TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/30 91/09/0085

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Veröffentlicht am 30.10.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §13a Z3;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs3;
AuslBG §4 Abs6 lita idF 1989/253;
AuslBG §4 Abs6 Z1 litb;
AuslBG §4 Abs6 Z2 litc;
AuslBG §4 Abs6 Z2;
AuslBG §4 Abs6 Z3;
AuslBG §4 Abs6 Z4;
AuslBG §4 Abs6;
AuslBG §4b;
AuslBG LandeshöchstzahlenV 1991;
AVG §37;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde der F GmbH in D, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 14. März 1991, Zl. 535.834/2-2a/91, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei beantragte nach ihrem Vorbringen mit einem mit 28. September 1990 datiertem Schreiben die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen namentlich genannten türkischen Staatsangehörigen als Maler und Verputzer.

Mit Bescheid des Arbeitsamtes Vorarlberg vom 19. Dezember 1990 wurde dieser Antrag mit der Begründung abgelehnt, die Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sowie das öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interesse rechtfertigten nicht die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Berufung war insoferne erfolgreich, als mit Bescheid vom 22. Jänner 1991 der erstinstanzliche Bescheid behoben wurde.

Gleichzeitig damit erging vom Landesarbeitsamt Vorarlberg als Behörde erster Instanz ein den Antrag im wesentlichen mit der Begründung ablehnender Bescheid, der Verwaltungsausschuß habe die Bewilligung nicht einhellig befürwortet; darüber hinaus lägen keine wichtigen Gründe für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung vor.

Gegen diese Entscheidung erhob die beschwerdeführende Partei neuerlich Berufung, in der sie besonders wichtige Gründe geltend machte und gegen die Verordnung, mit der u.a. eine Landeshöchstzahl für Vorarlberg festgesetzt worden war, verfassungsrechtliche Bedenken anmeldete.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Zur Begründung werden vorerst der Verfahrensablauf beschränkt auf den Bescheid des Landesarbeitsamtes als erste Instanz vom 22. Jänner 1991, die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei in ihrer Berufung und die Stellungnahme im Zuge des Parteiengehörs, in dem dargelegt worden ist, die zugewiesenen Ersatzkräfte seien wegen unzureichender Kenntnisse nicht eingestellt worden, wiedergegeben.

Nach Darstellung der Rechtslage, und zwar des § 3 Abs. 1 AuslBG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) und des § 4 Abs. 1 AuslBG führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus, es sei nicht nur eine Prüfung der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zum Zeitpunkt der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung, sondern eine solche auch unter Bedachtnahme auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes erforderlich, sodaß der Entscheidung auch Erwägungen für einen überschaubaren zukünftigen Zeitraum zugrunde gelegt werden müßten. In Verbindung mit den weiteren Voraussetzungen dieser Bestimmung (§ 4 Abs. 1 AuslBG), wonach wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht entgegenstehen dürften, ergebe sich, daß im Zusammenhang mit der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht nur der bei einem Arbeitgeber auftretende individuelle Arbeitskräftebedarf allein maßgeblich sei, sondern insbesondere auf konjunkturelle und strukturelle Beschäftigungsprobleme in einzelnen Branchen und Regionen Bedacht genommen werden müßte. Ein subjektiv empfundener Arbeitskräftemangel rechtfertige nicht die Beschäftigung von Ausländern.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides werden weiter die Voraussetzungen wiedergegeben, unter denen gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden dürfen und es wird ausgeführt, der Bundesminister für Arbeit und Soziales habe auf Grund des § 13a Z. 3 AuslBG mit Verordnung (BGBl. Nr. 754/1990) Landeshöchstzahlen für die Beschäftigung von Ausländern zur Sicherung der Bundeshöchstzahl gemäß § 12a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für das Jahr 1991 festgesetzt. Mit dieser Verordnung sei für das Bundesland Vorarlberg eine Landeshöchstzahl von 18.500 festgelegt worden. Diese Landeshöchstzahl sei, wie die Statistik über die Beschäftigung von Ausländern ausweise, zum Stichtag 28. Feber 1991 weit überschritten (22.146 Ausländer). Diese Tatsache sei in Fachkreisen bekannt; die beschwerdeführende Partei habe daher auch keine Einwendungen gegen die Feststellung der Überschreitung der Landeshöchstzahl erhoben.

