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32/04 Steuern vom Umsatz;Norm
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der F-Gesellschaft m.b.H. in A, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat III) vom 17. April 1991, Zl. 6/2-2189/89-01, betreffend Umsatzsteuer 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine im Jahr 1988 gegründete Gesellschaft m.b.H., deren Unternehmensgegenstand die Vermittlung von verschiedenen Geschäften, insbesondere Leasinggeschäften, den Ankauf und die Verwertung von Kundenstöcken, das Betreiben des Leasinggeschäftes mit beweglichen Gegenständen, die Beteiligung an anderen Gesellschaften, die Geschäftsführung in Gesellschaften sowie den Erwerb und die Pachtung anderer Unternehmungen mit gleichem oder ähnlichem Betriebsgegenstand im In- und Ausland umfaßt (vgl. OZl. 1 der Verwaltungsakten).
Für Oktober 1988 machte sie einen Vorsteuerabzug von S 1 Million geltend, wozu sie dem Betriebsprüfer erklärte, dies betreffe den Erwerb des Kundenstockes eines Versicherungsmaklerbüros um S 5 Millionen zuzüglich 20 % Umsatzsteuer, worüber am 30. November 1988 eine Rechnung ausgestellt worden sei. Verkäufer des Kundenstockes war einer der Gesellschafter der Beschwerdeführerin der Punkt III des Kaufvertrages lautet:
"Als Tag der vereinbarten Übergabe des Kaufgegenstandes wird der 1.10.1988 vereinbart. Mit diesem Tag tritt die Käuferin in die Rechte und Pflichten des Verkäufers gegenüber den übernommenen Versicherungsverträgen in bezug auf den bestehenden Klientenstock ein. Alle zum Übergabestichtag bestehenden Ansprüche auf Folgeprovisionen aus Versicherungsverträgen gehen mit diesem Zeitpunkt vollständig auf die Käuferin über" (OZl. 25 der Verwaltungsakten).
Der Prüfer vertrat die Auffassung, der Vorsteuerabzug sei hier gemäß § 12 Abs. 3 Z. 2 UStG ausgeschlossen, weil die Beschwerdeführerin aus dem Erwerb des Kundenstockes Nachfolgeprovisionen in Höhe von S 1,5 Millionen vereinnahmt habe, wobei es sich um unecht steuerbefreite Umsätze handle.
Das Finanzamt folgte der Auffassung des Betriebsprüfers und versagte der Beschwerdeführerin für das Jahr 1988 den strittigen Vorsteuerabzug.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit dem Argument, sie übe nicht die Tätigkeit eines Versicherungsmaklers oder Versicherungsvertreters aus. Der Abschluß der Versicherungsverträge jener Kunden, die Grundlage des erworbenen Kundenstocks seien, sei noch vom Verkäufer erfolgt. Dieser sei zu den verschiedenen Versicherungsunternehmern in jene Leistungsbeziehung getreten, auf Grund der die verschiedenen Versicherer die Provisionen bezahlten. Die Beschwerdeführerin habe mit der Anschaffung des Kundenstockes eine Ware erworben, mit der sie nun handle. Die Veräußerung des Kundenstockes wiederum sei ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang. Zur Betreuung der Kunden bis zur Weiterveräußerung sei ein gewerblich befugter Versicherungsmakler gegen Entgelt beauftragt worden. Die Beschwerdeführerin könne diese Betreuung selbst aus gewerberechtlichen Gründen nicht durchführen. Sie sei vorsteuerabzugsberechtigt, weil sie den Kundenstock in der Absicht der Weiterveräußerung erworben habe.
In einem über Auftrag der belangten Behörde vorgelegten Schreiben des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin wurde unter anderem behauptet, es könnten über die einzelnen Kunden keine Angaben gemacht werden. Zum Zwecke des Weiterverkaufes des Kundenstockes seien Inserate in den Niederösterreichischen Nachrichten und im Standard erfolgt. Der Verkäufer hätte sämtliche Versicherungsgesellschaften darauf hingewiesen, daß die Beschwerdeführerin Rechtsnachfolgerin für die Provisionszahlungen aus dem Titel der Folgeprovisionen sei. Der Verkäufer selbst hätte den Versicherungsunternehmen gegenüber für sich entsprechende Verzichtserklärungen abgegeben. Die Versicherungsgesellschaften wiederum hätten dem Wunsche des Verkäufers Rechnung tragend die künftigen Anweisungen zugunsten der Bankverbindung der Beschwerdeführerin vorgenommen. Folgeprovisionen würden während der gesamten Dauer eines vermittelten Versicherungsvertrages bezahlt.
