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68/01 Behinderteneinstellung;Norm
BEinstG §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des Stefan Z und des Helmut S, beide in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 21. Mai 1991, Zl. 3/07-409/4-1991, betreffend die Vorschreibung der Ausgleichstaxe gemäß § 9 des Behinderteneinstellungsgesetzes für das Jahr 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der angeschlossenen Unterlagen geht der Verwaltungsgerichtshof vom folgenden Sachverhalt aus:
Die Beschwerdeführer sind Inhaber eines in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes geführten Unternehmens, das Arbeitskräfte gemäß dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz Dritten zur Verfügung stellt (Personalbereitstellungsunternehmen).
Mit dem im Instanzenzug ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. Mai 1991 wies der Landeshauptmann von Salzburg (belangte Behörde) eine von den Beschwerdeführern erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid des Landesinvalidenamtes für Salzburg vom 3. Jänner 1991, mit dem den Beschwerdeführern gemäß § 9 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) eine Ausgleichstaxe für das Kalenderjahr 1989 in der Höhe von S 10.140,-- vorgeschrieben worden war.
In diesem Verwaltungsverfahren war ausschließlich die Frage strittig, von welcher Pflichtzahl bei der Berechnung der Ausgleichstaxe auszugehen sei. In ihrer Berufung haben die Beschwerdeführer im wesentlichen vorgebracht, die Personalstruktur der Überlassungsbetriebe sei jeweils derart gestaltet, daß eine verhältnismäßig geringe Zahl an Arbeitskräften mit der Verwaltung der Betriebe, sohin mit der Personalbereitstellung befaßt sei. Der bei weitem überwiegende Teil von Arbeitnehmern rekrutiere sich aus den verschiedenden Berufsgruppen, die an die geeigneten Betriebe überlassen werden. Für die Berufsgruppen, denen die Arbeitskräfte überlassen würden, bestünden jedoch Verordnungen des Bundesministers für Arbeit und Soziales hinsichtlich der Pflichtzahl (die für sie als Dienstgeber günstiger als die allgemeine Regelung des § 1 Abs. 1 BEinstG sei, wonach je 25 Dienstnehmer mindestens ein begünstigter Behinderter einzustellen sei), die im Beschwerdefall gleichfalls angewendet werden müßten.
Hiezu führte die belangte Behörde aus, für die Zuordnung eines bestimmten Unternehmens zu einem Wirtschaftszweig sei ausschließlich die überwiegende Tätigkeit des Betriebes maßgebend. Im vorliegenden Fall handle es sich beim Geschäftsgegenstand des von den Beschwerdeführern betriebenen Unternehmens ausnahmslos um die Überlassung von Arbeitskräften an Dritte. In welchen Branchen die überlassenen Dienstnehmer eingesetzt würden, sei für die Beurteilung der Zugehörigkeit der Firma zu einem bestimmten Wirtschaftszweig unerheblich. Aus diesen Gründen sei für die Zuordnung der Wirtschaftsart der Betriebsgegenstand der Personalbereitstellung ausschlaggebend. Für den Geschäftszweig der Personalbereitstellung bestehe aber keine (begünstigende) Verordnung gemäß § 1 Abs. 2 BEinstG. Im übrigen begründete die belangte Behörde näher, warum den Beschwerdeführern keine Prämie gemäß § 9a BEinstG für das Kalenderjahr 1989 gebührt habe.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 1. Oktober 1991, B 751/91, deren Behabndlung ablehnte und die Beschwerde antragsgemäß nach Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach fristgerechter Einbringung der aufgetragenen Beschwerdeergänzung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinStG), BGBl. Nr. 22/1970 in der Fassung zuletzt BGBl. Nr. 721/1988, lauten:
"(1) Alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet 25 oder mehr Dienstnehmer (§ 4 Abs. 1) beschäftigen, sind verpflichtet, auf je 25 Dienstnehmer mindestens einen begünstigten Behinderten (§ 2) einzustellen. Dieses Bundesgesetz ist nicht anzuwenden auf internationale Organisationen im Sinne des § 1 Abs. 7 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1977 über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen, BGBl. Nr. 677/1977.
(2) Der Bundesminister für Arbeit und Soziales kann nach Anhörung des Beirates (§ 10 Abs. 2) die Zahl der nach Abs. 1 zu beschäftigenden Dienstnehmer (Pflichtzahl) für bestimmte Gebiete oder Wirtschaftszweige durch Verordnung derart abändern, daß, wenn nicht genügend für Behinderte geeingete Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, schon auf je
20 Dienstnehmer, oder wenn bestimmte Wirtschaftszweige aus technischen Gründen der Beschäftigungspflicht nicht nachkommen können, nur auf je höchstens 50 Dienstnehmer mindestens ein Behinderter zu beschäftigen ist. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales kann ferner nach Anhörung des Beirates durch Verordnung bestimmen, daß Dienstgeber Arbeitsplätze, die sich für die Beschäftigung von Behinderten besonders eignen, diesen Behinderten oder bestimmten Gruppen von Behinderten vorzuhalten haben."
