TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/16 91/05/0228

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Veröffentlicht am 16.06.1992
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L70704 Theater Veranstaltung Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;

Norm

BauO OÖ 1976 §23 Abs1;
BauO OÖ 1976 §61 Abs5;
BauRallg;
BauV OÖ 1976 §45 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde der N-Gesellschaft m.b.H. in Linz, vertreten durch Dr. 0, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. Oktober 1991, Zl. BauR-010674/1-1991 See/Lan, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund einer Nachbarbeschwerde, wonach die entlang der L-Straße aufgestellten Plakatwände einen äußerst häßlichen Anblick bieten, das Landschaftsbild erheblich stören und durch ihre Wirkung wie Schallwände die Lärmbelästigung vergrößern, leitete der Magistrat Linz bezüglich dieser Werbetafeln ein Verfahren ein. In einem Gutachten vom 17. April 1989 beschrieb ein technischer Amtssachverständiger in seinem Befund zunächst die Lage dieser Werbetafeln im Straßenverlauf der L-Straße. Hiebei wurde festgestellt, daß sich gegenüber dem Standort der Werbetafeln mehrere Wohnobjekte befinden, welche zum Straßenraum hin durch einen lebenden Zaun und einer Grünfläche, die sehr starken Baum- und Strauchbewuchs aufweise, begrenzt werden. Ostseitig der Werbeanlage, an der gegenüberliegenden Straßenseite (Standort Werbetafeln), befinde sich eine Tennisanlage, die komplett von Grünflächen mit dichten Baum-und Strauchgruppen umschlossen sei. Im anschließenden Umfeld befänden sich in Richtung Norden und Osten weitgestreckte unbebaute Grünflächen, die landwirtschaftlich genutzt werden. Südseitig in Verlängerung der Straßenkrümmung im Anschluß an die Tennisanlage führe ein Fuß- und Radweg zu Wohnobjekten, die ebenfalls von ausgedehnten Grünflächen mit schönem Baum- und Strauchbestand umschlossen seien. Der Gesamteindruck der gestalteten Freiflächen in Verbindung mit der Tennisanlage zeige einen parkähnlichen Charakter und sei somit mitbestimmend für das Orts- und Landschaftsbild dieses Stadtteiles. An der Ostseite dieses Ensembles entlang der L-Straße sei offensichtlich zum Lärmschutz der Tennisanlage eine ca. 150 m lange durchgehende Plakatwand errichtet worden. Der Verlauf der Plakatwand sei nicht linear, sondern der Grünarchitektur zwischen Straße, Gehweg und der Tennisanlage angepaßt. Im gutächtlichen Teil wurde sodann festgestellt, daß durch die Errichtung der ca. 150 m langen Plakatwand gemäß § 23 der O.ö. Bauordnung (BO) sowie § 2 Abs. 1 der O.ö. Bauverordnung eine harmonische Einfügung in das Orts- und Landschaftsbild nicht gegeben sei. Der Widerspruch bestehe darin, daß der für diesen Stadtteil und das Orts- und Landschaftsbild mitbestimmende Charakter der parkähnlichen Grünarchitektur zerschnitten werde. In der Folge wurden in einem Lageplan die Plakattafeln der Beschwerdeführerin nach Lage und Höhe dargestellt, wobei in dem Plan auch eine in diesem Bereich befindliche Plakattafel eines anderen Unternehmens aufscheint. Hinsichtlich aller dieser Plakattafeln wurde ein baupolizeiliches Auftragsverfahren eingeleitet.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin bestritt in Stellungnahmen insbesondere, daß durch die Werbetafeln die Harmonie des Orts- und Landschaftsbildes und die parkähnliche Grünarchitektur zerschnitten werde, zumal sich in diesem Gebiet Gewerbebetriebe befänden und die L-Straße eine überaus stark befahrene Durchzugsstraße sei. Auch seien auf einem ähnlich gelagerten Grundstück gleichartige Werbetafeln errichtet worden und das ästhetische Gesamtbild des Landschaftsbildes werde nicht beeinträchtigt. Eine parkähnliche Grünlandschaft sei nicht vorhanden, sondern es gäbe lediglich einige Sträucher. Zu diesen Ausführungen nahm der technische Amtssachverständige in einer gutächtlichen Äußerung vom 19. Oktober 1989 ergänzend Stellung. Nach einem Verweis auf diese Großwerbeanlage mit einer Länge von ca. 150 m vertrat er die Ansicht, daß Werbetafeln auf Grund ihrer optischen Aussagekraft und der statisch bedingten Bauweise auf jeden Fall aus einem Landschafts- bzw. Ortsgefüge hervorstechen würden. Der Einwand, daß sich im gegenständlichen Bereich der L-Straße Gewerbebetriebe befänden, entspreche nicht den Tatsachen. Durch die Werbetafeln werde der Übergang von einer öffentlichen Verkehrsfläche auf eine intakte und für das Stadtgebiet Linz charakteristische Busch- und Gehölzgruppe mit einem Baumbestand von ca. 10- bis 20jähren Laubbäumen (Birken, Pappeln, Nadelhölzern und Sträuchern) abrupt unterbrochen. Zu bemerken wäre, daß dieses Grünensemble zur Hebung der Wohnqualität der unmittelbar anschließenden Wohnobjekte in der H-Straße beitrage. Auf jeden Fall werde durch die Plakatwände der Straßenlärm in Richtung der Wohnhäuser reflektiert, wodurch es zu einer verstärkten und konzentrierten Lärmbelästigung komme. Nach Ausführungen betreffend die Tennisanlage bemerkte der Amtssachverständige, daß im Interesse der Bewohner im gegenständlichen Bereich, die sehr wohl aus ihrer Sicht einen Anspruch auf Grünland erheben, und auf Grund der örtlichen Gegebenheit, der Bereich bestehe großteils aus dem zitierten Gehölzbestand und landwirtschaftlichen Nutzflächen, die von weiteren Baum- und Strauchgruppen begrenzt werden, die Großwerbeanlage auf jeden Fall eine vehemente Störung des Ortsbildes darstelle.

