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40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des Mag. X in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 27. Juli 1990, Zl. 56.049/34-17/90, betreffend Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezog ab dem Wintersemester 1988/89 für sein Studium zur Erlangung des Doktorates der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien Studienbeihilfe. Letztmalig wurde ihm auf Grund seines Antrages mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 18. Jänner 1990 eine Studienbeihilfe für das Studienjahr 1989/90 gewährt.
Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, zugestellt am 4. April 1990, wurde das Erlöschen des Anspruches auf Studienbeihilfe mit Ende des Wintersemesters 1989/90 festgestellt.
Die Vorstellung des Beschwerdeführers wurde vom Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Wirtschaftsuniversität Wien mit Bescheid vom 18. Juni 1990 abgewiesen; ebenso, die dagegen erhobene Berufung mit dem angefochtenen Bescheid.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird nach Wiedergabe der Rechtslage und des bereits dargestellten Verfahrensablaufes im wesentlichen weiter ausgeführt, die belangte Behörde teile die Auffassung der Vorinstanzen, daß die Erlassung eines Bescheides über die Feststellung des Erlöschens eines Anspruches auf Studienbeihilfe zulässig sei. An einem derartigen Bescheid bestehe insoweit ein öffentliches Interesse, als an den Zeitpunkt des Erlöschens Rechtsfolgen, wie etwa die Einstellung der Auszahlung von Beihilfenraten oder die Rückzahlung zuviel ausbezahlter Beihilfe, geknüpft seien. Das öffentliche Interesse bestehe nicht nur in der Durchführung eines rechtlich einwandfreien, raschen Verwaltungsverfahrens, sondern auch darin, daß die Verschwendung öffentlicher Mittel durch die Auszahlung nicht gebührender Beihilfenbeträge und die Kosten allfälliger Rückforderungen möglichst vermieden würden. Entgegen den Ausführungen in der Berufung könne durch ein Verfahren zur Feststellung allenfalls bestehender Rückzahlungspflichten gemäß § 25 des Studienförderungsgesetzes nicht generell an die Stelle des Verfahrens zur Feststellung des Erlöschens eines Anspruches auf Studienbeihilfe gemäß § 24 des Studienförderungsgesetzes treten, weil etwa der Rückzahlungsgrund des § 25 Abs. 1 lit. b des Studienförderungsgesetzes die Feststellung des Erlöschens eines Anspruches auf Studienbeihilfe voraussetze. Dies treffe auch auf das gegenständliche Berufungsverfahren zu. Auch die Berufungsausführungen hinsichtlich der Dauer des Anspruches auf Studienbeihilfe seien unzutreffend. Wie den angeführten Gesetzesstellen leicht zu entnehmen sei, betrage die Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe ein Semester länger als die in den Studienvorschriften vorgesehene Studienzeit. Dies sei beim Doktoratsstudium der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften ein Zeitraum von drei Semestern. Die Anspruchsdauer sei daher mit Ablauf des dritten Semesters des Doktoratsstudiums überschritten und es bestehe bereits am ersten Tag nach Ablauf dieser Anspruchsdauer kein Anspruch mehr auf Studienbeihilfe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Studienbeihilfe gemäß § 19 des Studienförderungsgesetzes verletzt.
Er bestreitet in Übereinstimmung mit seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren, daß in seinem Fall das Erlöschen des Anspruches auf Studienbeihilfe gemäß § 24 Abs. 2 lit. a des Studienförderungsgesetzes bereits mit Ende des dritten Semesters seines Doktoratsstudiums eingetreten sei, und bringt hiefür neben dem Wortlaut systematische sowie historische Erwägungen vor.
Unbestritten ist, daß vom Beschwerdeführer keine wichtigen Gründe für die Überschreitung der Studienzeit um mehr als ein Semester vorgebracht worden sind.
Nach § 2 der Studienordnung für die Studienrichtung Doktoratsstudium der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, BGBl. Nr. 85/1968, in der Fassung BGBl. Nr. 107/1973, ist für dieses Studium eine Studiendauer von zwei Semestern vorgesehen.
Nach § 1 Abs. 1 lit. a des Studienförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 436/1983, haben u.a. österreichische Staatsbürger, die als ordentliche Hörer an an österreichischen Universitäten studieren, nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes Anspruch auf Studienbeihilfe.
