TE Vwgh Erkenntnis 1992/1/21 91/11/0174

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Veröffentlicht am 21.01.1992
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
WehrG 1990 §28 Abs2;
WehrG 1990 §36 Abs2 Z1;
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Dr. J in M, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 16. Oktober 1991, Zl. 562.752/17-2.5/91, betreffend Befreiung von der Präsenzdienstpflicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wird zurückgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der im Jahr 1957 geborene Beschwerdeführer ist seit 1987 selbständiger Zahnarzt in M. Er hat Grundwehrdienst in der Dauer von vier Monaten bis zu seiner vorzeitigen Entlassung im Jahr 1983 sowie in der Dauer der restlichen zwei Monate im Jahr 1990 geleistet. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 3. Oktober 1990 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des restlichen ordentlichen Präsenzdienstes gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 (WG) abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Großteil der Beschwerdegründe im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG setzt sich mit dem Problem der ärztlichen Versorgung der Umgebung des Ortes, in dem der Beschwerdeführer seine Ordination betreibt, auseinander. Soweit der Beschwerdeführer dieses und andere öffentliche Interessen an seiner Befreiung von der Präsenzdienstpflicht ins Treffen führt, ist er darauf zu verweisen, daß der angefochtene Bescheid einen Abspruch darüber gar nicht enthält; für einen über einen Befreiungsantrag eines Wehrpflichtigen ergehenden Bescheid wäre dies auch gar kein Thema. Die Wahrnehmung öffentlicher Interessen obliegt der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 Z. 1 WG von Amts wegen. Darauf haben Wehrpflichtige auch keinen Anspruch. Sie können die Befreiung von der Präsenzdienstpflicht lediglich aus den im § 36 Abs. 2 Z. 2 WG genannten Gründen begehren. Dies sind besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche und familiäre - also private - Interessen.

Hinsichtlich des Vorliegens der genannten Befreiungsgründe hat die belangte Behörde kein Ermessen. Sie hat die vom Beschwerdeführer geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen an der Weiterführung seiner Ordination zur Ermöglichung der Rückzahlung seiner finanziellen Verpflichtungen als solche anerkannt, ihre besondere Rücksichtwürdigkeit aber verneint. Begründet wurde dies damit, daß er auf Grund seiner Stellung, seiner im Jahr 1983 erfolgten vorzeitigen Entlassung aus dem Grundwehrdienst und seiner bis 15. August 1990 von Amts wegen erfolgten befristeten Befreiung mit seiner Einberufung habe rechnen müssen. Er hätte seine wirtschaftlichen Angelegenheiten so einzurichten gehabt, daß mit der Präsenzdienstleistung verbundene Schwierigkeiten vermieden oder verringert werden.

Die belangte Behörde ist damit im Ergebnis im Recht. Auszugehen ist davon, daß der Beschwerdeführer den Grundwehrdienst zur Gänze geleistet hat, sodaß sich seine ordentliche Präsenzdienstpflicht nur mehr auf die Truppenübungen im Ausmaß von 60 Tagen bezieht. Die zu leistenden Truppenübungen sind auf mehrere Jahre aufzuteilen und haben jeweils nur eine verhältnismäßig kurze Dauer (vgl. die im § 28 Abs. 2 WG genannte Höchstdauer in einem Kalenderjahr). Die Truppenübungspflicht ist in ihren Auswirkungen in Hinsicht auf ihre zeitliche Lagerung in diesem Rahmen völlig unbestimmt. Besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen an der Befreiung von der Truppenübungspflicht könnten nur dann vorliegen, wenn - ungeachtet dieser Unbestimmtheit - eine mit der Leistung von Übungen verbundene Existenzgefährdung zu befürchten wäre (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juli 1991, Zl. 90/11/0236). Der Beschwerdeführer behauptet nicht, durch die Leistung von Übungen in seinen wirtschaftlichen Interessen in einem Maße betroffen sein zu können, daß seine wirtschaftliche Existenz gefährdet wäre. In diesem Zusammenhang fällt auch auf, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1990 die beiden letzten Monate des Grundwehrdienstes geleistet hat, ohne daß dies zu einer derartigen Existenzgefährdung geführt hätte.

Es kommt daher gar nicht entscheidend darauf an, ob er durch die Eröffnung seiner Facharztpraxis im Jahre 1987 bzw. durch die im Zusammenhang damit eingegangenen finanziellen Verpflichtungen seine nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehende Verpflichtung zur Harmonisierung seiner beruflichen und wirtschaftlichen Dispositionen mit seiner Wehrpflicht verletzt habe.

Soweit der Beschwerdeführer auf den "Zusammenhalt der teilweise vorliegenden familiären (persönlichen) Interessen des Beschwerdeführers mit den jedenfalls vorliegenden öffentlichen bzw. wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers" hinweist, so enthält die Beschwerde keinerlei Konkretisierung in dieser Richtung, die die Beurteilung erlaubten, besonders rücksichtswürdige private Interessen ließen die Befreiung des Beschwerdeführers von seiner Präsenzdienstpflicht geboten erscheinen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Der für den Fall der Abweisung der Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof gestellte Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof war zurückzuweisen, weil die österreichische Rechtsordnung in Art. 144 Abs. 3 B-VG lediglich die Abtretung einer Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof an den Verwaltungsgerichtshof vorsieht; der erstgenannte Gerichtshof wäre daher zuerst anzurufen gewesen.

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991110174.X00

Im RIS seit

21.01.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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