TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/17 91/08/0042

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Veröffentlicht am 17.12.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §113 Abs1;
ASVG §33 Abs1;
ASVG §59;
ASVG §68 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art130 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §51 Abs4;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der X-GmbH in G, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 25. Jänner 1991, Zl. 5-226 Ste 140/20-1991, betreffend Verhängung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 ASVG (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse in Graz, Josef-Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Vorgeschichte dieser Beschwerdesache ist den Entscheidungsgründen des in dieser Sache ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1989, Zl. 87/08/0286, zu entnehmen. Davon ist für das vorliegende Beschwerdeverfahren noch folgendes von Bedeutung:

Mit Bescheid der mitbeteiligten Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 7. Mai 1986 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 113 Abs. 1 ASVG ein Beitragszuschlag von insgesamt S 24.750,-- vorgeschrieben. Nach der Begründung dieses Bescheides habe das Prüfungsorgan der mitbeteiligten Steiermärkischen Gebietskrankenkasse anläßlich einer Beitragsprüfung festgestellt, daß es die Beschwerdeführerin unterlassen habe, in drei Fällen den Eintrittstag von Pflichtversicherten zu melden und in 313 Fällen das Entgelt von Pflichtversicherten in beitragspflichtiger Höhe zu melden bzw. der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.

Der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Einspruch wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 1987 abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Abänderung bestätigt, daß 1. wegen Nichtmeldung ZWEIER Dienstnehmer während näher bezeichneter Zeiträume ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z. 1 ASVG von S 1.000,-- sowie 2. wegen Meldung eines zu niedrigen Entgelts in 313 (im erstinstanzlichen Bescheid näher bezeichneten Fällen) ein Beitragszuschlag von S 23.750,-- verhängt werde.

Der zuletzt erwähnte Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1989, Zl. 87/08/0286, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis dargelegt, daß bei Verhängung des Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 ASVG in der Fassung der 41. Novelle zum ASVG die Untergrenze in der Höhe der Verzugszinsen einerseits und die - neben der doppelten Höhe der nachzuzahlenden Beiträge - zweite Obergrenze des pauschalierten Mehraufwandes der Verwaltung einschließlich des Kapitalaufwandes andererseits zu berücksichtigen und innerhalb der so ermittelten Grenzen die Ermessensübung der Behörde entsprechend zu begründen sei. Es sei die Aufgabe der belangten Behörde, den durch den angenommenen Meldeverstoß verursachten Mehraufwand zuzüglich der Verzugszinsen festzustellen und innerhalb dieser objektiven Grenzen den Beitragzuschlag unter Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Art der angenommenen Meldeverstöße zu bestimmen und die hiefür maßgebenden Erwägungen in einer den §§ 60 und 67 AVG 1950 entsprechenden Weise darzustellen.

Im fortgesetzten Verfahren hat zunächst die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse über Aufforderung der belangten Behörde mit Schreiben vom 23. Jänner 1990 dargelegt, aus welchen Gründen der seinerzeit verhängte Beitragszuschlag von S 24.750,-- dem verursachten Mehraufwand der Verwaltung entspreche. Es wurde darin u.a. ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin die für 3. Dezember 1984 schriftlich angekündigte Beitragsprüfung in Graz mit dem Hinweis abgesagt habe, daß sich die Unterlagen in Vorarlberg befänden, in weiterer Folge den Beginn der Beitragsprüfung verzögert und einem Prüfungsversuch in Vorarlberg mit dem Hinweis darauf, daß sich die Unterlagen in Graz befänden, entgegengetreten sei. Bei der schließlich erst in der Zeit vom 5. Februar 1986 bis 21. Februar 1986 mit Unterbrechung durchgeführten Beitragsprüfung seien eine große Anzahl von Melde- und Entgeltdifferenzen festgestellt worden, die zu einer Beitragsnachverrechnung über S 124.140,94 geführt hätte. Der eklatante Mehraufwand an mindestens

