TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/9 92/16/0034

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Veröffentlicht am 09.07.1992
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Index

32/06 Verkehrsteuern;

Norm

GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/16/0035

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde der

1.) AH und des 2.) BH beide in G, beide vertreten durch S, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. Jänner 1992, GZ. GA 11-1741/91 (zu 1.) und GA 11-1741/1/91 (zu 2.), betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit den im Spruch des Erkenntnisses näher bezeichneten Berufungsentscheidungen gab die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (belangte Behörde) den Berufungen der Beschwerdeführer jeweils gegen den sie betreffenden Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien, mit denen gegenüber den Beschwerdeführern für einen Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer festgesetzt worden war, keine Folge. Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, daß das von den Beschwerdeführern auf dem mit Kaufvertrag vom 24. November 1986 erworbenen Grundstück errichtete Wohnhaus eine Nutzfläche von über 130 m2 aufweise und daher keine Arbeiterwohnstätte im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 sei. In der im wesentlichen gleichlautenden Begründung der angefochtenen Bescheide hat die belangte Behörde die Nutzfläche für das Dach- und Erdgeschoß mit 127,76 m2, das Kellergeschoß (Salon) mit 39,85 m2 errechnet und ist (durch irrtümliche zweimalige Heranziehung der 41,15 m2 betragenden Nutzfläche des Dachgeschosses) zu einer Gesamtwohnnutzfläche ohne Kellergeschoß von 168,91 m2 gekommen. Mit der Planung eines Wohnhauses von insgesamt mehr als 130 m2, die bereits überschritten seien, selbst wenn der im Kellergeschoß befindliche "Salon" nicht zu Wohnzwecken benützt werde, sei - so die belangte Behörde in ihren Entscheidungen - der begünstigte Zweck aufgegeben worden.

Mit den gegen die in Rede stehenden Berufungsentscheidungen der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland erhobenen Beschwerden behaupteten die Beschwerdeführer sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führten die Beschwerdeführer aus, daß auf dem Einreichplan die tatsächliche Wohnnutzfläche mit 127,38 m2 angegeben sei. Auf Grund dieser Angaben hätte die belangte Behörde überprüfen müssen, ob der im Kellergeschoß befindliche Raum "Salon" seiner Ausstattung nach für Wohnzwecke geeignet sei. Wäre ein solches Ermittlungsverfahren durch die Abgabenbehörde durchgeführt worden, so wäre festgestellt worden, daß dieser Raum nicht zu Wohnzwecken benützt werde und auch seiner Ausstattung nach nicht geeignet sei, als solcher benützt zu werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verbindung beider Beschwerden wegen ihres engen persönlichen, sachlichen sowie rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung beschlossen und danach erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 2 GrEStG 1987 sind auf vor dem 1. Juli 1987 verwirklichte Erwerbsvorgänge die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung stehenden gesetzlichen Vorschriften anzuwenden. Dies gilt insbesondere, wenn für einen vor dem 1. Juli 1987 verwirklichten, steuerbefreiten Erwerbsvorgang die Steuerschuld oder ein Erhebungsgrund für die Steuer nach dem 30. Juni 1987 entsteht.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 ist beim Arbeiterwohnstättenbau der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten von der Besteuerung ausgenommen. Eine solche Arbeiterwohnstätte liegt nur dann vor, wenn die Nutzfläche der Wohnung oder des Einfamilienhauses 130 m2 nicht übersteigt. Kellerräume eines Einfamilienhauses, die ihrer Ausstattung nach für Wohnzwecke geeignet sind, sind bei der Wohnnutzfläche zu berücksichtigen (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 89/16/0208).

Nicht der Begründung der angefochtenen Bescheide, sondern den Verwaltungsakten ist (nur) zu entnehmen, daß die baubehördliche Bewilligung zum Neubau eines Einfamilienhauses unter der Auflage erteilt wurde, daß der vorgesehene Salon im Keller ausreichend gegen Feuchtigkeit und Wärmeverlust zu isolieren ist und daß die Erstbeschwerdeführerin laut einer telefonischen und den Beschwerdeführern nicht zur allfälligen Stellungnahme zur Kenntnis gebrachten Auskunft im Kellergeschoß einen Kosmetiksalon betreibe.

Nicht streitentscheidend ist jedoch, ob - wie in der Beschwerde behauptet - der im Kellergeschoß befindliche Raum "Salon" zu Wohnzwecken benützt wird, sondern ob er der Ausstattung nach für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet ist. Da die Beschwerdeführer dies verkannten, vermochten sie mit dieser Behauptung eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Mit Recht rügen die Beschwerdeführer aber, daß die belangte Behörde - irrtümlich von der Überschreitung der Wohnnutzfläche von 130 m2 auch ohne Berücksichtigung des Kellergeschosses ausgehend - Erhebungen und Feststellungen unterlassen hat, ob das Kellergeschoß oder jedenfalls der Raum "Salon" in die Wohnnutzfläche einzuberechnen ist. Der Sachverhalt bedarf daher insofern einer Ergänzung. Die angefochtenen Bescheide sind daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwandersatz ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer nicht zuerkannt werden kann (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 687 Abs. 3 samt zitierter hg. Rechtsprechung) und ein nicht erforderlicher Stempelgebührenaufwand verzeichnet worden ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992160034.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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