TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/17 92/03/0052

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Veröffentlicht am 17.06.1992
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Index

L65000 Jagd Wild;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §63 Abs1;
JagdRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Leukauf, Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des Dr. R in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. Jänner 1992, Zl. VI/4-J-240, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der Bezirkshauptmannschaft langte am 26. März 1991 ein mit 22. März 1991 datiertes Schreiben des Beschwerdeführers mit folgendem Wortlaut ein:

"Als neuer Jagdausübungsberechtigter in den ÖBF-Jagdgebieten G I und G II bzw. A erlaube ich mir Kopien der in den letzten drei Jahren gelösten Jagdkarten sowie des Ausweises über meine Bestellung zum Jagdschutzorgan zur vorzunehmenden Überprüfung meiner Eignung als Pächter gemäß § 26 NÖ JG 1974 zu übersenden.

Gleichzeitig ersuche ich um eine Bestätigung als zusätzlicher Jagdaufseher für die ÖBF-Jagdgebiete G I und II bzw. A zu dem ortsansässigen bestellten Jagdschutzorgan Herrn

L.

Das Original meines Ausweises für den Dienst als beeidete Wache werde zu gegebener Zeit zur Eintragung nachreichen."

Darauf reagierte die Bezirkshauptmannschaft mit nachstehendem Schreiben vom 5. April 1991:

"Sehr geehrter Herr Doktor

Im Jagdkataster der Bezirkshauptmannschaft SCHEINEN SIE als Jagdpächter der oben angeführten Jagdgebiete NICHT AUF.

Nach einer tel. Rücksprache mit der Versicherungsanstalt der Bauern sind Sie für diese beiden Jagdgebiete nicht als unfallversichert eingetragen.

Eine Verpachtung dieser beiden Reviere wurde der Bezirkshauptmannschaft nicht angezeigt.

Es werden daher Ihre Eingaben rückgemittelt.

Mit freundlichem Gruß

Für den Bezirkshauptmann

(B)"

Unter dem Datum des 10. April 1991 teilte der Beschwerdeführer der Bezirkshauptmannschaft mit, von der Forstverwaltung X der Österreichischen Bundesforste sei ihm versichert worden, daß der Nachtrag zum bestehenden Jagdpachtvertrag, mit dem er die Jagdreviere G I und II übernommen habe, der Jagdbehörde angezeigt worden sei. Unter Hinweis auf die mit Schreiben vom 22. März 1991 übersandten Unterlagen über seine Pächtereignung ersuchte der Beschwerdeführer abschließend um Mitteilung, welche Umstände gegen seine Anerkennung als Pächter der genannten Jagdgebiete sprächen.

Mit zwei Bescheiden vom 23. April 1991 nahm die Bezirkshauptmannschaft, der mit Schreiben der Österreichischen Bundesforste - Forstverwaltung X vom 8. April 1991 - eingelangt am 10. April 1991 - die Nachträge zu den Jagdpachtverträgen über die Reviere G I und II übermittelt worden waren, die Verpachtung dieser Eigenjagdgebiete durch die Österreichischen Bundesforste an den Beschwerdeführer für den Rest der Jagdperiode vom 27. Februar 1991 bis 31. Dezember 1992 zur Kenntnis.

Am 11. Dezember 1991 langte bei der belangten Behörde ein mit 9. Dezember 1991 datierter Antrag des Beschwerdeführers auf Übergang der Entscheidungspflicht betreffend Bestätigung des Beschwerdeführers als zusätzlicher Jagdaufseher für die Jagdgebiete G I und II ein. Begründet wurde dieser Antrag damit, der Beschwerdeführer habe mit Eingabe vom 22. März 1991 bei der Bezirkshauptmannschaft einen Antrag auf Bestätigung als zusätzlicher Jagdaufseher gestellt. Über diesen Antrag sei nicht entschieden worden.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 1992 wurde dieser Devolutionsantrag zurückgewiesen. Die belangte Behörde vertritt in der Begründung ihres Bescheides den Standpunkt, der Antrag des Beschwerdeführers auf Bestellung als zusätzlicher Jagdaufseher sei mit dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft vom 5. April 1991 erledigt worden. Dieses Schreiben sei als bescheidmäßige Zurückweisung des Antrages zu werten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. 9458/A). Im Zweifel ist daher der Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung, die nicht als Bescheid bezeichnet ist, zu verneinen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 382). Bei Zweifeln über den Inhalt einer behördlichen Erledigung kommt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, und zwar dem Gebrauch der Höflichkeitsfloskel "Sehr geehrter Herr". Aus dieser Form einer Erledigung ist eher zu schließen, daß kein Bescheid vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1986, Zl. 84/11/0115).

Das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft vom 5. April 1991 enthält außer den Feststellungen, daß der Beschwerdeführer im Jagdkataster nicht als Jagdpächter aufscheine, daß er bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern für die beiden Jagdgebiete nicht als unfallversichert eingetragen sei und daß eine Verpachtung dieser beiden Reviere der Bezirkshauptmannschaft nicht angezeigt worden sei, lediglich noch die Mitteilung, daß die Eingaben des Beschwerdeführers rückgemittelt würden. Daraus kann nicht zweifelsfrei auf den Willen der Behörde geschlossen werden, über den Antrag des Beschwerdeführers auf Bestätigung als (zusätzliches) Jagdschutzorgan eine Entscheidung zu treffen. Durch dieses Schreiben wurde der Antrag des Beschwerdeführers keiner bescheidmäßigen Erledigung zugeführt. Die Bezirkshauptmannschaft ist daher ihrer Entscheidungspflicht nicht nachgekommen. Die belangte Behörde durfte somit den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers nicht mit der Begründung zurückweisen, über seinen Antrag sei bereits entschieden worden.

Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen Jagdschutz Jagdschutzorgan Jagdaufseher

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992030052.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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