80 Arbeitsstunden für die Durchführung der in Rede stehenden Beitragsprüfung im Verhältnis zum Arbeitsaufwand einer Beitragsprüfung ohne Feststellungsdifferenzen hätte bereits "zum Zeitpunkt der Auferlegung des gegenständlichen Beitragszuschlages (S 24.750,--)" (ergänze: durch den erstinstanzlichen Bescheid) ausgereicht, die zwischen diesem Betrag und den anerlaufenen Verzugszinsen liegende Differenz von S 10.415,-- als Verwaltungsmehraufwand geltend zu machen. Die Verzugszinsen würden in den Fällen des § 113 Abs. 1 Z. 1 ASVG (Nichtmeldung) S 6.164,05 bzw. in den Fällen des § 113 Abs. 1 Z. 3 ASVG S 8.170,95 betragen.

In einer dazu erstatteten Äußerung vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, daß die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Aufwand einer Beitragsprüfung ohne Feststellungsdifferenzen und den Aufwand einer Beitragsprüfung mit Feststellungsdifferenzen nicht dargestellt habe. Der Mehraufwand könne nach Auffassung der Beschwerdeführerin nur im Aufwand der Nachverrechnung, also jener Tätigkeit liegen, welche nach der Betriebsprüfung entstanden sei. Solange diesbezüglich konkrete Zahlen nicht aufgeschlüsselt dargelegt würden, könne von der Beschwerdeführerin keine Stellungnahme zum behaupteten Mehraufwand abgegeben werden. Dieser werde vielmehr bestritten.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 26. Juli 1990 legte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse dar, daß für

143 Dienstnehmer in über 300 Fällen Meldedifferenzen festgestellt worden seien. Abgesehen von der Sichtung und Durchrechnung der Lohnunterlagen seien nicht weniger als 329 Zeilen im Zusammenhang mit den festgestellten Meldedifferenzen angesetzt worden. Dementsprechend hoch sei der nunmehr errechnete pauschalierte Mehraufwand der Verwaltung, der sich auf S 21.800,-- belaufe und wie folgt zusammensetze:

    "Aufwand durch die Beitragsprüfer           S 15.000,--

    Aufwand durch den Innendienst               S  5.300,--

    Aufwand durch Automation                    S  1.500,--

    Mehraufwand insgesamt                       S 21.800,--"

    Zuzüglich der anerlaufenen Verzugszinsen für S 14.335,--

ergebe sich somit ein Betrag von insgesamt S 36.135,-- der

unter dem zweifachen Ausmaß der nachzuzahlenden Beiträge,

jedoch deutlich über dem mit Bescheid vom 7. Mai 1986

angelasteten Zuschlag in der Höhe von S 24.750,-- liege. In

einer weiteren Stellungnahme vom 24. September 1990 tritt die

mitbeteiligte Partei der von der Beschwerdeführerin in deren

Stellungnahme vertretenen Auffassung entgegen. Mehrkosten in

der Höhe von S 2.000,-- seien allein durch die Anfertigung

zusätzlicher Schriftstücke entstanden, die die Festlegung eines

Prüfungstermines zum Gegenstand gehabt hätten. Weitere Kosten

von mindestens S 2.000,-- seien durch die erforderliche

Aufnahme von Niederschriften im Falle von zwei ehemaligen

Dienstnehmern der Beschwerdeführerin entstanden, wobei die

Inhalte der Niederschriften die rechtliche Grundlage für die

Erstellung einer Beitragsnachberechnung in der Höhe von

S 53.648,90 gebildet hätten. Es sei zwar zutreffend, daß in der

angegebenen Anzahl von 80 Stunden auch Feststellungszeiten

inkludiert seien; würden darin aber nur 20 Stunden effektive

Mehraufwandzeiten enthalten sein, so werde der ursprünglich

nicht in Rechnung gestellte pauschalierte Mehraufwand darin

seine Deckung finden. In einer über Aufforderung der

Einspruchsbehörde erstatteten weiteren Stellungnahme vom

17. Oktober 1990 teilte die mitbeteiligte Partei der Behörde

mit, daß der Beitragszuschlag von S 24.750,-- sich aus dem

Betrag von S 14.171,70 als Kapitalaufwand bzw. Zinsenentgang

infolge verspäteter Beitragsentrichtung und einem Betrag von

S 10.578,30 als pauschalierter Mehraufwand der Verwaltung

zusammensetze.

