckend gefahren seien, ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde selbst bei Vermeidung dieses Mangels zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können, hat doch der Meldungsleger in seinem schriftlichen Bericht ausdrücklich festgehalten, daß die Tafeln - der Tatort befindet sich nach der Aktenlage ungefähr in der Mitte des Geschwindigkeitsbeschränkungsbereiches - gut sichtbar, beidseitig und wiederholt aufgestellt waren, sodaß diese auch gesehen werden können, wenn zwei Lkws nebeneinander fahren. Trotz Kenntnis dieses Berichtes und ohne zu bestreiten, daß die Verkehrszeichen beidseitig aufgestellt waren, begnügte sich die Beschwerdeführerin mit einer bloßen Wiederholung ihrer Behauptung.
Schließlich vermag die Beschwerdeführerin auch mit der Behauptung, dadurch, daß die belangte Behörde die "verfahrensgegenständliche Verordnung" und den Plan Nr. 1219/7 (Beschilderungsplan) nicht - wie von ihr beantragt - beigeschafft habe, sei es ihr verwehrt gewesen, die Nichtgesetzmäßigkeit der Verordnung bzw. deren Kundmachung darzutun, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Von der Beschwerdeführerin wurde nie bestritten, daß der Geschwindigkeitsbeschränkung eine entsprechende Verordnung zugrundeliegt, deren "Gesetzmäßigkeit" von ihr ebenfalls nie in Abrede gestellt wurde. Ihre Bedenken richteten sich vielmehr ausschließlich gegen die ordnungsgemäße Kundmachung der Verordnung (unzulässige Verweisung auf den Verkehrszeichenplan), welche Bedenken aber in Hinsicht auf das Erkenntnis des verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1989, Zl. 87/03/0047, nicht berechtigt sind.
Die Beschwerdeführerin bekämpft auch - wie schon in der Berufung gegen das erstisntanzliche Straferkenntnis - die Strafbemessung. Es sei dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, von welchen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse die belangte Behörde ausgegangen sei. Diesbezüglich fänden sich auch keine Ermittlungsergebnisse im Akt. Vielmehr liege darüber nur ein "Gendarmeriebericht" vor, aus dem eine drückende Notlage der Beschwerdeführerin hervorgehe. Die Behörde habe es unterlassen, einen entsprechenden Milderungsgrund anzunehmen.
Auch diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, einen entsprechenden Milderungsgrund anzunehmen, trifft nicht zu, wurde doch von der belangten Behörde die bisherige Straffreiheit der Beschwerdeführerin als mildernd berücksichtigt. Richtig ist, daß in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschwerdeführerin nicht ausdrücklich erwähnt sind. Unrichtig ist hingegen, daß sich diesbezüglich keine Ermittlungsergebnisse im Akt befänden. Selbst die Beschwerdeführerin führt in der Beschwerde an, daß Angaben darüber ein "Gendarmeriebericht" (richtig ein der Anzeige angeschlossener Bericht der Bundespolizeidirektion) enthält, worauf von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis als "aktenkundig" ausdrücklich verwiesen wurde. Die belangte Behörde war demnach nicht verpflichtet, darüber weitere Ermittlungen anzustellen oder die unbestrittenen Angaben nachzuprüfen. Wohl stellt es einen Mangel dar, daß die belangte Behörde bei der Strafbemessung die - wie gesagt - aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht ausdrücklich erwähnte. Dieser Mangel ist aber nicht wesentlich, weil die verhängte Strafe in Hinsicht auf das gravierende Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 70 %, das von der belangten Behörde zu Recht als erschwerend gewertet wurde, selbst unter Berücksichtigung dieser für die Beschwerdeführerin ungünstigen Verhältnisse nicht als rechtswidrig zu erkennen ist. Geschwindigkeitsüberschreitungen stellen, wie die belangte Behörde ebenfalls zutreffend darlegte, immer wieder die Ursache schwerer Verkehrsunfälle dar, weshalb auch Gründe der Spezialprävention gegen eine Herabsetzung der Strafe sprechen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Februar 1991, Zl. 91/03/0014, sowie die weitere darin angeführte Vorjudikatur). Vor allem im Hinblick auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung widerspricht es nicht dem Sinn der Strafbemessungsbestimmungen, bei einer gesetzlichen Höchststrafe von S 10.000,-- die Strafe mit S 2.500,-- zu bemesssen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. März 1986, 85/02/0277).
Die zur hg. Zl. 91/03/0043 protokollierte Beschwerde erweist sich demnach ebenfalls als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
3) Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweismittelFeststellen der GeschwindigkeitÜberschreiten der GeschwindigkeitErschwerende und mildernde Umstände AllgemeinRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991030043.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
01.06.2010