§ 1 der Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 17. September 1976, BGBl. Nr. 546, über die Änderung der Pflichtzahl nach dem Invalideneinstellungsgesetz 1969 für einstellungspflichtige Dienstgeber des Baugewerbes und der Bauindustrie lautet:
"§ 1. Für die nach der Grundsystematik der Wirtschaftstätigkeiten (Betriebssystematik 1968) der Wirtschaftsklasse 61, 62, 63, Wirtschaftsart bzw. Wirtschaftsgruppe:
611 Hochbau mit den Wirtschaftsarten 611.1, 611.2, 611.9
612 Tiefbau mit den Wirtschaftsarten 612.1, 612.2, 612.9
621.0 Zimmerei und Holzkonstruktionsbau
622.0 Dach- und Schwarzdeckerei
623.0 Glaserei
624.0 Malerei und Anstreicherei
625 Fußboden-, Platten- und Fliesenlegerei, Ofensetzerei
mit den Wirtschaftsarten 625.1, 625.2, 625.3
626.0 Bauspenglerei
629 Übriges Ausbau- und Bauhilfsgewerbe mit den Wirtschaftsarten 629.1, 629.2, 629.3, 629.4, 629.9
631.0 Gas-, Wasser- und Sanitärinstallation
632.0 Heizungs- und Lüftungsinstallation
633.0 Elektroinstallation
zuzuordnenden Unternehmungen, welche die angeführten Wirtschaftstätigkeiten ausschließlich oder überwiegend betreiben, wird die gemäß § 1 Abs. 1 des Invalideneinstellungsgesetzes 1969 festgesetzte Beschäftigungspflicht insoweit abgeändert, als nur auf je 35 Dienstnehmer mindestens ein Invalider zu beschäftigen ist."
In ihrer Beschwerdeergänzungen bringen die Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Bescheid unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes im wesentlichen vor, auf Grund der bloß formellen Einordnung ihres Unternehmens unter die Position 9359 (der Betriebssystematik 1968) "sonstige Wirtschaftsdienste, Personalbereitstellung" sei die belangte Behörde zum Ergebnis gekommen, die Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 17. September 1976, BGBl. Nr. 546, sei im Beschwerdefall nicht anzuwenden. Der Betriebssystematik 1968 komme weder Verordnungs- geschweige denn Gesetzesrang zu. Die genannte Verordnung komme daher nach Ansicht der Beschwerdeführer auch ihnen zugute, da sie mit der Vermittlung von Bau- bzw. Bauhilfsarbeitern beschäftigt seien. Aus § 10 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (Geltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften des im Beschäftigungsbetrieb auf vergleichbare Arbeitnehmer anzuwendenden Kollektivvertrages für die überlassenen Arbeitskräfte) sowie aus der Entlohnung der Leiharbeiter nach dem Kollektivvertrag vergleichbarer Arbeitnehmer schließen die Beschwerdeführer, daß weder der Gesetzgeber noch die Interessenvertretung das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung als selbständige Wirtschaftsart ansehen wollten. Auch widerspreche es dem Gleichheitssatz, auf einen Arbeitgeber eine Verordnung anzuwenden und auf einen anderen Arbeitgeber nicht, obwohl er die gleichen Dienstnehmer beschäftige. Da die Beschwerdeführer fast ausschließlich Personen beschäftigten, die aus Branchen kämen, für die Verordnungen im Sinne des § 1 Abs. 2 BEinStG erlassen worden seien, sei diese Norm auch zugunsten der Beschwerdeführer anzuwenden und ihnen die Pflichtzahlschlüssel mit 35 bei Berechnung der Ausgleichstaxe zuzuerkennen.
Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem die Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom 26. September 1991, Zlen. 91/09/0115, 0116, auf die zwecks Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird, ausführlich dargelegt hat, stellt die Verordnung, BGBl. Nr. 546/1976, unter Hinweis auf die Betriebssystematik auf die unmittelbare Erbringung der dort aufgezählten Tätigkeiten ab und läßt keine sinngemäße Anwendung auf die Vermittlung von Arbeitskräften zu, die Unternehmen überlassen werden, die die von der Verordnung erfaßten Tätigkeiten (unmittelbar) ausüben.
Dieses Auslegungsergebnis steht auch nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz in Widerspruch, bestehen doch - worauf der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Ablehnungsbeschluß vom 11. Juni 1991, B 346/91, B 371/91 hingewiesen hat
- unbeschränkte Einsatzmöglichkeiten für Arbeitnehmer von Personalbereitstellungsunternehmen. Der Umstand, daß die Beschwerdeführer de facto einen Großteil ihrer Arbeitskräfte Unternehmen bestimmter Branchen überlassen, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern.
Mangels rechtlicher Erheblichkeit stellt es auch keinen Verfahrensmangel dar, wenn es die belangte Behörde im Beschwerdefall unterlassen hat, Erhebungen darüber anzustellen, welche Arbeitskräfte tatsächlich im Unternehmen der Beschwerdeführer beschäftigt seien.
Da die Beschwerde ihrem Inhalt nach erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war sie - unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhanldung nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG - gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991090216.X00Im RIS seit
16.01.1992