TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/16 91/19/0015

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Veröffentlicht am 16.12.1991
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des A in der Türkei, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 28. Dezember 1990, Zl. Fr-1017/2/90, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, Kostenersatz gemäß § 12 Fremdenpolizeigesetz und einstweilige Verfügung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 28. Dezember 1990 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und 3 und § 4 Fremdenpolizeigesetz ein bis zum 20. Juni 1995 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen (Spruchpunkt I). Gemäß § 12 Fremdenpolizeigesetz wurde dem Beschwerdeführer der Betrag von S 4.808,40 als Ersatz der Kosten für die vorläufige Verwahrung und die anschließende Abschiebung auf dem Luftweg vorgeschrieben (Spruchpunkt II). Ferner wurde gemäß § 8 VVG zur Sicherung des Kostenersatzes die einstweilige Verfügung getroffen, daß von den in Besitz des Beschwerdeführers befindlichen Geldmitteln ein Betrag von S 3.738,-- einbehalten werde (Spruchpunkt III).

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 5. September 1988 sichtvermerksfrei als Tourist nach Österreich eingereist und habe sich in der Folge bei seinem Schwager in S aufgehalten. Etwa um den 10. Dezember 1988 sei er nach Italien gefahren. Am 17. August 1989 sei sein türkischer Reisepaß abgelaufen. Etwa eine Woche vor dem 20. Juni 1990 sei der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist. Mit rechtskräftiger Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Linz vom 21. Juni 1990 sei der Beschwerdeführer wegen je einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Fremdenpolizeigesetzes, des Paßgesetzes und des Meldegesetzes bestraft worden.

Damit sei der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz verwirklicht und demnach die im § 3 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt. Auch wenn man nicht von der Verwirklichung des Tatbestandes nach § 3 Abs. 2 Z. 2 leg. cit ausginge, sei anzunehmen, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers, der unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sei, keinen gültigen Reisepaß und keinen Sichtvermerk besitze und hier eine unselbständige Beschäftigung aufnehmen wolle, die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Die maßgebenden öffentlichen Interessen seien von wesentlich größerem Gewicht als die privaten Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet. Dem Beschwerdeführer, der im 35. Lebensjahr stehe, sei zuzumuten, außerhalb Österreichs für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie zu sorgen.

Die erstinstanzlichen Bescheide betreffend Kostenvorschreibung nach § 12 Fremdenpolizeigesetz und Erlassung einer einstweiligen Verfügung seien allein mit der Begründung bekämpft worden, daß das Aufenthaltsverbot nicht hätte erlassen werden dürfen. Da die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Aufenthaltsverbot erfolglos geblieben sei, sei auch die Berufung in Ansehung der anderen Bescheide, die im übrigen der Sach- und Rechtslage entsprächen, als unbegründet abzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 2 und Abs. 3 sowie des § 12 Fremdenpolizeigesetz lauten wie folgt:

§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

2. im Inland mehr als einmal wegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen oder mehrmals wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes, des Paßgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes oder des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden ist.

(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;

2.

die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;

3.

die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.

§ 12 Kosten, die bei der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes oder der Ausweisung entstehen, einschließlich der Kosten der Schubhaft, sind von dem Fremden zu ersetzen.

              2.              Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die Feststellungen der belangten Behörde betreffend die rechtskräftige Bestrafung wegen insgesamt vier Übertretungen der im § 3 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz genannten Gesetze. Damit ist von der Verwirklichung des Tatbestandes des § 3 Abs. 2 Z. 2 zweiter Fall leg. cit. auszugehen und demnach die Annahme der belangten Behörde gerechtfertigt, daß der (weitere) Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet den im § 3 Abs. 1 leg. cit. genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1990, Zl. 90/19/0476, und vom 15. April 1991, Zl. 91/19/0011). Auf die weiteren Ausführungen der belangten Behörde, daß diese Annahme auch dann gerechtfertigt wäre, wenn die rechtskräftigen Bestrafungen nicht erfolgt wären, brauchte daher nicht weiter eingegangen zu werden.

              3.              Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß die belangte Behörde bei der Vornahme der gemäß § 3 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz gebotenen Interessenabwägung rechtswidrig gehandelt hätte. Die Beschwerde enthält dazu keine konkreten Behauptungen, sodaß sich nähere Ausführungen zur Interessenabwägung erübrigen.

              4.              Der Beschwerdeführer bekämpft die Vorschreibung der Kosten gemäß § 12 Fremdenpolizeigesetz (Spruchpunkt II) und die auf § 8 VVG gestützte einstweilige Verfügung (Spruchpunkt III) ausschließlich mit der Behauptung, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zu Unrecht erfolgt sei. Da, wie oben unter den Punkten 2 und 3 dargelegt wurde, diese Auffassung verfehlt ist, kann der Beschwerdeführer mit seinen auf dieser Ansicht beruhenden Ausführungen keine Rechtswidrigkeit der getroffenen einstweiligen Verfügung aufzeigen.

              5.              Aus den unter Punkt 2 bis 4 genannten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991190015.X00

Im RIS seit

16.12.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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