TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/18 91/12/0125

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Veröffentlicht am 18.03.1992
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Index

L24003 Gemeindebedienstete Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/02 Gehaltsgesetz;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

ABGB §1497 impl;
AVG §37;
AVG §39 Abs1;
AVG §39 Abs2;
DVG 1984 §8 Abs1;
GdBGehaltsO NÖ 1976 §11 Abs1;
GdBGehaltsO NÖ 1976 §11;
GehG 1956 §13b impl;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des Dr. NN, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom 2. April 1991, Zl. MD-M-2/90-91, betreffend Personalzulage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Stadt Krems an der Donau hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Primarius (Vorstand der Abteilung XY am Allgemeinen öffentlichen Krankenhaus Krems an der Donau) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Krems an der Donau.

Der Beschwerdeführer suchte mit Schreiben vom 30. Mai 1974 um Zuerkennung der Personalzulage (Leiterzulage) beim Magistrat der Stadt Krems-Magistratsdirektion an.

Nach Untätigkeit der Behörde ersuchte der Beschwerdeführer neuerlich mit Schreiben vom 17. Juni 1975 um "Zuerkennen der Personalzulage".

Der Magistrat der Stadt Krems an der Donau - Magistratsabteilung II - schrieb hierauf im Namen des Bürgermeisters der Stadt folgende Mitteilung:

"Ihrem Ansuchen vom 17. Juni 1975 um Zuerkennung der Personalzulage kann vom Rechtsträger des A.ö. Krankenhauses Krems nicht stattgegeben werden. Eine Anfrage an vergleichbare Anstalten ergab, daß auch dort der Abteilungsvorstand für Anästhesie keine Personalzulage erhält."

Mit Eingabe vom 20. Februar 1990 stellte der Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 2 AVG an den Gemeinderat der Stadt Krems den Antrag, als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde das Ansuchen des Beschwerdeführers einer bescheidmäßigen Erledigung dergestalt zuzuführen, daß die beantragte Zulage ab Antragszeitpunkt zuerkannt werde.

Mit Bescheid vom 9. April 1990 wies die belangte Behörde den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers mit der Begründung zurück, bei der Erledigung des Magistrates der Stadt Krems vom 8. August 1975 habe es sich um einen Bescheid gehandelt.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1990, Zl. 90/12/0197, auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen wird, hob der Verwaltungsgerichtshof den zuletzt genannten Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.

Mit Eingabe vom 4. Februar 1991 ersuchte der Beschwerdeführer um meritorische Erledigung seiner Anträge auf Zuerkennung der Personalzulage vom 30. Mai 1974 und 17. Juni 1975.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers ab. Begründend wird ausgeführt, auf Grund der Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) werde die Verjährung nur durch die wirklich angebrachte Klage und die gehörige Fortsetzung dieser Klage unterbrochen, wobei nach ständiger Rechtsprechung die nicht gehörige Fortsetzung die beharrliche Nichtbetätigung des Klägers bedeute. Gehörige Fortsetzung des Verfahrens liege nur vor, wenn der Kläger alles unternehme, was er zur Weiterführung des Rechtsstreites tun könne. Da der Beschwerdeführer nach der abschlägigen Mitteilung des Magistrates der Stadt Krems vom 8. August 1975 bis zum Schriftsatz seines Rechtsanwaltes vom 20. Februar 1990 nicht weiter eingeschritten sei, stehe fest, daß in sinngemäßer Anwendung und Auslegung der Bestimmungen des bürgerlichen Rechts eine Hemmung oder Unterbrechung nicht eingetreten sei. Nach § 11 Abs. 1 GBGO (NÖ-Gemeindebeamtengehaltsordnung 1976, LGBl. Nr. 2.440-3) verjähre der Anspruch auf Leistungen, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren geltend gemacht werde, wobei nach Abs. 4 die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung mit der Maßgabe anzuwenden seien, daß die Geltendmachung eines Anspruches im Verwaltungsverfahren einer Klage gleichzuhalten sei. Dem Beschwerdeführer sei mit Wirkung vom 1. Juli 1989 eine Personalzulage gewährt worden, die unter Bedachtnahme auf die Verjährungsfrist der genannten Bestimmung für die letzten drei Jahre rückwirkend, somit ab 1. Juli 1986 nachverrechnet worden sei. Dieser dem Beschwerdeführer zustehende Anspruch sei zur Auszahlung gelangt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob durch das Verhalten des Beschwerdeführers sein dem Grunde und der Höhe nach unbestrittener Anspruch auf Personalzulage vor dem 1. Juli 1986 infolge Verjährung nicht mehr besteht.