§ 2 Abs. 3 lit. b des Studienförderungsgesetzes lautet:
"(3) Ein Anspruch auf Studienbeihilfe besteht nicht:
b) wenn ein Studierender an einer im § 1 Abs. 1 lit. a und c genannten Anstalt die zur Ablegung einer Diplomprüfung oder eines Rigorosums vorgesehene Studienzeit ohne wichtigen Grund um mehr als ein Semester überschritten hat, bis zur erfolgreichen Ablegung dieser Prüfung. Semester, die vor Ablegung der Diplomprüfung oder des Rigorosums des vorhergehenden Studienabschnittes absolviert wurden und in den laufenden Studienabschnitt einzurechnen sind, verkürzen diese Anspruchsdauer nicht;"
Nach § 24 Abs. 2 lit. a des Studienförderungsgesetzes erlischt der Anspruch auf Studienbeihilfe mit Ende des Semesters, in welchem der Studierende die Anspruchsdauer gemäß § 2 Abs. 3 lit. b bis d überschritten hat.
Mit Erkenntnis vom 21. Mai 1990, Zl. 87/12/0066, hat der Verwaltungsgerichtshof im gleichen rechtlichen Zusammenhang ausgesprochen, daß das Gesetz jeden Hinweis darauf vermissen läßt, daß die Überschreitung der vorgesehenen Studienzeit um mehr als ein Semester selbst ein weiteres (d.h. zusätzliches, über das sogenannte "Toleranzsemester" hinausgehendes) Semester betragen müsse. Die vom Wortlaut des § 24 Abs. 2 lit. a des Studienförderungsgesetzes mögliche Auslegung, daß mit dem "Ende des Semesters" jenes gemeint ist, das der Überschreitung der Anspruchsdauer am nächsten liegt, wird auch durch den systematischen Zusammenhang mit § 2 Abs. 3 lit. b bestätigt. Auf diesen systematischen Zusammenhang zwischen § 24 Abs. 2 lit. a und § 2 Abs. 3 lit. b des Studienförderungsgesetzes weisen auch die Materialien zur Novelle BGBl. Nr. 361/1985, 635 der Beilagen NR XVI. GP, Seite 13 zu Art. I Z. 13, hin.
Im Beschwerdefall ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf Studienbeihilfe nach § 2 Abs. 3 lit. b des Studienförderungsgesetzes iVm § 2 der genannten Studienordnung mit drei Semestern (zwei Semester vorgeschriebene Studiendauer zuzüglich eines Toleranzsemesters) begrenzt. Wie bereits in dem vorher zitierten Erkenntnis zum Ausdruck gebracht, fehlt eine sachliche Rechtfertigung dafür, daß das kraft Gesetzes eintretende Erlöschen des Anspruches auf Studienbeihilfe gemäß § 24 Abs. 2 lit. a des Studienförderungsgesetzes erst nach Ablauf eines weiteren, über das Toleranzsemester hinausgehenden Semesters erfolgen sollte. Wenn mit der Novelle BGBl. Nr. 361/1985 der vorher im § 24 Abs. 2 des Studienförderungsgesetzes verwendete Begriff der "Studienzeit" durch den Begriff "Anspruchsdauer" ersetzt wurde, so ist aus der gleichgebliebenen Bezugnahme auf die im § 2 Abs. 3 lit. b festgelegte Dauer des Anspruches in Verbindung mit den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (vgl. das vorher genannte Erkenntnis Zl. 87/12/0066) zu ersehen, daß es sich hiebei nur um eine Angleichung der Terminologie, nicht aber um eine zeitliche Ausweitung des Anspruches gehandelt hat.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt in Übereinstimmung mit der genannten Vorjudikatur daher die Auffassung der belangten Behörde, daß der Anspruch des Beschwerdeführers auf Studienbeihilfe nur für einen Zeitraum von drei Semestern bestanden hat und dann erloschen ist.
Wenn der Beschwerdeführer weiters die Berechtigung der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides, den er als Feststellungsbescheid qualifiziert, infrage stellt, so ist ihm einzuräumen, daß das Erlöschen des Anspruches auf Studienbeihilfe ex lege eintritt (vgl. zuletzt Erkenntnis vom 22. Februar 1991, Zl. 89/12/0114). Die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist aber dennoch zulässig, weil ein öffentliches Interesse bzw. - objektiv gesehen - auch ein Interesse der Studierenden an einer rechtlichen Klarstellung durch Erlassung eines Bescheides besteht. Rechtlich zutreffend legt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift dar, daß schon wegen der gebotenen Rechtssicherheit sowohl ein öffentliches, als auch - wie im übrigen bereits aus dem Umstand des gegenständlichen Verfahrens erhellt - ein privates Interesse des Beschwerdeführers an einer rechtlichen Klärung bestanden hat.
Da sich die Beschwerde solcherart als unbegründet erwiesen hat und die entscheidenden Rechtsfragen bereits durch die Vorjudikatur klargestellt waren, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990120255.X00Im RIS seit
25.11.2019Zuletzt aktualisiert am
25.11.2019