Mit Bescheid vom 23. Oktober 1989 erteilte der Magistrat Linz einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag, welcher damit begründet wurde, daß die Werbetafeln bewilligungspflichtig seien, eine Baubewilligung jedoch nicht vorliege und eine nachträgliche Baubewilligung im Hinblick auf die Störung des Orts- und Landschaftsbildes nicht in Betracht komme.

Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab der Stadtsenat Linz mit Bescheid vom 19. Februar 1990 Folge und behob den erstinstanzlichen Auftrag. Die Berufungsbehörde vertrat im wesentlichen die Auffassung, daß die von der Baubehörde erster Instanz angenommene Bewilligungspflicht nicht gegeben sei.

Nach Gewährung des Parteiengehörs erteilte der Magistrat Linz mit Bescheid vom 27. Dezember 1990 für die Werbetafeln der Beschwerdeführerin neuerlich einen Beseitigungsauftrag. Dieser auf § 61 Abs. 5 BO gestützte Auftrag wurde im wesentlichen damit begründet, daß nach dem eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen das Orts- und Landschaftsbild gestört werde. Dies wurde im einzelnen näher dargetan.

Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab der Stadtsenat Linz mit Bescheid vom 16. Juli 1991 keine Folge. Die Berufungsbehörde teilte zunächst die Auffassung der ersten Instanz, daß nach § 61 Abs. 5 BO auch baubehördlich nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlagen Gegenstand eines Bauauftrages sein könnten. Nach § 23 Abs. 1 BO darf durch bauliche Anlagen u.a. das Orts- und Landschaftsbild nicht gestört werden. Nach § 2 Abs. 1 der O.ö. Bauverordnung seien bauliche Anlagen in allen ihren Teilen so zu gestalten, daß das Orts- und Landschaftsbild nicht gestört werde. Auch nach S 45 Abs. 1 der O.ö. Bauverordnung müssen Werbe- und Ankündigungseinrichtungen aller Art in ihrem Ausmaß, ihrer Form, ihrer Farbe und ihrem Werkstoff sowie in der Art ihrer Anbringung der Umgebung angepaßt werden und auch sonst den allgemeinen Erfordernissen des § 23 BO entsprechen. Eine Zusammenschau dieser Bestimmungen zeige, daß es eine wesentliche Aufgabe der Baubehörde sei, Störungen des Orts- und Landschaftsbildes durch die Errichtung von baulichen Anlagen hintanzuhalten. Die Frage, ob ein Bauvorhaben dem Orts- und Landschaftsbild widerspreche oder nicht, sei nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Gegenstand des Beweises durch Sachverständige, wobei der Befund alle jene Grundlagen nennen müsse, die für das Gutachten, also das sich auf den Befund stützende Urteil des Sachverständigen, erforderlich seien. Das Gutachten selbst müsse begründet sein. Nach Ansicht der Berufungsbehörde seien die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten schlüssig und nachvollziehbar und würden den vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Kriterien entsprechen. Der ortsbildsachverständige habe zunächst eine genaue Abgrenzung des lokalen Ortsbildes vorgenommen, welches für die Beurteilung herangezogen worden sei. Er habe detailliert beschrieben, welche charakteristischen Merkmale das Ortsbild im Bereich der Aufstellungsorte der gegenständlichen Werbeanlagen aufweise. Der Auffassung, daß eine geforderte großräumige Betrachtungsweise anzustellen gewesen wäre, könne nicht gefolgt werden, habe doch der Sachverständige in seinem Gutachten festgestellt, daß der Gesamteindruck der gestalteten Freiflächen in Verbindung mit der Tennisanlage einen parkähnlichen Charakter aufweise. Auch wenn in der Nähe der Plakatwände schon andere Werbetafeln errichtet seien, sei es der Baubehörde nicht verwehrt, eine weitere Störung des Ortsbildes zu verhindern. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin sei nicht geeignet, die festgestellte Störung des Orts- und Landschaftsbildes zu widerlegen, wobei noch darauf hingewiesen werde, daß die ausführliche und schlüssige Begutachtung eines Falles durch einen Amtssachverständigen nur durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen in tauglicher Weise in Diskussion gezogen und allenfalls erschüttert werden könne. Der angefochtene Entfernungsauftrag sei, abgesehen von der festgestellten Störung des Orts- und Landschaftsbildes, auch deshalb rechtlich geboten, weil der rechtswirksame Flächenwidmungsplan die Widmungen "Grünland-Erholungsfläche-Sport- und Spielfläche" sowie weitere Grünlandwidmungen festlege, zu denen die Werbetafeln in einem Widerspruch stünden.