Die Prüfung des Antrages der beschwerdeführenden Partei habe ergeben, daß die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 AuslBG nicht gegeben seien, weil insgesamt 260 inländische und 61 ausländische, im Leistungsbezug nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz stehende Arbeitskräfte im Bereich des Landesarbeitsamtes Vorarlberg für eine Vermittlung vorgemerkt seien. Bei diesen Personen handle es sich um Angehörige jener Berufsart, wie sie für die Besetzung des Arbeitsplatzes, auf dem die beschwerdeführende Partei den Ausländer beschäftigen wolle, in Betracht kämen. An der Vermittlung dieser Personen bestehe im Hinblick auf die aus öffentlichen Mitteln zu erbringenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ein dringendes öffentliches Interesse. Die subjektive Festlegung auf eine bestimmte Arbeitskraft, für die keine objektive Notwendigkeit bestehe, könne keinen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach sich ziehen.

Die beschwerdeführende Partei habe darauf verwiesen, daß ihr bisher noch keine geeigneten inländischen Arbeitskräfte hätten vermittelt werden können. Die im allgemeinen erfolgreiche Vermittlung von Arbeitskräften durch das Arbeitsamt zeige jedoch, daß die Deckung auch des Arbeitskräftebedarfes der beschwerdeführenden Partei aus dem vorhandenen Arbeitskräftepotential möglich wäre. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, daß die dem Arbeitsamt für eine Vermittlung zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte nachweislich nicht für die Erfordernisse des konkreten Arbeitsplatzes geeignet seien. Im übrigen erscheine für eine Tätigkeit als "angelernter Maler und Verputzer" eine kurze Einschulungszeit als durchaus angemessen. Die beschwerdeführende Partei habe jedoch die angebotenen Ersatzkräfte ohne Angabe ausreichender Gründe abgelehnt, obwohl einige über einschlägige Qualifikationen als Maurer, Maurerhelfer oder Maler verfügt hätten.

Da somit kein zwingender Bedarf an dem "beantragten ausländischen Arbeitnehmer" bestehe, lasse die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung für den beantragten türkischen Staatsbürger nicht zu. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe in ständiger Judikatur klargestellt, daß schon bei Vorhandensein geeigneter Ersatzkräfte kein Anspruch des Arbeitgebers auf eine individuell bevorzugte ausländische Arbeitskraft bestehe.

Unbeschadet der fehlenden Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 AuslBG seien auch die Voraussetzungen nach Abs. 6 dieser Bestimmung nicht gegeben, weil solche wichtigen Gründe, auf Grund derer die Beschäftigung des Ausländers erfolgen sollte, oder öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen, welche die Beschäftigung des Ausländers erforderten, nicht gegeben seien. Bei einer Ersatzstellung im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes müsse zwischen dem Ausscheiden eines Ausländers und der dringenden Besetzung des dadurch frei gewordenen Arbeitsplatzes ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bestehen, der von der beschwerdeführenden Partei trotz des Hinweises im Rahmen des Parteiengehöres nicht bewiesen worden sei; im übrigen hätte aber auch das Vorliegen eines solchen Umstandes im Hinblick auf die gegenwärtig in Vorarlberg bestehende äußerst angespannte Arbeitsmarktsituation

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die Bundeshöchstzahl sei nahezu erreicht - keine ausreichende entscheidungsrelevante Bedeutung beanspruchen können. Überdies habe schon der im Verfahren der ersten Instanz anzuhörende

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paritätisch aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern zusammengesetzte - Unterausschuß des Verwaltungsausschusses aus arbeitsmarktpolitischen und volkswirtschaftlichen Erwägungen keine einhellige Zustimmung zur Ausstellung der Beschäftigungsbewilligung erteilt. Bezüglich der Bedenken gegen die Festsetzung der Landeshöchstzahl auf Antrag eines Bundeslandes werde auf den Wortlaut der §§ 13 und 13a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes hingewiesen, wonach der Bundesminister für Arbeit und Soziales bei Vorliegen öffentlicher oder gesamtwirtschaftlicher Interessen, im Hinblick auf die Lage des Arbeitsmarktes oder zur Sicherung der Bundeshöchstzahl, Landeshöchstzahlen auch ohne Antrag festsetzen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat lediglich die Akten ihres Verfahrens, nicht aber jene der Behörde erster Instanz vorgelegt und keine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den genannten türkischen Staatsbürger verletzt.