In der Folge brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Vorhalt vom 24. Oktober 1990 folgendes zur Kenntnis:

"Seitens der Einspruchsbehörde können aufgrund der Aktenlage folgende entscheidungswesentliche Daten festgestellt werden:

1.

Beitragsnachverrechnung gesamt: 123.538,74 S, davon

a)

nach § 113 Abs.1 Z.1 ASVG 4633,20 S

b)

nach § 113 Abs.1 Z.3 ASVG 118.905,54 S.

2.

Verzugsinsen gesamt 14.171,70 S davon

a)

nach § 113 Abs.1 Z.1 ASVG 6000,75 S

b)

nach § 113 Abs.1 Z.3 ASVG 8170,95 S.

3.

Pauschalierter Mehraufwand der Verwaltung gesamt 6415 S,

davon

a)

nach § 113 Abs.1 Z.1 ASVG 1503 S,

b)

nach § 113 Abs.1. Z.3 ASVG 4912 S."

Unter Hinweis auf die Eingaben der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse legte die belangte Behörde darin ferner die sich aus dem Zweifachen der nachzuzahlenden Beiträge ergebende Obergrenze für die Bemessung des Beitragszuschlages dar, sowie die sich aus der Pauschalierung des Verwaltungsmehraufwandes zuzüglich der Verzugszinsen ergebende zweite Obergrenze mit insgesamt S 20.586,70, davon für die nach § 113 Abs. 1 Z. 1 ASVG zu beurteilenden Meldeverstöße S 7.503,75 und für die nach § 113 Abs. 1 Z. 3 ASVG zu behandelnden Meldeverstöße mit S 13.082,95. Von dem von der mitbeteiligten Partei bekannt gegebenen Verwaltungsmehraufwand von S 10.415,-- sei ein Betrag von S 4.000,-- als dem Feststellungs- (und nicht dem Nachrechnungs-)aufwand zugehörig abzuziehen.

Der Beschwerdeführerin wurde unter einem Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von zwei Wochen dazu eine Äußerung abzugeben.

In ihrer Stellungnahme rügt die Beschwerdeführerin, daß sie die Verzugszinsenberechnung nicht nachvollziehen könne, insbesondere, wie bei einer nachzuverrechnenden Summe von S 4.633,20 Verzugszinsen von S 6.000,75 entstehen könnten. Der Behörde sei darin zuzustimmen, daß der Feststellungsaufwand von S 4.000,-- als Aufwand für die Festsetzung des Prüfungstermines in den pauschalierten Mehraufwand nicht einzubeziehen sei. Es handle sich um 313 Fälle von Meldungsdifferenzen, somit im Schnitt um eine Summe von S 396,-- pro Dienstnehmer. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse sei allerdings nicht in der Lage, den behaupteten Mehraufwand von 80 Stunden aufzuschlüsseln. Insbesondere der Mehraufwand von S 1.503,-- bei der Nachverrechnung von S 4.633,20 scheine jenseits der Verhältnismäßigkeit zu liegen. Zu den Beitragsnachverrechnungen nach § 113 Abs. 1 Z. 1 ASVG stehe die Beschwerdeführerin nach wie vor auf dem Standpunkt, daß sie hier kein Verschulden treffe und daß es sich um Werkverträge gehandelt habe. Zu den Beitragsnachverrechnungen gemäß § 113 Abs. 1 Z. 3 ASVG werde darauf hingewiesen, daß es sich pro Dienstnehmer um geringe Beträge gehandelt habe, welche "aufgrund eines Irrtums der Lohnverrechnung entstanden sind". Der Betrag von im Schnitt (nur) S 396,-- erweise dies. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin seien sowohl im Jahr 1986 als auch derzeit schlecht. Diesbezüglich kündigte die Beschwerdeführerin die Nachreichung von Unterlagen innerhalb von vierzehn Tagen an. Mit Schreiben vom 26. November 1990 legte die Beschwerdeführerin folgendes mit 26. November 1990 datiertes Schreiben des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin vor:

"Als Geschäftsführer der ... (Beschwerdeführerin) ... bestätige ich hiemit, daß sich der Geschäftsgang seit der Bilanzerstellung für das Wirtschaftsjahr 1986 nicht verbessert hat und die Gesellschaft nach wie vor überwiegend mit Fremdkapital arbeiten muß".