In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung behauptete die Beschwerdeführerin, das eingeholte Gutachten entspreche nicht den vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Normen, weil eine deutlich erkennbare Gliederung in Befund und Urteil fehle. Auch sei die geforderte Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des Gutachtens nicht gegeben. Die Behauptung des Gutachters, daß Werbetafeln grundsätzlich stören und keinen ästhetischen Gesamteindruck darstellten, stehe im Widerspruch zur O.ö. Bauordnung, denn ein generelles Verbot für Werbetafeln sei nicht erlassen worden. Auch fehle eine großräumige Betrachtungsweise, befänden sich doch etwa im Bereich der L-Straße-H-Straße auf einem der Stadt Linz gehörenden Grundstück zahlreiche Werbetafeln, welche ca. 200 m bis 300 m von der bekämpften Anlage entfernt seien. Auch habe der Gutachter die Werbeanlagen im Bereich des Fuß- und Radweges zu den Wohnobjekten südseitig in der Verlängerung der Straßenkrümmung nicht erwähnt. Es sei nur festgehalten, daß ausgedehnte Grünflächen mit schönem Baum- und Strauchbestand umschlossen seien, eine Aussage, die über die dort plazierten Werbetafeln fehle. Auch die Behauptung, daß ein Gutachten nur durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen erschüttert werden könne, gelte jedenfalls nicht für die Feststellung, welche formalen und inhaltlichen Mängel ein Gutachten aufweise. Schließlich sei die Aussage im Berufungsbescheid über den Widerspruch der Werbeanlage zum Flächenwidmungsplan nicht zutreffend.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid gab die O.ö. Landesregierung der Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge. Nach kurzer Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen wiederholte die Gemeindeaufsichtsbehörde die wesentlichen Aussagen des eingeholten Gutachtens des Amtssachverständigen und stellte fest, daß die erstmals vom Sachverständigen abgegebene Stellungnahme ohnehin ausdrücklich in einen Befund sowie in ein Gutachten gegliedert sei und die in der Folge abgegebenen ergänzenden Stellungnahmen jedenfalls hinsichtlich ihres Inhaltes in eine befundgemäße Beschreibung der örtlichen Gegebenheiten und eine darauf abgestellte gutachtliche Beurteilung über die daraus abzuleitende Störung des Ortsbildes deutlich zu trennen seien. Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, es fehle den vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen an einer diesbezüglichen Gliederung, treffe daher nicht zu. Auch seien die getroffenen Feststellungen durchaus allgemein verständlich und könnten nachvollzogen werden, die Beschwerdeführerin habe diesen Feststellungen konkret auch nichts entgegengehalten. So seien insbesondere die Lage der Werbeanlagen in Abstimmung auf den Gebäudebestand sowie alle unbebauten Flächen einschließlich ihres Bewuchses mit deren jeweiligem Verwendungszweck deutlich beschrieben, und die auf das Gesamtbild dieses Stadtteiles abgeleitete Störung durch diese Werbetafeln scheine durchaus schlüssig. Auch die Beurteilung dahingehend, daß Werbetafeln innerhalb einer Landschaft oder eines