TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/19 91/09/0187

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Veröffentlicht am 19.03.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
67 Versorgungsrecht;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §58 Abs2;
HVG §21 Abs1;
HVG §21 Abs2;
HVG §86;
HVG RichtsatzV 1965 §1 Abs1;
KOVG RichtsatzV 1965 Anl Abschn1 litd Z133;
KOVG RichtsatzV 1965 Anl Abschn1 litd Z134;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des GR in S, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt Dr. M in S, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 22. Mai 1991, Zl. 113-480.832-008, betreffend Einstellung der Beschädigtenrente nach dem Heeresversorgungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens war der im Jahre 1968 geborene Beschwerdeführer während der Zeit der Ableistung seines ordentlichen Präsenzdienstes beim Österreichischen Bundesheer am 5. März 1987 mit seinem Pkw auf der Heimfahrt vom Ort der militärischen Dienstleistung verunglückt.

Auf Grund des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides des Landesinvalidenamtes für Salzburg vom 7. Oktober 1988 hatte der Beschwerdeführer gemäß §§ 21 bis 24, 46b, 55 und 70 des Heeresversorgungsgesetzes, BGBl. Nr. 27/1964 (HVG), eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von zuletzt (ab 1. Dezember 1987) 30 v.H. bezogen. Folgende Leidenszustände waren dabei, jeweils mit einer Kausalkomponente von 1/1, als Dienstbeschädigung anerkannt worden:

AB 23. NOVEMBER 1987;

1.  Zustand nach offener

    Sprunggelenksverletzung

    rechts. Funktionsbehin-

    derung durch mäßige

    Bewegungseinschränkung,

    starker Weichteilver-

    dickung bzw. Schwellung

    der Knöchelgegend und

    Beinschwäche               RS-Pos. I/d/134   MdE  30 %

2.  Reizlose Narben ohne

    Funktionsbehinderung

    an beiden Ellbogen,

    linken Unterarm, rechter

    Hand und am distalen

    Schien- und Wadenbein-

    ende                       RS-Pos. IX/c/702  MdE   0 %

3.  Bewegungseinschränkung

    der Zehen                  RS-Pos. I/d/164   MdE   5 %

4.  Gefühlsstörung am Fußrand  RS-Pos. IV/i/494  MdE   5 %

5.  Reizlos eingeheilter

    Schraubenrest im Schien-

    bein rechts                RS-Pos. I/j/205   MdE   0 %

Nach der Begründung dieses Bescheides sei der untere Rahmensatz der Richtsatzposition I/d/134 darin begründet, daß bei einer für die Funktion mäßigen Bewegungseinschränkung des Sprunggelenkes eine stärkere Verdickung, deutliche Beinschwäche und mäßige Gangstörung bestünden.

Nach einer amtswegigen Nachuntersuchung des Beschwerdeführers am 30. Jänner 1990 kam der Facharzt für Unfallchirurgie Dr. G in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, daß die im Bescheid des Landesinvalidenamtes für Salzburg vom 7. Oktober 1988 unter Punkt 1. als Dienstbeschädigung anerkannte Gesundheitsschädigung (diese wird von Dr. G wie folgt neu bezeichnet: "Nach offener Sprunggelenksverletzung rechts noch mäßige Funktionsbehinderung durch Bewegungseinschränkung, Verdickungs- und Belastungsschmerzen") nunmehr der Richtsatzposition I/d/133 zu unterstellen und mit einer MdE von 20 % einzuschätzen sei. Die Wahl der Richtsatzposition 133 begründete Dr. G damit, daß es zu einer Besserung der Funktion gegenüber dem Letztgutachten gekommen sei. Der obere Rahmensatz dieser Richtsatzposition sei deshalb gewählt worden, weil doch noch eine Bewegungseinschränkung und glaubhafte Belastungsschmerzen bestünden; einbezogen sei dabei die röntgenologische Verschmälerung des Gelenksspaltes.

Der leitende Arzt stimmte diesem Gutachten mit dem Bemerken zu, daß die Positionen 164 und 494 entfallen würden, weil sie "nicht mehr vorhanden" seien.