Die im Beschwerdefall anzuwendende Bestimmung des § 11 der NÖ-Gemeindebeamtengehaltsordnung 1976, LGBl. Nr. 2.440-3, hat folgenden Wortlaut:

"Verjährung

(1) Der Anspruch auf Leistungen verjährt, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren geltend gemacht wird, nachdem die anspruchsbegründende Leistung erbracht worden oder der anspruchsbegründete Aufwand entstanden ist.

(2) Das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen verjährt nach drei Jahren ab ihrer Entrichtung.

(3) Was trotz Verjährung geleistet worden ist, kann nicht zurückgefordert werden.

(4) Die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß die Geltendmachung eines Anspruches im Verwaltungsverfahren einer Klage gleichzuhalten ist."

Diese Bestimmung entspricht dem Inhalt des § 13b des Gehaltsgesetzes 1956, sodaß die hiezu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch hier anwendbar ist.

Die Unterbrechung der Verjährung ist im bürgerlichen Recht im § 1497 ABGB geregelt. Danach wird die Verjährung unter anderem unterbrochen, wenn derjenige, welcher sich auf dieselbe berufen will, von dem Berechtigten belangt, und die Klage gehörig fortgesetzt wird. Wird eine laufende Verjährung unterbrochen, so beginnt sie nach dem Wegfall des Unterbrechungsgrundes völlig neu. Die vor der Unterbrechung abgelaufene Zeit zählt nicht (vgl. Koziol-Welser Grundriß des bürgerlichen Rechts I8 S. 179). Die Unterbrechungswirkung tritt nur ein, wenn die Klage "gehörig fortgesetzt" wird. Die Gründe prozessualer Untätigkeit sind nicht von Amts wegen zu prüfen, wohl aber, ob der Kläger überhaupt gehalten war, eine Prozeßhandlung vorzunehmen, um dem Verfahrensstillstand zu begegnen (Schubert in Rummel ABGB Kommentar II2 S. 2.890 und die dort zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes). Der Kläger ist nicht verhalten, von sich aus das säumige Prozeßgericht zu betreiben.

Diese für das zivilgerichtliche Verfahren ausgesprochenen Grundsätze bedeuten für das Verwaltungsverfahren, das vom Grundsatz der Amtswegigkeit beherrscht wird, daß nach der Geltendmachung eines Anspruches im Verwaltungsverfahren die dadurch eingetretene Unterbrechung der Verjährung nur dann beseitigt werden kann, wenn die Partei einer gesetzlich verankerten bzw. ableitbaren Mitwirkungsverpflichtung im Verfahren bei entsprechendem Hinweis darauf nicht nachgekommen wäre (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1988, Zl. 87/12/0062). Wird doch, wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis ausgesprochen hat der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens durch die - auch im Beschwerdefall gemäß § 1 Abs. 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes anzuwendende - Bestimmung des § 8 Abs. 1 dieses Gesetzes verstärkt, weil danach die Behörde verpflichtet wird, die zum Vorteil oder Nachteil der Partei dienenden Umstände mit gleicher Sorgfalt zu berücksichtigen.

Im Beschwerdefall ist nach der dargestellten Rechtslage davon auszugehen, daß schon durch den ersten Antrag des Beschwerdeführers vom 30. Mai 1974, mit dem er die Zuerkennung der Personalzulage geltend gemacht hat, die Unterbrechung der Verjährung eingetreten ist. Durch die von der belangten Behörde nach der neuerlichen Geltendmachung seines Anspruches mit Eingabe vom 17. Juni 1975 mit Erledigung vom 8. August 1975 erfolgte Mitteilung einer (unrichtigen) Rechtsansicht wurde keine Mitwirkungsverpflichtung des Beschwerdeführers im Verfahren in Gang gesetzt, da eine solche im Gesetz weder verankert noch aus diesem ableitbar ist. Auch fehlt der Mitteilung jeder Hinweis auf eine solche Verpflichtung des Beschwerdeführers seinen Anspruch - etwa durch Antrag auf bescheidmäßige Erledigung - weiter zu verfolgen. Der Beschwerdeführer hat daher eine ihm im vorher dargestellten Sinn etwa zukommende Mitwirkungspflicht nicht verletzt.

Da die belangte Behörde, von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgehend, den Anspruch des Beschwerdeführers wegen Verjährung mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen hat, mußte dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Der Kostenausspruch stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991120125.X00

Im RIS seit

19.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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