Mit Bescheid vom 25. Jänner 1991 wurde dem Einspruch der Beschwerdeführerin teilweise Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid dahin abgeändert, daß eine Unterlassung der Anmeldung zur Pflichtversicherung in zwei Fällen sowie die Meldung eines zu niedrigen Entgelts in 313 Fällen festgestellt wurde, wodurch es zu einer Beitragsnachverrechnung von insgesamt S 123.538,74 gekommen sei. Die Beschwerdeführerin sei verpflichtet, gemäß § 113 Abs. 1 Z. 1 ASVG einen Beitragszuschlag von S 7.503,75 und gemäß § 113 Abs. 1 Z. 3 ASVG einen Beitragszuschlag von S 13.082,95, insgesamt S 20.586,70 zu entrichten.

Nach einer Darstellung des Verfahrensganges und der im zweiten Rechtsgang eingeholten Stellungnahmen führt die belangte Behörde zur Höhe der verhängten Beitragszuschläge aus, daß die von ihr im Vorhalt vom 24. Oktober 1990 getroffenen Feststellungen ungeachtet der "rechtlich nicht bedeutsamen" Gegenäußerung der Beschwerdeführerin als richtig aufrechterhalten würden. Zur Ermessensübung werde bemerkt, daß die Beschwerdeführerin im Gegenstand keinerlei Gründe vorgebracht habe, die es rechtfertigen würden, der erstmitbeteiligten Gebietskrankenkasse nicht den ihr "anerlaufenen", durch die Meldeverstöße der Beschwerdeführerin verursachten pauschalierten Mehraufwand der Verwaltung zu ersetzen und somit Beitragszuschläge in Höhe der vom Verwaltungsgerichtshof dargelegten niedrigeren Obergrenze festzusetzen. Insbesondere habe die Beschwerdeführerin nur allgemein gehaltene Behauptungen aufgestellt und nicht begründet darlegen können, sich in schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen zu befinden. Nach "Ansicht bzw. Schätzung" der belangten Behörde sei somit von solchen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen, die sowohl einen geordneten Betrieb des Unternehmens, wie auch die Bezahlung des gesamten pauschalierten Mehraufwandes der Verwaltung samt Verzugszinsen ermöglichen. Da die Beschwerdeführerin auch keinerlei Vorkehrungen zur Hintanhaltung der Meldeverstöße dargelegt habe, sondern lediglich erklärt habe, sich geirrt zu haben, müsse von einem "nicht allzu geringen Verschuldensgrad" ausgegangen werden, worauf auch die sehr große Zahl der Meldevergehen schließen lasse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin ausdrücklich folgende Beschwerdepunkte geltend macht:

"1. Es wurden verjährte Beitragszuschläge vorgeschrieben und es wurden bereits rechtskräftig abgewiesene Beitragszuschläge vorgeschrieben.

2. Es wurde auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin keine Rücksicht genommen.

3. Es wurde der Verwaltungsaufwand der mitbeteiligten Partei nicht erhoben."

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und erklärt, daß sie von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand nimmt.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Bezeichnung des Beschwerdepunktes im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG ist nicht Selbstzweck, sondern vielmehr unter dem Gesichtspunkt von rechtlicher Relevanz, daß es dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen obliegt, ob irgendein subjektives Recht der Beschwerdeführerin, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung sie behauptet (vgl. die Erkenntnisse vom 27. November 1978, Slg. Nr. 9701/A, vom 16. Jänner 1984, Slg. Nr. 11283/A, uva).

Wird der Beschwerdepunkt von der Beschwerdeführerin ausdrücklich und unmißverständlich bezeichnet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang nicht zugänglich (vgl. das Erkenntnis vom 16. Jänner 1984, Slg. Nr. 11283/A).