Das (nunmehr zuständige) Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland (LIA) führte daraufhin noch eine berufskundliche Beurteilung gemäß § 22 HVG durch, die gegenüber dem berufskundlichen Vorgutachten vom 16. September 1988 keine Änderung ergab.

Schließlich holte das LIA noch ein ärztliches Sachverständigengutachten des ärztlichen Dienstes beim LIA (Dr. H) vom 4. Mai 1990 ein, in welchem die (nunmehr vier) Dienstbeschädigungen des Beschwerdeführers mit ihrer Richtsatzbewertung im einzelnen angeführt und die Gesamt-MdE mit 20 % eingeschätzt wurden.

Mit Bescheid des LIA vom 16. Mai 1990 wurde sodann die dem Beschwerdeführer gewährte Beschädigtenrente mit Ablauf des der Zustellung dieses Bescheides folgenden Monates eingestellt.

Nach Darstellung der Rechtslage führte die Versorgungsbehörde erster Rechtsstufe zur Begründung ihres Bescheides aus, nach dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 4. Mai 1990, das als schlüssig befunden und in freier Beweiswürdigung diesem Bescheid zugrunde gelegt worden sei, sei im Befund der anerkannten Dienstbeschädigungen gegenüber dem Vergleichsbefund vom 21. April 1988 insofern eine maßgebende Veränderung eingetreten, als die Gefühlsstörung am Fußrand nicht mehr feststellbar sei und sich die Bewegungseinschränkung der Zehen derart gebessert habe, daß eine Einstufung nicht mehr erforderlich sei.

Unter Berücksichtigung dieses Befundes ergebe sich nachstehende Richtsatzeinschätzung:

1.  Nach offener Sprunggelenks-

    verletzung rechts noch mäßige

    Funktionsbehinderung durch

    Bewegungseinschränkung,

    Verdickungs- und Belastungs-

    schmerzen                      RS-Pos. I/d/133   MdE 20 %

2.  Reizlose Operationsnarben am

    Schien- und Wadenbein          RS-Pos. IX/c/702

                                   Tab.1.Z.li.       MdE  0 %

3.  Reizlos eingeheilter

    Schraubenrest am Schienbein    RS-Pos. I/j/205   MdE  0 %

4.  Reizlose Narben ohne

    Funktionsbehinderung an

    beiden Ellbogen, linken

    Unterarm und an der rechten

    Hand                           RS-Pos. IX/c/702

                                   Tab.1.Z.li.       MdE  0 %.

Entsprechend der bestehenden Funktionsstörung sei hinsichtlich der unter Punkt 1. angeführten Dienstbeschädigung der obere Rahmensatzwert (der Position 133) gewählt worden. "Berufliche Sonderverhältnisse" für die Annahme eine MdE nach § 22 HVG lägen bei der billigerweise sozial zumutbaren Erwerbstätigkeit eines Bankangestellten im Sinne der Begründungsausführungen des Bescheides des Landesinvalidenamtes für Salzburg vom 7. Oktober 1988 weiterhin nicht vor. Die MdE betrage daher gemäß den §§ 21 und 22 HVG 20 v.H. Da somit eine Voraussetzung für die Leistung der Beschädigtenrente weggefallen sei, sei diese gemäß § 56 Abs. 2 HVG einzustellen gewesen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen (vom Beschwerdeführer als "Einspruch" bezeichneten) Berufung vom 21. Juni 1990 bestritt der Beschwerdeführer - dieser hielt sich zu diesem Zeitpunkt in Neuseeland auf - den Eintritt einer Besserung seines Leidens (dieses sei auf keinen Fall unter 30 % zu bewerten), wobei er darin auch die Vorlage eines Gutachtens Dris. S ankündigte; ein solches Gutachten ist nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens jedoch vom Beschwerdeführer im Zuge des Berufungsverfahrens nicht vorgelegt worden.

Die belangte Behörde holte daraufhin im Berufungsverfahren ein aktenmäßiges Gutachten des Facharztes für Chirurgie, Dr. K, vom 10. September 1990 ein, der jedoch zu keinem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis kam.