teilverbauten Gebietes schon auf Grund ihrer farbigen Gestaltung keinen ästhetischen Gesamteindruck vermitteln, scheine durchaus nachvollziehbar und mit den baurechtlichen Vorschriften schlechthin noch keineswegs im Widerspruch. Die baurechtliche Zulässigkeit von Werbeanlagen werde damit keinesfalls in Frage gestellt und hätten im übrigen Werbeanlagen in vielen Gebieten auch ihre Existenzberechtigung. Soweit allenfalls andere Werbeanlagen das Orts- und Landschaftsbild störten, könne daraus eine Bestandsberechtigung für die gegenständlichen schon deswegen nicht abgeleitet werden, weil man sich auf eine Gleichheit im Unrecht grundsätzlich nicht berufen könne. Zum Einwand hinsichtlich der fehlenden, großräumigen Betrachtungsweise des Sachverständigen werde bemerkt, daß eine solche im Stadtgebiet innerhalb eines für einen Betrachter überschaubaren Standortes ihre Grenzen finden müsse. Im gegenständlichen Fall sei einer solchen Betrachtungsweise aber insofern Rechnung getragen worden, als etwa vom Sachverständigen auf das weitere Umfeld des im Norden und Osten gelegenen Gebietes sowie auf den Bestand ausgedehnter Grünflächen verwiesen und dies auch der Beurteilung zugrunde gelegt worden sei. Schließlich stelle die Frage, in welchem Umfang Sachverhaltsfeststellungen für die Beurteilung einer Störung des Ortsbildes erforderlich seien, ebenfalls nur eine von einem Sachverständigen zu beurteilende Angelegenheit dar und müsse so gesehen auch diese Angelegenheit der Fachkompetenz eines geschulten Ortsbildsachverständigen überlassen bleiben. Die diesbezüglich von der Beschwerdeführerin aufgestellten Behauptungen stellten bloß eine laienhafte Bewertung der Angelegenheit dar und es bleibe deswegen der vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellte Grundsatz, daß ein Gutachten nur durch ein Gegengutachten entkräftet werden könne, ,auch hier rechtsgültig. Aus diesen Gründen sei aber eine Verletzung der Rechte der Beschwerdeführerin durch den Beseitigungsauftrag nicht erkennbar, weshalb der Vorstellung keine Folge zu geben gewesen sei. Inwieweit die in Rede stehenden Werbeanlagen darüber hinaus auch der für das Gebiet erlassenen spezifischen Grünlandwidmung widersprechen, sei sohin nicht mehr von Bedeutung. Der Beschwerdeführerin werde in diesem Zusammenhang zugestanden, daß auf Grund des bisher abgeführten Ermittlungsverfahrens nicht eindeutig hervorkomme, ob die Werbetafeln tatsächlich einen Widerspruch zu dieser Sonderwidmung darstellten.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Sie erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht, keinen baubehördlichen Beseitigungsauftrag vorgeschrieben zu erhalten, bzw. in ihrem Recht auf die rechtmäßige Ausübung des Aufsichtsrechtes verletzt.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 61 Abs. 5 der O.ö. Bauordnung (BO), LGBl. Nr. 35/1976, hat die Baubehörde, wenn sie feststellt, daß eine baubehördlich nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage nicht entsprechend den für sie geltenden baurechtlichen Bestimmungen oder nicht entsprechend den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen.

