TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/30 92/01/0780

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Veröffentlicht am 30.11.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AVG §13a;
AVG §37;
AVG §46;
FlKonv Art1 AbschnA;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Juli 1992, Zl. 4.317.098/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein ghanesischer Staatsangehöriger, reiste am 17. Juni 1991 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Bei der am 22. Juni 1991 durchgeführten niederschriftlichen Befragung gab er an, er sei in seiner Heimat Lastkraftwagenfahrer für Textilien gewesen. Eine ihm unbekannte Frau habe ihn im Oktober 1989 ersucht, gegen Entgelt eine Ladung Waffen zu transportieren. Im Zuge einer Grenzkontrolle seien die Waffen gefunden und der Beschwerdeführer verhaftet worden. Er wäre mit Sicherheit zum Tode verurteilt worden; sein Vater habe jedoch den Armeekommandanten bestochen, wodurch der Beschwerdeführer am 5. November 1989 aus dem Gefängnis habe entkommen können.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich stellte daraufhin mit Bescheid vom 19. August 1991, Zl. FrA-3392/91, gemäß § 1 AsylG fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes und auch nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, die Sachverhaltsfeststellungen des Bescheides seien unvollständig. Er sei in Ghana politisch verfolgt worden. Die niederschriftliche Einvernahme sei wegen Übersetzungsproblemen mangelhaft gewesen. Es sei unrichtig, daß ihn eine Frau gebeten habe, Waffen zu transportieren. Vielmehr sei er gebeten worden, gebrauchte Kleidungsstücke zu transportieren; in diesen Kleidungsstücken seien die Waffen ohne Kenntnis des Beschwerdeführers versteckt gewesen.

Mit Bescheid vom 24. Juli 1992 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage vertrat sie die Auffassung, dem Vorbringen des Beschwerdeführers sei im wesentlichen Glauben zu schenken. Vorrangig seien die im Berufungsschreiben enthaltenen Angaben zu würdigen. Auch der Inhalt eines der Berufung beigelegten Schreibens sei für die Beweiswürdigung herangezogen worden. Dieses habe jedoch - verglichen mit den in der Berufung enthaltenen Angaben - keine zusätzlichen Informationen enthalten. Vom behaupteten Sachverhalt ausgehend habe der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren keinen Anhaltspunkt dafür genannt, daß er aus einem der in der Genfer Konvention genannten Gründe Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen wäre. Bei den gegen den Beschwerdeführer gerichteten Aktivitäten der Behörden seines Heimatlandes handle es sich um kriminialistische Ermittlungstätigkeiten und nicht um Verfolgungshandlungen im Sinne des § 1 Z. 1 des Asylgesetzes 1991. Es sei daher sowohl die in der Berufung beantragte neuerliche Vernehmung des Beschwerdeführers als auch die beantragte Informationsbeschaffung über Amnesty International nicht erforderlich gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, der Spruch des angefochtenen Bescheides sei unvollständig, weil der bekämpfte Bescheid darin lediglich als "Bescheid der Sicherheitsdirektion", aber nicht nach Datum und Geschäftszahl bezeichnet sei. Diese Darlegungen können der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil die deutliche Bezeichnung des Gegenstandes der Erledigung (Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 19. August 1991, Zl. FrA-3392/91) zwar nicht im Spruch, wohl aber in der Begründung des angefochtenen Bescheides, die insoweit mit dem Spruch eine Einheit bildet, enthalten ist. Wie die weiteren Beschwerdeausführungen zeigen, bestand auch beim Beschwerdeführer kein Zweifel über den Gegenstand des angefochtenen Bescheides. Die behauptete Rechtsverletzung liegt daher nicht vor.

