TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/29 92/18/0257

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Veröffentlicht am 29.06.1992
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/07 Grenzüberwachung;

Norm

FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z1;
GrKontrG 1969 §15 Abs1 lita;
GrKontrG 1969 §2 Abs1;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
PaßG 1969 §25 Abs3;
PaßG 1969 §27 Abs1;
StGB §127;
StGB §15;
StGB §83 Abs1;
VStG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 4. Mai 1992, Zl. IV-496.010/FrB/92, betreffend Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem (mündlich verkündeten) Bescheid der belangten Behörde vom 4. Mai 1992 wurde der dem Beschwerdeführer am 12. November 1991 bis 30. Oktober 1992 erteilte Sichtvermerk gemäß § 27 Abs. 1 des Paßgesetzes 1969 (PG) für ungültig erklärt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 27 Abs. 1 PG ist ein Sichtvermerk von der Behörde für ungültig zu erklären, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung des Sichtvermerkes gerechtfertigt hätten oder rechtfertigen würden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 4. Juli 1980, Zl. 1993/79) setzt die Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes gemäß § 27 Abs. 1 PG das Vorliegen eines Versagungsgrundes voraus, und zwar unabhängig davon, ob der Behörde erst nachträglich Tatsachen bekannt werden, die die Versagung des Sichtvermerkes gerechtfertigt hätten, oder neue Tatsachen eingetreten sind, die eine Versagung rechtfertigen würden; die Gründe für die Versagung eines Sichtvermerkes ergeben sich aus der im § 25 Abs. 3 PG enthaltenen Aufzählung von Tatbeständen.

Gemäß § 25 Abs. 3 lit. d PG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides, daß er am 16. Oktober 1989 wegen Übertretung nach § 15 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Grenzkontrollgesetz und § 7 VStG 1950 mit einer Geldstrafe von S 2.000,-- bestraft wurde. Zu den von der belangten Behörde angeführten gerichtlichen Verurteilungen bringt der Beschwerdeführer allerdings - einschränkend - vor, er sei vom Bezirksgericht Klagenfurt am 15. Jänner 1991 "lediglich" wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen und mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. März 1992 wegen Vergehens des versuchten Diebstahles nach den §§ 15 und 127 StGB mit einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten bestraft worden. Damit sei der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes nicht erfüllt worden, zumal es sich nicht um Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen gehandelt habe.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers durfte die belangte Behörde allerdings zu Recht davon ausgehen, daß sein Gesamtfehlverhalten eine Versagung des Sichtvermerkes rechtfertigen würde, weil ein Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde (§ 25 Abs. 3 lit. d PG, vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 27. April 1992, Zl. 91/19/0355). Ob die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz vorliegen, ist hier nicht von Bedeutung.

Zur Klarstellung sei gesagt, daß dem das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1983, Slg. Nr. 11 056/A, nicht entgegensteht: Danach ist die Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes nicht zulässig, wenn jene Tatsachen, die die Behörde dazu veranlaßten, den von ihr erteilten Sichtvermerk für ungültig zu erklären, bereits vor Erteilung des Sichtvermerkes zur Gänze bekannt gewesen sind. Im vorliegenden Beschwerdefall hat die belangte Behörde allerdings in rechtlich einwandfreier Weise die Ungültigerklärung des Sichtvermerkes des Beschwerdeführers auf das "Gesamtfehlverhalten" des Beschwerdeführers gestützt, welches jedenfalls teilweise erst nach der Erteilung des Sichtvermerkes gesetzt wurde.

Weiters sei vermerkt, daß eine Bedachtnahme auf die persönlichen Verhältnisse des Sichtvermerkswerbers im Rahmen einer Entscheidung gemäß § 25 Abs. 3 PG nicht vorgesehen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 92/18/0241); gleiches gilt in Hinsicht auf die Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes im Grunde des § 27 Abs. 1 PG.

Bei diesem Ergebnis können die vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmängel, insbesondere die behauptete Verletzung des Parteiengehörs, nicht wesentlich sein.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992180257.X00

Im RIS seit

29.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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