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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §73 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, in der Beschwerdesache des FK in G, vertreten durch Dr. FW, Rechtsanwalt in G, gegen das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit des Vermessungsgesetzes, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe aufgrund mehrfacher Anträge und Eingaben mit Schreiben des Vermessungsamtes X vom 1. Oktober 1991 einen Bescheid dieses Vermessungsamtes vom 31. August 1990 zugestellt erhalten, in welchem - wie aus der vorgelegten Ablichtung dieses Bescheides hervorgeht - gemäß § 39 des Vermessungsgesetzes der Plan des näher bezeichneten Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen vom 5. März 1990 bescheinigt, näher bezeichnete Grundstücksnummern gemäß § 39 Abs. 5 des Vermessungsgesetzes endgültig festgesetzt, sowie ferner gemäß § 20 Abs. 1 Vermessungsgesetz hinsichtlich näher bezeichneter Grundstücke die Umwandlung des Grundsteuerkatasters in einen Grenzkataster unter der Bedingung verfügt wurde, daß dieser Plan im Grundbuch durchgeführt wird.
Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer am 15. Oktober 1991 Berufung an das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen erhoben, worüber diese Behörde bislang nicht entschieden und dadurch ihre Entscheidungspflicht verletzt habe.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. c B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof über Beschwerden, womit eine Verletzung der Entscheidungspflicht der Verwaltungsbehörde behauptet wird.
Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.
Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrags auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Gemäß Art. II Abs. 2 lit. C Z. 35 EGVG ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz auf das behördliche Verfahren des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, der Eichämter und der Vermessungsämter anzuwenden.
Gemäß § 73 AVG sind die Behörden verpflichtet - wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist - über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde (beim Unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen (§ 73 Abs. 2 AVG).
Die Entscheidung des Vermessungsamtes Feldbach, gegen welche der Beschwerdeführer Berufung erhoben hat, erging in Anwendung der Bestimmungen des § 20 Abs. 1 und des § 39 des Vermessungsgesetzes, BGBl. Nr. 306/1968, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 480/1980.
Bei der auf § 20 Vermessungsgesetz gestützten Entscheidung des Vermessungsamtes handelt es sich um eine Erledigung im Sinne des § 17 leg. cit. im Zusammenhang mit der Neuanlegung des Grenzkatasters. Die Erledigung im Sinne des § 39 Vermessungsgesetz betrifft Amtshandlungen im Zusammenhang mit dem Grenzkataster nach dem IV. Abschnitt des Vermessungsgesetzes.
Sowohl die Neuanlegung des Grenzkatasters als auch Amtshandlungen im Zusammenhang mit dem Grenzkataster sind gemäß § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 des Vermessungsgesetzes "von dem dem Bundesministerium für Bauten und Technik nachgeordneten Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und den Vermessungsämtern zu besorgen". Gemäß § 59 Abs. 1 des Vermessungsgesetzes in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 480/1980 ist hinsichtlich der hier in Rede stehenden Angelegenheiten der Bundesminister für Bauten und Technik (teilweise im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz) oberste Vollzugsbehörde, nunmehr gemäß Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes, BGBl. Nr. 76/1986 idgF der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten (Teil 2 lit. C Z. 25 dieser Anlage).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestimmt sich die im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG sachlich in Betracht kommende Oberbehörde nach den jeweiligen Organisationsvorschriften und unabhängig davon, ob diese Behörde auch im Rahmen des Instanzenzuges hätte angerufen werden können. Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist nämlich nicht nur die Berufungsbehörde, sondern darüber hinaus auch jede sonstige Behörde die - bei Ausschluß eines ordentlichen Rechtsmittels - durch Ausübung des Weisungs- oder Aufsichtsrechtes den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können (vgl. die bei HAUER-LEUKAUF, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 652 f, zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; ferner WALTER-MAYER, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, RdZ 642, mit zahlreichen weiteren Hinweisen).
Aus der vorstehend zitierten Bestimmung des § 2 Abs. 1 des Vermessungsgesetzes ergibt sich, daß das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (somit die vom Beschwerdeführer angerufene Berufungsbehörde) bei Ausübung seiner Befugnisse dem (nunmehr:) Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nachgeordnet ist. Dieser ist daher nach den hier maßgebenden Bestimmungen auch sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG.
Da es der Beschwerdeführer unterlassen hat, die sachlich in Betracht kommende oberste Behörde anzurufen, erweist sich die vorliegende Säumnisbeschwerde gemäß § 27 VwGG mangels Ausschöpfung der im Rahmen des Verwaltungsverfahrens bestehenden Möglichkeiten zur Behebung der Säumnis als unzulässig.
Sie war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Schlagworte
Anrufung der obersten Behörde Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992060078.X00Im RIS seit
29.01.2002