TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/20 91/02/0113

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Veröffentlicht am 20.11.1991
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des Dr. B in F, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 9. Juli 1991, Zl. Ib-182-252/90, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 7. März 1990 um 21.30 Uhr einen Pkw auf der A 14 in Schlins Richtung Arlberg gelenkt; um 22.10 Uhr habe er sich auf dem dortigen Parkplatz trotz vermuteter Alkoholbeeinträchtigung und trotz verbindlicher Aufforderung zum Alkotest durch ein besonders geschultes und von der Behörde ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde, welche der Aussage des Meldungslegers Glauben geschenkt hat, er habe beim Beschwerdeführer anläßlich der Aufnahme eines Verkehrsunfalles einen Geruch der Atemluft nach Alkohol festgestellt, der Beschwerdeführer habe sich trotz Aufforderung geweigert, zur Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung auf die Dienststelle mitzukommen.

Der Verwaltungsgerichtshof kann im Rahmen der ihm zustehenden eingeschränkten Kontrollbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht finden, daß die Beweiswürdigung der belangten Behörde rechtswidrig wäre:

Gegen die Glaubwürdigkeit des Meldungslegers soll sprechen, daß dem Beschwerdeführer in der Anzeige mutwillig und ungerechtfertigt auch eine durch nichts indizierte Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO angelastet worden sei; es bestehe zumindest der Verdacht des Amtsmißbrauches.

Dieser Vorwurf ist unbegründet. In der Anzeige wurde zwar im Zuge einer genauen Sachverhaltsschilderung festgehalten, daß der Beschwerdeführer es unterlassen habe, über den angerichteten Schaden an den Leitschienen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen oder verständigen zu lassen. Zur Verständigungsmöglichkeit wurde ausgeführt, daß sich beim Parkplatz bzw. an der Unfallstelle in jeder Fahrtrichtung je eine Notrufsäule befinde; der Beschwerdeführer hätte somit unmittelbar nach dem Unfall die Möglichkeit gehabt, sowohl die Autobahnmeisterei als auch die Autobahngendarmerie zu verständigen. Als Angabe des Beschwerdeführers wurde wiedergegeben, daß dieser die nachfolgenden Fahrzeuge durch Handzeichen gewarnt habe, bis die Gendarmerie gekommen sei; obwohl er gesehen habe, daß die Leitschienen beschädigt worden seien, habe er keine Möglichkeit gesehen, jemanden zu verständigen.

Der Meldungsleger hat somit lediglich das Faktum, daß eine Verständigung vom Leitschienenschaden unterblieben ist, die Verständigungsmöglichkeiten und die diesbezügliche Rechtfertigung des Beschwerdeführers berichtet. Warum dies mutwillig oder gar amtsmißbräuchlich sein soll, ist unerfindlich. Daß die Erstbehörde dem Beschwerdeführer in der Folge lediglich eine Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO und nicht auch eine Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO (richtig wohl: des § 31 Abs. 1 StVO) zur Last legte, ist auf die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Meldungslegers ohne Einfluß.

Für die belangte Behörde bestand unter diesen Umständen keine Veranlassung, den Meldungsleger wegen Amtsmißbrauches bei der Staatsanwaltschaft anzuzeigen und ihm die Glaubwürdigkeit hinsichtlich der den Gegenstand der Beschwerde bildenden Verwaltungsübertretung zu versagen. Der Vorwurf der Befangenheit von Organen der belangten Behörde erweist sich als haltlos.

Der Beschwerdeführer bemängelt auch, daß die vernommenen Gendarmeriebeamten nicht neuerlich in seiner Gegenwart einvernommen wurden, um ihm die Möglichkeit zu geben, an die Zeugen Fragen zu richten. Hiezu ist auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes zu verweisen, derzufolge der Beschwerdeführer (oder sein Vertreter) nach der für den Beschwerdefall maßgeblichen Rechtslage ein Recht, bei der Beweisaufnahme selbst anwesend zu sein, ebensowenig hatte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. April 1991, Zlen. 90/03/0225, 0226) wie ein Recht, an die Belastungszeugen Fragen zu richten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. September 1991, Zl. 91/02/0032).

Was die weitwendigen Beschwerdeausführungen über angebliche Unvollständigkeiten der abgelegten Zeugenaussagen

- beispielsweise im Zusammenhang mit fehlenden Geburtsdaten und Wohnadressen, der Absicherung der Unfallstelle, dem Pannendreieck, dem Kofferraum, der Lichtanlage oder der Art der Verständigung der Gendarmerie und des Abschleppdienstes - anlangt, so gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, einen im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen. Der Meldungsleger, dessen Aussage - wie der Beschwerdeführer richtig erkennt - die entscheidende Bedeutung zukommt, wurde zweimal als Zeuge vernommen. Er hat hiebei klar und deutlich ausgesagt, worauf sich die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung gründete, wie er die Aufforderung zur Ablegung einer Atemalkoholuntersuchung vornahm und wie der Beschwerdeführer dies ablehnte. Den Protokollen ist auch zu entnehmen, daß ihm die Verantwortung des Beschwerdeführers vorgehalten worden war. Zu einer neuerlichen Vernehmung bestand kein Anlaß. Zwar hat der Beifahrer des Beschwerdeführers ausgesagt, dieser sei seines Erachtens völlig nüchtern gewesen. Wenn die belangte Behörde insoweit nicht dem Eindruck dieses Zeugen gefolgt ist, sondern der gegenteiligen Darstellung des Meldungslegers Glauben geschenkt hat, so war ihre ausführlich begründete Beweiswürdigung unter den gegebenen Umständen nicht unschlüssig. Der vom Meldungsleger wahrgenommene Alkoholgeruch aus dem Munde des Beschwerdeführers genügte sodann für die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung und damit für die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Atemluftprobe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1991, Zl. 91/02/0042).

Es trifft auch nicht zu, daß die belangte Behörde Beweise vorgreifend gewürdigt hätte. Vielmehr hatte ihre Beweiswürdigung lediglich tatsächlich aufgenommene Beweise zum Gegenstand.

Schließlich teilt der Gerichtshof die verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers gegen die Aufforderung, zur Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung auf die Dienststelle mitzukommen, nicht. Einer Verhaftung ist eine solche Aufforderung nicht gleichzuhalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die zu einer Untersuchung nach § 5 Abs. 2 StVO aufgeforderte Person weder den Ort noch den Zeitpunkt der Untersuchung bestimmen. Das Gesetz räumt ihr keineswegs die Möglichkeit ein, die Bedingungen festzusetzen, unter denen sie bereit wäre, sich untersuchen zu lassen, weshalb die Anordnungen der Straßenaufsichtsorgane, soweit dies nicht unzumutbar ist, zu befolgen sind. Wenn derartigen Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet wird, bedeutet dies eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich untersuchen zu lassen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. September 1991, Zl. 91/02/0034 und Zl. 90/02/0190).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Alkotest Straßenaufsichtsorgan Alkotest Verweigerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991020113.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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