Nach § 23 Abs. 1 BO müssen bauliche Anlagen in allen ihren Teilen nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften so geplant und errichtet werden, daß - unter anderem - das Ortsund Landschaftsbild nicht gestört wird. Im § 2 Abs. 1 der o.ö. Bauverordnung 1985, LGBl. Nr. 5 - nunmehr auf Gesetzesstufe stehend (s. LGBl. Nr. 37/1989) -, wird zunächst wiederholt, daß bauliche Anlagen in allen ihren Teilen nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften so zu gestalten sind, daß das Orts- und Landschaftsbild nicht gestört wird. Sodann wird bestimmt, daß sie sich in die Umgebung einwandfrei einfügen müssen; Baumassen und Bauteile müssen harmonisch aufeinander abgestimmt werden; Fassaden und Dachformen, Baustoffe, Bauteile und Bauarten, Verputz und Farbgebung dürfen nicht verunstaltend wirken. Auf naturschutzrechtlich geschützte Gebiete, Naturdenkmale, andere bemerkenswerte Naturgebilde und Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer und kultureller Bedeutung ist Bedacht zu nehmen.

Für Werbe- und Ankündigungseinrichtungen bestimmt § 45 Abs. 1 der O.ö. Bauverordnung weiters, daß sie in ihrem Ausmaß, ihrer Form, ihrer Farbe und in ihrem Werkstoff sowie in der Art ihrer Anbringung der Umgebung angepaßt werden und auch sonst den allgemeinen Erfordernissen des § 23 BO entsprechen müssen.

Schon auf Grund des § 23 Abs. 1 BO haben die Verwaltungsbehörden auch zu Recht geprüft, ob durch die Werbeanlagen der Beschwerdeführerin das Orts- und Landschaftsbild gestört wird. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde zur Beantwortung dieser Frage das Gutachten eines Amtssachverständigen eingeholt (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das Erkenntnis vom 28. März 1985, Zl. 83/06/0084, BauSlg. Nr. 422, u.a.).