Auch die Darlegungen des Beschwerdeführers, es wäre ihm schon deshalb Asyl zu gewähren gewesen, weil er längere Zeit in Haft gewesen sei, nur über Vermittlung seines Vaters aus der Haft habe entkommen können und im Falle seiner Rückkehr in seine Heimat mit der Verurteilung zur Todesstrafe zu rechnen habe, sind nicht zielführend. Damit wird verkannt, daß die (nach § 2 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 Voraussetzung der Asylgewährung darstellende) Flüchtlingseigenschaft nach § 1 Z. 1 leg. cit. (nur) demjenigen zukommt, der aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Dem vom Beschwerdeführer behaupteten Sachverhalt kann jedoch kein Zusammenhang mit einer Verfolgung aus einem der in der zitierten Vorschrift angeführten Gründe entnommen werden.

Auch die Auffassung des Beschwerdeführers, ihm sei schon deshalb Asyl zu gewähren, weil er in Ghana keine Chance gehabt hätte, in einem rechtsstaatlichen Verfahren seine Unschuld an dem ihm zur Last gelegten Waffenschmuggel zu beweisen, kann nicht geteilt werden, weil auch insoweit ein Zusammenhang der gegen ihn gerichteten staatlichen Sanktionen mit einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründe nicht behauptet wurde.

Der Beschwerdeführer ist daher auch mit seinem Vorwurf, im Hinblick auf seine zuletzt wiedergegebene Behauptung wäre die belangte Behörde verhalten gewesen, "entsprechende Jahresberichte von Amnesty International über die politische Situation in Ghana" beizuschaffen und ihrer Entscheidung zugrundezulegen, darauf zu verweisen, daß das von ihm genannte Beweisthema schon mangels Behauptung eines Zusammenhanges der Maßnahmen mit einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründe nicht relevant war.

Soweit der Beschwerdeführer die Sachverhaltsfeststellungen (des angefochtenen Bescheides) pauschal und ohne weitere Konkretisierung als aktenwidrig bezeichnet und auf sein Berufungsvorbringen verweist, wonach er nicht bewußt Waffen geschmuggelt, sondern vielmehr Kleidungsstücke transportiert habe, in denen ohne sein Wissen Waffen versteckt gewesen seien und die gegenteiligen Angaben in seiner Niederschrift auf Verständigungsschwierigkeiten mit dem beigezogenen Dolmetsch zurückzuführen gewesen seien, übersieht er, daß die belangte Behörde ihrer Beurteilung ohnedies zur Gänze den vom Beschwerdeführer in der Berufung behaupteten, mit den oben wiedergegebenen Beschwerdeausführungen auszugsweise wiederholten Sachverhalt zugrundelegte. Mit diesen Darlegungen wird somit keine Aktenwidrigkeit aufgezeigt.

Auch mit seinem Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe es unterlassen, ihn im Berufungsverfahren neuerlich unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers zu vernehmen, ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, daß die belangte Behörde ihrer Beurteilung, die sich gemäß § 25 Abs. 2 i.V.m § 20 Abs. 1 AsylG 1991 auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erster Instanz beschränken hätte müssen, ohnedies den in der Berufung behaupteten Sachverhalt zugrundelegte. Eine Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers ergibt sich daraus jedenfalls nicht.

Dies ist dem Beschwerdeführer auch insoweit entgegenzuhalten, als er geltend macht, die belangte Behörde habe "zur Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes nichts unternommen". Auch der Verweis auf die Manuduktionspflicht der belangten Behörde nach § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ist hier schon deshalb nicht zielführend, weil weder aufgezeigt wird, welche Anleitungen die belangte Behörde dem Beschwerdeführer hätte erteilen können, noch, welchen Sachverhalt, der zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründe geeignet gewesen wäre, sie bei Wahrnehmung der behaupteten Manuduktionspflicht hätte feststellen können.

Die Beschwerde war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 VwGG i.V.m. der VO BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Ablehnung eines Beweismittels Beweismittel Auskünfte Bestätigungen Stellungnahmen Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010780.X00

Im RIS seit

30.11.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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