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin durch die präzise Umschreibung der - oben wiedergegebenen - Beschwerdepunkte das Thema des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf die bezeichnete Weise umschrieben. Auf die nur in den Beschwerdegründen aufgeworfene Frage der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde angestellten Verzugszinsenberechnung kann daher nicht eingegangen werden, weil es nicht denkbar ist, die Frage der Höhe der Verzugszinsen einem der drei Beschwerdepunkte inhaltlich zuzuordnen.

Gemäß § 113 Abs. 1 in der Fassung der 41. Novelle zum ASVG hat der Versicherungsträger - im hier maßgebenden, nur die Höhe betreffenden Zusammenhang - bei der Festsetzung des Beitragszuschlages insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners und die Art des Meldeverstosses zu berücksichtigen. Der Beitragszuschlag darf jedoch die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten, die ohne seine Vorschreibung aufgrund des § 59 Abs. 1 ASVG für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären. Im Falle eines Anmeldungsfehlers darf der Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z. 1 ASVG bis zum Doppelten der Beiträge, die auf die Zeit ab Beginn der Pflichtversicherung bis zur Feststellung des Fehlens der Anmeldung bzw. bis zur Feststellung des Entgelts durch den Versicherungsträger entfallen, vorgeschrieben werden. Im Fall des § 113 Abs. 1 Z. 3 ASVG beträgt diese Obergrenze das Doppelte der Differenz zwischen den Beiträgen, die sich aus dem zu niedrig gemeldeten Entgelt ergeben und den zu entrichtenden Beiträgen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang jedoch wiederholt dargelegt hat, darf der Beitragszuschlag auch den durch den Meldeverstoß verursachten Mehraufwand des Versicherungsträgers zuzüglich der Verzugszinsen infolge der verspäteten Beitragsentrichtung (als zweite, zu beachtende Obergrenze) nicht überschreiten (vgl. das ebenfalls die Beschwerdeführerin betreffende Erkenntnis vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0103, mit weiteren Hinweisen).

Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe den Verwaltungsaufwand der mitbeteiligten Partei nicht erhoben, ist nicht berechtigt: Die belangte Behörde hat die Ergebnisse ihrer Ermittlungen der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. Oktober 1990 zur Kenntnis gebracht. Die Beschwerdeführerin hat dazu lediglich ausgeführt, daß sie mit der belangten Behörde darüber übereinstimme, daß es sich bei einem Teil des Aufwandes in der Höhe von S 4.000,-- nicht um einen durch die Meldeverstöße bedingten Mehraufwand, sondern um einen Feststellungsaufwand handle. Damit hat die Beschwerdeführerin die Richtigkeit der Ermittlung des Verwaltungsmehraufwandes nicht bestritten, sondern mit der belangten Behörde ausdrücklich übereingestimmt: Wie die belangte Behörde auf Seite 2 ihres Vorhaltes vom 24. Oktober 1990 ausführt, habe sie aus dem Mehraufwand, den die mitbeteiligte Partei mit Stellungnahme vom 24. September 1990 in der Höhe von S 10.415,-- bekanntgegeben habe, den Betrag von S 4.000,-- als Feststellungsaufwand (im Sinne der Auffassung der Beschwerdeführerin) in Abzug gebracht. Andere konkrete Einwände gegen die in Punkt 3 des zitierten Vorhaltes enthaltene Feststellung des pauschalierten Mehraufwandes der Verwaltung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, die Gegenstand weiterer Ermittlungstätigkeit der belangten Behörde hätten sein können, hat die Beschwerdeführerin nicht erhoben. Die belangte Behörde durfte daher in der Begründung des angefochtenen Bescheides von einem pauschalierten Mehraufwand der Verwaltung (als zweiter Obergrenze ihrer Ermessensübung) in dieser Höhe ausgehen, ohne die Beschwerdeführerin in ihren Rechten zu verletzen. Daher war es auch entbehrlich, den Vorgang ihrer Ermittlung in der Begründung des angefochtenen Bescheides neuerlich darzulegen. Es liegt daher diesbezüglich kein Begründungsmangel vor.