Der Beschwerdeführer erhielt im Rahmen des Parteiengehörs von diesem Gutachten Kenntnis. In seiner Stellungnahme vom 28. November 1990 brachte der Beschwerdeführer, der sich zu diesem Zeitpunkt noch immer in Neuseeland aufhielt, vor, daß er den "Sachverständigenbescheid" nicht zur Kenntnis nehme. Da nur er selbst Zeugnis über seine Verletzung ablegen könne, verlange er eine Nachuntersuchung im März 1991, um alle Unklarheiten zu beseitigen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 22. Mai 1991 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers mit der Maßgabe keine Folge, daß die Beschädigtenrente erst mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung des Berufungsbescheides folge, eingestellt werde und bis dahin in angepaßter Höhe auszuzahlen sei.

In der Begründung dieses Bescheides wies die belangte Behörde nach kurzer Darstellung des bisherigen Verfahrensablaufes auf das von ihr zur Überprüfung der medizinischen Sachlage eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. K hin, woraus sich folgende medizinische Beurteilung ergebe:

"Anläßlich der Erstuntersuchung am 21. April 1988 fand sich die rechte Knöchelregion verdickt, und die Konturen waren verstrichen. Im Rahmen der Untersuchung vom 31. Jänner 1990 konnte eine deutliche Besserung der Sprunggelenksbeweglichkeit objektiviert werden. Die Sensibilitätsstörungen waren nicht mehr nachweisbar; ebenso waren die Zehen nunmehr frei beweglich. Gegenüber dem Vergleichsgutachten vom 21. April 1988 hat sich der objektive Befund am rechten Sprunggelenk sohin deutlich verbessert. Das Sprunggelenk zeigt nur mehr eine mäßige Bewegungseinschränkung, die seinerzeit beschriebene Konturenverstreichung und Lividverfärbung sind nicht mehr nachweisbar; die Zehen sind frei beweglich, eine Nervenläsion ist ebenfalls nicht mehr feststellbar. Die Einschätzung des Leidenszustandes mit nunmehr 20 v.H. erscheint durchaus als ausreichend."

Dieses Gutachten sei als schlüssig erkannt und daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Eine Überprüfung gemäß § 22 HVG habe insofern unterbleiben können, als die medizinischen Gutachten der ersten und zweiten Instanz in ihrem wesentlichen Inhalt übereinstimmten und in der Berufung selbst keine Einwendungen vorgebracht worden seien. Hinsichtlich der Bezeichnung der Dienstbeschädigung werde auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen. Dem Beschwerdeführer sei das Ergebnis der Beweisaufnahme gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht worden. In der am 28. November 1990 abgegebenen Stellungnahme habe der Beschwerdeführer um eine ärztliche Nachuntersuchung im März 1991 ersucht. Hiezu werde entgegnet, daß durch das eingeholte Sachverständigengutachten Dris. K die medizinische Sachlage hinlänglich geklärt erscheine, sodaß von einer Erweiterung des Beweisverfahrens abgesehen habe werden können. Gemäß § 21 Abs. 1 HVG gebühre die Beschädigtenrente für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 25 v.H. Da die MdE nur mehr 20 v.H. betrage, sei die Beschädigtenrente spruchgemäß einzustellen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde (dieser ist ein fachärztliches Attest des Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, Dr. P, vom 3. April 1991 angeschlossen) an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht "auf Gewährung einer Beschädigtenrente gemäß § 21, 22 HVG" sowie in seinem Recht "auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens gemäß §§ 86 f HVG" verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 21 Abs. 1 HVG hat der Beschädigte Anspruch auf Beschädigtenrente, wenn seine Erwerbsfähigkeit infolge der Dienstbeschädigung über drei Monate nach dem Eintritt der Gesundheitsschädigung (§ 2) hinaus um mindestens 25 v.H. vermindert ist; die Beschädigtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 25 v.H. Unter Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die durch die Dienstbeschädigung bewirkte körperliche Beeinträchtigung im Hinblick auf das allgemeine Erwerbsleben zu verstehen. Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach Richtsätzen einzuschätzen, die den wissenschaftlichen Erfahrungen entsprechen.

Gemäß § 1 Abs. 1 der Richtsatzverordnung zum HVG, BGBl. Nr. 151/1965, ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 21 Abs. 1 HVG nach den Richtsätzen einzuschätzen, die nach Art und Schwere des Leidenszustandes in festen Sätzen oder Rahmensätzen festgelegt sind. Hiebei sind die Richtsätze der Anlage zur Verordnung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 9. Juni 1965, BGBl. Nr. 150, (im folgenden kurz Richtsatzverordnung) anzuwenden.