Sie meldet vorweg verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales an, mit der für das Jahr 1991 Landeshöchstzahlen für die Beschäftigung von Ausländern festgesetzt worden sind (BGBl. Nr. 754/1990). Dies begründet er damit, daß eine Bindung des Bundesministers im konkreten Fall an einen Vorschlag des "Landes" bestanden habe und dies als Einschränkung der Entscheidungsfreiheit eines obersten Organes gegen Art. 20 Abs. 1 B-VG verstoße.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Bedenken in Übereinstimmung mit der belangten Behörde schon deshalb nicht, weil die genannte Verordnung auf Grund des § 13a Z. 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (in der Fassung BGBl. Nr. 450/1990) ergangen ist. Diese Bestimmung sieht aber ein Verordnungsrecht des Bundesministers für Arbeit und Soziales völlig unabhängig von einem in Z. 1 normierten Vorschlagsrecht der Interessensvertretungen bzw. dem in Z. 2 enthaltenen Antragsrecht des betreffenden Bundeslandes vor. Gegen die allein durch den Bundesminister für Arbeit und Soziales erfolgende Festsetzung von Landeshöchstzahlen durch Verordnung nach § 13a Z. 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zur Sicherung des Bundeshöchstzahl bringt aber weder die beschwerdeführende Partei etwas vor, noch bestehen dagegen Bedenken seitens des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne des Beschwerdevorbringens oder sonst.

Nach § 3 Abs. 1 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 450/1990 darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde ....

Die Beschäftigungsbewilligung ist nach § 4 Abs. 1 AuslBG zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) hat nach § 20 Abs. 1 zweiter Satz über die Anträge auf Beschäftigungsbewilligung das zuständige Landesarbeitsamt zu entscheiden. Gegen erstinstanzliche Bescheide des Landesarbeitsamtes ist nach dem Abs. 4 dieser Gesetzesstelle eine Berufung an den Bundesminister für Arbeit und Soziales zulässig.

Die Landeshöchstzahl für das Jahr 1991 ist für Vorarlberg mit der bereits genannten Verordnung, BGBl. Nr. 754/1990, mit

18.500 beschäftigten Ausländern festgesetzt.

Nach Überschreitung der Landeshöchstzahl dürfen nach § 4 Abs. 6 AuslBG Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und 1....

b)

bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Verwaltungsausschuß einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet oder

2.

die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3.

öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4.

die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 iVm Abs. 4 gegeben sind.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Landeshöchstzahl überschritten ist. In diesem Fall darf nach § 4 Abs. 6 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung nur noch erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3, die jedenfalls gegeben sein müssen, und zusätzlich noch die Voraussetzungen nach Abs. 6 vorliegen.

Die belangte Behörde stützt die Abweisung des Antrages der beschwerdeführenden Partei primär darauf, daß die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 AuslBG im Hinblick auf die Zahl der vorgemerkten fachspezifischen Arbeitssuchenden nicht gegeben seien und führt - ohne konkrete Angaben - aus, die beschwerdeführende Partei habe angebotene Ersatzkräfte ohne ausreichende Gründe abgelehnt. Weiters verneint die belangte Behörde auch das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 6

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soweit diese für die beantragte Tätigkeit in Frage kommen.

Damit bleibt der angefochtene Bescheid hinsichtlich der notwendigen Sachverhaltsfeststellungen aber mangelhaft.

