Index
L82000 Bauordnung;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des R in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 2. November 1989, GZ. 8 BauR1-308/1/1989, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister, 2. CP und AP in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Für den seinerzeitigen Bauwerber AP wurde zwecks Errichtung eines Nebengebäudes auf dem Grundstück Nr. 4834, KG S, im Mai 1975 ein Plan erstellt, der eine Firsthöhe des Daches über dem Deckenniveau der Decke des Erdgeschoßes von insgesamt 3,10 m aufwies. Der als Ordnungszahl 12 im Bauakt vorgelegte Plan trägt den Genehmigungsvermerk des Bürgermeisters der Ortsgemeinde A vom 18. April 1978. Auf dem Plan ist handschriftlich die Firsthöhe mit 2,50 m eingetragen.
Am 3. Oktober 1979 beantragten AP und CP die Erteilung der Baubewilligung zur Aufmauerung eines Kniestocks von mindestens 70 cm, damit der Dachraum als Abstellraum und Werkstatt genützt werden könne. Anläßlich der über dieses Ansuchen abgeführten Verhandlung an Ort und Stelle, bei der auch der Beschwerdeführer als Anrainer vertreten war, wurde nachstehendes protokolliert:
"1. Im Zuge der Bauverhandlung wurde einvernehmlich mit den Anrainern eine fertige Firsthöhe einschließlich Dacheindeckung gemessen von der bestehenden Erdgeschoßrohdeckenoberkante von 2,50 m festgelegt.
2. Der derzeitige Rohbau ohne Dachkonstruktion weist gegenüber der Darstellung im Einreichplan, die Außenmaße von 6,30 m auf 7,75 m auf (Außenmaße). Die im Plan ersichtliche Außentreppe wird in das Innere des Gebäudes verlegt.
3. Im Bezug auf die Ausführung des Objektes betreffend den Außenputz....
4. Für die Traufenvorsprünge ist von der straßenseitigen Ansicht aus der linksseitige Dachvorsprung bindend.
5. Stellungnahme der Anrainer: Herr R erklärt, daß er für seinen Neffen und sich den Festlegungen der heutigen Verhandlung zustimmt, soferne die festgelegten Abmessungen eingehalten werden.
6. Die Bauwerber erklären sich mit dem Verhandlungsergebnis einverstanden."
Mit Bescheid vom 13. Dezember 1979 erteilte der Bürgermeister die Baubewilligung für das "angesuchte Bauvorhaben". Im vorgedruckten Bescheidtext heißt es u.a.:
"Nachstehende Auflagen sind zu befolgen:"
Darunter sind maschingeschrieben die Punkte 1 bis 4 der Niederschrift vom 5. November 1979 als Punkte 5 bis 8 wörtlich wiedergegeben. Abgesondert wird die schon in der Verhandlungsniederschrift enthaltene Stellungnahme der Anrainer wiederholt.
Am 4. April 1989 beantragten AP und CP die Bewilligung der Anhebung der Dachkonstruktion durch Erhöhung der Dachneigung auf 35 Grad, wie in der ursprünglichen Planung vorgesehen, sowie die Anbringung einer Mauerbank von 18 cm. In der Verhandlungsniederschrift vom 24. April 1989 anläßlich des durchgeführten Ortsaugenscheines heißt es u.a.:
"Gegenstand des heutigen OA. ist das Ansuchen des Bauwerbers um die Bewilligung für die Anhebung der Dachkonstruktion beim bestehenden Nebengebäude und zwar derart, daß die max. Höhe der höchsten Firstpunkte 3,10 m über der Decke des bestehenden Objektes zur Ausführung gelangt. Dies entspricht einer Dachneigung, wie im ursprünglichen Einreichplan dargestellt, von ca. 35 Grad. Dazu wird festgestellt, daß der heutige OA. auf die Grundlage des ursprünglich eingereichten Planes vom Mai 1975 zurückgeführt werden kann....
Stellungnahme des Rechtsvertreters Dr. K für R:
Der Bescheid vom 13. 12. 1979 beinhaltet die Vereinbarung zwischen dem Rechtsvorgänger der Bauwerber und dem Anrainer R, wonach die Firsthöhe einschließlich Dacheindeckung, gemessen von der bestehenden Erdgeschoßoberkante nur 2,50 m betragen darf. Die beantragte Firsterhöhung widerspricht daher der privatrechtlichen Vereinbarung und behält sich der Anrainer alle sich ergebenden rechtlichen Schritte vor, wenn das Bauvorhaben in der beantragten Form bewilligt und ausgeführt werden sollte..."
Mit Bescheid vom 26. April 1989 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde A die Baubewilligung für das "angesuchte" Bauvorhaben unter Vorschreibung mehrerer Auflagen. Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab der Gemeindevorstand mit Bescheid vom 13. Juni 1989 keine Folge. Der Abs. 5 im Baubescheid vom 13. Dezember 1979 sei keine Entscheidung der Baubehörde, sondern eine Beurkundung des Einvernehmens zwischen den Parteien. Eine Entscheidung der Behörde über eine strittige Frage liege nicht vor. Aufgrund der Bauordnung habe die Behörde keine rechtliche Grundlage, eine derartige Beschränkung der Höhe vorzunehmen.