Neue Versicherungsverträge seien von der Beschwerdeführerin nicht vermittelt worden. Bei der Berechnung des Kaufpreises für den Kundenstock sei man von einem Provisionsergebnis für das Jahr 1987 von S 3,731.492,55 und für das Wirtschaftsjahr 1988 von ca. S 4,5 Millionen ausgegangen.
In Beantwortung weiterer Fragen der belangten Behörde erklärte die Beschwerdeführerin schließlich mit Schreiben vom 4. März 1991, es sei vorerst durch persönliche Gespräche ihrer beiden Geschäftsführer versucht worden, den Kundenstock weiterzuveräußern, in weiterer Folge seien die Inserate aufgegeben worden. Ein Weiterverkauf des Kundenstockes sei bisher nicht erfolgt. Eine Weiterbetreuung des Kundenstockes sei nicht erforderlich gewesen, weil keine neuen Verträge abgeschlossen worden seien. Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin habe sich im wesentlichen darauf beschränkt, die Folgeprovisionen entgegenzunehmen. Die ursprünglich in Aussicht genommene Übertragung der weiteren Betreuung an einen Versicherungsmakler hätte sich erübrigt.
Mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie vertrat dazu die rechtliche Auffassung, die Art der Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin sei für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung nicht maßgeblich. Für die Anwendung des § 12 Abs. 3 Z. 2 UStG sei es unerheblich, ob ein unmittelbarer oder nur ein mittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Unternehmers laut Eingangsrechnung und der steuerbefreiten Leistung bestünde. Das Abzugsverbot umfasse auch die Vorsteuern für Umsätze an den Unternehmer, die nur in einer indirekten wirtschaftlichen Verbindung mit den steuerfreien Umsätzen des Unternehmers stünden. Daß aber die Vereinnahmung der Folgeprovisionen eine Folge des Erwerbes des Kundenstockes und dadurch erst möglich geworden sei, bedürfe keines Beweises. Die Einnahmen der Beschwerdeführerin aus den Folgeprovisionen stellten zweifellos Umsätze i.S. des § 6 Z. 13 UStG dar, wenn auch die Versicherungsverträge, die dazu geführt hätten, nicht aus der Tätigkeit der Beschwerdeführerin, sondern aus der ihres Rechtsvorgängers stammten. Auf die Absicht, die die Beschwerdeführerin mit dem Ankauf des Kundenstockes verfolgt habe, komme es dagegen nicht entscheidend an. Wesentlich sei, daß die Beschwerdeführerin einen Kundenstock erworben habe, der seither regelmäßig zu Folgeprovisionen führe. Ihr stehe deshalb der Vorsteuerabzug gemäß § 12 Abs. 3 Z. 2 UStG nicht zu.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Vorsteuerabzug für den erworbenen Kundenstock in Höhe von S 1 Million verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 6 Z. 13 UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 fallenden Umsätzen steuerfrei die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter und Versicherungsvertreter.
Versicherungsmakler werden nach herrschender Ansicht den Versicherungsvertretern gleichgehalten (vgl.
Kranich-Siegl-Waba, Mehrwertsteuerhandbuch5 Anm. 29 zu
§ 6 UStG; dieselben im Kommentar zur Mehrwertsteuer Rz 261 zu
Gemäß § 12 Abs. 3 Z.1 bis 2 UStG sind vom Vorsteuerabzug
ausgeschlossen:
1) Die Steuer für die Lieferung und die Einfuhr von Gegenständen, soweit der Unternehmer diese Gegenstände zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet;
2) die Steuer für sonstige Leistungen, soweit der Unternehmer diese sonstigen Leistungen zur Ausführung steuerfreier Umsätze in Anspruch nimmt.
Zunächst fällt auf, daß die belangte Behörde der Beschwerdeführerin den Vorsteuerabzug gestützt auf die Z. 2 der zitierten Ausschlußbestimmung versagt hat. Da ein Kundenstock anerkanntermaßen aber als Gegenstand i.S. des ersten Satzes des § 3 Abs. 1 UStG zu verstehen ist (vgl. z.B. Kranich-Siegl-Waba Mehrwertsteuerhandbuch5 Anm. 2 zu § 3 UStG), wäre im vorliegenden Fall nicht der Ausschlußtatbestand der Z. 2 des § 12 Abs. 3 UStG, sondern der nach Z. 1 leg. cit. anzuwenden gewesen. Dies vermag jedoch keine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzustellen, weil die Beschwerdeführerin im Ergebnis dadurch nicht belastet ist. Denn die belangte Behörde hätte auch bei Anwendung des § 12 Abs. 3 Z. 1 UStG zu keinem anderen Ergebnis gelangen können.