Wesentliche Bedeutung kommt im Rahmen der auf § 4 Abs. 1 AuslBG beruhenden Überlegung der belangten Behörde - auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 26. Juni 1991, Zl. 91/09/0036) - der Frage der Ersatzkraftstellung zu, weil hinsichtlich der Prüfung der Arbeitsmarktlage im § 4b AuslBG festgelegt ist, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung dann zuläßt, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der im § 4b Z. 1 bis 3 genannten Personen vermittelt werden können. Die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde beschränken sich aber lediglich auf die allgemeine Feststellung, die beschwerdeführende Partei habe die angebotenen Ersatzkräfte ohne Angabe ausreichender Gründe abgelehnt, was von der beschwerdeführenden Partei in Abrede gestellt wird. Es mangelt daher dem angefochtenen Bescheid an entsprechend konkreten Sachverhaltsfeststellungen, auf Grund derer erst eine nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof möglich wäre. Soweit den nur unvollständig vorgelegten Verwaltungsakten entnommen werden konnte, wurden zwar mehrere Ersatzkraftstellungen versucht, die aber nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in ihrem Schriftsatz vom 27. Feber 1991 deshalb nicht erfolgreich waren, weil die vermittelten Personen entweder nicht dem Anforderungsprofil entsprochen hätten oder ein namentlich genannter Vermittelter

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angeblich - nicht in der Lage gewesen sei, die anfallenden

Tätigkeiten auszuführen. Mangelt es auch diesem Parteienvorbringen an einer wünschenswerten näheren Begründung für das Scheitern der Ersatzkraftstellung, so kann daraus allein im Hinblick auf die aus den §§ 58, 60 und 67 AVG erfließende Verpflichtung der belangten Behörde, ihren Bescheid in einer der nachprüfenden Rechtskontrolle zugänglichen Art zu begründen, mangels konkreter Feststellungen bzw. einer hinreichenden und schlüssigen Auseinandersetzung mit dem vorher behandelten Vorbringen der beschwerdeführenden Partei noch nicht rechtens der Schluß gezogen werden, daß diese die Ersatzkraftstellung ohne ausreichenden Grund abgelehnt hat.

Ähnliches gilt hinsichtlich der Ausführungen der belangten Behörde zum Mangel der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG. Es ist zwar in der Rechtsfrage - entgegen dem Beschwerdevorbringen - der belangten Behörde beizupflichten, daß im Hinblick auf die Formulierung des Abs. 6 Z. 2 lit. c leg. cit. ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bei der Nachbesetzung eines freigewordenen Arbeitsplatzes eines Ausländers bestehen muß. Ob aber ein solcher unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang im Beschwerdefall gegeben war oder nicht, kann mangels entsprechender Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht beurteilt werden. Abgesehen von der Frage, ob die von der belangten Behörde versuchte Übertragung der Beweislast auf die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang in der gewählten Form zulässig war, überzeugt die Feststellung, es sei der unmittelbare zeitliche Zusammenhang trotz Parteiengehör nicht bewiesen worden, auch deshalb nicht, weil dieses Argument sowohl in der im Parteiengehör erstatteten Stellungnahme als auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides von vornherein als nicht entscheidungsrelevant bezeichnet wird. Die belangte Behörde vermeint nämlich im Hinblick darauf, daß die "Arbeitsmarktsituation äußerst angespannt" und die "Bundeshöchstzahl nahezu erreicht" sei, komme der Voraussetzung nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c keine entscheidungsrelevante Bedeutung zu. Diese Überlegung ist bezogen auf die Beweisführung nach § 4 Abs. 6 AuslBG, der eigene Tatbestandsvoraussetzungen enthält, deren Vorliegen oder Nichtvorliegen in einem ordnungsgemäßen Verfahren unter Mitwirkung der Parteien zu erheben und festzustellen sind, unrichtig. Der Hinweis auf die angespannte Arbeitsmarktsituation und darauf, daß die Bundeshöchstzahl "nahezu erreicht" wäre, genügt auch mangels entsprechender Konkretisierung (vgl. in diesem Sinne beispielsweise Erkenntnis vom 31. Mai 1990, Zl. 90/09/0021) nicht dem im Sinne des § 4 Abs. 1 AuslBG durchzuführenden Verfahren. Im übrigen wird allenfalls durch das Ausscheiden eines Ausländers - soferne dieser in sein Heimatland zurückkehrt -, dessen Arbeitsplatz nachbesetzt werden soll, möglicherweise ein für Ausländer nach der Höchstzahlenfestsetzung erfaßter Arbeitsplatz frei.