Soweit die Beschwerdeführerin behauptet, die Berechnung des Verwaltungsaufwandes gehe aus dem Vorhalt der belangten Behörde vom 24. Oktober 1990 nicht hervor, so steht dies mit dem Inhalt dieses Vorhaltes im Widerspruch, da die belangte Behörde darin die Grundlagen ihrer Ermittlungstätigkeit offengelegt hat. Gegen die Schlüssigkeit dieser Grundlagen hat die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme aber keine Einwände erhoben. Insoweit ist dem nunmehrigen diesbezüglichen Beschwerdevorbringen entgegenzuhalten, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verfahrensrüge einer Partei insoweit abzulehnen ist, als sie im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1990, Zl. 89/08/0036, mwH).

Die Beschwerdeführerin hat es auch trotz gebotener Gelegenheit und Aufforderung durch die belangte Behörde unterlassen, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse umfassend und entsprechend belegt offenzulegen. Insoweit war die belangte Behörde daher auch nicht verpflichtet, im Rahmen der Ermessensübung bei Ausmessung des Beitragszuschlages innerhalb der dargelegten Grenzen auf die wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführerin Bedacht zu nehmen (vgl. das Erkenntnis vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0103): Die von der Beschwerdeführerin vorgelegte - oben wiedergegebene - Erklärung ihres Geschäftsführers reicht jedenfalls nicht aus, um - unter Berücksichtigung der Höhe des verhängten Beitragszuschlages - insoweit an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin begründete Zweifel zu hegen.

Aber auch die weitere Rüge, die belangte Behörde habe im Rahmen ihrer Ermessensübung das Verschulden der Beschwerdeführerin zu Unrecht als nicht gering bewertet, ist unbegründet (wenn man zugunsten der Beschwerdeführerin davon ausgeht, daß vom Beschwerdepunkt 2 ganz allgemein die Geltendmachung einer Rechtsverletzung durch unrichtige Ermessensübung umfaßt ist): Die Beschwerdeführerin hat nämlich im gesamten Verfahren nicht dargelegt, aus welchen Gründen es zu den ihr angelasteten Meldefehlern gekommen ist und welche Vorkehrungen in organisatorischer Hinsicht sie zur Sicherstellung der Erstattung von möglichst gesetzeskonformen und fehlerfreien Meldungen an die Gebietskrankenkasse getroffen hat. Die belangte Behörde durfte daher - der allgemeinen Lebenserfahrung folgend - im Zweifel davon ausgehen, daß der Beschwerdeführerin (bzw. den in ihrem Auftrag Handelnden) die tatsächliche Höhe des Entgeltes ihrer Dienstnehmer wohl bekannt war und daher die Meldungen vorsätzlich unrichtig erstattet worden sind. Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage (zumindest) von einem "nicht allzu geringen Verschuldensgrad" der Beschwerdeführerin ausgegangen ist und es - unter Berücksichtigung des Ausmaßes der dadurch nicht entrichteten Beiträge einerseits und der Höhe der pauschalierten Verwaltungsmehrkosten andererseits - für gerechtfertigt erachtet hat, der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse die Verzugszinsen zuzüglich des pauschalierten Mehraufwandes der Verwaltung in voller Höhe als Beitragszuschlag zuzubilligen, so vermag der Verwaltungsgerichtshof diese Ermessensübung nicht als fehlerhaft zu erkennen.

Der Beschwerde hilft aber auch der - erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erhobene - Einwand der Verjährung nicht zum Erfolg:

Gemäß § 113 Abs. 5 ASVG gelten für Beitragszuschläge die §§ 83 und 112 Abs. 3 ASVG entsprechend. Gemäß § 83 leg. cit. gelten die Bestimmungen über die Eintreibung und Sicherung, Haftung, Verjährung und Rückforderung von Beiträgen entsprechend für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze bei zwangsweiser Eintreibung. Die Verweisung des § 113 Abs. 5 ASVG auf § 83 ASVG kann im gegebenen Zusammenhang nur so verstanden werden, daß damit die in § 83 ASVG verwiesenen Bestimmungen auch für Beitragszuschläge gelten sollen, somit auch die Bestimmung des § 68 ASVG.