Kern der Beschwerdeausführungen ist das Argument, die Beschwerdeführerin hätte selbst keine Maklertätigkeit ausgeführt, die von ihr bezogenen Nachfolgeprovisionen seien ohne Leistungsaustausch zustande gekommen.
Dem kann nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin übersieht dabei nämlich, daß die in Rede stehenden Nachfolgeprovisionen in jenen Leistungsaustausch eingebunden sind, den ihr Rechtsvorgänger durch Aquisition verschiedener Versicherungsverträge begonnen hat. In diese Leistungsaustauschbeziehung gegenüber diversen Versicherungsunternehmen ist die Beschwerdeführerin durch den Ankauf des Kundenstockes insoweit eingetreten, als nach dem unstrittigen Sachverhalt über ausdrückliche Erklärung des Verkäufers die Ansprüche auf Folgeprovisionszahlungen auf die Beschwerdeführerin übertragen wurden. Damit ist der umsatzsteuerrechtlich erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen der Leistung (hier des Verkäufers des Kundenstockes als Makler) und der Gegenleistung (nämlich den Folgeprovisionen) gegeben (vgl. Kranich-Siegl-Waba Kommentar zur Mehrwertsteuer Rz 71 zu § 1 UStG und die dort zitierte hg. Judikatur). Daraus folgt des weiteren, daß die der Beschwerdeführerin zugeflossenen Folgeprämien als Entgelt für sonstige Leistungen (nämlich ihres Rechtsvorgängers) zu qualifizieren sind, und zwar Leistungen aus einer Tätigkeit, die tatbestandsmäßig der unechten Steuerbefreiung des § 6 Z. 13 UStG zuzuordnen sind.
Im folgenden stellt sich die Frage, ob die Vorsteuer für die Lieferung des Kundenstockes an die Beschwerdeführerin dem Ausschlußtatbestand des § 12 Abs. 3 Z.1 UStG zu unterstellen ist, was davon abhängt, ob die Beschwerdeführerin den erworbenen Kundenstock "zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet".
Anders als es die belangte Behörde gesehen hat, ist die von der Beschwerdeführerin bei Erwerb des Kundenstockes verfolgte Absicht nicht gänzlich zu vernachlässigen. Wie das von Kranich-Siegl-Waba im Kommentar zur Mehrwertsteuer (Rz 189a zu § 12 UStG) gebrachte Beispiel zeigt, kann die Absicht sehr wohl eine gewisse Rolle spielen. Die Absicht des Erwerbers, den erworbenen Gegenstand (hier den Kundenstock) zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze (z.B. zur Weiterveräußerung) zu verwenden, die im vorliegenden Fall immerhin im Wege der Inserate zutage getreten ist, hat aber, solange der geplante steuerpflichtige Umsatz nicht getätigt ist, gegenüber der tatsächlichen Verwendung des erworbenen Gegenstandes in den Hintergrund zu treten. Die Beschwerdeführerin hat ungeachtet ihrer Absicht, den gekauften Kundenstock weiterzuveräußern, diesen von Anfang an zur Ausführung steuerfreier Umsätze in Gestalt der Vereinnahmung der Folgeprovisionen verwendet, die aus der Maklertätigkeit des Verkäufers herrühren, in die sie im Wege des Kaufes und der anschließenden Erklärungen des Verkäufers gegenüber den Versicherungsunternehmen als Singularsukzessorin eingetreten ist. Diese Verwendung des Kundenstockes steht jedenfalls für das Streitjahr im Vordergrund und erweist sich daher der angefochtene Bescheid als frei von der von der Beschwerdeführerin behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 11. September 1987, Zl. 86/15/0027).
Abschließend sei noch darauf hingewiesen, daß auch das Argument der Beschwerdeführerin, der Erwerb des Kundenstockes stelle bezüglich der Folgeprovisionen den Erwerb von Geldforderungen dar, der nach § 6 Z. 8 lit. d UStG steuerfrei wäre, an diesem Ergebnis nichts ändern könnte. Selbst wenn man dieser Ansicht folgen wollte, müßte man ebenfalls gemäß § 12 Abs. 3 Z. 1 UStG den Vorsteuerabzug versagen, weil es sich bei der Befreiungsbestimmung der Z. 8 des § 6 UStG ebenfalls um einen Fall der unechten Steuerbefreiung handelt (§ 12 Abs. 3 letzter Satz UStG).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf dioe §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991150067.X00Im RIS seit
22.03.2001