Damit verbleibt als letztes Argument der belangten Behörde für ihre abweisende Entscheidung der Hinweis darauf, daß der paritätisch aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern zusammengesetzte Unterausschuß des Verwaltungsausschusses keine einhellige Zustimmung zur Ausstellung der Beschäftigungsbewilligung erteilt habe.

Diese Aussage beruht auf der vorher dargestellten Regelung des § 4 Abs. 6 Z. 1 lit. b AuslBG und entspricht inhaltlich im wesentlichen dem § 4 Abs. 6 lit. a AuslBG in der Fassung vor der Novelle 450/1990, für das

"Kontingentüberschreitungsverfahren". Die zuletzt genannte Bestimmung war Gegenstand eines Gesetzesprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof (vgl. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1990, G 146/90, V 211/90) und wurde vom Verfassungsgerichtshof unter dem Gesichtspunkt des Art. 18 Abs. 1 B-VG als unbedenklich bezeichnet. Maßgebend hiefür war, daß die einhellige Befürwortung des Ausschusses bloß die Bejahung des Vorliegens der allgemeinen Voraussetzungen zum Inhalt hat; im Falle des Vorliegens (- im seinerzeitigen Prüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof -) einer Kontingentüberschreitung also das Urteil der Behörde allein nicht genügt. Die Beschäftigungsbewilligung darf - so der Verfassungsgerichtshof - von der Behörde viel mehr nur dann ohne weiteres Verfahren erteilt werden, wenn (auch) der Verwaltungsausschuß einhellig zum Ergebnis kommt, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung des Ausländers zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Aus diesen Überlegungen, die gleichermaßen für die im Beschwerdefall angewendete Regelung des § 4 Abs. 6 Z. 1 lit. b AuslBG gelten, folgt, daß im Beschwerdefall dem Umstand der Nichterteilung der einhelligen Zustimmung zur Ausstellung der Beschäftigungsbewilligung für sich allein keine die Abweisung des Antrages tragende Bedeutung zukommt, zumal sich auch nicht feststellen läßt, aus welchen Überlegungen der Verwaltungsausschuß zu diesem Ergebnis gelangte. Eine solche Antragsabweisung wäre nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn in einem unter Mitwirkung der beschwerdeführenden Partei durchgeführten mängelfreien Verfahren festgestellt worden wäre, daß im Beschwerdefall die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 oder des § 4 Abs. 3 AuslBG nicht vorliegen. Sind diese Voraussetzungen gegeben und würde die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung gleichzeitig aber eine Überschreitung der Landeshöchstzahl bewirken, so ersetzt die einhellige Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nach § 4 Abs. 6 Z. 1 lit. b AuslBG die Prüfung der weiteren Voraussetzungen nach Z. 2 bis 4 der genannten Bestimmung. Liegt eine solche einhellige Befürwortung nicht vor, hat die Behörde das Vorliegen der weiteren Tatbestandserfordernisse festzustellen.

Soweit auf Grund der unvollständig vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens beurteilt werden kann, hätten im Beschwerdefall auf Grund des Vorbringens der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren jedenfalls Feststellungen zu den Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a und lit. c AuslBG getroffen werden müssen.

Wie bereits vorher dargelegt, sind hinsichtlich der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 3 AuslBG keine Feststellungen getroffen worden. Die zu den Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG getroffenen Aussagen beruhen nicht auf entsprechend konkreten Sachverhaltsfeststellungen und sind daher nicht nachprüfbar bzw. nicht in einem mängelfreien Verfahren im Sinne der §§ 58, 60 und 67 AVG erfolgt.

Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991090085.X00

Im RIS seit

30.10.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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