Strittig zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Frage, ob auf Grund des eingeholten Gutachtens des Amtssachverständigen eine Störung des hier in Betracht kommenden Ortsbildes anzunehmen ist. Zu Recht führt die Beschwerdeführerin zunächst in diesem Zusammenhang aus, daß der vom Sachverständigen festgestellte Befund, also die Wiedergabe des für die Begutachtung maßgeblichen Sachverhaltes, auch von einem Laien hinsichtlich seiner Richtigkeit und Vollständigkeit in Zweifel gezogen werden kann. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang in der Begründung des angefochtenen Bescheides feststellt, daß die Frage, in welchem Umfang Sachverhaltsfeststellungen für die Beurteilung einer Störung des Ortsbildes erforderlich seien, letztlich eine Angelegenheit der Fachkompetenz eines geschulten Ortsbildsachverständigen sei, so trifft dies so allgemein nicht zu, ist doch die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes eine Verpflichtung der Behörde von Amts wegen, wie sich aus den §§ 37 und 39 AVG ergibt. Zu Recht hat die Beschwerdeführerin auch die etwas mißverständliche Aussage im angefochtenen Bescheid bekämpft, daß ein Gutachten nur durch ein Gegengutachten entkräftet werden könne. Der Verwaltungsgerichtshof vermag allerdings nicht der Ansicht der Beschwerdeführerin zu folgen, daß auf Grund dieser Aussagen der angefochtene Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit im Sinne des S 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG behaftet sei. Die belangte Behörde hat nämlich diese Aussagen erst getroffen, nachdem sie sich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin über die Ergänzungsbedürftigkeit und Richtigkeit des eingeholten Gutachtens des Amtssachverständigen auseinandergesetzt hat. Sie ging daher in Wahrheit davon aus, daß das eingeholte Gutachten in keiner wesentlichen Frage ergänzungsbedürftig geblieben und unschlüssig ist. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Auffassung der belangten Behörde. Soweit die Beschwerdeführerin erstmals in ihrer Beschwerde das Gutachten aus dem Grund als ergänzungsbedürftig bekämpft, weil ihrer Meinung nach bestimmte Bauwerke nicht berücksichtigt worden seien, etwa das Wartehäuschen für eine Bushaltestelle oder eine zu den Tennisplätzen gehörende alte Holzbaracke, ist festzustellen, daß eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen dem Verwaltungsgerichtshof schon auf Grund des aus 41 Abs. 1 VwGG ableitbaren Neuerungsverbotes verwehrt ist. Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang weiters rügt, es sei völlig unverständlich, daß die Werbetafel eines anderen Unternehmens am gleichen Standort nicht erwähnt und auch nicht beanstandet werde, übersieht sie, daß diese Werbetafel schon im Lageplan über die gegebene Situation eingetragen ist und auch gegen dieses Werbeunternehmen ein baubehördlicher Auftrag erlassen wurde, wie die vorgelegten Verwaltungsakten zeigen. Wie schon im Verwaltungsverfahren wirft die Beschwerdeführerin dem Amtssachverständigen vor, daß er in größerer Entfernung stehende Werbetafeln in seinem Gutachten nicht berücksichtigt habe. Dieser Vorwurf ist nicht gerechtfertigt, weil die im Akt erliegende Planskizze und auch die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen zeigen, daß diese Werbetafeln schon wegen der gegebenen Entfernung bei der Beurteilung des Ortsbildes im hier maßgeblichen Bereich zu Recht nicht berücksichtigt wurden. Daß aber auch das Ortsbild in einer stark befahrenen Straße durch Plakattafeln gestört werden kann, kann ernsthaft nicht in Zweifel gezogen werden und das in den Verwaltungsakten erliegende Foto dokumentiert sehr deutlich, daß die Werbetafeln der Beschwerdeführerin durch die dadurch maßgeblich verdeckten Sträucher und Bäume als störend qualifiziert werden können. Im übrigen kann auch das Vorhandensein einzelner störender Objekte nicht dazu führen, daß ein weiterer Eingriff in das Ortsbild nicht mehr als störend angesehen werden könnte (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1979, Zl. 1843/79, Slg. N.F. Nr. 9966/A (nur Rechtssatz), vom 14. März 1980, Slg. N.F. Nr. 10.067/A, u.a.).

Weiters treffen die Beschwerdeausführungen nicht zu, daß das Gutachten des Amtssachverständigen nicht in Befund und Gutachten gegliedert sei, weil das ursprüngliche Gutachten, wie in der Sachverhaltsdarstellung erwähnt, eine solche Gliederung aufweist und auch die ergänzenden Feststellungen des Sachverständigen eine entsprechende Zuordnung erkennen lassen. Der Verwaltungsgerichtshof kann sohin nicht finden, daß die wesentlichen Aussagen des Gutachtens des Sachverständigen nicht nachvollziehbar seien und die Werbeanlagen daher eine Störung des Ortsbildes nicht begründen könnten. Daran vermag auch die Aussage des Sachverständigen nichts zu ändern, daß seiner Meinung nach die Errichtung von orts- und landesüblich ausgeführten Werbetafeln hier gar nicht zulässig sei, weil der Sachverständige eine solche Frage gar nicht zu beantworten hatte, sondern die Frage, ob die konkret errichteten Werbetafeln eine Störung des örtlichen Stadtbildes bedeuten. Diese Frage kann aber auf Grund des eingeholten Gutachtens in nachvollziehbarer Weise bejaht werden. Wenn die Beschwerdeführerin schließlich rügt, daß ein Gutachten aus dem Jahre 1989 der Entscheidung zugrunde gelegt worden sei, so vermag der Verwaltungsgerichtshof darin keinen wesentlichen Verfahrensmangel zu erblicken, zumal die Beschwerdeführerin auch gar nicht dargetan hat, in welcher Beziehung dieses Gutachten als überholt zu beurteilen sei. Das gleiche gilt für das Vorbringen betreffend die Durchführung eines Ortsaugenscheines bzw. eine weitere Ergänzung des Gutachtens. Die geltend gemachten Rechtswidrigkeiten infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liegen daher nicht vor.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

W i e n , am 16. Juni 1992

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991050228.X00

Im RIS seit

30.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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