Der Beschwerdeführer bringt zunächst unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit im wesentlichen vor, nach der Richtsatzverordnung sei eine offene Sprunggelenksverletzung nicht unter die Richtsatzposition I/d/133, sondern unter die Richtsatzposition I/d/134 einzuordnen (Rahmensatz 30 bis 40 %). Da die Behörde die Rahmensätze weder unter- noch überschreiten dürfe, hätte sie bei richtiger Anwendung des Gesetzes die MdE mit mindestens 30 v.H. einschätzen müssen. Die Bezeichnung der unter Punkt 1. (des erstinstanzlichen Bescheides) als Dienstbeschädigung anerkannten Gesundheitsschädigung sei im wesentlichen mit der im Bescheid des Landesinvalidenamtes für Salzburg vom 7. Oktober 1988 ident, doch komme die belangte Behörde offenbar unrichtigerweise zur Einschätzung, daß der Knöchelbruch ohne wesentliche Funktionsstörung geheilt und die Richtsatzposition 133 heranzuziehen sei. Zur Begründung dieses Vorbringens verweist der Beschwerdeführer auf das der Beschwerde beiliegende fachärztliche Attest des Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie Dr. P vom 3. April 1991.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Abschnitt I der Richtsatzverordnung enthält Einschätzungen für chirurgische und orthopädische Krankheiten. Unter lit. d) betreffen die Positionen 127 bis 135 den Unterschenkel. Die Richtsatzpositionen I/d/133 und 134 lauten:

                                                 MdE in

                                                 Hundertsätzen

"133.    Unterschenkelbruch, geheilt (auch

         Knöchelbruch), ohne wesentliche

         Funktionsstörung .........................    0 -

         20

134.     Unterschenkelbruch, geheilt, je nach

         Funktionseinschränkung der Fußgelenke ....   30 - 40"

Ausschlaggebend für die vom Landesinvalidenamt für Salzburg mit Bescheid vom 7. Oktober 1988 vorgenommene Einschätzung der MdE mit 30 % hinsichtlich der Dienstbeschädigung "Zustand nach offener Sprunggelenksverletzung rechts. Funktionsbehinderung durch mäßige Bewegungseinschränkung, starker Weichteilverdickung bzw. Schwellung der Knöchelgegend und Beinschwäche" war nach der Begründung der Umstand, daß zum damaligen Zeitpunkt bei einer für die Funktion mäßigen Bewegungseinschränkung des Sprunggelenkes eine stärkere Verdickung, deutliche Beinschwäche und mäßige Gangstörung bestanden haben. Aus diesem Grunde sei der untere Rahmensatz der Richtsatzposition I/d/134 herangezogen worden. Der von der Versorgungsbehörde erster Rechtsstufe beigezogene Sachverständige Dr. G ist nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis (diesem ist der ärztliche Dienst in seinem Gutachten vom 4. Mai 1990 gefolgt) gelangt, daß es beim Beschwerdeführer zu einer Besserung der Sprunggelenksbeweglichkeit rechts gekommen sei und daher die von ihm neu bezeichnete (bereits als Dienstbeschädigung anerkannte) Gesundheitsschädigung "nach offener Sprunggelenksverletzung rechts noch mäßige Funktionsbehinderung durch Bewegungseinschränkung, Verdickungs- und Belastungsschmerzen" der Richtsatzposition I/d/133 zu unterstellen sei, wobei er dies auch näher begründet hat. Auch das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. K vom 10. September 1990 hat dieses Ergebnis bestätigt. Dieses Gutachten war auch Gegenstand des Parteiengehörs, wobei der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 28. November 1990 gegen die auf ärztliches Fachwissen gestützten Ausführungen keinerlei medizinisch belegte Einwendungen vorgebracht hat.

Wenn daher die belangte Behörde ihrer Entscheidung in freier Beweiswürdigung das Sachverständigengutachten Dris. K zugrunde gelegt hat, so ist dies im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden nachprüfenden Kontrolle, die darauf beschränkt ist, ob ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt bzw. ob die Erwägungen den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen können, nicht als unschlüssig zu erkennen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1991, Zl. 90/09/0059).