Gemäß § 68 ASVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen zwei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonst meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird.

Es kann auf sich beruhen, ob Satz 1 dieser Gesetzesstelle bei sinngemäßer Anwendung auf Beitragszuschläge so zu verstehen ist, daß das Recht zur Festsetzung des Beitragszuschlages in der gleichen Zeit verjährt, wie das Recht auf Feststellung der Beiträge: Im Beschwerdefall ist nämlich die Tatsache der Meldepflichtverletzung nicht strittig und auch kein Umstand hervorgekommen oder von der Beschwerdeführerin geltend gemacht worden, wonach es ihr unmöglich gewesen wäre, die Notwendigkeit der nicht erstatteten Meldungen oder die Unrichtigkeit der erstatteten Meldungen zu erkennen. Es wäre daher jedenfalls die fünfjährige Verjährungsfrist anzuwenden. Da die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde selbst einräumt, daß sämtliche Meldepflichtverletzungen sieben Jahre zurückliegen (also 1984 stattgefunden haben), ist der Bescheid erster Instanz vom 7. Mai 1986 jedenfalls innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist ergangen, wodurch die Verjährungsfrist gemäß § 68 Abs. 1 letzter Satz ASVG jedenfalls unterbrochen worden wäre und während der Dauer des Verfahrens auch nicht neuerlich zu laufen begonnen hätte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. September 1990, Zl. 90/08/0060, und vom 16. April 1991, Zl. 89/08/0337).

Da der Beitragszuschlag erst mit seiner Festsetzung fällig wird, wäre nach einer zweiten, in Betracht kommenden Auslegungsvariante eine Verjährung des Rechts auf Feststellung NACH Eintritt der Fälligkeit begrifflich ausgeschlossen und somit § 68 Abs. 1 auf den Beitragszuschlag überhaupt nicht anzuwenden. Es käme nur eine Verjährung der EINFORDERUNG des Beitragszuschlages im Sinne des § 68 Abs. 2 ASVG in Betracht. Deren Frist würde aber frühestens mit Rechtskraft der Feststellung des Beitragszuschlages zu laufen begonnen haben. Welcher der beiden Auslegungen der Vorzug zu geben ist, kann im Beschwerdefall auf sich beruhen, weil eine Verjährung des Beitragszuschlages unter keiner der in Betracht kommenden Varianten zu bejahen wäre.

Letztlich geht auch das Beschwerdeargument fehl, daß nach einer (zunächst erfolgreichen) Bekämpfung eines Bescheides vor dem Verwaltungsgerichtshof später eine höhere "Strafe" nicht verhängt werden dürfe, als im ursprünglich bekämpften Bescheid enthalten gewesen sei: Nach Aufhebung des im ersten Rechtsgang erlassenen Bescheides der belangten Behörde vom 16. April 1987 durch das hg. Erkenntnis vom 27. April 1989, Zl. 87/08/0286, hatte die belangte Behörde - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes (§ 63 Abs. 1 VwGG) - neuerlich über den Einspruch der Beschwerdeführerin zu entscheiden und durfte daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG den Bescheid in jeder Richtung abändern, ohne daß eine "Verböserung" ausgeschlossen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1991, Zl. 89/08/0279). Insbesondere liegt insoweit auch keine "rechtskräftige Abweisung" eines Beitragszuschlages durch den im ersten Rechtsgang aufgehobenen Bescheid vom 16. April 1987 vor, die im zweiten Rechtsgang zu beachten gewesen wäre.

Da die Beschwerdeführerin im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte durch den angefochtenen Bescheid somit in ihren Rechten nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs.1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erklärung und Umfang der Anfechtung Anfechtungserklärung Ermessen besondere Rechtsgebiete Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte Parteistellung Umfang der Abänderungsbefugnis Reformatio in peius Verbot der reformatio in peius

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991080042.X00

Im RIS seit

17.12.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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