Der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Sie schloß sich der Auffassung der Berufungsbehörde an, daß schon der Wortlaut im Punkt 5 des Bescheides vom 13. Dezember 1979, wonach einvernehmlich die Firsthöhe festgelegt werde, nur ein Einvernehmen zwischen dem Bauwerber und dem Anrainer betreffen konnte. Ein "Einvernehmen" zwischen der Behörde und der Partei sei rechtlich nicht möglich. Der Punkt 5 sei keine Auflage, weil eine Auflage eine entsprechende Verpflichtung enthalten müsse.
Über die dagegen erhobene Beschwerde und die unter Vorlage des Bauaktes durch die belangte Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Dem Beschwerdeführer ist zuzubilligen, daß der Nachbar grundsätzlich ein Recht darauf hat, daß eine zu seinen Gunsten entschiedene Sache nicht neu aufgerollt wird (Hauer, Der Nachbar im Baurecht2, 203 ff). Daß der Beschwerdeführer anläßlich der Bauverhandlung vom 5. November 1979 Einwendungen erhoben hätte, ist der Niederschrift nicht zu entnehmen; im Bescheid konnte daher weder eine Abweisung von Einwendungen noch eine Vorschreibung von Auflagen aufgrund von Einwendungen erfolgen.
Auszugehen ist von dem mit Genehmigungsvermerk (Verweis auf einen Bescheid vom 18. April 1978) versehenen Bauplan (Ordnungszahl 12 des Bauaktes). Danach wurde damals ein Dach mit einer Firsthöhe von 2,50 m bewilligt. Ob auch ein sogenannter Kniestock bewilligt war, ergibt sich aus dem Plan nicht eindeutig; der ursprüngliche Bauplan enthält eine derartige Mauer mit einer Höhe von insgesamt 80 cm (davon 10 cm Dachauflage). Die handschriftliche Filzstifteintragung gibt eindeutig die Dachfirsthöhe mit 2,50 m an, möglicherweise auch, daß das Dach unmittelbar auf den Geschoßkanten aufgesetzt ist. Deshalb ist es auch verständlich, daß das Änderungsansuchen vom 3. Oktober 1979 auf Aufmauerung eines Kniestockes von mindestens 70 cm lautete und darauf hingewiesen wurde, daß ohne die Aufmauerung eines Kniestockes der Dachraum nicht benützbar sei. Die Firsthöhe ist hingegen im Antrag nicht genannt.
Der Baubescheid vom 13. Dezember 1979 enthält die Bewilligung "für das angesuchte Bauvorhaben", also für den Kniestock. Die Gebäudehöhe war schon deshalb nicht von diesem Bescheid erfaßt, weil sich weder der Antrag noch irgendeine Einwendung darauf bezogen hat. Auch wenn Punkt 5 des Bescheides unter dem Vordruck "Nachstehende Auflagen sind zu befolgen" geschrieben wurde, kann es sich inhaltlich nicht um eine Auflage handeln. Gemäß § 14 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung sind dann, wenn das Vorhaben den Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 nicht entspricht, diese durch Auflagen herzustellen. Es ist nicht hervorgekommen, daß die beabsichtigte Erhöhung der Außenmauern in irgendeiner Weise den Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 BO widersprochen hätte, sodaß deswegen keine Auflage zu erteilen war. Die Behörde war auch selbst an ihren Bescheid vom 18. April 1978, in dem die Firsthöhe festgelegt wurde, gebunden, sodaß diesbezüglich kein Bedarf nach einer Entscheidung bestand. Selbst wenn die Protokollierung anläßlich der Verhandlung vom 5. November 1979 eine Projektsänderung bedeutet hätte, stünde eine solche der Neueinreichung eines geänderten Projekts nicht entgegen.
Das Bauansuchen vom 4. April 1989 betraf hingegen die Dachanhebung durch Erhöhung der Neigung und somit die Firsterhöhung. Diesem Ansuchen konnte res iudicata durch den Bescheid vom 13. Dezember 1979 nicht entgegengehalten werden, weil dieser Bescheid keine ausdrücklichen Anordnungen über die Dachneigung und die Firsthöhe enthielt.
Wohl erwachsen aus Bestimmungen, die die Gebäudehöhe beschränken, subjektiv öffentlich-rechtliche Nachbarrechte, weil durch sie der Bezug von Licht und Luft von der Nachbarliegenschaft beeinträchtigt werden kann (Krzizek, System II, 134). Irgendeine Rechtsverletzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften durch die Firsthöhe mit 3,10 m behauptet aber nicht einmal der Beschwerdeführer.
Die der Behörde vorgeworfene Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt somit nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1989050248.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008