Was die Einschätzung der unter Punkt 1. des erstinstanzlichen Bescheides angeführten Dienstbeschädigung nach der Richtsatzposition I/d/133 mit einer MdE von 20 v.H. (oberer Rahmensatz) anlangt, so vermag der Verwaltungsgerichtshof darin keine Rechtswidrigkeit erkennen, weil entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers für eine offene Sprunggelenksverletzung bzw. deren Folgen - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist - die Einstufung unter die Richtsatzposition I/d/134 nicht gleichsam bindend vorgeschrieben ist; als Kriterien für die Einschätzung nach der Richtsatzposition I/d/133 oder I/d/134 sind vielmehr das Ausmaß der - vorhandenen oder nicht vorhandenen - wesentlichen Funktionsstörung bzw. Funktionseinschränkung der Fußgelenke heranzuziehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes und im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu überprüfen. Soweit daher der Beschwerdeführer erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein fachärztliches Attest Dris. P vom 3. April 1991 vorlegt, von dem er meint, daß es als Beweismittel für sein im Verfahren erstattetes Vorbringen dienlich wäre, ist er auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsprechend dem § 41 Abs. 1 VwGG geltende Neuerungsverbot hinzuweisen. Insbesondere ist das verwaltungsgerichtliche Verfahren kein Verfahren höherer Instanz, in dem versäumte Beweisaufnahmen nachgeholt werden könnten. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, dieses Attest der belangten Behörde vorzulegen. Wenn der Beschwerdeführer dies unterlassen hat, dann kann er dies im verwaltungsgerichtlichen Verfahren weder nachholen noch aus dem Unterbleiben der diesbezüglichen Beweisaufnahmen eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ableiten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1990, Zl. 89/08/0237).

Wenn der Beschwerdeführer weiters rügt, die belangte Behörde hätte ungeachtet dessen, daß er selbst keine Einwendungen vorgebracht habe, eine Überprüfung gemäß § 22 HVG durchführen müssen, so verstößt er bei der gegebenen Sachlage auch damit gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Sinne des § 41 VwGG herrschende Neuerungsverbot. Im Verwaltungsverfahren hat es der Beschwerdeführer nämlich verabsäumt, irgendwelche sachlich fundierten Einwendungen gegen die berufskundliche Beurteilung der Behörde I. Instanz vorzubringen.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorbringt, die belangte Behörde habe der von ihm beantragten Nachuntersuchung im März 1991 nicht entsprochen und lediglich auf Grund der Aktenlage ein neues Sachverständigengutachten einholen lassen, so ist ihm zu erwidern, daß die Erstellung eines ärztlichen Gutachtens auf Grund der Aktenlage an sich noch keinen Verfahrensmangel bildet (vgl. dazu die wegen der im wesentlichen gleichen Rechtslage für das HVG heranzuziehende Judikatur zu § 90 KOVG 1957; z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1991, Zl. 89/09/0033) zumal es sich bei dem aktenmäßigen Gutachten Dris. K um ein im Berufungsverfahren erstattetes handelt, das auf die seitens des Beschwerdeführers im einzelnen nicht bestrittenen Befundunterlagen des erstinstanzlichen Sachverständigengutachtens Bezug nehmen konnte. Daß eine Begutachtung nur nach persönlicher und unmittelbarer Untersuchung erfolgen dürfe, ist - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - bei der gegebenen Sachlage weder notwendig noch im HVG zwingend vorgesehen. Zu der vom Beschwerdeführer aufrechterhaltenen Forderung nach neuerlicher ärztlicher Nachuntersuchung ist darauf zu verweisen, daß es im Wesen der freien Beweiswürdigung liegt, daß weitere Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt werden müssen, wenn die Verwaltungsbehörde sich auf Grund der bisher vorliegenden Beweise bereits ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen konnte (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1990, Zl. 89/09/0134).

Dem angefochtenen Bescheid haftet somit die in der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit nicht an. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Allgemeinfreie BeweiswürdigungBeweismittel SachverständigengutachtenBegründungspflicht Manuduktionspflicht MitwirkungspflichtSachverhalt Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991090187.X00

Im RIS seit

07.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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